Politische Unterhaltung - Gefährliche Seilschaften

03.07.2012 - 09:21 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Gefährliche Seilschaften
DR1
Gefährliche Seilschaften
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Wer sich für Politik interessiert und ein Faible für dänische Serien hat, gibt es ein absolutes Muss: die Serie Borgen über Seilschaften in der Politik. Das ist beste Unterhaltung, gepaart mit politischen Lehrstunden ohne pädagogischen Zeigefinger.

Zu Zeiten der politischen Wende in Ost-Deutschland hatte der Begriff Seilschaften Hochkonjunktur. Auch heute lesen wir häufig von politischen Beziehungsgeflechten, die Bundespräsidenten zum Abdanken zwingen oder Bankdirektoren stürzen. Seilschaften können gefährlich sein. Aus Borgen, der TV-Serie aus Dänemark, wurde in der deutschen Übersetzung Borgen – Gefährliche Seilschaften und dies ist genau das, was uns die beeindruckende erste Staffel (seit kurzen als DVD verfügbar) präsentiert: Geschichten um politische Verbündete und Gegner, die durch ihre verborgenen Beziehungen im dänischen Parlament miteinander verbunden sind. Die Prämisse von Gefährliche Seilschaften hört sich etwas langweilig und lehrbuchmässig an, aber was die Macher uns darbieten, ist spannend, temperamentvoll, unterhaltsam, intelligent, sexy, witzig und politisch überaus erhellend. Außerdem entwickelt die Serie einen Sog, der für wahre Serien-Junkies zum Genuss wird.

Hauptperson ist die Politikerin Birgitte Nyborg (Sidse Babett Knudsen), die Parteichefin der Moderaten, die ihrer Partei zum Sieg bei den Wahlen verhilft. Geschafft hat sie dies, weil sie ehrlich und politisch korrekt im Wahlkampf aufgetreten ist, moralisch integer ist und weil ihre Gegner sich selbst ins Abseits gestellt haben. Aufeinmal ist die junge Ehefrau und Mutter von zwei Kindern dänische Premierministerin, die erste Frau in diesem Amt. Geht das zusammen: Familie und Karriere? Kann eine Frau im männerdominierten Politik-Geschäft bestehen? Und wenn ja, wie?

Birgitte Nyborg lernt schnell, von ihren politischen Freunden und von ihren Gegnern. Gegen alle Erwartungen findet sie sich im Politik-Betrieb zurecht und lernt, ohne das Gesicht zu verlieren, mit Diktatoren zu verhandeln, kann mediale Emotionen inszenieren, besteht strategische Ränkespiel und spielt politische Gegner gegeneinander aus. Wir sehen, wie sie immer pragmatischer und professioneller wird, wie sie sich die Macht nicht mehr aus der Hand nehmen lassen will. Dabei bleibt sie eine Politikerin, die trotz aller negativen Entscheidungen, die sie fällen muss, die Sympathien der Zuschauer auf ihrer Seite hat. Aber ihr – und unser – politischer Idealismus bleibt dabei definitiv auf der Strecke, so manche Überzeugung auch. Darunter haben ihr Ehemann und ihre Kinder zu leiden, denn diese spüren Arbeitsbelastung und Zeitmangel am deutlichsten. Wird die Familie dem standhalten?

Lehrstunden der Mechanismen parlamentarischer Macht werden uns in Gefährliche Seilschaften geboten. Es wird viel geredet (wie in der Politik üblich), aber was und wie es gesagt wird, ist überaus sehens- und hörenswert. Die Serien-Macher haben Politik in pointierte Dialoge gegossen, decken mediale Inszenierungen auf und blicken hinter die Kulissen von Wahlbündnissen und Machtpokern. Vielleicht sind manche Konflikte etwas zu dick aufgetragen und manche politischen Seilschaften zu plakativ konstruiert: Dies wird aber durch ein brillantes Schauspielensemble, detailgetreue Ausstattung und Glaubwürdigkeit wettgemacht.

Wir sind gespannt, wie sich Gefährliche Seilschaften weiter entwickelt. Aktuell wird die dritte Staffel gedreht. Der US-Sender NBC hat sich bereits die Rechte für eine Neuverfilmung der TV-Serie gesichert. Ob die amerikanische Version allerdings auch das Niveau der dänischen erreichen kann, bleibt abzuwarten. In Deutschland haben es leider derartige Serien schwer. Schade, denn eine bessere politische Serie gibt es aus europäischen Landen aktuell nicht.

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