Ich, die Rocky Horror Picture Show & Travestie

02.09.2011 - 08:50 Uhr
Mein Herz für Klassiker geht an The Rocky Horror Picture Show
20th Century Fox / moviepilot
Mein Herz für Klassiker geht an The Rocky Horror Picture Show
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In der Reihe Mein Herz für Klassiker gibt es viel zu wenig Travestie. Daher werde ich das heute ändern und über meine Liebe zur Rocky Horror Picture Show schreiben.

Es gibt wenige Filme, von denen wir sagen können, dass sie seit 35 Jahren dauerhaft im Kino gespielt werden und noch dazu zum Mitmachen einladen. Vor deren Aufführung uns Tüten mit Toastbrot, Wasserpistolen, Partyhütchen und Reis gegeben werden, welchen wir durch den Saal schleudern dürfen, massenweise Männer und Frauen in Travestie auftauchen und deren Vorführungen nicht einfach angesehen, sondern zelebriert werden. The Rocky Horror Picture Show ist der vielleicht einzige Film, dem diese Ehre zuteil wird und daher ist es längst überfällig, dass ich ihm mein ein Herz für Klassiker schenke.

Warum ich The Rocky Horror Picture Show mein Herz schenkte
Geschichten, in denen völlig normal wirkende Menschen plötzlich in Gesang ausbrechen, sind mir suspekt. Aber alle paar Jahre stolpere ich über ein Musical, das so verrückt ist, dass es schafft mein Herz zu erobern und zu diesen gehört der Kultklassiker mit dem brillanten Tim Curry als Dr. Frank N. Furter. Was Jim Sharman hier mit deinem Drehbuch von Richard O’Brien erschaffen hat, ist nicht nur ein selbstironisches Stück Filmgeschichte, das seiner Zeit weit voraus war, sondern eine perfektes, kleines Stück Wahnsinn. Es ist eine Parodie auf Science-Fiction und B-Movies, gepaart mit Songs wie The Time Warp, bei denen ich nicht anders kann, als zum Leidwesen meiner Arbeitskollegen auf meinem Schreibtischstuhl herumzutanzen. Es gab selten einen Soundtrack, der mir so viel Spaß machte wie der um den Sweet Transvestite from Transexual, Transylvania. Wie könnte ich einem Film auch nicht mein Herz schenken, in dem Männer stilvollere Strapse tragen als viele Frauen es je könnten? Oder sich so elegant auf High Heels bewegen, dass ich nicht anders kann, als vor Neid zu erblassen.

Warum auch andere The Rocky Horror Picture Show lieben werden
RHPS hat alles: Liebe, Humor, Aliens, Travestie, Wahnsinn. Noch dazu hat das Musical großartig irre Songs und Schauspieler, die ihre Rollen zur Perfektion spielen. Die schüchterne Susan Sarandon in ihrer ersten großen Rolle als prüde Jungfer, die sich dann doch gerne von einem Mann in Mieder verführen lässt. Der clevere Richard O’Brien, der nicht nur die Geschichte schuf, sondern auch als buckeliger Diener Riff Raff eine gute Figur macht. Und natürlich Tim Curry in seiner besten Rolle. Alleine, um diesen großartigen Mann in Strapsen zu sehen, wie er so überzeugend den wahnsinnigen Wissenschaftler gibt, der sich selbst ein arisches Sexspielzeug ohne Hirn und mit goldenem Höschen schafft, ist es wert, sich diesen Film anzusehen. Rocky Horror treibt den Trash auf die Spitze. Mit Stil.

Warum The Rocky Horror Picture Show einzigartig ist
Männer in Hüfthaltern, Korsagen und Lippenstift. Es hätte so leicht schief gehen, lächerlich und peinlich werden können. Aber alle Schauspieler spielen ihre Rollen derart überzeugend, mit so viel selbstironischem Ernst, wie es die Geschichte einfach braucht. Was früher ein Skandal war, ist heute nichts Besonderes mehr. Wollen wir Travestie sehen oder munteren, Geschlechter übergreifenden Partnerwechsel, dann müssen wir nur RTL oder MTV einschalten. Dass diese Shows jedoch weit vom Stil dieses Musicals weg sind, steht außer Frage. Und sie machen auch lange nicht so viel Spaß. Viele haben versucht, den Erfolg und das verrückte Konzept von Rocky Horror nachzuahmen, aber noch keinem ist es gelungen, Trash und Stil so schlüssig zu verbinden, dass ein derart witziges Werk, das vollkommen ohne Fremdschämen funktioniert, noch einmal hätte entstehen können. Nicht einmal Richard O’Brien schaffte es, als er mit Shock Treatment einige Jahre später nachlegte. Und das ist auch gut so, denn so bleibt The Rocky Horror Picture Show ein unangetasteter Klassiker des musikalischen Wahnsinns.

Warum The Rocky Horror Picture Show die Jahrzehnte überdauert
Rocky Horror ist nicht einfach ein Film, es ist ein Lebensgefühl. Und das hält sich seit über 35 Jahren. Jede Aufführung, egal wo und egal mit wem, ist ausverkauft und gut besucht. Von Frauen und Männern in Miedern, Strapsen, High Heels und Make-up, das aus Homer Simpsons Schminkknanone stammen könnte. Bei den ersten Bühnenaufführungen im Landestheater Coburg ging es sogar so weit, dass die Show nach wenigen Aufführungen gecancelt werden musste, da das Publikum so euphorisch war, dass reihenweise der Stuck von den Rängen bröckelte und die Zuschauer darunter gefährdete.

Egal ob als Film zu Hause, als Mitternachtsvorführung im Kino oder auf der Bühne im Theater, The Rocky Horror Picture Show macht Spaß. Sie mag kein tiefgründiges Drama sein oder eine über alle Zeit dauernde Liebesgeschichte, aber sie hat Charme, Witz und Wahnsinn. Sie ist etwas Besonderes und Unvergleichliches. Und manchmal macht genau das einen Klassiker aus. So let’s do the time warp again!

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