Grégoire Canvel ist passionierter Filmproduzent und hat neben seinem erfüllenden Job eine reizende Familie. Doch die Harmonie ist nur oberflächlich. Seine Familie fühlt sich vernachlässigt, das Budget für das große Filmprojekt in Schweden ist längst überschritten, die Gehälter stehen aus, die Stimmung kocht. Bank und Verleiher geben keinen Cent mehr. Canvel sieht keinen Ausweg mehr..
Die noch nicht mal 30jährige schwedische Regisseurin n/a legt mit ihrem Debutwerk Der Vater meiner Kinder ein emotional beladenes Drama vor, dass denoch nicht sentimental rüberkommt. Ihr Film soll ein Denkmal für den großen Filmemacher Humbert Balsan sein, der sich 2005 das Leben nahm. Wir haben für euch ein exklusives Interview zum Film mit ihr parat:
Wie sind Sie auf die Idee zum Film gekommen? Woher kam die Inspiration?
Die Idee zum Film basiert auf meiner Begegnung mit Humbert Balsan. Das erste Mal traf ich ihn Anfang 2004. Im Februar 2005 verübte er Selbstmord. Eigentlich wollte er meinen ersten Film produzieren. Sein Enthusiasmus und sein Vertrauen waren für mich ein Antrieb bei all is forgiven. Doch Der Vater meiner Kinder habe ich nicht aus Dankbarkeit gedreht, sondern zu Ehren der Persönlichkeit von Humbert Balsan.
Er hatte und verbreitete eine bemerkenswerte Wärme, Eleganz und Aura. Seine Energie, Passion und Sensibilität für Filme, waren der Antrieb für mich den Film zu schreiben. Natürlich war da auch der Selbstmord. Das überwältigende Gefühl der Niederlage und Verzweiflung das den Rest aber nicht überlagert. Es wurde nicht zur einzigen Wahrheit. Mir war es wichtig in dem Film das Paradoxe der zwei entgegengesetzten Kräfte zu zeigen, die in einer Person wirken können. Der Konflikt der sich in einer Person abspielen kann, zwischen Licht und Schatten, Stärke und Verwundbarkeit, Lebenswillen und Todessehnsucht.
Zur gleichen Zeit hast Du einen Film über das Kino oder besser die Welt des Films/Kinos gemacht. Du betonst die gemeinschaftlichen und sehr handfesten Aspekte des Prozesses der Vorbereitung eines Drehs, die finanziellen Schwierigkeiten, mit dem Fokus auf einen Schlüsselcharakter, den Produzenten.
Wenige Jahre zuvor hätte mich nichts weniger interessiert, als das Independent-Kino zum Thema zu machen. Wahrscheinlich war ich einfach noch zu nah dran, war es zu alltäglich für mich. Aber das Treffen mit Humbert Balsan und sein Freitod haben alles verändert, gaben mir eine andere Perspektive. Auf einmal wurde mir bewusst, dass ein Film über einen Produzenten, ein Film über seine Arbeit, Verpflichtung, Liebe und Leben sein müsste. Wenn ich einen Produzenten im TV sehe, sehe ich nicht das Kino, wie ich es verstehe und tagtäglich erlebe. Es wirkt vielmehr wie eine weit entfernte Fantasie. Für mich war es aber weitaus reizvoller das Kino aus meiner Perspektive und Erfahrung heraus abzubilden, denn so bot sich mir eine freie Projektionsfläche und faszinierendes Rohmaterial der menschlichen Beziehungen.
Geld ist solch ein wichtiges Thema im Filmgeschäft. Von welchem Winkel man auch schaut, der Job des Produzenten ist immer gleichbedeutend mit finanziellen Sorgen. Filmemacher teilen diese Sorgen zwar, aber nicht auf die gleiche Art und Weise, nicht mit dem gleichen Ausmaß. Die Gefahren, die es jeweils mit sich bringt, sind sehr unterschiedlich. Der Filmemacher hat eine relativ fundamentale und gesunde Beziehung zum Geld: Permanent mit finanziellen Realitäten konfrontiert zu sein, ist Teil und Preis für die Ausübung seiner Kunst. Für einen Produzenten kann das ständige hinter Förderungen und Geldern Herjagen hingegen entfremdend wirken und zu einem Dilemma führen. Auf der einen Seite gibt es die noble, ambitionierte Vision des Berufs, auf der anderen Seite gibt es eine unglaubliche Einsamkeit, eine moralische und ökonomische Erstickung, ausgelöst durch permanenten Druck und ständiges Risiken eingehen müssen. Es ist ein Spagat zwischen dem unbeliebten ökonomischen und dem kulturellen Streben.
Dein Film zeigt einen charismatischen Mann auf der Höhe seines Schaffens. Der Charakter hat eine Aura, jede Menge Charme. Doch dann treten Schwierigkeiten auf und du zeigst ihn als sinkenden Stern bis er zerschellt.
Ich würde sagen, dass seine Zweifel und seine Mutlosigkeit bereits von Anfang vorhanden sind. Sie sind jedoch unter der Oberfläche angelegt und blitzen nur gelegentlich in Louis-Do de Lencquesaings Ausdruck und Schweigen auf. Grundsätzlich sind diese Gefühle aber überlagert von der Freude an seinem Beruf, der Beziehung zu seiner Frau und seinen Töchtern. Doch die Angst und Trägheit werden immer stärker, bis zu dem Moment kurz vor dem Selbstmord, wenn Grégoire Canvel von der Verzweiflung regelrecht überwältigt wird. Da er sich seine Ängste und Sorgen lange Zeit selbst nicht eingestehen kann, sie regelrecht ignoriert und hinweg leugnet, holen sie ihn mit umso stärkerer Vehemenz schließlich ein. Der Film versucht auch zu zeigen, wie stark zwar seine Lebenskraft und wie viel stärker seine außergewöhnliche Fähigkeit zur Selbsttäuschung ist, die letztendlich eine schreckliche Selbstzerstörungskraft entwickelt.
Der Tod tritt nach der ersten Hälfte des Films ein. Das ist eine überraschende und beeindruckende Entscheidung,den schmerzlichen Verlust und die Art wie die Figuren mit ihrem Leben weiter zu machen lernen, in den Fokus zu rücken. Mehr als über den tragischen Verlust redet der Film über das „Neuanfangen“. Das ist auch der Grund, warum der Tod in der Mitte des Films passiert und nicht erst am Ende oder am Anfang. Diese symmetrische Struktur greift den Geist des Neuanfangens auf. Der Tod des Produzenten ist nicht das Ende der Geschichte sondern der zentrale Moment in einem Film, der die Zeit danach zu beleuchten versucht. Der Film zeigt auch die letzten Tage von Moon Films, einer Produktionsfirma, einem Lebenswerk. Die Kinder spielen eine sehr wichtige Rolle in dem Film. Sie alle müssen einen Weg finden mit ihrem Verlust fertig zu werden.
Für die älteste Tochter, Clémence (Alice de Lencquesaing) heißt das ins Filmgeschäft einzusteigen… Nach all is forgiven konnte ich mir nicht vorstellen nicht mehr mit Kindern zusammen zu arbeiten. Ich wollte diesen Schwung beibehalten, ihn weiter führen. Am Set ist die Präsenz der Kinder, ihre Fröhlichkeit und Zerbrechlichkeit, extrem wertvoll. Sie bringen eine frische Brise, einen frischen Wind in verstaubte Situationen. Ihre Rolle im Film entspricht sehr dem, was sie auch für mich ganz persönlich bedeuten. Jedes Kind trauert anders und diese Unterschiede wurden am Set deutlicher, je nach Alter und Persönlichkeit. Im Laufe des Films wird die Rolle von Clémence immer bedeutender, sie avanciert fast zur Hauptrolle. Das ist auch ein Zeichen ihrer Emanzipation. Emanzipation auf der einen Seite, aber auch das Annehmen eines spirituellen Erbes, das sich durch die Verbindung zum jungen Filmemacher Arthur andeutet. Was das betrifft ist dieser Film ein Spiegel meines Erstlings.
(Aus Materialien des Farbfilm Verleihs erstellt)
Der Vater meiner Kinder läuft ab heute, dem 20. Mai, in deutschen Kinos. In welchem Kino in Deiner Näher der Film läuft, das verrät Dir Dein moviepilot-Kinoprogramm.