Hans-Christian Schmids unbequemer Politthriller

10.09.2009 - 08:55 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Sturm
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Nach Crazy und Requiem widmet sich der deutsche Regisseur diesmal einem brisanten Thema der jüngeren europäischen Geschichte. Und da es sich um einen Genozid dreht, an dem viele Parteien Mitschuld tragen, dürfte dieser Film höchst unbequem sein.

Den Holocaust und Ruanda kennen wir mittlerweile zu Genüge aus dem Kino und wissen, was uns erwartet, wenn sich ein Drama mit der Thematik des Genozids auseinandersetzt. Hans-Christian Schmid s Politthriller Sturm nähert sich diesem ungemütlichen Thema jedoch auf eine sehr eigensinnige Weise. Der Filmemacher bezieht sich in seinem Film, der vor allem die Frage nach Recht und Gerechtigkeit stellt, auf den Völkermord in Bosnien. Dass sich der Film mit dem serbisch-bosnischen “Kosovokonflikt” auseinandersetzt, ist ziemlich neu. Für viele von euch dürfte es das erste Mal sein, dass ihr euch einen Spielfilm darüber anschaut, zumal noch nicht viele Filme über diesen Konflikt gedreht wurden (und abgesehen von No Man’s Land keiner davon mediale Aufmerksamkeit erreichte).

Es ist Hans-Christian Schmids Talent zu verdanken, dass in Sturm zudem eine sehr eigenwillige Art des Filmemachens zum Tragen kommt. Fast könnte man meinen, der Thriller sei die deutsche Antwort auf New Hollywood bzw. “Neo-New Hollywood” wie Michael Clayton. Hans-Christian Schmid hat diesmal also einen Film erschaffen, der sowohl im Dramaturgischen als auch im Inhaltlichen als innovativ aufgefasst werden kann. Zudem berührt er eine Thematik von äußerster Wichtigkeit für die europäische Integration, da der serbisch-kroatische Bürgerkrieg droht in Vergessenheit zu geraten, ohne dass die Schuldigen bestraft werden: “2010, so ist es beschlossen, wird das Internationale Kriegsverbrechertribunal für den Balkankrieg seine Arbeit einstellen, 45 Verfahren sind noch anhängig, die Arbeit der Ermittler und Ankläger ist ein Wettlauf gegen das Vergessen”, schreibt die kino-zeit.

Hans-Christian Schmid, der zu Deutschlands versiertesten Filmemachern gehört, bestätigt im Interview die beiden inhaltlichen und formellen Ecksäulen seines Films: “Wir waren nach Requiem auf der Suche nach einem Stoff, den man als Thriller erzählen konnte. Zumindest als Drama mit manchen Elementen, die man Thrillern zuordnen würde. Wir mögen Filme des New Hollywood, und eine der Qualitäten der Filme aus dieser Zeit ist, dass sie sich immer mit ihrer Gegenwart auseinandergesetzt und sich bemüht haben, diese spannend ins Kino zu übertragen. Das ist ein Anspruch, den wir bei Sturm auch haben. Bei der Suche nach einem geeigneten Thema stießen wir auf einen Artikel über das Tribunal in Den Haag und eine deutsche Anklägerin, die dort arbeitet. Wir haben sie besucht, sie befragt, und konnten uns jemanden wie sie als unsere Hauptfigur vorstellen.”

Gelungen ist Hans-Christian Schmid dies auf alle Fälle, schenken wir den Kritiken auf moviepilot Glauben, die bereits erschienen sind. Diese haben sich bislang als sehr wohlwollend herausgestellt: “Ganz sachlich, kühl und ohne jedes Pathos”, “intensive Spiel in vielen packenden Szenen” oder “Ein Film, der fesselt, der anregt zum Nachdenken über die Frage, wann Gerechtigkeit geübt wurde und wie sie überhaupt möglich ist” heißt es dort.

Hier der Trailer zu Sturm

Worum geht es in Sturm?

Die Anklägerin am Kriegsverbrechertribunal in Den Haag Hannah Maynard führt einen Prozess gegen Goran Duric, einem ehemaligen Befehlshaber der jugoslawischen Volksarmee. Ihm wird vorgeworfen, für die Deportation und den späteren Tod bosnisch-muslimischer Zivilisten verantwortlich zu sein. Aber der Hauptzeuge verstrickt sich in Widersprüche. Eine Delegation reist nach Bosnien, um sich selbst ein Bild zu machen: Sagt der Zeuge die Wahrheit? Nachprüfen kann dies niemand, denn der Zeuge nimmt sich das Leben, aber Hannah gibt den Fall noch nicht verloren. In der Hoffnung, neue Erkenntnisse zu gewinnen, reist sie nach Sarajevo und trifft dort auf die Schwester des Zeugen, Mira. Mit ihr findet sie eine Person, die entscheidende Hinweise für Durics Verbrechen liefert und sich auch bereit erklärt, ihre Aussage vor dem Tribunal in Den Haag zu wiederholen. Aber Hannah werden nicht nur seitens der Verteidiger von Duric sondern auch aus den eigenen Reihen, von der Seite der Richterschaft, Steine in den Weg geworfen.

Sturm läuft ab dem 10. September in den deutschen Kinos.

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