Der deutsche Film im afrikanischen Gewand

24.10.2013 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Caroline Link beim Dreh von Exit Marrakech
StudioCanal
Caroline Link beim Dreh von Exit Marrakech
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Denken wir an einen deutschen Film, der in Afrika spielt, rufen wir automatisch klischeebeladene Bilder ab. Die Geschichte des deutschen Films mit dem Handlungsort Afrika ist bei weitem nicht bemerkenswert, vielmehr beschämend.

2003 gewann Caroline Link für Nirgendwo in Afrika den Oscar in der Kategorie Bester Fremdsprachiger Film. Das Werk thematisiert die Geschichte einer jüdischen Familie, die auf der Flucht vor den Nazis in Kenia landet. Während die Tochter auf dem neuen Kontinent so richtig aufblüht, kann sich die Mutter Jettel (Juliane Köhler) nur schwer an die neue Kultur gewöhnen. Von wohl temperierten Landschaftsaufnahmen (Film-Dienst) und einfühlsamem Epos in grandiosen Bildern (TV Movie) war die Rede. Nun kehrt Caroline Link mit Exit Marrakech auf den afrikanischen Kontinent zurück. Doch obwohl die Handlung mit der Vater-Sohn-Beziehung zwischen Ulrich Tukur und Samuel Schneider eine andere ist, bleibt ein merkwürdiges Gefühl, den Handlungshintergrund bereits zu kennen.

Es ist der schlechte Geschmack deutscher Filme, die ihre Thematik in irgendeinem afrikanischen Land ansiedeln. Der Kontinent präsentiert sich darin als sagenumwobener Ort mit exotischer Kultur, fremden Völkern und ungewöhnlichen Sitten. Ein Bild, welches aufmerksame ARD- und ZDF-Zuschauer teilen dürften. Ein Bild, welches bei einem halbwegs aufgeweckten Zuschauer dagegen nur Kopfschütteln oder Augenrollen verursacht. Und Anthropologen gar untersuchen in ihrer Analyse solcher Filme nicht die afrikanische, sondern die deutsche Kultur und stoßen dabei auf überraschende Verständnisprobleme.

Der afrikanische Film
Alle zwei Jahre findet in Burkina Faso das FESPACO, das Festival panafricain du cinéma et de la télévision, auch bekannt als Biennale, statt. Es ist das größte afrikanische Film- und Fernsehfestival und findet in allen Ländern des afrikanischen Kontinents und in Teilen der Welt großen Anklang. Diesjähriges Gastgeberland war Gabun. Doch so harmonisch und im Einklang, wie sich das Filmfest in der Festivalwoche darstellt, geht es in der afrikanischen Filmlandschaft bei weitem nicht her. Von außen sind es Terrorismusdrohungen seitens von Islamisten, die Kino als westlicher Kulturbestandteil als Sünde sehen, von innen bestehen finanzielle Probleme, die das afrikanische Kino in eine Dauerkrise stürzen. Das afrikanische Kino – ein Begriff der hier der Einfachheit halber benutzt wird und damit die Filmindustrien der jeweiligen Länder mit einschließt – ist seit jeher auf Finanzierungshilfen angewiesen. Diese stammen fast komplett aus dem Ausland, sodass sich die afrikanische Kinokultur konstant von Koproduktionen abhängig macht. Wer das Geld gibt, hat auch die Macht des letzten Wortes.

Dabei beschäftigt sich der afrikanische Film mit Themen, die logischerweise die Menschen dort am meisten bewegt. Das sind zumeist Handlungen über Flucht aus dem eigenen Land, Exil und andere Ausgrenzungen. Völkermord, Kindersoldaten und Terrorismus verschärfen dabei den Ton. Und (minderjährige) Zwangsehen und Beschneidungen werden zu deren Bekämpfung thematisiert. Das bedeutet nicht, dass der afrikanische Film durchweg dramatisch-schwer daherkommt. Auch Alltagsgeschichten, Komödien und Liebesgeschichten, im eigenen Kulturkreis angesiedelt, werden gerne gesehen. Doch steht hier klar die entweder witzige oder ernsthafte Auseinandersetzung mit den Problemen des eigenen Landes, der eigenen Kultur im Vordergrund. Sie findet statt und zeichnet den afrikanischen Film mit einem ganz besonderen Merkmal aus: Fokussierung.

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