Wir schauen House of Cards - Staffel 1, Episode 8

29.12.2013 - 21:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Die gute alte Zeit
Netflix
Die gute alte Zeit
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Mit der achten Episode scheint sich House of Cards eine Auszeit vom Hauptplot zu nehmen, was in diesem Fall alles andere als schlecht ist. Schaut gemeinsam mit uns “Die gute alte Zeit”.

Erst vergangene Woche brachte mich House of Cards mit einer ganz tollen Episode ein wenig ins Schwärmen, doch mit dem achten Kapitel haben sich Beau Willimon selbst übertroffen. Die gute alte Zeit ist – für mich zumindest – einer der besten, wenn nicht sogar die bislang stärkste Episode, weil sie sich plötzlich vollkommen den Figuren hingibt, anstatt einfach nur den Plot voranzutreiben.

In dieser Stunde von House of Cards befinden wir uns erfrischender Weise weit weg von Washington und begleiten die beiden wichtigsten männlichen Charaktere, Frank (Kevin Spacey) und Peter (Corey Stoll), beim Heimatbesuch. Während Frank es sich mit Claire (Robin Wright) anlässlich einer frisch nach ihm benannten Bibliothek ziemlich gut gehen lassen kann, hat Peter eine ganze Menge harter Arbeit vor sich. Wenn er Governeur werden möchte, muss er die 12.000 Menschen, die seinetwegen arbeitslos sind, wieder auf seine Seite ziehen, was denkbar schwierig ist. Mit der mentalen Unterstützung von Christina (Kristen Connolly) gelingt ihm dies letzten Endes aber natürlich doch noch.

Diese achte Episode ist aus mehrerer Hinsicht eine sehr eigenartige, herausstechende Episode. Sie fühlt sich fast schon wie ein Intermezzo an; eine Verschnaufpause, in der wir ausnahmsweise nicht nur nach vorne blicken, sondern nach links und rechts und vor allem nach hinten. Das mag den ein oder anderen verständlicherweise langweilen, für mich persönlich ist es aber besonders wertvoll, dass entschieden wurde, Frank diese neue Dimension hinzuzufügen. Dabei ist es wenig überraschend, dass wir in dieser Folge nicht den Hauch einer Spur von Zoe (Kate Mara) zu Gesicht bekommen, was auf der einen Seite natürlich lobenswert ist, weil die Beleuchtung von Franks Vergangenheit definitiv diese Zeit braucht, allerdings beweist das auch, dass Zoes Charakter gar nicht so wichtig ist, wie uns in den ersten Folgen weis gemacht wurde. Denn während alle zentralen Figuren allmählich an Konturen und Dimensionen gewinnen, bleibt Zoe bedauerlicherweise weitestgehend uninteressantes Eye-Candy. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Kommen wir aber zu den erfreulicheren Dingen: In der Eröffnungssequenz wird uns Frank noch genauso präsentiert, wie wir ihn kennen. Aufgesetzt, kontrolliert, unterkühlt. Der Einmarsch seiner singenden Jugendfreunde aber reißt plötzlich eine bombensicher geglaubte Mauer ein und verwandelt Francis in ein humanes Wesen, was wir in dieser Form noch nicht kennengelernt haben. Er lacht, amüsiert sich, schwelgt in Erinnerungen und gibt sich gänzlich dem Strom der Nacht hin, der ihn sogar mit dem Einbruch in die alte Bibliothek und dem dortigen Randalieren endgültig für einen Augenblick Teenager sein lässt.

Der Höhepunkt dieses (nicht nur) emotionalen Vollrausches ist zweifelsohne der Moment, in dem Francis neben seinem ehemals besten Freund auf dem Boden liegt und uns offen gelegt wird, dass die beiden einmal sexuelle Erfahrungen miteinander gemacht haben und Frank sich wohl immer noch zu ihm angezogen fühlt. Die Stärke dieser Szene liegt jedoch keineswegs in der bloßen Offenbarung dieses Geheimnisses, sondern viel mehr darin, wie es gelüftet wird. Beau Willimon und Regisseur Charles McDougall möchten uns hier nämlich nicht einfach mit voller Wucht ein entsetztes WHAT THE FUCK entlocken, stattdessen präsentieren sie es zutiefst ruhig und ehrlich; mit einer Beiläufigkeit, die es so selten zu bewundern gibt.

Franks Rede am nächsten Tag reiht sich da wunderbar ein: Keine vorgeschriebenen Floskeln, sondern eine ehrliche, improvisierte Ansprache, so aufrichtig, dass Claire im Anschluss nachfragen muss, ob bei ihm auch alles in Ordnung sei. Er hat bislang einen ganz ausgezeichneten Job gemacht, sich 24/7 mit Pokerface zu zeigen und damit die unnahbare, eiskalte Maschine zu spielen, doch spätestens jetzt wissen wir, dass an diesem Mann nicht alles einfach abprallt. Wie jeder andere Mensch macht er sich Gedanken und Sorgen um seinen Platz in der Welt, Vergänglichkeit und Liebe. Dieser Blick auf seinen Charakter war überaus wichtig, jedoch ist es auch genauso richtig, dass Frank am Ende der Folge einfach wieder seinen Schalter umlegt und auf abgebrühter Politiker stellt.

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