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Hurra! Die Welt geht unter

01.02.2016 - 19:20 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Auferstehung
Warner Bros.
Auferstehung
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Gängige Hollywood-Blockbuster behelfen sich gerne der Thematik Weltuntergang bzw. Apokalypse. In den 90er Jahren herrschte ein wahrer Boom wenn es um Meteoriteneinschläge, Vulkanausbrüche, Alienangriffe oder sonstige apokalyptische Szenarien ging. In derselben Zeit, genauer, im Jahr 1999, kam ein Film auf die Leinwände dieser Welt, welcher das Kino ein wenig verändern sollte.


Ein kleiner Blick zurück in den Sommer des Jahres 1999

Das Jahrtausend neigt sich dem Ende zu, das noch junge Internet breitet sich immer weiter aus. Die künstlichen Intelligenzen erhalten eine immer größere Stellung in unserer Gesellschaft, globale Unternehmen und Marken beherrschen die Welt. Alles scheint wie je her.

Die Untergangsszenarien auf der Leinwand spiegeln möglicherweise die neuartige Sensibilität der Menschen im Hinblick auf eine kosmische Bedrohung wieder, den neuartigen Technologien wie dem Internet, mit seinen schier endlosen Möglichkeiten, oder der Robotik mit seinen intelligenten und imposanten Maschinen, die man vorher nur aus der Science-Fiction Literatur kannte, konnte man ja nicht recht vertrauen. Wissenschaftler traten immer wieder auf die große Bühne und sagten das unser Klima vor dem Kollaps stand, da unsere Konsum- und Wegwerfgesellschaft zu viel Müll produzierte.

Zu guter letzt sollte zum Jahresende die komplette Informatik um den kompletten Globus einfach den Geist aufgeben, ein monströser Glitch. Steinzeit. Von der einen Sekunde auf die andere. Lichter aus.

Pustekuchen. Es passierte - Nichts.

Aber die Ängste der Menschen waren real, wenn auch durch den Medienhype aufgebläht und somit ein wenig verzerrt in meiner eigenen Erinnerung, manche Bedrohungen waren es vielleicht auch oder sind es immernoch.

Und dann kam im Sommer dieses Jahres, zum Abschluss des Jahrtausends ein Film der seine Zeit repräsentiert wie kaum ein Anderer. Ein Film, der diese Ängste zusammengefasst hat und ein Zeitportrait ist, nicht nur für das Jahr 1999, sondern für die Entwicklung unserer Gesellschaft, seitdem. Ein Film, der nicht nur einen gängigen Katastrophenplot darbietet, sondern in der Mythologie und Philosophie der Menschheit wühlt.


Matrix

Dies ist deine letzte Chance, danach gibt es kein Zurück! Schluckst du die blaue Kapsel, ist alles aus. Du wachst in deinem Bett auf und glaubst an das was du glauben willst. Schluckst du die rote Kapsel, bleibst im Wunderland und ich führe dich in die tiefsten Tiefen des Kaninchenbaus!

Traumwelt oder Kaninchenbau?

Was hätte ich nur dafür gegeben um dieses Werk im Kino sehen zu können, nicht einfach nur sehen, sondern entdecken zu können. So war Matrix ein Film der keine große Marketingkampagne voraus hatte, er war einfach da, und wie er da war.

Das Matrix natürlich auch ein faszinierender und wegweisender Actionfilm war und immernoch ist, der für die Inszenierungen von Schootouts oder sonstigen Actionsequenzen, schonmal vorträglich Maßstäbe für das neue Jahrtausend setzte und damit auch endgültig das digitale Zeitalter im Actiongenre einläuterte, sollte keineswegs beiseite geschoben werden.

Aber diese Actionsequenzen sind nicht der Punkt, weswegen Matrix eine solche Faszination auf mich ausübt. Es sind die Details, die Motive, der Grundgedanke die oder der diesen Film für mich ausmachen.


Das zentrale Motiv der Freiheit

Der Freiheitsbegriff bildet ein Kernelement der Matrix-Trilogie. So ist die Menschheit in der Sklaverei gefangen, der Krieg der gegen die intelligenten Maschinen geführt wurde, wurde verloren und nun wird der menschliche Körper als Energiequelle genutzt. Neo, als designierter Messias, soll die Menschheit befreien, mit seiner schöpferischen Kraft die Maschinen besiegen und somit den Menschen von seinen Ketten lösen. Vielleicht hat die Menschheit diese Freiheit gar nicht verdient, ist das nicht auch eine Form der Evolution? Das Maschinenvolk hat die Menschen überholt, so wie wir die restlichen Spezies auf unserer Erde überholt haben und uns an die Spitze der Nahrungskette geschrieben haben und je nach beliebe jegliche Tierrassen aus dieser Welt verbannen.


Eine menschliche 12Volt Batterie

Also auf der einen Seite die evolutionäre Entwicklungen der Maschinen und auf der anderen "Der Auserwählte" der die Menschheit die Offenbarung der Matrix und somit die Freiheit bringen soll.

Ich will ehrlich mit ihnen sein - die Wahrheit sagen.
Ich hasse diesen Planeten, diesen Zoo, dieses Gefängnis,
diese Realität, wie auch immer man dazu sagen mag.
Ich halte es nicht länger aus.
Vor allem den Geruch, falls so was existiert.
Ich bin seiner sozusagen überdrüssig.
Ich kann riechen, wie sie stinken.
Und jedes Mal, wenn ich es rieche,
fürchte ich mich infiziert zu haben.
Es ist abstoßend, finden sie nicht?
Ich muss hier irgendwie raus. Ich will endlich frei sein.

Dieses Zitat stammt von dem Antagonisten des Filmes: Agent Smith.
Dieser wird zu Beginn als recht konservativer Gegenspieler eingesetzt, ein Programm, welches zur Aufgabe hat innerhalb der Matrix die Ordnung beizubehalten, entwickelt sich aber im Laufe der Trilogie zu einem vielschichtigen Charakter, welcher ganz eigene Motive verfolgt. Eins davon ist der Ausbruch aus der Matrix, sich der Fesseln der imaginären Welt zu befreien, so erscheint er im dritten Teil der Trilogie sogar außerhalb der Matrix im Körper des Verräters Cypher. Dieser hatte die freien Menschen um Morpheus verraten um wieder in die Matrix zurückzukehren und den einfachen Weg zu wählen.


Philosophische Aussage oder quantitative Symbolik?

Beim mehrfachen schauen des Filmes rückte sich die dichte Masse der Symbole, für mich, immer mehr in den Vordergrund.

So ist Neo, ein Anagramm für "One", der "Eine" = der Auserwählte oder aber Neo bedeutet im griechischen "neu" und kann somit als der neue Auserwählte gedeutet werden (Neo ist der siebte Auserwählte in der siebten Version der Matrix, alle vor ihm scheiterten). Morpheus ist ein weiterer Name aus der griechischen Mythologie, da ist er der Gott des Traumes. Morpheus ist im Film derjenige der Neo befreit und somit aus dem Traum=der Matrix befreit.

Weitere symbolische Namen sind das Schiff von Morpheus welches den Namen Nebukadnezar trägt, welcher ein König des ehemalige Reiches Babylon war oder aber auch Zion, welche im biblischen Sinne der Wohnort von Gott ist und im Laufe der Trilogie zur Heimat von Neo wird.

Weitere Querverweise und Anspielungen gibt es zum Buddhismus.


"Es gibt keinen Löffel."

Zum "Übermenschen" von Nietzsche und dem Transhumanismus, zum Daoismus, zur Erkenntnistheorie, genauer zu Platons Höhlengleichnis oder sogar zum Geschlecht der Merowinger, einer fränkische Königsfamilie aus dem 5.-8.Jahrhundert.

Zusammengefasst bietet Matrix jede Menge Spielraum für Interpretationsmöglichkeiten und -ansätze. Was möchten die Wachowskis aber damit erreichen? Ist es nur ein Anschneiden möglichst vieler Religionen und Sichtweisen um dem Plot eine intellektuelle Tiefe zu verleihen oder ist es ein ehrlicher Diskurs ein wahrhaftes Auseinandersetzen mit den Thematiken. Auf die Frage

Your movie has many and variedconnections to myth and philsophy, Judeo-Christian, Egyptian, Arthurian, and Platonic, just to name those I've no-ticed. How much of that was intentional?

antworteten die Brüder mit:

All of it.


Daraus lässt sich schonmal schließen, das die Beziehungen nicht von ungefähr kommen und alle Anspielungen mit bedacht gewählt sind.


Fazit

Es ist wirklich nicht einfach zu diesem Film ein abschließendes Fazit zu ziehen. Fest steht, dass die Wachowskis mit Matrix wohl ihr Opus Magnum erschaffen haben, ein Film der eine Verarbeitung der Weltuntergangshysterie oder Hypes um dessen sein kann wie auch eine Zukunftsvision in der die künstliche Intelligenz und der Transhumanismus zur reellen Gefahr werden könnte. Oft scheint es, als sei zur heutigen Zeit die Fähigkeit, auf existenzielle Fragen passende Antworten zu finden, durch die verwirrende Informationsüberflutung, postmoderne Beliebigkeiten und lähmende Desorientierung allgemein verloren gegangen. Matrix bietet hier eine filmische Ausnahme, in Zeiten in denen Science-Fiction immer mehr zum Allerweltsgenre mutiert ist und den Box Office regiert, war er ein großer Vorreiter des modernen, digitalen Kinos wenn es darum geht die alte Suche nach Sinn, Freiheit oder Wahrheit in einem modernen Kontext filmisch darzustellen.

Hier noch die Linkliste von den anderen Teilnehmern:

Melancholia und der ekelerregende Stumpfsinn des positiven Denkens von Absurda

The End is near von *frenzy_punk<3

Die Apokalypse im Inneren von Grimalkin

Ein einziger Sinnesrausch von Amarawish

Sommersturm - And the World spins madly on von chita91


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