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Die Theologische Anthropologie ÆON FLUX'

07.12.2014 - 18:41 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Mensch VS Natur
ÆON FLUX
Mensch VS Natur
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ÆON FLUX ist nicht nur ein gut gemachter Actionfilm. Er setzt auch einen philosophischen Punkt. Dieser wurde im Folgenden herausgearbeitet.

(Achtung: SPOILER!) Wir schreiben das Jahr 2415. Fast alle Menschen wurden 2011 von einer Seuche dahingerafft. Allein fünf Millionen Überlebende fristen ihr Dasein in der von hoch aufragenden, unüberwindbar erscheinenden Wällen ummauerten Stadt Bregna, die sich in Händen eines Rates von Wissenschaftlern befindet. Was ihre Bürger allerdings nicht wissen: Eine Nebenwirkung ihres Heilmittels ist Unfruchtbarkeit. Um den Schein ihrer Gesellschaft aber dennoch zu wahren, hat man begonnen, jeweilige Verstorbene zu klonen. Während einer „Routineuntersuchung“ werden die Embryos dann in aller Heimlichkeit eingepflanzt. Dazu benötigte DNA kreist im Luftschiff Relical über der Stadt.

In Æon Flux wird die Natur als etwas Feindliches gesehen, etwas, das es zu bekämpfen gilt. Sie hat in dieser Gesellschaft, im wahrsten Sinne des Wortes, keinen Platz. Im Verlauf des Filmes wächst sie zur Lebensbedrohung. Es regiert die Vernunft, verkörpert durch den Rat der Weisen, was unser Bild vom finsteren Mittelalter in sein aufgeklärtes Gegenteil verkehrt. Das jedenfalls suggeriert diese Gesellschaft.

Tatsächlich werden die Kinder aber wieder vom Klapperstorch gebracht. Man bekommt zwar den Bären aufgebunden, natürlich zu empfangen, letzten Endes aber obliegt es Wissenschaftlern, darüber zu entscheiden, ob und wer geboren wird. In ihrer hochtechnisierten Welt leben die Menschen unmündiger als je zuvor. Und damit ist Bregna, in meinen Augen, ein Musterbeispiel für den Stoizismus. Dieser verlangt nämlich das Ausblenden jeglicher Gefühle, die Befreiung des Menschen von den Ketten seiner Triebe – und damit seiner tierischen Natur. Folgerichtig wird ein Teil des Menschen als böse klassifiziert. In Æon Flux: die Liebe.

Kant hingegen hält fest, dass die menschliche Natur nicht nur den Hang zum Bösen, sondern auch die Anlage zum Guten bereithält. Nehme man einem die Möglichkeit, Böses zu tun, beraube man ihn gleichsam der Fähigkeit, Gutes zu vollbringen. Stattdessen fordert er „Sapere aude!“ und einen dazu auf, aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit auszugehen. Gallionsfigur dieser ist in Bregnas Fall allerdings nicht Gott, sondern die Relical.

Indem sich Flux von ihren Auftraggebern abwendet, bringt sie den von Kant geforderten Mut auf, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen. Sie durchschaut das falsche Götzenpantheon und wendet sich ab, hin zum einzig Wahren, einem Gott der Liebe und Vernunft. Gemeinsam mit Trevor Goodchild setzt sie ihr Leben aufs Spiel und alles daran, ihre absolutistischen Feinde zu Fall zu bringen, das trennende Hindernis zwischen Mensch und Natur zu beseitigen. (SPOILER-Ende)

Æon Flux warnt also vor falschen Propheten. Gleichzeitig zeigt er der Wissenschaft ihre Grenzen auf. Der Film steht für ein aufgeklärtes Gleichgewicht ein, Selbstreflexion, Wahrheit und Wahrhaftigkeit. Natur darf nicht missbraucht werden. Sie ist kein Feind, sondern eine starke Verbündete, die es zu bewahren gilt. Nicht die Theologische Anthropologie, sondern die Verleugnung des Ichs, der kategorische Imperativ seien Schlüssel, Maxime fortschrittlichen Zusammenlebens.

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