Kommissar Bellamy ist zahm und träge

09.07.2009 - 09:00 Uhr
Gérard Depardieu als Kommissar Bellamy
Concorde
Gérard Depardieu als Kommissar Bellamy
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Das französische Regie-Urgestein Claude Chabrol arbeitete für den Film erstmals mit Schauspiel-Urgestein Gérard Depardieu zusammen. Seine alte Größe bleibt mit dem Spätwerk jedoch weitestgehend unerreicht.

Kommissar Bellamy lief bereits im internationalen Wettbewerb der diesjährigen Berlinale. Jetzt kommt die erste Zusammenarbeit von Claude Chabrol und Gérard Depardieu auch endlich ins Kino. Wie wir es vom französischen Regie-Urgestein gewöhnt ist, handelt es sich um einen Krimi, der sich zwischen den Zeilen mit den menschlichen Abgründen und bröckelnden Fassaden der Bougeoisie beschäftigt:

Wie jedes Jahr verbringen der Pariser Kommissar Paul Bellamy (Gérard Depardieu) und seine Frau Françoise (Marie Bunel) die Sommerferien in ihrem Elternhaus im südfranzösischen Nîmes. Obwohl Françoise viel lieber ins Ausland verreisen würde, fügt sie sich dem Willen ihres Mannes, der Veränderungen hasst und einfach nur seine Ruhe haben möchte. Mit der gemütlichen Zweisamkeit ist es in diesem Jahr jedoch nicht sehr weit her. Denn ein Fremder (Jacques Gamblin) drängt sich Bellamy auf und behauptet, er habe im Zuge eines Versicherungsbetrugs einen Obdachlosen umgebracht, um danach ein neues Leben zu beginnen.

Die Schuldgefühle und Neurosen des Unbekannten sowie der ganze, merkwürdig verzwickte Fall faszinieren den Kommissar dermaßen, dass er eigene Ermittlungen anzustellen beginnt – was Françoise einerseits amüsiert und andererseits nicht unbedingt behagt, auch wenn sie das für sich behält. Als sich schließlich Pauls Halbbruder Jacques (Clovis Cornillac), ein schwermütiger, unbeherrschter Alkoholiker und Tunichtgut, bei ihnen einnistet, ist schon bald nicht mehr an Erholung unter südlicher Sonne zu denken …

Die Kritik ist sich recht einig, dass Chabrol mit seinem Spätwerk nicht an seine einstige Virtuosität anknüpfen kann, “zahm” und “träge” wird der Film bisweilen genannt:

Rolf-Ruediger Hamacher vom film-dienst sah solide Chabrol-Kost: “Unaufgeregt unterhaltsamer Krimi als Hommage an Simenons Kommissar-Maigret-Figur, der mehr auf Beunruhigung als auf ‘Thrill’ setzt. Vorzüglich gespielt, findet Claude Chabrol innerhalb des bisweilen ins Unwirkliche spielenden Plots auch Zeit für den Blick in familiäre und bourgeoise Abgründe, der freilich etwas zahmer als in früheren Filmen ausfällt.”

“Mag die Abgründigkeit weniger geheimnisvoll versponnen sein als in anderen Chabrol-Filmen und die Bourgeoisie weniger verlogen und hinterhältig, Gérard Depardieu ist in einer seiner besten Rollen seit Jahren zu sehen”, findet Margret Koehler für BR-Online.de. “Er wiegt jegliche noch so kleine Schwäche auf. Ein Pfundskerl im wahrsten Sinne des Wortes!”

Kurz und knapp bringt Eduard Ulrich von cineman.de seine Enttäuschung zum Ausdruck: “Was ein Kriminalfilm im Stile Simenons hätte werden sollen, kommt nicht auf Touren und verfährt sich auf Nebenwegen.”

“Leider aber plätschert der von Chabrol als Hommage an Simenon und dessen Maigret gedachte Streifen über weite Strecken ausgesprochen träge dahin. Nicht einmal Depardieu kommt in die Gänge. Und Chabrols Hang zur kammerspielartigen Regieführung macht sich unangenehm bemerkbar”, schreibt Stefan Volk für 451°F. “Lange Szenen, in denen Halbtotalen und Close-Ups uninspiriert aufeinander folgen und die von banalen Dialogen allenfalls notdürftig getragen werden, wechseln sich ab mit Rückblenden, die das Erzählte theatralisch illustrieren.”

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