Wonder Woman – Amazone, Feministin, Fesselfreundin

10.11.2014 - 08:50 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Wonder Woman, gemalt von Alex Ross
DC Comics
Wonder Woman, gemalt von Alex Ross
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Mit Wonder Woman wird 2017 die erste Superheldin der Comicgeschichte ihre Kinopremiere feiern. Wir schauen zurück auf ihre wechselhafte Geschichte, ihren exzentrischen Schöpfer und ihren Drang nach Fesselspielchen.

Zwar ist Wonder Woman die erste und damit älteste Comic-Superheldin im engeren Sinne, war aber gerade deswegen über die Jahrzehnte hinweg einem steten Wandel unterworfen, was ihren Charakter, den Ton ihrer Geschichten und die Absichten ihrer Autoren anbelangt.

Wonder Womans Erfinder und die Frauen

Wonder Womans Erfinder, Dr. William Moulton Marston, vertrat seine Ansichten als erfolgreicher Psychologe oft und gerne in den Medien. Außerdem war er der Wegbereiter des Lügendetektors, was sich auch in Wonder Womans Abenteuern niederschlagen sollte. Seine Äußerung in einem Zeitschriften-Artikel, dass Comics nichts grundsätzlich Schlechtes für Kinder seien, wenn sie denn nur lehrreich wären, brachte ihm eine Beratertätigkeit für DC und deren Schwesterverlag All American Comics ein. Dort erhielt Marston schließlich die Gelegenheit, seine Ideen in die Tat umzusetzen.

Marstons Vorstellungen zur Rolle der Frau in der Gesellschaft waren dabei recht speziell: In einem Interview von 1937 prophezeite er, in den nächsten hundert Jahren würde das amerikanische Matriarchat beginnen, mit Amazonen im psychologischen statt im physischen Sinne. Frauen seien für Aggression und Habgier schließlich weniger anfällig als Männer. Die Männer wiederum, so Marston, wollten eigentlich von den Frauen gefangen genommen werden, sich deren sexuellen Reizen in einer Art freiwilligem Sklaventum hingeben.

Marston, der selbst mit zwei Frauen gleichzeitig zusammen lebte und mit jeder der beiden zwei Kinder hatte, sah seinen zunächst Suprema, the Wonder Woman getauften Charakter als psychologische Propaganda für die neue Art von Frauen, die seiner Ansicht nach zukünftig die Welt regieren sollten: Attraktiv und mit der Stärke eines Supermannes gesegnet, würde Wonder Woman nicht nur Abenteuer erleben, sondern auch Repräsentantin und Beispiel für andere Frauen sein. Während Marstons Ehefrau Elizabeth ihm einen weiblichen Superhelden vorgeschlagen haben will, dürfte Wonder Womans Aussehen dabei nach dem Vorbild seiner Lebensgefährtin Olive Richard gestaltet worden sein.

Wonder Womans Debüt

So debütierte Wonder Woman dann 1941 in All Star Comics Nummer 8, geschrieben unter dem Pseudonym Charles Moulton, gezeichnet von Harry Peter. Der war ebenso wie William Moulton Marston ein Unikum in der damaligen Superhelden-Comic-Landschaft, denn im Gegensatz zu den meisten anderen Zeichnern war er ein Profi, der schon auf eine längere Karriere zurückblicken konnte.

In der ersten Wonder Woman-Geschichte stürzte der amerikanische Kampfpilot Steve Trevor kurz vor dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg auf Paradise Island ab. Diese Insel ist die Heimat der nach griechischen und römischen Mythen gestalteten Amazonen, die die Welt der Männer nach einer Auseinandersetzung mit Herkules verlassen hatten. Athena und Aphrodite verkündeten Königin Hippolyte, eine Amazone solle Steve Trevor zurück in die USA begleiten, um dort für „Amerika, die letzte Festung der Demokratie und gleicher Rechte für Frauen“ zu kämpfen. Wonder Womans erste Jahre waren nämlich nicht nur von Feminismus geprägt, sondern auch von einer gehörigen Portion Propaganda. Aus einem Wettbewerb zur Ermittlung von Steve Trevors Begleitung ging dann Hippolytes Tochter Prinzessin Diana – die sich passenderweise auch in Trevor verliebt hatte – siegreich hervor, lieblich wie Aphrodite, weise wie Helena, schnell wie Merkur, stark wie Herkules.

Ausgerüstet mit Kugel-abwehrenden Armreifen, denen sich einige Zeit später auch ein Lasso hinzugesellte, das jeden zwingt, die Wahrheit zu sagen, der von ihm gefesselt wird, begab sich Diana als Wonder Woman (zunächst noch mit Rock) in die USA. Ihr Alter Ego dort: Diana Prince, Krankenschwester.

Bei ihrem zweiten Auftritt in Sensation Comics Nummer 1 von 1942 war Wonder Woman dann auch schon zur Titelfigur aufgestiegen, im Sommer 1942 bekam sie schließlich ihre eigene Heftreihe. Dort wurde auch Wonder Womans Origin-Story erweitert und die Leser erfuhren, dass sie einst von Königin Hippolyte als Statue erschaffen wurde, der Aphrodite dann Leben einhauchte.

Wonder Womans Freunde, Gegner und Fesselspielchen

Mit Etta Candy – rothaarig, kleingewachsen und rundlich – bekam Wonder Woman auch schon bald einen Sidekick, wobei Candy selten ohne eine Schachtel Bonbons in der Hand anzutreffen war. Botschaften von Wonder Woman empfing sie via eines Apparats namens Mental Radio, der ebenso wie ein unsichtbares Flugzeug zum Arsenal der Amazone gehörte.

Von der Krankenschwester wurde Diana Prince schon bald zur Armee-Sekretärin, und ihre erste wiederkehrende Gegnerin war dann auch Baronin Paula von Gunther, eine Agentin der Achsenmächte. Zudem bekam es Wonder Woman regelmäßig mit Mars zu tun, dem Herrscher des gleichnamigen Planeten, sowie mit einem gewissen Doktor Psycho. Der Frauenhasser war klein und hässlich und verfügte über die Gabe, mittels Ektoplasma Doppelgänger zu erschaffen. The Cheetah war wiederum die böse Persönlichkeit der Gesellschafts-Debütantin Priscilla Rich, die sich regelmäßig in eine Wonder Woman-hassende Jägerin im hautengen Gepardenkostüm verwandelte. Aus dem Tierreich stammte auch eine Gorilla-Dame namens Giganta, die durch einen Wissenschaftler in eine rothaarige Frau verwandelt wurde.

Wonder Woman im Wandel der Zeiten

Die Auseinandersetzungen mit all diesen Gegnern hatten dabei vor allem eine Sache gemeinsam: Ständig wurde irgend jemand gefesselt, sowohl die Bösewichte als auch Wonder Woman selbst. Häufig wurden ihr auch die Armreifen durch Männer zusammengeschmiedet, da sie nur so ihrer Kräfte beraubt werden konnte. Die erwartbaren Einwände gegen solche Fesselspielchen in einem Comic, der hauptsächlich von Kindern gelesen wurde, wischte Wiliam Moulton Marston aber stets beiseite: Durch das Fesseln würden andere Gewaltakte vermeiden, außerdem könne es Frieden nur dann geben, wenn Rüpeln beigebracht werde, Fesseln zu mögen. Sollte dies bei erwachsenen Lesern zu erotischen Fantasien führen, würde das nicht schaden.

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