Pyro 91 - Kommentare
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Alle Kommentare von Pyro 91
Mit Season 3 von Mad Men durch? Wirklich eine der besten Staffeln der Serie. Die letzte Folge zählt mit zu den legendärsten der Serie ("Shut the door, have a seat.")
"Irreversibel" ist schon ein harter Knochen, nicht wahr? Einer der wenigen Filme, bei denen ich keine Ahnung hatte wie ich ihn bewerten soll. Zu dem Film habe ich eine lustige Geschichte:
Habe den damals vor fünfzehn Jahren oder so zum ersten Mal mit einem Kumpel geguckt. Wir haben damals einen chilligen Horrorfilmabend gemacht und hatten keine Ahnung auf was wir uns da einlassen. Wir hatten schon einiges an Bier und Schnaps intus und haben uns köstlich über "Halloween" - das Remake amüsiert. Doch als ich danach "Irreversibel" eingelegt habe, war der Spaß schnell vorbei. Sobald die wilden Kamerafahrten losgingen und die Feuerlöscherszene begann, musste ich den Film ausmachen, weil meinem Kumpel übelst schlecht wurde. xD
Habe den Film dann alleine irgendwann nachgeholt und war danach ziemlich fertig mit der Welt. Der ultimative Feelbad-Movie.
X-Files Rewatch
ACHTUNG SPOILER FÜR DIE GESAMTE SERIE!
Staffel 5 - Bewertung
5x01 Redux I 5
5x02 Redux II 8
5x03 Unusual Suspects 7.5
5x04 Detour 8.5
5x05 The Post-Modern Prometheus 8
5x06 Christmas Carol 8.5
5x07 Emily 3
5x08 Kitsunegari 4.5
5x09 Schizogeny 4.5
5x10 Chinga 3.5
5x11 Kill Switch 5.5
5x12 Bad Blood 9
5x13 Patient X 7
5x14 The Red and the Black 7
5x15 Travelers 7
5x16 Mind's Eye 7
5x17 All Souls 3
5x18 The Pine Bluff Variant 7.5
5x19 Folie a Deux 7
5x20 The End 5.5
Im Schnitt: 6,33 = 6
Die fünfte Staffel der Serie war für mich schon immer eine sehr gemischte Angelegenheit. Hier überschreitet “Akte X” die magische Grenze von 100 Episoden und scheint immer weniger darin interessant zu sein, typische Monster of the Week-Fälle zu inszenieren und widmet sich vielmehr experimentiellen und ungewöhnlichen Ansätzen. Diese Staffel wirkte auf mich schon immer ein wenig zerfahren, was auch daran liegt, dass David Duchovny in einigen Episoden in einer reduzierten Rolle zu sehen ist (“Chinga”/”Christmas Carol”/”Unusual Suspects”) und Gillian Anderson in zwei Episoden überhaupt nicht auftaucht (“Travelers”/”Unusual Suspects”).
Dies lag an den Reshoots für den Kinofilm “X-Files - Fight the future”, die während dieser Staffel noch vonstatten gingen und so die Verfügbarkeit der Hauptdarsteller hin und wieder reduzierten.
Im Gegensatz zu den ersten vier Staffeln finden sich hier für meinen Geschmack kaum Klassiker, die ich mit zu den besten Folgen der Serie zählen würde. Auf den ersten Platz würde ich wohl noch “Bad Blood” von Vince Gilligan setzen, eine sehr amüsante und tiefblickende Comedy-Episode, die uns zwei unterschiedlichen Blickwinkel von Mulder und Scully zeigt und zwar wie sie die Erlebnisse in einer von Vampiren besetzten Stadt wahrgenommen haben. Ich finde die Episode nicht ganz perfekt, da das Ende erstaunlich lahm ist und einige Witze mir zu plump und albern sind. Doch das fällt nicht sonderlich ins Gewicht, gemessen daran wie spaßig es ist, zu sehen wie Mulder und Scully sich gegenseitig und ihre Umgebung wahrnehmen und die Geschehnisse gefärbt durch ihre starren Glaubenssätze, persönlichen Empfindungen und vorgefertigten Meinungen interpretieren. Gegen Ende überschneiden sie dann die beiden Interpretationen der Vorkommnisse, was ziemlich clever konstruiert ist und uns wieder einmal offenbart, dass die symbiotische Beziehung der beiden essentiell für die Arbeit an den X-Akten ist.
Natürlich muss man sich als Serienschöpfer Chris Carter zu diesem Zeitpunkt in der Serie die Frage stellen, in welche kreative Richtung sich die Serie nach so vielen Episoden im bewährten MOTW- Format noch entwickeln könnte.
Die Mythologie-Episoden hingegen legen in dieser Staffel die Weichen für den Kinofilm und nehmen Fahrt auf, um auf ein Ende der Syndikat-Storyline hinzusteuern, was wir allerdings erst in “Two Fathers” /”One Son” in der sechsten Staffel erleben werden. Als jemand, der den Kinofilm schon kennt, ist es dennoch auffällig, dass in der fünften Staffel nochmal zusätzliche Plotlemente und Keyplayer eingeführt werden, die im Film nicht einmal vorkommen und erst wieder in der nächsten Staffel behandelt werden. Es scheint mir so, als ob “Fight the future” schon vor dieser Staffel abgeschlossen war, aber Chris Carter und Frank Spotnitz, die für die Mythologie der Serie verantwortlich sind, noch viel mehr Ideen hatten, die sie hier in dieser Staffel unbedingt noch einführen wollten (Gesichtslose Rebellen, Diana Fowley, Jeffrey Spender, Gibson Praise), auch wenn der Film selbst keine Notiz von ihnen nimmt und der Plot wieder auf die notwendigsten Elemente heruntergebrochen wird, um auch den normalen Kinozuschauer, der nicht unbedingt mit dem Gesamtbild der Mythologie vertraut ist, mit an die Hand zu nehmen und nicht zu überfordern. Es mutet vielmehr wie das Abhaken einer Checkliste an, anstatt dass hier organisches Storytelling betrieben wird, das weit im Voraus geplant war.
Dies wird vor allem im Staffelfinale “The End” deutlich, welches die Staffel mit einem Wimmern anstatt eines Knalls beendet. Viele Dinge in dieser Episode sollen sich groß und lebensverändernd anfühlen, doch die meiste Zeit wird nur darüber geredet, anstatt dass uns konkrete Auswirkungen gezeigt werden.
So wird bspw. Gibson Praise, als gedankenlesendes Wunderkind eingeführt und Mulder glaubt, damit den Schlüssel zu den X-Akten gefunden zu haben, der alle Wahrheiten aufdecken wird und eine Art heiligen Gral darstellt. Doch die Episode macht keinesfalls deutlich, warum gerade dieser Junge so unglaublich signifikant für Mulders jahrelange Arbeit sein soll. Was ist mit den anderen Personen mit übernatürlichen Kräften (z.B. Robert Modell in “Pusher” oder Augustus Cole in “Sleepless”) oder mutierten Kreaturen (z.B. Tooms), die Mulder im Laufe der Jahre über den Weg gelaufen sind und von denen er einige sogar in Gewahrsam genommen hat? Aber gut, mit Gibson haben wir nun einen McGuffin, dem alle Parteien in dieser Folge hinterherjagen können und das ist wohl gut genug, um den Plot in Schwung zu bringen.
Gibson wird im weiteren Serienverlauf noch größere Relevanz haben, wenn wir entdecken, dass alle Menschen Alien-DNA in sich tragen, diese aber bei Gibson aktiv ist und ihn dadurch zu einem wertvollen Werkzeug oder einer zu beseitigenden Bedrohung für das Syndikat macht.
Bedauerlicherweise wird Gibson in “The End” allerdings hauptsächlich dazu genutzt, um das Liebesdreieck rund um Mulder, Scully und Diana Fowley anzuheizen, was mich sofort zum Augenrollen animiert hat.
Sobald Fowley, Mulders Ex-Freundin und die Person mit der er scheinbar die X-Akten entdeckt hat (obwohl wir in dieser Staffel zwei andere Origin-Storys bekommen, die nicht unbedingt damit vereinbar sind) auf den Plan tritt, wird Scully sofort zur unsicheren und eifersüchtigen Partnerin und benimmt sich permanent wie eine zickige Sechstklässlerin. Tatsächlich ist das leider Scullys einzige undankbare Rolle in dieser Episode, die ihr überhaupt nicht steht. Wohin ist nur die kompetente und selbstbewusste Agentin verschwunden? Was hat dieser peinliche Daily Soap-Mist in meiner Mystery/Sci-Fi-Genre-Show über Aliens und übernatürliche Phänomene verloren?
Jede Kabbelei zwischen den beiden ließ mich ermüdet zurück und ich wünschte mir, anderswo zu sein. An sich ist Diana Fowley als Figur eine verpasste Chance, was vor allem in den nächsten beiden Staffeln deutlich wird. Mulder benimmt sich in ihrer Gegenwart wie ein verliebter Schuljunge, der von ihr mühelos um den Finger gewickelt wird, aber wir bekommen nie ein Gespür für ihre gemeinsame Vergangenheit und weshalb die beiden romantisch involviert waren. Klar, scheinbar hat sie mit Mulder die X-Akten ins Leben gerufen und gemeinsam an paranormalen Fällen gearbeitet - was so ziemlich aus dem Nichts kommt - aber wie war die Dynamik in der Beziehung der beiden, was war Fowleys Motivation sich für diese Arbeit zu entscheiden und warum ist sie jetzt spezialisiert darauf, an Fällen mit Kindern zu arbeiten, die übersinnliche Kräfte besitzen? Wir erfahren es nicht und wir begegnen ihr nie auf Augenhöhe. Stattdessen wird sie als eindimensionaler Bösewicht eingeführt, der es wagt, die heilige Verbindung zwischen Mulder und Scully zu unterbrechen und ihnen Steine in den Weg zu legen.
Ich konnte zudem nicht umhin mich zu fragen, was wohl in Mulder vor sich geht. Fowley taucht nach etlichen Jahren wieder in seinem Leben auf und er ist kein bisschen misstrauisch, was ihre Motive anbelangt, auch wenn nicht im Geringsten klar ist, was sie während ihres langen Auslandsaufenthalts getrieben hat. Doch er vertraut ihr mehr als Scully, was extrem unglaubwürdig ist, speziell im Hinblick darauf, wie sehr die Serie immer wieder darauf pocht, dass die beiden alleine auf einer gemeinsamen Mission sind und durch zahlreiche tragische Ereignisse immer stärker aneinander geschweißt wurden.
Agent Jeffrey Spender funktioniert als Charakter nur marginal besser, da er in “Patient X/”The Red and the Black” noch als recht bemitleidenswerter Mann eingeführt wird, der auf der Suche nach seiner verschwundenen Mutter ist und dafür alle Hebel in Bewegung setzen möchte. Doch die Enthüllung am Ende, als wir erfahren, dass er der Sohn des Rauchers ist, fällt leider recht flach, da wir ihn noch nicht gut genug kennen, um zu wissen, was diese neue Erkenntnis nun für ihn bedeutet.
Wir wissen lediglich, dass er einen Gönner innerhalb des FBIs hat, der ihm hilft die Karriereleiter aufzusteigen und er gerne auf dieses opportunistische Angebot eingeht, aber davon mal abgesehen wird er wie Fowley als irritierender Stolperstein, als berufliche Hürde für Mulder und Scully eingeführt und besonders in Staffel 6 durchgehend als eindimensionaler Bösewicht und erst kurz vor seinem Abgang als Archetyp des enttäuschenden Sohnes eines anspruchsvollen Vaters charakterisiert. Sehr schade.
“The End” macht auch wieder deutlich, wie essentiell der CSM als Antagonist in der Serie ist. Nachdem er in “Redux II” zu Beginn der Staffel scheinbar erschossen wurde, wird er nun vom Syndikat aus seiner sicheren Isolation in einer Berghütte im verschneiten Kanada geholt und wieder zurück nach New York gebracht, wo er für die Schattenmänner erneut Aufträge erledigen muss, für die scheinbar nur er geeignet und seine hohe Expertise vonnöten ist.
Ganz ersichtlich ist mir nicht, wieso ausschließlich er dafür qualifiziert ist, einen Scharfschützen anzuheuern, der den Attentäter vom Anfang der Folge aus dem Weg räumen und einen kleinen Jungen entführen kann, aber das müssen wir wohl aus Plotgründen in Kauf nehmen, denn ohne ihn als zentralen Bösewicht und ikonisches Aushängeschild war das Syndikat recht farblos und undefiniert und auch der Well-Manicured Man konnte in der Zwischenzeit als neuer Anführer der Gruppe kaum dessen Schuhe füllen. Außerdem haben wir in dieser Episode wohl jemanden gebraucht, der ständig plumpe Schachmetaphern in den Raum wirft und dabei wie ein alter Batman-Bösewicht klingt. Naja.
Sein Wiedererscheinen auf der Bildfläche mindert natürlich seinen vermeintlichen Tod in “Redux II” und es fällt mir schwer, das Ganze nicht als billig und ernüchternd wahrzunehmen. Wie viel mehr dramatisches Gewicht hätte sein Tod gehabt, wenn man es wirklich dabei belassen hätte, anstatt ihn im Verlauf der Serie immer wieder zurückzuholen? Gut, ein fehlgeschlagenes Attentat auf ihn lasse ich mir ja noch eingehen, aber man hätte ihn als Figur spätestens nach “Requiem” ruhen lassen sollen, als er von Krycek schwerkrank im Rollstuhl sitzend die Treppe hinuntergestürzt wird. Aber man musste ihn danach natürlich ein paar weitere Male wieder auferstehen lassen, weshalb ich ihn nach der siebten Staffel nicht mehr ernst nehmen konnte. Die mangelnde Kreativität und Mutlosigkeit, die Carter und Spotnitz offenbarten, wenn es darum ging, einen neuen, formidablen Bösewicht für Mulder und Scully zu kreieren, ist wirklich erstaunlich und traurig.
Der Raucher kommt zurück, aber nicht weil es gute Gründe dafür in der Story gibt, sondern weil er zur typischen Ikonographie der Serie gehört und sofort als Bösewicht erkennbar ist. Er wird vielmehr zum stellvertretenden Symbolbild für alles Schlechte auf der Welt, zu einer puren Satansfigur, die unsere Helden auf die dunkle Seite verführen soll und weniger zu einem vielschichtigen, noch deutlich als menschliches Wesen erkennbaren Mann, der aufgrund seiner großen Macht, mit der er über das Schicksal von Millionen von Menschen entscheiden konnte, schrittweise immer mehr von Zynismus und Bitterkeit erfüllt wurde.
Es ist für mich zudem erstaunlich, dass Krycek nach mehreren Erpressungen und Anschlägen auf sein Leben nun doch wieder gewillt ist, für das Syndikat zu arbeiten und für den WMM den Chauffeur zu spielen. (Scheinbar hatte er in “Fight the Future” Urlaub, weil er dort gar nicht auftauchte). Erst in der nächsten Staffel wird ersichtlich, dass Krycek nun der unmittelbare Nachfolger dieser großen Männer sein will, die den Verlauf der Geschichte beeinflussen konnten, weshalb er folglich auch bereit ist, weiterhin deren Drecksarbeit zu erledigen, um von ihren Wissen und Ressourcen zu profitieren.
Ich kann der Serie Kryceks sprunghafte Charakterentwicklung wohl einigermaßen abkaufen, da er als Figur zu selten auftaucht, um seine Motive im Detail zu verstehen, aber auch hier erweckt es für mich eher den Anschein, dass Chris Carter und Co. einfach gerne mit Nicolas Lea zusammenarbeiteten und es die Mythologie-Episoden immer wieder etwas in Schwung brachte, wenn er zukünftig ein, zweimal im Jahr auftauchte und dabei irgendwelche fragwürdigen und verschwörerischen Dinge tat.
Kryceks Neuausrichtung kann ich der Serie vielmehr abkaufen, als Mulders plötzlichen Wandel zum desillusionierten Gläubigen, der nach einem fünf Minuten Gespräch mit Kritschgau im Pentagon und dem Anblick eines künstlich hergestellten Alienkörpers, auf einmal bereit ist all seine Überzeugungen und Glaubenssätze über Außerirdische über Bord zu werfen und nun der Meinung ist, er wurde all die Jahre fehlinformiert, um von den eigentlichen Experimenten und Machenschaften der Schattenregierung abzulenken.
Dieser Charakterarc könnte funktionieren und spannend sein, aber Mulders Sinneswandel geht mir viel zu schnell vonstatten und funktioniert eher wie ein An/Aus-Schalter, als dass er graduell und langsam davon überzeugt werden würde, all die Jahre nur an Lügen geglaubt zu haben. Scheinbar haben alle anderen Drehbuchautoren diesbezüglich auch kein Memo von Chris Carter bekommen, denn in den darauffolgenden MOTW-Episoden benimmt sich Mulder wie üblich und zweifelt übernatürliche Phänomene oder Kreaturen in keinster Weise an.
Natürlich sehen wir hier wohl wieder den Mythologie und Monster of the Week-Format-Split. Einerseits soll Mulder im Laufe dieser Staffel eine große Glaubenskrise durchleben, die er in “The Red and the black” wieder überstanden hat und ausschließlich in Mythologie-Folgen thematisiert wird, aber gleichzeitig müssen auch wieder davon unberührte MOTW-Episoden gedreht werden, in denen Mulder scheinbar an alles andere Übernatürliche glaubt, nur nicht an Außerirdische. Tja, dies hilft nicht unbedingt, um den überzeugenden Eindruck entstehen zu lassen, dass hier wirklich großartig etwas erforscht wird und Mulder nun glaubenstechnisch in ein großes Loch gefallen ist.
Es würde mich zudem nicht wundern, wenn viele Zuschauer diese Thematik im Zweiteiler “Patient x”/”The Red and the black” schon wieder vergessen haben, nachdem sämtliche Episoden nach “Redux II” nicht mit seiner neuer Charakterausrichtung spielen und alles mehr oder weniger beim Alten bleibt.
Gleichermaßen werden am Ende der fünften Staffel die X-Akten mit großer Dramatik und ausgeprägter Theatralik geschlossen, nur damit sie am Ende von “Fight the Future” wieder eröffnet werden können. Das letzte Bild der Staffel, als Mulder sein Kellerbüro und damit sein Lebenswerk in Flammen aufgehen sieht, während ihn Scully umarmt, ist ein starkes und einprägsames Schlussbild, doch wieder einmal entsteht hierbei nur die Illusion der Veränderung oder Weiterentwicklung, denn im Kinofilm erleben die beiden ein großes Alien-Abenteuer, ob sie nun offiziell an den X-Akten arbeiten oder nicht und in der sechsten Staffel, als Fowley und Spender statt der beiden das Kellerabteil übernehmen, finden Mulder und Scully immer noch genug andere Wege, um trotzdem an seltsamen und übernatürlichen Fällen zu arbeiten. Es wird damit gedroht, dass ihr neuer Chef Kersh ihnen die Hölle heiß machen wird, wenn er über ihre fortlaufende Arbeit an den X-Akten erfährt, aber selbst, als er davon Wind bekommt, erleiden die beiden keine schwerwiegenden Konsequenzen und es läuft auf leblose und konstruierte Streitigkeiten am Arbeitsplatz hinaus, um billiges Drama zu generieren.
Neben “The End” sind auch alle anderen Mythologie-Folgen in dieser Staffel von eher gemischter Qualität.
“Redux I” beginnt die Staffel auf recht unspektakuläre und öde Weise mit einem netto Handlungsfortschritt von etwa drei Minuten und viel zu vielen Szenen, in denen Mulder und Scully permanent per Voiceover bleischwere und trockene Exposition betreiben und uns Dinge erklären, die wir schon seit Jahren wissen oder Vorgänge beschreiben, die sie gerade offensichtlich vor unseren Augen tun. Wir sehen Mulder minutenlang dabei zu, wie er durch etliche graue Korridore des Pentagons irrt und währenddessen munter vor sich hin monologisiert. Danach monologisiert Scully bei einer wissenschaftlichen Untersuchung zu sich selbst über Mulders Erkenntnisse und später nochmal beim FBI-Meeting zu anderen Leuten über Mulders Suche nach der Wahrheit. Die Episode endet natürlich auch in Form eines blumigen und prosaischen Monologs, mit dem Scully uns zum Abschluss noch einmal berieseln muss.
Hier erlebe ich wirklich Late Season-”Dexter” Vietnam-Flashbacks, wo Ghost-Harry oder Dexter selbst uns ständig erklären mussten, was hier denn gerade vor sich geht und was wir zu fühlen haben. Es gibt bei Filmen oder Serie nichts, was mich mehr auf die Palme bringt, als minutenlang diese platten, kunstlosen und schwurbeligen Voiceover-Monologe anhören zu müssen, die bei mir den Eindruck entstehen lassen, dass ich hier gerade ein bebildertes Hörbuch sehe und keine Serie, die mit ihrer audiovisuellen Qualität neue Maßstäbe fürs Fernsehen setzen wollte. Es wirkt schrecklich antiquiert, selbst für das Jahr 1998 und zeigt wieder einmal Chris Carter schlimmste Tendenzen, die im Laufe der Jahre noch zu größeren Ärgernissen werden würden (“My Struggle”). Der einzige Monolog, der in dieser Folge einen positiven Eindruck bei mir hinterlassen hatte, war Kritschgaus minutenlange zynische Tirade über seine Version der Geschichte des Kalten Kriegs, welche mit echten Archivaufnahmen zu einer recht überzeugenden und mitreißenden Montage zusammengeschnitten wurde.
“Redux II” wirkt da schon deutlich aufregender und cineastischer, auch wenn die Jagd nach einem Maulwurf innerhalb des FBIs auf einer reinen Plotebene recht spannungsfrei und unsinnig konstruiert ist. Assistent Director Skinner oder Section Chief Blevins sind nunmal die einzigen, die die Schuldigen sein können, da sie auch die einzigen Figuren sind, die wir mit Rang und Namen kennen.
Hm, mal scharf überlegen, wer könnte hier wohl der Verräter sein? Skinner, der nun seit drei, vier Jahren seine große Loyalität zu Mulder und Scully bewiesen hat und schon etliche Mal sein Leben für sie riskiert hat, sich sogar eine Kugel für sie eingefangen hat? Oder Sektionschef Blevins, den wir seit der Pilotfolge nicht mehr gesehen haben und nun nach vier Staffeln Absenz plötzlich wieder auf den Plan tritt und großes Interesse daran zu haben scheint, Beweise unterdrücken zu wollen? The suspense is killing me.
Naja, der vorwärts treibenden und dramatischen Inszenierung von Kim Manners sei Dank, dass der Tod von Blevins und dem Raucher dennoch das Gefühl einer epischen Konklusion vermitteln, auch wenn beide Ereignisse eine gewisse Nachwirkung vermissen lassen, da uns Blevins relativ egal ist und der Krebskandidat ohnehin wieder auferstehen wird.
Doch die Stärken der Episode liegen vielmehr bei Scullys Krebsdrama, da ihr Zustand immer schlechter wird und Mulder sich mit einer Glaubenskrise konfrontiert sieht und währenddessen mit ernsten Schuldgefühlen und einer zunehmend defätistischen Haltung ringen muss. Die Episode lässt offen, was denn nun letztendlich zu Scullys Heilung geführt hat. War es vielleicht das Implantat auf einer reinen medizinischen Ebene oder waren es ihr oder Mulders Glauben an dessen Wirkung oder womöglich eine Kombination aus alledem? Hier befindet sich der thematische Tiefgang der Folge.
Auch der Raucher bekommt noch eine menschliche Dimension mehr, wenn wir sehen, wie er mit einer Träne im Auge ein Bild von Fox und Samantha betrachtet und dieses Foto der beiden das letzte ist, woran er sich vor seinem “Tod” noch klammern möchte.
Sein Treffen mit Mulder in der Öffentlichkeit ist ein weiteres Highlight in der Episode, als er ihm sogar anbietet, mit auf seine Seite zu kommen und als Vater und Sohn über die Galaxis zu herrschen. Doch Mulder wirft sein Laserschwert weg und lehnt es sofort ab, auf die dunkle Seite der Macht gezogen zu werden. Hier wäre eine potentielle Storyline, in der Mulder das Syndikat infiltriert und so tut, als ob er seinem Vater (?) näherkommen möchte, durchaus interessant gewesen, aber dafür hätte die Serie doch etwas flexibler sein müssen, was Plot- und Figurendynamik anbelangt.
Der stark auf Scullys fokussierte Zweiteiler “Christmas Carol” und “Emily” spiegelt sehr gut die diskrepante Qualität der Mythologie-Folgen wider.
Erstere durchzieht ein spannender Mysteryplot, bei der Scully im Verlauf einer Ermittlung auf ein Mädchen namens Emily trifft, von dem sie annimmt, es könne das Kind ihrer verstorbenen Schwester sein. Wir sehen wie Scully sich von den Weinachtsfeierlichkeiten ihrer Familie entfernt, da sie sich wie fehl am Platz fühlt und lieber einen Fall bearbeiten möchte, bei dem es um einen verdächtigen Selbstmord geht, bei dem die Polizei vor Ort jedoch nichts ungewöhnliches feststellen konnte, aber Scully einige merkwürdige Diskrepanzen auffallen und clevere Ermittlungsarbeit leisten muss. Die Episode integriert den Fall gut in Scullys feiertägliche Krise, bei der sie wieder einmal ihren eingeschlagenen Lebensweg in Frage stellt und in Erinnerungen an ihre Kindheit mit ihren Geschwistern schwelgt. Die finale Enthüllung, dass es sich bei Emily nicht um Melissas, sondern um ihr eigenes Kind handelt, ist ein toller Cliffhanger, der Hunger auf mehr macht.
Leider geht es in der darauffolgenden Episode “Emily” rasant bergab. Nachdem Scully mit Emily für eine Minute freundlich interagiert hat, liegt das Kind daraufhin sofort im Sterben und Scully kann nichts weiter tun, außer dabei zuzusehen, wie ihr Kind mit jeder Minute schwächer wird und letztendlich verstirbt.
Was für ein zynischer, extrem manipulativer Müll. Scully ein Kind zu geben, nur um es ihr nach ein paar Minuten wieder zu nehmen, wirkt speziell nach Überleben ihr Krebs-Krankheit in dieser Staffel wie ein Schicksschlag zu viel und verlangt von Gillian Anderson nicht mehr, als weinend und deprimiert vor ihrem dahin sterbenden Kind zu stehen, zu dem wir als Zuschauer bisher gar keine emotionale Beziehung aufbauen konnten u.a. weil es in “Christmas Carol” zunächst wie ein gruseliges Kind inszeniert wurde, das womöglich auch etwas mit dem Selbstmord der Mutter zu tun hatte.
Nachdem “Christmas Carol” Scully als besonders kompetente und unermüdliche Ermittlerin - auch ohne Mulder - dargestellt hat und zeigt dass Anderson auch mühelos eine Episode im Alleingang tragen kann, hat “Emily” wieder einmal nichts besseres zu tun, als Scully nur untätig und traurig herumsitzen zu lassen, während Mulder die ganze Ermittlung an sich reißt und sich wie Charles Bronson benimmt. Scully kann nichts tun außer hoffnungslos um das Schicksal ihres Kindes zu bangen, während Mulder voller Wut und Tatendrang Leute mit Waffen bedroht, irgendwelche Schergen vermöbelt, zwielichtige Gebäude infiltriert und am Ende des Tages blutverschmiert, aber doch erfolglos wieder bei Scully im Krankenhaus auftaucht, nachdem ihr Kind bereits verstorben ist. Es ist seltsam: Eine Episode wie “One Breath” in Staffel 2 hatte genau diesen blinden und brutalen Aktionismus noch kritisiert, invertiert und uns stattdessen gezeigt, dass es für Mulder letztendlich sinnvoller war, an Scullys Bett zu verweilen und emotional für seine Partnerin dazu sein. Doch “Emily” zeigt uns wie so oft in diesen Mythologie-Episoden eine klischeehaftere Dynamik der beiden, wo Mulder sich wie ein kaltblütiger Actionheld benimmt und Scullys nur ein passives Opfer ihrer Umstände ist. Das ist unfassbar frustrierend und langweilig.
Würde mich Gillian Andersons einnehmende Performance in dieser Episode nicht so stark überzeugen, wäre meine Bewertung wohl noch geringer ausgefallen. Ich verabscheue diese Episode.
Doch die Serie legt noch einmal nach, wenn “All Souls” den Tod von Scullys Tochter noch einmal ausschlachten muss, weil “Emily” scheinbar noch nicht genug Miseryporn für Scully war. Auf einem rein thematischen Level sympathisiert die Episode zudem mit fanatischen, blinden Glauben, da wir die fragwürdige Konklusion akzeptieren sollen, dass ein paar Mädchen im Rollstuhl, die mit körperlichen und geistigen Problemen zu kämpfen haben, scheinbar ausschließlich deprimierende Leben führen können und doch besser dran wären, wenn sie sterben und von Gott in ein andere Dimension gebracht werden würden. Dies wird von Scully trotz großer Zweifel als das richtige angesehen und der gnadenvolle Tod der Mädchen wird mit dem Loslassen ihrer Trauer wegen Emilys Tod verknüpft, was wieder mal sehr exploitativ und billig wirkt. Es ist natürlich eine Frage des Glaubens, wie man diese polarisierende Thematik wahrnimmt, aber zumindest die verbohrte Art, wie das Ganze hier dargestellt wurde, hinterlässt bei mir unangenehme Implikationen und macht die Episode für mich ziemlich unerträglich.
Doch “All Souls” hat noch viele andere Probleme. Zum einen wird die ganze Geschichte als Beichte von Scully geframt, was ein narrativer Alptraum ist, da wir immer wieder zu Scully im Beichtstuhl schneiden, die uns nochmal erklärt, was wir gerade gesehen haben und was die an sich schon dahin schleichende Handlung vollkommen zum Stillstand bringt.
Zum anderen wirkt Mulder hier extrem out of character. Anstatt Scully bei dieser schweren Zeit der Trauer um ihr totes Kind beizustehen, benimmt er sich wie ein Teenager, der den Atheismus als neues Weltbild zum ersten Mal für sich entdeckt hat und verhält sich Scully gegenüber stets antagonistisch und herablassend, wenn sie auf das Thema des Glaubens zu sprechen kommt. Was zum Teufel soll das?
Mulder hatte Scullys katholischen Glauben in der Vergangenheit stets respektiert, auch wenn er selbst ungläubig war und sie diesbezüglich nicht wirklich verstehen konnte. Doch nun lässt er keine Möglichkeit aus, sich darüber lustig zu machen und dumme Sprüche zu reißen. Es fühlt sich mehr so an, als ob hier der Autor (Frank Spotnitz) zum Zuschauer spricht, um ihm seine atheistischen Glaubenssätze unterzujubeln und dafür Mulder als Sprechpuppe zu benutzt, der diese undankbare Funktion nun erfüllen muss.
Dieser ganze Handlungsstrang rund um “Emily” - mit Ausnahme von “Christmal Carol”, was nur marginal mit der bedenklichen Thematik zu tun hat - ist wirklich das größte Lowlight in dieser Staffel und es werden so viel fragwürdige und unpassende Entscheidungen getroffen, dass ich es kaum fassen kann.
“Patient X”/”The Red and the black” überzeugen als Mythologie-Zweiteiler da schon mehr, weil es spaßig ist, die übliche Mulder und Scully-Dynamik einmal invertiert zu sehen und Scully übernatürliche Dinge erlebt, die sie an ihren bisherigen Weltbild zweifeln lassen, während Mulder nun den Skeptiker spielt, der Cassandra Spender, die bereits mehrere Male entführt wurde, kein einziges Wort mehr glaubt. Natürlich finde ich Mulders Sinneswandel nicht allzu überzeugend, wie ich bereits dargelegt habe, aber es ist schon befriedigend zu sehen, wie er gegen Ende der Episode seinen Glauben wieder findet und sich im Angesichts dessen mit dem er es zu tun hat, wie ein kleines Licht im Universum vorkommt und als Außenstehender in einem Konflikt zwischen sich bekriegenden Alien-Fraktionen geraten ist, bei der er keine Ahnung hat, was gerade vor sich geht.
Des Weiteren werden hier die Gesichtslosen Rebellen eingeführt, die gegen die Kolonisten und das Sydnikat gewaltsam vorgehen, um deren anstehende Kolonisierungspläne der Erde zu durchkreuzen. Die Ästhetik der Gesichtslosen Rebellen mit ihrem zugenähten Augen und Mündern, um sich gegen eine Infektion durch das Schwarze Öl zu schützen, ist verdammt ikonisch und deren Tötungsmethode, bei der sie ihre Feinde als Gruppe umkreisen und mit Brandstäben anzünden, macht sie sofort gefährlich und gnadenlos.
In diesem Zweiteiler sehen wir, dass Chris Carter weiterhin munter neue Elemente und Figuren einführt, welche allerdings ein Zugewinn für die Mythologie der Serie sind und auch in Zukunft noch eine entscheidende Rolle spielen werden. Obwohl die Storyline rund um das Syndikat und Kolonisierung der Erde Mitte der sechsten Staffel bereits ad acta gelegt wird, fühlt sich die späte Einführung von Cassandra Spender und den Gesichtslosen Rebellen nicht unangebracht an, sondern fügt sich ziemlich gut ins bisherige Gesamtbild ein.
Leider kann dieser Zweiteiler aber nicht ganz vergangene Glanztaten anschließen, da hier zu viel Exposition betrieben werden muss, um die neuen Figuren einzuführen und um die Kolonisierungsstoryline im Detail zu erklären, was eigentlich nicht nötig wäre, da es den Erzählfluss stark ausbremst und oft unfreiwillig komisch wirkt. Hier fangen Carter und Spotnitz meines Erachtens nach zu sehr damit an, Dinge stark zu konkretisieren und wortwörtlich ins Detail zu gehen.
In den drei Staffeln zuvor haben das Syndikat oder der Alien Bounty Hunter immer wieder über “den Plan”, “das Projekt” oder darüber, dass “die Kolonisierung im Gange wäre” gesprochen. Es war alles noch sehr vage und abstrakt und passt sehr gut zum ernsten, paranoiden Grundton der Serie, zu einer Geschichte, bei der es um eine jahrzehntelange, generationsübergreifende Verschwörung einiger alten, mächtigen Männer gegenüber ihrem eigenen Volk ging, die im Hintergrund in allen Lebensbereiche der Menschen eingriffen und großen Einfluss auf den Verlauf der Geschichte hatten.
Doch jetzt werden konkret Begriffe und Ausdrücke wie “Alien-Mensch-Hybrid”, “Schwarzes Öl”, “Alien-Rebellen” oder “Bienenschwärme, die das Virus transportieren” im stetigen Dialog benutzt und mithilfe der Figuren als unverblümte Expositionsmaschinen an den Zuschauer herangetragen, was dem Ganzen viel mehr eine leicht trashige Science-Fiction B-Movie-Note gibt, die das menschliche Drama mehr in den Hintergrund rückt und viele der Mythologie-Episoden weniger wie ein politischer und aufregender Verschwörungsthriller wirken lassen. Vielleicht war es unabwendbar, dass dies mit der Zeit geschehen musste, aber es sorgt doch dafür, dass ich mich als Zuschauer viel mehr mit den technischen Details der Mythologie beschäftigen muss und die Serie dialog- und expositionslastiger wird, anstatt mehr auf Action und Thrill setzen zu können.
Wie ich eingangs schon erwähnte, muss man sich im nunmehr fünften Jahr durchaus fragen in welche kreative Richtung sich die Serie noch entwickeln könnte, welche frischen Ideen zu diesem Zeitpunkt noch nicht realisiert wurden und ob sich alleine wegen der Vielzahl der Episoden nicht zwangsweise eine vorhersehbare Routine in Sachen Plot und Figurendynamik wie von selbst entwickeln muss.
Es wäre für jede Serie schwierig den Zuschauer nach fünf Staffel noch überraschen zu können oder das alte Format noch so weit zu dehnen, zu invertieren oder zu subvertieren um dem Ganzen einen frischen Anstrich zu verleihen, speziell wenn wir es mit einer Serie zutun haben, die dann doch die meiste Zeit der Struktur und den Regeln eines Procedural-Dramas folgt.
Mir wird während der fünften Staffel jedoch stark bewusst, dass die typischen Mulder und Scully Diskussionen einfach nicht mehr den Reiz haben, wie noch zu Beginn der Serie. Wie oft kann Scully Mulders seltsame und übernatürliche Theorien noch in Frage stellen, wenn er doch immer zu 95 Prozent Recht hat und Scully auch schon einige Dinge erlebt und gesehen hat, die selbst einen wissenschaftlich-rational denkenden Verstand verwehren würde, sich noch länger vor der Wahrheit zu verschließen?
Womöglich hat man auch aus diesem Grund darauf geachtet, viele MOTW-Folgen zu produzieren, die nicht weiter dem üblichen Schema folgen, sondern mit dem Format experimentieren und die beiden Agents hin und wieder auch voneinander trennen oder von der Handlung ganz ausschließen.
In “Unusual Suspects” folgen wir bspw. den Anfängen der Lone Gunmen und erleben, wie sie zu den paranoiden und freiheitlich-denkenden Anti-Establishment-Kämpfern wurden, wie wir sie jetzt kennen und lieben. Mulder tritt hierbei nur in einer reduzierten Rolle auf, aber die drei einsamen Schützen schaffen es recht gut, die Episode im Alleingang zu tragen. Für mich funktionieren sich jedoch immer am besten als auflockernde Expostionsvermittler und Comic-Relief Figuren und allzu spannend sind sie als Individuen gesehen nicht, auch wenn die Episode es ziemlich gut schafft, den Zuschauer Byers und seine charmante Verliebtheit zu Suzanne näher zu bringen. Es ist aber ein wenig so, als würde man C3PO, R2D2 und Chewbacca einen eigenen Star Wars-Film geben, was ganz amüsant sein kann, aber auch seine erzählerischen Grenzen hätte.
“The Post-Modern Prometheus” hingegen wäre vor zehn Jahren wohl eine meiner Lieblingsfolgen gewesen, doch inzwischen kann ich immer weniger mit der Classic Horror/Tim Burton-Ästhetik und der schrulligen Kleinstädten mit schrulligen Figuren anfangen, wodurch ich innerlich eine gewisse Distanz zu der Folge aufgebaut habe.
Dennoch geht Chris Carter recht einfühlsam mit dem Monster der Folge um und die fantastische Endszene, wo Mulder und Scully den großen Mutato zu einem Cher-Konzert mitnehmen, wo dieser zu “Walking in Memphis” abgeht und Mulder Scully spontan zum Tanz auffordert, ist natürlich ein Bild für Götter und löst bei mir ein unglaublich euphorisches Gefühl aus. Ich kann gut verstehen, wenn jemand diese Episode für absolut großartig oder sogar eine seiner Lieblingsfolgen hält.
Insgesamt sind viele der MOTW-Episoden, insbesondere im Mittelteil der Staffel, unfassbar mittelmäßig und ließen mich stark ermüdet zurück.
“Kitsunegari” will ein Sequel zu “Pusher” - eine meiner Lieblingsfolgen - sein und beweist wieder einmal, warum man keine Fortsetzung produzieren sollte, wenn der erste Teil schon alles über die Figur und die Thematik erzählt hat. Vince Gilligan und Tim Minnear ist es aber scheinbar bewusst, dass hier gerade eine lahme Fortsetzung schreiben, weshalb sie im Drehbuch ständig darauf hinweisen, wie sehr diese Episode doch “Pusher” gleicht und hier im Prinzip die Greatest Hits gespielt werden, weil die Fans es eben so wollen und diese wahrscheinlich nur auf dieselben Motive und Elemente aus dem ersten Teil warten. Gleichzeitig will die Episode aber unsere Erwartungen subvertieren und invertieren, weshalb einige hanebüchene Wendungen konstruiert werden und der eigentliche Bösewicht Robert Patrick Modell nun geläutert ist, aber seine böse Zwillingsschwester - die nie zuvor erwähnt wurde und die die dieselbe Fähigkeit zur Gedankenmanipulation hat - nun statt ihm ein Haufen Leichen hinterlässt und dingfest gemacht werden muss. Diese ständige Spielerei mit den Erwartungen des Zuschauers - mit dem Wissen gerade ein abgehalftertes Sequel zu konstruieren - macht “Kitsunegari” viel mehr zu einer intellektuellen Übung, weil man sich permanent fragt, was nun ernst gemeint ist, was lustig sein soll und was eventuell nur eine Meta-Reflektion über Sequels ist. Danke, aber so etwas brauche ich nicht.
“Schizogeny” hätte auch eine richtige gute Folge werden können, da die richtigen Zutaten (düstere Wälder im Moor, attackierende Bäume, ein Fremder, der mit einer Axt erscheint) alle da sind, doch der Plot ist viel zu konfus aufgezogen und man fragt sich am Ende, was das Ganze sollte und ob vom Drehbuch wohl nur die Rohfassung vorlag.
Ähnlich wie bei “Chinga”, einer grottenschlechten Episode, die für mich wohl die größte Enttäuschung der Staffel bleibt. Von Stephen King - ja DEM Stephen King - geschrieben und von Chris Carter nochmal überarbeitet, haben wir es hier wohl mit dem faulsten Drehbuch der Staffel zu tun. Eine Killerpuppe wird aus dem Wasser gefischt, ein Mädchen bekommt sie geschenkt, die Puppe (oder ihr Geist?) fängt an ein paar Leute zu ermorden, Scully schreitet daraufhin ein und röstet die Puppe in die Mikrowelle und der Zauber ist vorbei.
In der Schlussszene wird die verbrannte Puppe wieder von einem armen Schwein aus dem Wasser gefischt und der Spaß geht von vorne los.
Das ist der ganze Plot und jeder Schritt davon ist unfassbar spannungsfrei und ungruselig aufgezogen. Die Idee, dass Scully Urlaub in einer typischen Stephen King-Stadt macht und in eine typische Stephen King-Geschichte mit Stephen King-Figuren hinein stolpert ist spaßig, doch alle Figuren sind wohl aus seinem Copy Paste-Ordner für Stereotypen genommen worden und auch Scully wirkt hier nicht wie sie selbst. Es wirkt fast wie Fan-Service, wenn sie permanent einen flapsigen Spruch auf den Lippen hat und herablassend auf die Stadtbewohner blickt, als ob diese unter ihrer Würde wären. Es ist fast so, als wollte King Scully auf ein Podest heben, weshalb auch Mulder in dieser Folge wie der letzte Trottel inszeniert wird, der keine Freizeitbeschäftigung hat und scheinbar keine Minute ohne Scully überleben kann. Was soll dieser Unsinn?
“Kill Switch” überzeugt zunächst mit seiner Cyberpunk-Ästhetik, aber lässt im Verlauf der Folge zu viele Fragen offen, wie die künstliche Intelligenz denn nun eigentlich operiert und aus dem Nichts etwas erschaffen konnte, also von der virtuellen in die reale Welt bringen konnte. Gegen Ende macht die Episode auch noch einen Ausflug in Richtung Body-Horror a la Cronenberg, was recht spaßig ist, aber auch nicht zu seinem vollen Potential genutzt wird. Hier wird der Ernst der Lage auch wieder durch unpassende Comedy unterbrochen.
Episoden wie “Mind´s Eye”, “The Pine Bluff Variant”, “Folie a Daux” oder “Detour” machen da schon deutlich mehr Freude und sind solide bis sehr gute Einträge. Die ersten drei trennen Mulder und Scully größtenteils voneinander und spielen auch mit einem gewissen Misstrauen zwischen den beiden, was auch ein wenig dazu dient, um die eingefahrene Dynamik der beiden wieder etwas in Schwung zu bringen.
“Detour” ist hingegen der spirituelle Nachfolger zu “Quagmire”, nur dass hier ein gefährlicher Wald der Handlungsort ist und die beiden Agenten auch bei Nacht gezwungen sind, Seite an Seite einen wilden Überlebenskampf durchzustehen. Hier gibt es sehr viele witzige Zitate und Dialoge und die düstere Atmosphäre durch die isolierte Location ist durchgehend gegeben. Nach “Bad Blood” wohl meine Lieblingsfolge der Staffel.
Nun freue ich mich riesig auf den ersten Kinofilm “Fight the Future”. Da Rob Bowmans Streifen in erster Linie ein audiovisueller Spaß ist, werde ich mich bei meinem nächsten Kommentar ziemlich kurz halten.
Gedanklich habe ich den Kinofilm immer mit zur fünften Staffel gezählt, auch wenn die Hinführung auf reiner Storytellingebene nicht unbedingt sorgfältig durchgeplant erscheint, wie ich oben in meiner Kritik zu “The End” schon dargelegt habe. Und doch gleicht der Film wieder einige Enttäuschungen der fünften Staffel aus und lässt mich verschmerzen, dass sie einen etwas zerstreuten Eindruck macht und die beiden Hauptdarsteller nicht für jede Folge zur Verfügung standen.
Millennium Rewatch
Season 2 - Bewertung
The Beginning and The End 8.5
Beware of the Dog 5.5
Sense and Antisense 4.5
Monster 6.5
A Single Blade of Grass 1
The Curse of Frank Black 8.5
19:19 7
The Hand of St. Sebastian 7.5
Jose Chung's Doomsday Defense 7.5
Midnight of the Century 9
Goodbye Charlie 3
Luminary 8.5
The Mikado 9
The Pest House 5.5
Owls 9
Roosters 8.5
Siren 5
In Arcadia Ego 5
Anamnesis 2
A Room With No View 9.5
Somehow, Satan Got Behind Me 4
The Fourth Horsemen 8.5
The Time Is Now 9
Im Schnitt: 6,61 = 7
Millennium Rewatch
Season 1 - Bewertung
Pilot 10
Gehenna 6
Dead Letters 4
The Judge 4.5
522666 3
Kingdom Come 3
Blood Relatives 7.5
The Well-Worn Lock 9
Wide Open 7
The Wild and The Innocent 5.5
Weeds 5.5
Loin Like a Hunting Flame 4
Force Majeure 8.5
The Thin White Line 6.5
Sacrament 8
Covenant 9
Walkabout 4.5
Lamentation 8
Powers, Principalities, Thrones and Dominions 7
Broken World 6
Maranatha 2.5
Paper Dove 8
Im Schnitt: 6,23 = 6
Es dürfte nun gut 14 Jahre her sein, dass ich “Millennium” zum ersten Mal gesehen habe. Nachdem ich damals meinen ersten Durchlauf von “Akte X” beendet hatte, wollte ich unbedingt Chris Carters zweite Serie sehen, welche sich um einen Profiler im Ruhestand dreht, der reaktiviert wurde, um der Polizei bei der Jagd nach Serienkillern zu helfen und sich mit einer prophezeiten Apokalypse zur Jahrhundertwende konfrontiert sieht, welche sporadisch mit biblischen Vorzeichen und Bluttaten bereits an die Tür klopft.
“MIllennium” wurde von 1996 bis 1999 ausgestrahlt, endete nach drei Staffeln also direkt vor Ankunft des neuen Millenniums und schlug einen sehr ernsten und deprimierenden Ton an, der die Serie nur schwer konsumierbar macht und sich nicht zum Binge-Watching eignet. Es ist leicht zu erkennen, wieso die Serie nie den Mainstream-Appeal von “Akte X” erreichte.
Der Grund meines Rewatches - davon mal abgesehen, dass ich die Serie endlich mal wieder sehen wollte - war meine Vorfreude auf die zweite Staffel, die in meiner Erinnerung zu einer der abgedrehtesten und einzigartigsten Serienstaffel der 90er-Jahre zählt und durch die Showrunner Morgan und Wong (“Akte X”-Writer, die für Perlen wie “Home”, “Beyond the Sea” und “Die Hand Die Verletzt” verantwortlich waren), welche Chris Carter ablösten, zu einer 23 Episoden umspannenden Vision der beiden wurde und inhaltlich, also auch thematisch eine kohärente Geschichte erzählt, die auf ein spektakuläres Ende hinausläuft, das noch lange nachwirkt und die Serie eigentlich hätte beenden müssen.
Die dritte Staffel habe ich hingegen als absolut grottig abgespeichert, was unter anderem darin liegt, dass das Ende der zweiten Staffel sich nicht für eine Fortsetzung eignet und die daraus resultierenden Konsequenzen im weiteren Storyverlauf wenig Beachtung finden und stark übergangen werden. Zudem wurde auch diese Staffel wieder von einem anderen Showrunner geleitet, der Mitte der Staffel sogar nochmal durch ein Duo ausgetauscht wurde, wodurch vor allem diese Staffel sehr planlos und willkürlich wirkte. Dennoch werde ich mir die dritte Season noch einmal ansehen, um vielleicht zumindest ein paar Diamanten herauszupicken, die einen zweiten Blick wert sind.
Ich muss allerdings sagen, dass auch die erste Staffel in meiner Bewertung stark gefallen ist. Dies hat natürlich auch damit zu tun, dass ich mir in den letzten 14 Jahren eine Vielzahl von Filmen, Serien, Dokumentationen und True Crime-Podcasts über Serienkillern einverleibt habe und die Dinge, in denen “Millennium” ein Vorreiter im Serienformat war, sich inzwischen weiterentwickelt haben oder verbessert wurden. Hierzu kommt, dass die Serie damals zur Primetime lief und sich noch stark zurückhalten musste, was Gore und sexuelle Inhalte anbelangte, obwohl ich es manchmal doch erstaunlich finde mit wie vielen verstörenden und grausigen Details die Serie noch ungeschoren davon gekommen ist.
Aber natürlich haben wir die Hauptfigur des scheinbar übersinnlichen Profilers, der sich in die Köpfe der Täter hineinversetzen kann, inzwischen tausende Male gesehen, ebenso wie die privaten Einblicke in das tägliche Leben der Killer wie sie in ihren heruntergekommen, dunklen Häusern verweilen, seltsamen, verstörenden Ritualen nachgehen und sich bereitmachen ihre Beute zu stalken, zu entführen oder den Garaus zu machen.
Anders als bei “Akte X” ist dieses Format weitaus weniger dehnbar und wirkt schnell schablonenhaft. Sobald recht früh in der Serie das Serial Killer of the Week-Format etabliert wurde, schauen wir stets nur psychisch gestörten Männern dabei zu, wie sie einige Leichen anhäufen, bis unser Protagonist Frank Black es schafft, die Psychologie und Pathologie der Täter zu analysieren, um damit die nötige Eingebung zu erhalten, wodurch die Täter dann entweder geschnappt werden können oder ins Gras beißen müssen. Es mutet teilweise mehr nach absurder Freakshow der Woche an, anstatt dass vielen Tätern ein humaner, psychologisch ausgereifter Kern zugesprochen wird, der eventuell sogar das Potenzial gehabt hätte, beim Zuschauer ein wenig Mitgefühl und Sympathie auszulösen, was eine verstörendere und länger anhaltende Wirkung gehabt hätte.
Doch spätestens nach der Hälfte der Staffel wirken die Serienkiller wie vom Fließband und lassen sich nur noch schwer voneinander unterscheiden. Hier haben wir es nicht mit fantastischen Monstern oder übernatürlichen Phänomenen zu tun, bei denen man weitaus kreativer und abwechslungsreicher sein kann, nein, der enge Rahmen ist klar abgesteckt und wird kaum verlassen.
Der “Pilot” der Serie ist allerdings einer der besten TV-Piloten der 90er Jahre und bringt das Mission Statement von "Millennium" direkt auf den Punkt. Ich halte diese Episode für nahezu perfekt und wenn es die einzige wäre, die sich jemand aus Interesse heraus ansehen würde, hätte er bereits ein grundlegendes Verständnis, worum es in der Serie in ihrer ersten Staffel eigentlich gehen wird.
Wir haben es hier mit einem sexuell verwirrten Serienkiller zu tun, der Jagd auf Stripperinen und schwule, männliche Prostituierte macht, von Prophezeiungen des anstehenden Untergangs der Welt besessen ist und am Ende der Folge sogar eine gewaltsame Konfrontation mit Frank Black hat, der dabei gerade noch so mit seinem Leben davon kommt.
Regie-Veteran David Nutter inszeniert Chris Carters Skript als würde er “Sieben” für´s Fernsehen drehen und Mark Snows düsterer und melancholischer Score sowie die verstörenden musikalischen Beiträge von Nine Inch Nails vervollständigen diesen fein geschliffenen Serienkiller-Thriller, der verstört, mitreißt und neue Akzente in Sachen Ästhetik, Ton und Erzählweise für das Crime-Genre im TV setzte.
Leider steht ein Großteil der ersten Staffel unter dem Schatten dieser ersten großartigen Episode. Wie es so oft in der Fernsehgeschichte der Fall ist und war, sieht der “Pilot” etwas hochwertiger als viele andere Episoden aus und dadurch dass er viele Iterationen durchlaufen hat, um vom Sender akzeptiert und ausgestrahlt zu werden, arbeiteten alle Beteiligten sichtbar mit Höchstleistung daran, das beste und überzeugendste Produkt abzuliefern.
Auch Chris Carter hatte ausreichend Zeit, um das Drehbuch noch zu perfektionieren und dafür zu sorgen, dass jedes Elemente davon funktionierte und keine Minute für unwichtige Dinge verschwendet wurde.
Dies ist der große Unterschied zur wöchentlichen TV-Produktion einer Staffel, wo eine Folge nach der anderen im Kasten sein muss und nicht viel Zeit bleibt, um über die Dinge groß nachzudenken. Dazu gesellen sich noch Probleme am Set, Verfügbarkeit der Darsteller, plötzlich verändernde Wetterbedingungen und andere Schwierigkeiten, wodurch meistens nicht mit derselben akribischen Herangehensweise gearbeitet werden kann.
Doch auch erzählerisch verfällt die Serie in einen gewissen Trott. Unser stoischer und rechtschaffener Held Frank Black, der von Lance Henriksen mit enormen Gravitas verkörpert wird, bleibt über die ersten 22 Episoden eine recht statische Figur, die viel eher als Archetyp funktioniert und ganz klar von Thomas Harris´ Will Graham aus “Red Dragon” inspiriert wurde. Frank Blacks Frau Catherine und seine Tochter Jordan mit denen er in seinem gelben Einfamilienhaus wohnt, dienen auch vielmehr als Symbolbild, einem Rückzugsort vor der grausamen Welt da draußen, etwas was er mit all seiner Macht schützen muss und nicht vom Bösen korrumpiert werden darf.
Dies ist im “Pilot” noch nicht allzu störend, da wir hier erstmals die Thematik der Serie vorgestellt bekommen, doch dafür, dass “Millennium” mit Lance Henriksen und Megan Gallagher (Catherine Black) eigentlich zwei Hauptfiguren besitzt, hat letztere oft erstaunlich wenig zu tun und wird in den meisten Folgen eigentlich nur als treusorgende und warmherzige Mutter und Ehefrau charakterisiert. Ja, manchmal ist das einzige, was wir von ihr hören, ein Telefonanruf nachdem sie ihr Kind zu Bett gebracht hat, wo sich bei Frank erkundigt, wie der Fall, an dem er gerade arbeitet, denn so läuft.
Dennoch muss ich zugestehen, dass Chris Carter sichtlich bemüht ist, Catherine etwas mehr in die Serie zu integrieren, wie wir etwa in der Folge “The Well-Worn Lock” sehen, wo sie als Sozialarbeiterin bei einem Fall von Kindesvergewaltigung hinzugezogen wird und Frank bereitwillig in den Hintergrund rückt.
Ich verstehe aber auch die Schwierigkeit der Autoren, ihr etwas mehr Raum in der Serie zu geben. Es könnte schnell erzwungen und unglaubwürdig wirken, wenn sie zu jedem Fall an den Frank arbeitet, hinzugezogen wird, nur um den beiden gemeinsame Szenen zu ermöglichen.
Dennoch sehen wir in vielen Episoden die typischen heile Welt-Familienszenen, die dann doch auf Dauer ziemlich austauschbar und repetitiv wirken. An den Darstellern liegt das allerdings nicht. Megan Gallagher und Lance Henriksen überzeugen vollkommen als langjährig verheiratetes Ehepaar, auch wenn sie Chris Carter-typisch ziemlich keusch und verklemmt miteinander umgehen und man schon geschockt ist, wenn die beiden mal einen Kuss miteinander austauschen oder anfangen zu flirten. Doch vor allem Brittany Tiplady, die Franks kleine Tochter Jordan spielt, ist wirklich eine großartige Kinderdarstellerin, die zudem mit Frank eine glaubwürdige und eingespielte Vater-Tochter-Dynamik entwickelt, welche im Verlauf der Serie noch sehr wichtig sein wird.
Es ist für mich erstaunlich, wie wenig uns die erste Staffel über die Millennium-Gruppe verrät. Im Grunde genommen lernen wir nichts über sie, außer dass sie aus einer Ansammlung von meist ehemaligen FBI-Mitgliedern besteht, die bei schwierigen Mordfällen von der Polizei hinzugezogen werden. Also eine Art Beratungsunternehmen. That´s it.
Morgan und Wong werden der Gruppe in der zweiten Staffel einen ganz anderen, wesentlich interessanteren Anstrich verpassen, doch hier stehen wir ziemlich mit leeren Händen da, was deren Hintergründe, Motive und übergeordneten Ziele anbelangt.
Das einzige Mitglied der Gruppe, das in vielen Episoden auftaucht und Frank zur Seite steht, ist Peter Watts, dessen einzige Charakteristika zu sein scheint, dass er von Terry O´Quinn mit Schnurrbart gespielt wird. Es ist schon fast beeindruckend, wie wenig wir über ihn lernen. Ich nehme an, er ist…hilfreich und rechtschaffen? Das war's aber dann auch schon und würde er nicht von einem tollen Schauspieler gespielt werden, wäre diese Figur eine absolute Flatline, die auch im Zusammenspiel mit Frank trotz guter Chemie kaum Leben ins Geschehen bringt.
Etwas, das selbst die schwächsten “Akte X”-Folgen besaßen, waren die spaßigen und lockeren Meinungsverschiedenheiten zwischen Mulder und Scully, womit “Millennium” leider nicht dienen kann.
Jeder Dialog ist bleischwer und todernst, keine Figur hat ab und zu mal ein verspieltes Lächeln auf den Lippen oder reißt mal einen launigen und unbeschwerten Spruch.
Diese selbst auferlegte Ernsthaftigkeit ist der Thematik entsprechend meistens angebracht, wirkt aber besonders in den schwächeren Episoden extrem anstrengend und des Öfteren auch ziemlich aufgeblasen.
Typische Dialoge in der “Millennium”-Welt drehen sich darum, dass man jederzeit wachsam sein muss, da das Böse da draußen nur darauf lauert, das Gute zu zerstören und zu korrumpieren. Man muss die eigene Familie vor dieser schlechten Welt schützen, ansonsten wird sie in die Dunkelheit gezogen, vergewaltigt oder ermordet. Und ja, unsere Kinder stehen für alles Gute in der Welt und geben uns Hoffnung, aber das Böse wird einen Weg finden, selbst diese unschuldigen Geschöpfe heimzusuchen und uns Sündern die letzte Hoffnung zu nehmen. Achja und es macht übrigens keinen Unterschied, einen Serienkiller zu schnappen, da draußen noch Millionen von Psychopathen lauern, die nur auf den richtigen Moment warten, um zuzuschlagen. Oh, und bevor ich's vergesse: Die Apokalypse kommt ohnehin bald, also ist eh alles umsonst, da wir zur Jahrtausendwende den Tag des jüngsten Gerichts erleben und alle sterben werden.
Ich übertreibe hier absichtlich, aber die Serie kann in ihren Dialogen und ihrer Weltanschauung häufig extrem fatalistisch und nihilistisch wirken, wodurch ich das Ganze ironischerweise weniger ernstnehmen kann und es eher unfreiwillig komisch finde.
“Lach doch mal”, möchte man manchmal zu Chris Carter sagen, der sich scheinbar vorgenommen hatte den “Millennium”-Zuschauer in eine tiefe Depression zu stürzen und mit Doomsday-Prophezeiungen eine Heidenangst einzujagen.
Nichtsdestotrotz lockert die zweite Hälfte der Staffel das Geschehen etwa auf, wenn in “Force Majeure” oder “Powers…” mal keine Serienkiller im Vordergrund stehen, sondern gestörte Menschen, die im Jahr 2000 mit einen einschneidenden Ereignis rechnen, auf das sie sich vorbereiten müssen und deshalb mit biblischen Symbolen und Charakteren identifizieren, sich selbst als Richter und Henker der Menschheit aufschwingen oder ihr Leben nach alten Bibeltexten gestalten und bestimmte Gleichnisse und Ereignisse aus dem alten Testament wiederholen wollen.
In “Domination” lernen wir zudem mit Lucy Butler den Teufel in Menschengestalt kennen, der seine Form wandeln kann und wohl noch am ehesten als Antagonist in der Serie gesehen werden kann. Die Idee dahinter ist, dass Frank zwar in die Köpfe von Serienkillern eindringen und dadurch helfen kann, diese dingfest zu machen, er aber machtlos gegenüber einer Naturgewalt ist, die Besitz von Menschen ergreift und nicht getötet oder hinter Gitter gebracht werden kann.
Die Serie ist mit ihrer Definition des Bösen oft hin- und hergerissen. Mal entsteht es in Serienkillern durch ihre negative Beziehung zu den Eltern und ihrem Umfeld, mal ist es eine fremde Macht irgendwo da draußen im Äther, die Menschen wie ein Virus befallen und dazu benutzen kann, um schlimme Dinge zu tun.
Diese unterschiedliche, widersprüchliche Auslegung ist durchaus in der DNA der Serie verhaftet, werte diese meines Erachtens sogar entscheidend auf. Wie bei “Akte X” haben wir es hier mit unterschiedlichen Autoren zu tun, die das Konzept des Bösen auf ihre eigene Art begreifen und interpretieren.
X-Files Rewatch
ACHTUNG SPOILER FÜR DIE GESAMTE SERIE!
Staffel 4 - Bewertung
4x01 Herrenvolk 5.5
4x02 Home 10
4x03 Teliko 3.5
4x04 Unruhe 8
4x05 The Field Where I Died 3
4x06 Sanguinarium 5
4x07 Musings of a Cigarette-Smoking Man 10
4x08 Tunguska 7
4x09 Terma 5.5
4x10 Paper Hearts 10
4x11 El Mundo Gira 2.5
4x12 Leonard Betts 8.5
4x13 Never Again 10
4x14 Memento Mori 8
4x15 Kaddish 4
4x16 Unrequited 2.5
4x17 Tempus Fugit 8
4x18 Max 7
4x19 Synchrony 5.5
4x20 Small Potatoes 9
4x21 Zero Sum 8
4x22 Elegy 7
4x23 Demons 4
4x24 Gethsemane 8.5
Im Schnitt: 6,67 = 7
ACHTUNG SPOILER!!!
Es ist für mich immer wieder interessiert, wie sehr mir mein Erinnerungsvermögen manchmal einen Streich spielt. Bevor ich mit der vierten Season begann, hatte ich sie auf einer Folge zu Folge-Basis ganz klar als eine der stärksten im Gedächtnis. Wenn ich mir meine Punktebewertungen allerdings so ansehe, fluktuiert die Qualität dann doch ziemlich stark. Für jedes “Home” gibt es ein “Teliko”, für jedes “Paper Hearts” ein “El Mundo Gira”, ja es geht regelrecht bergauf, bergab.
Dennoch enthält Staffel 4 einige der großartigsten, mutigsten und ungewöhnlichsten Episoden der Serie und alle vier von mir mit 10 Punkten bewerteten Einträge könnten sich am Ende in meiner Top 10 oder 15 aller Folgen der Serie wiederfinden. Ich bin mir sicher, dass ich nach allen elf Staffeln noch einmal Bilanz ziehen und eine Liste mit meinen Lieblingsepisoden erstellen werde, die ich zudem in Mythologie und MOTW-Kategorien aufteilen sollte.
Die Stärke dieser Staffel ist diesmal viel mehr im MOTW-Format zu finden, da die Mythologie von hier an anfängt, ziemlich auf der Stelle zu treten (“Herrenvolk”/“Tempus Fugit”/”Max”) und anstatt eine dramatische Geschichte zu erzählen, bei der wir mit den Figuren mitfiebern können, uns mit zu vielen Plotdetails, kaum lebendigen Nebenfiguren und erzwungenen und hanebüchenen Szenerien überschüttet (“Terma”), was manchmal viel eher zu unfreiwilliger Komik und Desinteresse bei mir führt. Es dauert bis zum Staffelfinale “Gethsemane” bis es mit dem Haupplot wieder einen Schritt vorwärts geht und Mulders Charakterarc als nun desillusionierter Außerirdischengläubiger in die Wege geleitet wird.
Auch Scullys Krebs-Storyline entstand mehr aus einer Not heraus, da Darin Morgan ein gefordertes Drehbuch nicht pünktlich einreichen konnte, weshalb Scullys Krebsenthüllung in “Leonard Betts” hinzugefügt wurde, um eine Storyline für die Episode “Memento Mori” zu haben, welche anstatt Morgans Arbeit produziert wurde. Scullys Krankheit war keinesfalls vor Beginn der Staffel geplant, aber sie gibt der Serie in ihrem vierten Jahr einen noch düsteren Ton, als sie ohnehin schon hat, auch wenn ihr Leiden nur hin und wieder thematisiert und in den meisten Folgen nach “Memento Mori” einfach ignoriert wird. Hier machen sich dann doch wieder die Schwächen der geringen Plot- und Charakterkontinuität in der Serie bemerkbar. Denn in manchen Folgen blutet Scully aus der Nase und fühlt sich extrem ausgelaugt, in manch anderen verhält sie sich so, als hätte sie gar keine Krankheit. Natürlich hatte “Akte X” schon immer Schwierigkeiten damit, lebensverändernde Schicksale der Figuren stärker in ihr Handeln einfließen zu lassen, doch es fällt mir durchaus leichter in meinem Headcanon zu akzeptieren, dass Scully bspw. offscreen um ihren toten Vater trauerte, anstatt ihre schwere Krankheit zu ignorieren, die sie eigentlich tagtäglich in ihren Leben begleiten und großen Einfluss auf ihre psychische und körperliche Gesundheit haben sollte. Es ist fast so, als ob Scully ein Bein verlieren würde und daraufhin in der nächsten Folge wieder mit beiden Beinen durch die Weltgeschichte spazieren würde.
Dies macht auch die vorletzte Episode der Staffel namens “Demons” ziemlich zum Ärgernis. Zu diesem Zeitpunkt sollte Scullys Körper voller Metastasen durch die Krebserkrankung und Skinner durch seinen Handeln mit dem Raucher stark kompromittiert sein, doch Mulder hat gerade zu diesem Zeitpunkt nichts besseres zu tun, als sich von einem mehr als fragwürdigen Arzt Löcher in den Kopf bohren zu lassen, um eine verdrängte Erinnerung aufzudecken.
Davon einmal abgesehen hat die Episode noch ganz andere Probleme. Zum einen ist das zentrale Geheimnis der Episode nach fünfzehn Minuten gelöst, die recht repetitiven und nervtötenden Flashbacks von Mulder, die ihn an einem Streit zwischen seiner Mutter, Bill Mulder und den CSM erinnern, bieten uns als Zuschauer keinerlei neue Informationen und auch David Duchovny könnte nicht gelangweilter aussehen, wenn er es versuchen würde. Zudem will uns der Klimax weismachen, dass Mulder Scully erschoßen hätte und Selbstmord begehen würde, was kein Wesen in unserem Sonnensystem glaubt. Man könnte es als eine Art thematisches Foreshadowing ansehen, da Mulder sich im Staffelfinale scheinbar auch das Leben nimmt, doch da beide Szenarien extrem unglaubwürdig sind, hilft eine Wiederholung der Situation - die sogar unmittelbar darauf folgt - der Glaubwürdigkeit des Ganzen nicht im geringsten. Den Cliffhanger des Finale kann man aber zumindest zu Gute halten, dass Chris Carter selbst nicht an einen Suizid von Mulder glaubt und das spannende an diesem Szenario, wohl eher ist, wie sich die Serie aus diesem Ende wieder herauswinden wird und was wohl in Mulder Apartment geschah, bevor er sich angeblich selbst erschoss.
Es ist auffällig: Für jeden Schritt, denn die Mythologie in dieser Staffel nach vorne macht, geht sie auch wieder mindestens einen zurück, was besonders “Herrenvolk” in dieser Hinsicht zu einer recht frustrierenden Angelegenheit macht:
Heiler Jeremiah Smith, der Mulder angeblich die ganze Wahrheit erzählen könnte, wird in “Talitha Cumi” eingeführt und stolpert bereits in “Herrenvolk” wieder aus dem Bild, ohne dass wir wissen, was mit ihm geschehen ist. Mulders Informant Mr. X wird erschossen, aber kein Problem, denn zwei Minuten später wird bereits sein Ersatz in Form von Marita Covarrubias eingeführt. Mulders Mutter stirbt, ach halt, doch nicht, sie wird geheilt. Mulder entdeckt den Klon seiner Schwester, der daraufhin vom Alien Bounty Hunter ermordet wird, den Mulder eigentlich mit einem Stiletto getötet hat, aber dann doch wieder von den Toten aufersteht.
Die Episode besteht zur Hälfte aus einer Verfolgungsjagd, bei der Mulder und Jeremiah Smith vor dem Alien Bounty Honter nach Kanada fliehen, was ziemlich spannungsfrei ist, da Mulder ohnehin nichts geschehen wird und alles nur künstlich in die Länge gezogen wird. Dann stößt Mulder auf eine große Bienenkolonie und einige Klone u.a. von seiner Schwester, doch dann geht es nach fünfzehn Minuten wieder zurück nach Washington, ohne dass Mulder großartige Fortschritte gemacht hätte, aber wenigstens über einige wichtige Details der Mythologie gestolpert ist, was bei Chris Carters Drehbuch wie ein vorschriftsmäßiges Abhaken einer Checkliste wirkt.
Scully Nebenhandlung, bei der sie durch wissenschaftliche Versuche feststellt, dass die Bürger der USA seit Jahrzehnten durch die Impfung gegen Pocken von der Regierung katalogisiert und erfasst worden, ist ein wenig spannender, da sie ihre Forschungsergebnisse mit Skinner und einen Raum voller Skeptiker teilt, doch auch hier erfahren wir nichts, was wir nicht schon seit “Paper Clip” wissen: Die Regierung hat im Geheimen Menschenexperimente durchgeführt und die medizinischen Daten der Bevölkerung zu einem nebulösen und wahrscheinlich schändlichen Zweck gesammelt.
Diese Episode ist das beste Beispiel dafür, wenn man aufzeigen möchte, dass der Mythologie-Arc der Serie von hieran stark beginnt, aus den Gleisen zu geraten und sich nur noch im Kreis dreht.
Nach all dem Hin und Her in dieser Episode entsteht am Ende des Tages nur die Illusion der Veränderung. Einige Elemente des Plots werden hin und her verschoben, doch letztendlich bleibt alles beim Alten: The more things change, the more they stay the same.
Dieses auf der Stelle treten zieht sich durch die ganze Staffel, was die Mythologie-Folgen anbelangt, mit Ausnahme des Finales.
Mir gefallen “Tempus Fugit”/”Max” ziemlich gut, da sie die Geschichte wieder auf die Schicksale einzelner Personen und weg von dem komplexen, internationalen Auswüchsen der Verschwörung lenken, doch wir sehen hier thematisch und handlungstechnisch nichts, was wir nicht schon gesehen haben und man würde nichts versäumen, wenn man diese Episoden skippen würde. Der Zweiteiler wirkt fast wie ein Prototyp für den Kinofilm, der nach der fünften Staffel erschienen ist. Ein actionreiches Verschwörungsabenteuer, das zwar die typischen Elemente der “Akte X” Mythologie enthält, aber auch ohne größeren Kontext konsumiert werden könnte und Mulder und Scullys Reise keinen Iota voran bringt.
Eine sehr nervige Tendenz, die sich in einigen der Mythologie-Episoden besonders bemerkbar macht, ist, wie sehr Scully an den Spielfeldrand gedrängt wird. Während Mulder bspw. in “Tunguska”/”Terma” internationale James Bond-like Abenteuer erlebt, bleibt Scully nichts anderes übrig als vor Gericht zu sitzen und Zeit für Mulder zu schinden, da dieser nicht zu seinem Termin für eine Anhörung erscheinen kann. Ich wünschte, Chris Carter und Frank Spotnitz würden sich des Öfteren bewusst sein, dass sie zwei Hauptfiguren in ihrer Serie haben und nicht nur einen mutigen Helden und seinen treuen Sidekick. Gerade Mythologie-Episoden wie etwa der Dreiteiler “Anasazi”/”The Blessing Way”/”Paper Clip” machen doch deutlich wie viel einnehmender diese Storylines sind, wenn Scully pro-aktiv wird, selbst Interesse daran hat die Verschwörung aufzudecken und ein signifikanter Teil der Action ist. Stattdessen darf sie hier nur vor Gericht und später in einer Gefängniszelle sitzen und so gut wie nichts zum Plot beitragen.
Ich habe mich allerdings schlapp gelacht, als Mulder am Ende von “Terma” zu heroischer Musik in den Gerichtsraum schreitet und Duchovny voller Swag auf den Richter zugeht, als würde er über den Catwalk laufen, während Scully ihn anschmachtend anstarrt und quasi mit den Augen auszieht. Nachdem Mulder mal wieder viel zu spät und ohne Beweise erschienen ist, hält er seine übliche “Wie könnt ihr nur all diese Lügen glauben und nicht sehen, dass ich recht habe?”-Rede und ich nehmen wir, sollen als Zuschauer jubeln, weil dieser Mulder einfach ein unglaublicher Teufelskerl ist, während nicht im Geringsten geklärt ist, wie er vollkommen mittellos und ohne Fahrzeug aus der Wildnis in Russland wieder nach Washington gekommen ist. Zudem ist seine mangelnde Aussage bezüglich der verlorenen Diplomatentasche - der Grund für die Anhörung - nicht einmal ansatzweise geklärt. Das Ganze hat irgendwie den Charme eines 70/80er Jahre Actionfilms, wo erstaunlich wenig Sinn ergibt, wir aber geistlos alles abfeiern sollen, was unser Held so treibt.
Mein Comedy-Highlight trug sich allerdings schon früher in der Episode zu, als Mulder aus dem Gulag entkommt, indem er einem Wärter dort den Truck klaut und davonfährt. Er schafft es nur mit einem Messer bewaffnet eine Truppe von russischen Soldaten mit Maschinengewehren zu übertölpeln, was schon mal sehr köstlich ist. Bevor er aber abdüst,
knockt er vorher noch Krycek aus und lässt ihn auf der Ladefläche des Trucks liegen, wodurch dieser bei Mulders wilden Fahrstil hin und her geschleudert wird. Dann stellt sich heraus, dass die Bremsen dieses Wagens kaputt sind, was dafür sorgt, dass Krycek vom Wagen springt und durch die Gegend rollt, während Mulder mit dem Wagen verunglückt und sich daraufhin aus dem Truck ziehen und unter einem Haufen Laub verstecken muss. Die Truppen der Russen sind ihm auf der Spur und laufen nur zwei Meter an ihm vorbei, doch komischerweise wird Mulder nicht entdeckt, obwohl er sich mitten auf dem Weg unter ein paar Blätter gelegt hat.
Am nächsten Morgen (!) taucht dann zufällig der Kerl auf, dessen Truck Mulder geklaut hat und Mulder springt aus dem Laubhaufen hervor. Scheinbar hat er zwischendurch ein kleines Nickerchen gemacht und nur darauf gewartet, dass irgendjemand auftaucht, der den Plot wieder in Bewegung bringen kann. Es stellt sich dann heraus, dass der Mann mit dem Truck irgendwo im Wald mit seiner Frau wohnt und eigentlich nicht mit den Methoden der Gulag-Mitarbeiter einverstanden ist, aber für sie arbeiten konnte, weil er einen Truck hatte, den Mulder nun geschrottet hat. Die beiden helfen ihm dann auf irgendeine Weise, die ich mir nicht erklären kann, wieder nach Amerika.
Dieses ganze Szenario ist so absurd und konstruiert, dass ich mehrere Male pausieren musste, weil ich aus dem Lachen nicht mehr herauskam. Eigentlich hat “Terma” weniger Punkte verdient, aber Szenen wie diese erhöhen den Unterhaltungsfaktor doch enorm.
Auch herrlich war der Nebenplot, wo der alte Ex-KGB Agent Peskow reaktiviert wird - den wir nach dieser Folge nie wieder sehen - welcher im Altenheim den russischen Impfstoff gegen das schwarze Öl testet und dabei ein paar Testobjekte eliminiert. Als Mulder und Scully dort auftauchen, versteckt er sich in einem leeren Bett, während die beiden einen Raum voller toter alter Leute in Betten vorfinden und dabei konstatieren, das sie alle tot wären, obwohl Scully nur zwei Leichen überprüft hat und gerade das Bett auslässt, in dem sich der russische Assassine unter einer rosa Bettdecke versteckt hält. Ich habe gewiehert vor Lachen.
Beim Schlussakt der Episode wollte man scheinbar unbedingt noch einmal einen Actionmoment haben, denn der Stein, in dem sich das schwarze Öl befindet und nun in einer Erdölquelle mitten im Nirgendwo feststeckt, muss nun mithilfe einer Bombe in die Luft gejagt werden. Gab es wirklich keine einfachere Methode diesen Stein loszuwerden? Naja, was soll's.
Mulder kann den Stein nicht aus der Öffnung im Boden herausholen, aber gerade noch so flüchten, bevor ihm alles um die Ohren fliegt. Tolle Explosion, alberner Klimax.
Wir beenden die Folge mit Krycek, der nun einen Prothesenarm besitzt, welcher einen Teebeutel zwischen Daumen und Zeigefinger hält und in eine Tasse tunkt, was ziemlich witzig ist, da sein Ersatzarm logischerweise keinerlei Gefühl in den Fingern hat und Krycek demzufolge den Teebeutel mithilfe seiner gesunden Hand in seine Prothesenhand einklemmen musste, um ein cooles Schlussbild zu kreieren und wie ein Bond-Bösewicht aus den 60er-Jahren auszusehen.
Ich gebe vollkommen zu, dass ich hierbei Erbenszählerlei betreibe, aber es ist genau die Art von Erbenszählerei, mit der man sich bei Laune hält, wenn man emotional wenig ins Geschehen involviert ist und das Ganze nicht sonderlich mitreißend findet. Sicher lassen sich auch viele andere Mythologie-Folgen auf diese Weise zerlegen, aber wenn sich diese die Zeit nehmen, um uns eine bestimmte, klar definierte Problemsituation zu präsentieren - wie etwa die tickende Bombe und das Alien(?) im Zug in “Nisei”/”731” - welche es für unsere Protagonisten zu lösen gilt, findet eine weitaus größere Immersion ins Geschehen statt und wir können uns vollkommen dem Thrill und der Action hingeben.
In “Terma” springen wir wie wild von einem Ort zum anderen, nichts bleibt wirklich hängen. Wir finden in “Tunguska” bspw. heraus, dass der Well-Manicured Man eine Äffare mit einer Ärztin/Virologin hat, welche uns nur für etwa zehn Sekunden reitend auf einem Pferd präsentiert wird, nur um dann in der nächsten Episode vom russischen Assassine Peskow erwürgt zu werden, wo mir im ersten Moment nicht einmal klar war, dass es sich dabei um dieselbe Frau handelte.
Daraufhin will der WMM mit dem CSM zusammenarbeiten und zwischen den beiden findet ein Machtwechsel statt, der eigentlich die Dynamik der beiden in Zukunft immens beeinflussen sollte, aber in darauffolgenden Episoden nie wieder erwähnt wird.
Zudem geht wiedermal ein Beweisstück für Mulder verloren (Der Stein, der das Schwarze Öl enthält), was für ihn maßgeblich für die Aufdeckung der Wahrheit wäre, was aber natürlich nicht geschehen darf, da sich der Plot dann einen Millimeter nach vorne bewegen würde. Natürlich gibt es viele Mythologie-Folgen in den ersten drei Staffeln, bei denen Mulder und Scully sich auf Jagd nach einem McGuffin gemacht haben, der alles verändern könnte und die Existenz von Aliens und einer Regierungsverschwörung bestätigen würde, doch die Frage ist, wie oft man dem Zuschauer dieses Szenario noch präsentieren kann, wenn am Ende ohnehin klar ist, dass die beiden nach einer wilden Hatz genauso weit sind wie am Anfang und Beweise von den Verschwörern vernichtet werden oder den beiden im Verlauf der Handlung wieder entglitten sind. Je öfter man dieses Spiel spielt, desto weniger ertragreich endet es, da niemand glaubt, dass die beiden jemals etwas Handfestes vorweisen können, also wozu mitfiebern?
Scullys Krebs gibt der Mythologie dann doch etwas mehr Gravitas, da wir es hier mit einem persönlichen Problem einer unserer Hauptfiguren zu tun haben, das bei deren Untätigkeit ohne Zweifel tödlich enden wird und somit deutlich macht, was auf dem Spiel steht. Natürlich kumuliert sich in “Memento Mori” auch wieder ein bisschen mein Problem, dass Scully auch hier wieder zur Passivität verdammt ist, genau wie in den anderen Mythologie-Episoden zuvor. Während Mulder ein kleines, aufregendes Spionageabenteuer mit dem Lone Gunmen erlebt, um nach einer Heilung für Scullys Krankheit zu suchen, darf sie im Bett liegen und grausige Chris Carter-Monologe in Form von kitschigen und oft mehr als inhaltslosen Voiceover absondern, welche hier gerade noch so erträglich sind, aber in Zukunft mit zu Chris Carters größten Untugenden gehören werden.
Ich mag diese Episode ziemlich gerne, da sie Gillian Anderson einen Chance gibt, sich schauspielerisch ein wenig mehr zu verausgaben und auch wenn die Krebs-Storyline ungeplant war, wurde zumindest in der vorherigen Staffel gute Vorarbeit dafür geleistet, da Scully die anderen Frauen, die entführt wurden und erkrankt sind, bereits getroffen hat und es daher Sinn macht, dass Scully dieses Schicksal auch früher oder später ereilt.
Ähnlich wie bei Scullys Entführung in Staffel 2 gibt es hier wieder viele tolle, dramatische Momente zwischen ihr, Mulder und ihrer Mutter, was die ganze Folge ziemlich aufwertet und dafür sorgt, dass diese Episode funktioniert, auch wenn sie es nicht sollte.
Es gibt später auch Skinner die Gelegenheit seine große Loyalität zu beweisen, wenn er dem Raucher quasi einen Freifahrtschein gibt, um ihn für seine kriminellen Handlangertätigkeiten einzuspannen, nur mit der vagen Hoffnung darauf, dass der CSM ihm eine Heilung für Scullys Krebs verschaffen könnte.
Wir sehen gegen Ende der Staffel in “Zero Sum", wie weit Skinner bereits ist, für seine beiden Agenten zu gehen, selbst wenn das heißt, eine Leiche verschwinden zu lassen oder kollaterale Schäden in Kauf zu nehmen, die danach allerdings schwer auf seinem Gewissen lasten.
Doch kommen wir nun mal zu einigen erlesenen Perlen im MOTW-Bereich.
Nachdem das Drehbuchteam Morgan und Wong die Serie in der zweiten Staffel mit "Die Hand Die Verletzt" in Form eines makabren und launigen Abschiedsbriefs verlassen haben, kommen sie nun mit "Home" zu Beginn der Staffel mit großem Karacho zurück und liefern in Zusammenarbeit mit Kim Manners wohl eine der grimmigsten, gruseligsten und brutalsten “Akte X”-Episoden ab. Diese Episode ist berühmt-berüchtigt, denn sie war die erste mit Warnhinweise vor der Ausstrahlung und wurde nach der Premiere von FOX nicht mehr gesendet, da der Sender auch den Eindruck hatte, dass hier die Grenzen des guten Geschmacks doch etwas überschritten wurden.
Wie könnte man diese Folge beschreiben? Wahrscheinlich so: “The Texas Chainsaw Massacre” meets “The Hills have eyes” und zeugen gemeinsam ein deformiertes und widerwärtiges Mutantenbaby, das ich vom ersten Moment an stark ins Herz geschlossen habe.
Ja, ich lege mich fest: “Home” ist mein absolute Lieblingsfolge von “Akte X”.
Die Episode ist fantastisch inszeniert, bietet allerlei erinnerungswürdige Horrormomente, besitzt thematischen Tiefgang und wunderbar schwarzen Humor, hat viele spaßige Mulder und Scully-Momente und endet mit einem Schrecken, aber gleichzeitig einem Lächeln auf dem Lippen. Einfach ein Rundum-sorglos-Paket.
Das schockierende und unangenehme an "Home" ist wohl die Inzucht/Inzest-Thematik, die hier audiovisuell ziemlich auf die Spitze getrieben wird und dem Zuschauer mit blanker Faust die Visage poliert.
Wir beginnen die Episode bei Nacht in einem heruntergekommenen und widerwärtigen Farmhaus, wo drei scheinbar deformierte, verwahrloste Männer der Geburt eines fehlgebildeten Babys beiwohnen, welches sie danach bei Sturm und Gewitter noch atmend auf einem Baseballfeld vergraben.
Hier wird sofort klar, dass man sich als Zuschauer gut anschnallen sollte, denn die wilde Fahrt geht erst los und dieser Teaser war überraschenderweise noch nicht einmal das Verstörendste an dieser Folge.
Mulder und Scully übernehmen diesen Fall, nachdem ein paar kleine Jungs beim Baseballspielen unwissend auf das Grab getreten sind, aus dem auf einmal Blut heraustritt und bei der Ausgrabung vor Ort die Leiche des Babys zu Tage bringt.
Der Sheriff vor Ort informiert Mulder und Scully über die Peacock-Familie, die in der Nähe des Fundorts in einem verlotterten Farmhaus in nachbürgerkriegsähnlichen Zuständen ohne fließendes Wasser und elektrisches Licht leben. Scheinbar sind die Eltern der drei Männer, die wir aus dem Teaser kennen, bei einem Autounfall verstorben und nun leben die drei vollkommen abgeschieden und alleine dort. Mulder und Scully lassen ihren Blick zu dem Haus in die Ferne schweifen und sehen nur drei Männer, die auf ihrer Veranda stehen, welche die FBI-Agenten vollkommen regungslos anstarren und bereit sind, ihr Revier zu verteidigen.
Ich kann Kim Manners in dieser Folge gar nicht genug für seine Inszenierung loben. Er hält uns die drei Männer stark auf Distanz, hüllt sie in Schatten, macht sie zu schemenhaften Gestalten und zeigt sie uns erst in aller Gänze, wenn es effektiv und nötig ist.
Eine meiner Lieblingsszenen findet statt, wenn Mulder und Scully sich nur mit Taschenlampe bewaffnet im dunklen Haus der Peacocks umsehen, während die Männer unterwegs sind. Wir sehen darin große Unordnung, dreckiges Geschirr, überall Tierkadaver, Blut auf dem Boden und schmutzige Waffen und Instrumente. Wirklich hervorragendes Setdesign! Hier muss man froh sein, dass kein Geruchsfernsehen existiert, denn es ist anzunehmen, dass das ganze Haus nach verfaultem Essen, alten Ausscheidungen und verwesendem Fleisch riecht.
Während Mulder und Scully auf Spurenjagd gehen, stoßen sie sofort auf allerlei Werkzeuge mit frischem Blut, die die Peacocks sofort überführen könnten und als Beweisstücke essentiell wären. Als die beiden das Haus wieder verlassen, verweilt die Kamera kurze Zeit im Halbdunkeln im Flur, bevor sie langsam durch die Dielenbretter im Boden fährt und uns nach einigen Sekunden in der puren Schwärze zwei grimmige, teuflisch aussehende Augen offenbart, die einem Menschen zuzuordnen sind und offenlegen, dass die beiden Agenten die ganze Zeit beobachtet und belauscht wurden. Diese Enthüllung wird von schwerem Atmen dieser Person begleitet, was kaum noch menschlich klingt. Die Szene endet.
Ich weiß noch, wie ich die Serie zum ersten Mal geschaut habe und mir dieser Moment einen Schauer sondergleichen über den Rücken gejagt hat. Ich liebe diese verdammte Kamerafahrt und dass Kim Manners uns zunächst nur so wenig von der mysteriösen vierten Person im Haus zeigt.
Jedes Mal wenn ich an “Home” denke, habe ich eher einen Film als eine Serienfolge vor Augen, weil diese Episode besser inszeniert ist, als wohl 99 % aller heutigen Horrorfilme.
Uns erwartet bereits in kurzer Folge eine weitere grimmige und brutale Szene, wenn wir sehen wie die Peacocks mit ihrem Wagen zum Haus des Sheriffs fahren, sich selbst die unverschlossene Tür öffnen und ihn und seine Frau zu dritt mit Baseballschlägern und anderen Kanthölzern zu Tode prügeln, bis von den beiden nur noch ein Haufen Matsch übrig ist.
Hier sehen wir nichts allzu explizites, doch die Art, wie diese Home Invasion-Szene gedreht wurde, ist auch nicht von schlechten Eltern. Der Sheriff liegt im Bett und hört in der Ferne das Autoradio der Peacocks, welches “Wonderful, Wonderful” von Johnny Mathis spielt und sieht sie anschließend vor seinem Haus parken. Er schnappt sich einen Baseballschläger, attackiert den ersten, der in sein Schlafzimmer kommt, ist ihm aber sofort körperlich unterlegen. Danach stürzen sich alle drei wie wilde Tiere auf ihn und töten ihn. Seine Frau hatte sich zuvor unter dem Bett versteckt, doch die drei können sie riechen und sie gibt einen leisen Ton vor sich, als das Blut ihres toten Ehemanns unters Bett läuft. Daraufhin werfen die drei das Bett über den Haufen und prügeln auch sie zu Tode. Danach steigen sie wieder in ihren Wagen, fahren nach Hause, während derselbe Song immer noch im Radio läuft. Auch hier - exzellentes Sounddesign und Songauswahl! Es ist für mich unmöglich diesen Klassiker von Johnny Matthis noch von dieser Episode zu trennen, vor allem in Hinblick auf die Schlussszene, die die romantische Natur des Songs mit dem nicht endenden Inzest der Familie konterkariert.
Wenn uns später in der Folge das schreckliche Geheimnis der Familie offenbart wird, nämlich dass die ebenfalls stark deformierte Mutter den Autounfall überlebt hat, nur noch einen Arm und keine Beine besitzt und daher auf einem Rollbrett unter dem Bett im Keller versteckt wird, um ihren Söhnen freiwillig als Brutmaschine zu dienen, erleben wir eine einzigartige Mischung aus Ekel und Humor. Es wird impliziert, dass sie bereits mit ihrem ältesten Sohn im Teenageralter ihre anderen Söhne gezeugt hat, was absolut widerwärtig und schockierend ist, da nun eines ihrer Kinder ebenso der Vater ihrer anderen beiden Söhne ist. Gleichzeitig ist diese ganze Situation so dermaßen absurd und abgedreht, dass ich dann doch wieder darüber lachen muss und die Serie dafür bewundere, dass sie überhaupt so weit gehen würde.
Es ist ein schmaler Grat, den Morgan und Wong hier beschreiten und ich muss hier an Sam Raimi denken, der einmal meinte, dass Horror und Comedy als Genres sehr nahe beieinander liegen würden.
Auch Mulder hat einige verdammt launige und makabre Oneliner zu verbuchen, welche die düstere Stimmung stark auflockern, aber niemals die bedrückende Atmosphäre zerstören und diese negieren. Es ist eine sehr delikate Balance zwischen stetiger Spannung und sporadischer Auflockerung, die hier mühelos erzielt wird.
Ich denke darüber hinaus, beschäftigt sich “Home” im Kern genau mit den Ängsten, mit denen ich mich auch stark identifizieren kann. Es ist die Idee, dass fernab der modernen Zivilisation, wo bestimmte Gesetze hochgehalten werden und man sich auf ein friedliches und menschliches Zusammenleben geeinigt hat - wenn auch nur auf dem Papier - , noch einige einsame, bewohnte Landstriche in einem ansonsten dicht bevölkerten Land existieren, wo bestimmte Menschen noch vollkommen nach ihren eigenen Regeln handeln und ihr Revier gegenüber Eindringlingen gnadenlos verteidigen wollen.
Dies finde ich auch so spannend an “The Texas Chainsaw Massacre”. Die Vorstellung irgendwo im Nirgendwo zu landen und ohne Vorwarnung in eine lebensbedrohliche oder tödliche Situation hineinzustolpern, die man nicht kommen sieht, finde ich ziemlich angsteinflößend. Ein Farmhaus, das von außen recht normal und friedlich aussieht, beherbergt allerlei gefährliche Gestalten und unaussprechliche, perverse Grausamkeiten.
Fernab von jeglicher Hilfe läuft man ein paar unkontrollierbaren Tieren in die Falle, die kein Interesse an menschlicher Kommunikation haben, sondern sich wie ein Rudel Wölfe auf einen stürzen und als Eindringling in ihr Territorium wahrnehmen. Es ist die Idee, dass freundliche Worte auch keinen Unterschied machen würden, da es nur um das Recht des Stärkeren geht und es unmöglich ist, eine menschliche Verbindung zu formen.
Dies wird auch dem Sheriff in “Home” bewusst. Er merkt, dass die ruhigen Zeiten, die er in seinem kleinen Ort mit nur mehreren hundert Einwohnern gehabt hat, nun vorbei sind und die Moderne nun auch langsam Einzug in dieses stille Örtchen nimmt. Bisher ging alles seinen ruhigen und unbeschwerten Gang.
Das Polizeirevier vor Ort besaß nicht einmal eine Kühlkammer für die Leiche des Babys, da es hier nie zu Mordfällen gekommen ist. Die Einwohner von Home, dem u.a. titelgebenden Handlungsort, haben ihre Haustüren nie abgeschlossen, weil es nie nötig war. Die Polizei musste nicht mehr als einen Deputy einstellen, da kriminelle Aktivitäten nie ein Ausmaß angenommen haben, welches das menschliche Zusammenleben groß erschwert hätte.
Das bringt auch Mulder dazu, von längst vergangenen Zeiten mit seiner Schwester auf dem Land zu sinnieren, wo die beiden miteinander Baseball gespielt haben und ihre Eltern noch zusammen waren. Hier sehen wir seine Idealisierung der Vergangenheit und ein Festhalten daran, wie die Dinge nur scheinbar einmal waren, da Mulders Eltern sich bereits während seiner Kindheit scheiden ließen und sein Vater seine Schwester für Regierungsexperimente geopfert hatte, was seiner Mutter ebenfalls bekannt war. Doch Mulder verweilt gedanklich lieber in einer beschützten Fantasiewelt und vermeidet es, die Wahrheit - wie sich die Dinge nun einmal wirklich zugetragen haben - anzuerkennen und loszulassen.
Wenn er alt ist, möchte er sich gerne auf einer Farm niederlassen, meint er zu Scully, die seinen Verzicht auf die ständige Verbundenheit mit moderner Technik und der städtischen Zivilisation doch stark in Frage stellt.
Bevor der Sheriff in seinem eigenen Haus zu Tode geprügelt wurde, sperrte er vorsichtshalber seine eigene Waffe weg, um diese nicht nutzen zu müssen und die Dinge auf seine alte, gewaltfreie Art zu regeln. Es ist, als ob er sich verzweifelt an die Vergangenheit klammern möchte, doch der gewaltsame Fortschritt nicht weiter verhindert werden kann und diejenigen zurücklässt, die nicht mit der Zeit gehen wollen.
Das idealisierte Landleben, wo jeder jeden kennt und die Uhren noch anders laufen, wird hier auf perverse Art auf dem Kopf gestellt und es scheint so, als ob die furchtbare Dinge, die im Außen, in den großen Städten vermutet wurden, sich unmittelbar vor den eigenen Augen abgespielt haben, ohne dass man etwas davon mitbekam oder bewusst seit Dekaden die Augen davor verschloss.
Das ist auch eine Thematik, die ich an “Twin Peaks” so spannend finde: Was verbirgt sich wirklich hinter den weißen Gartenzäunen, den gepflegten Häusern und den freundlichen Gesichtern in der Nachbarschaft? Welches Unheil und Grauen lauert inmitten der zivilisierten Gesellschaft und wo wird eine innere Fäulnis überdeckt, die nur von Außenstehenden und nicht von Einheimischen angesprochen und ans Tageslicht gebracht werden kann?
Interessanterweise hat die inzestuöse lebende Ms. Peacock von alle Figuren noch die klarste und realistischte Sicht auf die Dinge, wenn sie ihren Söhnen klar macht, dass es einschneidende Veränderungen in ihrer Welt geben wird, die Peacocks aber dennoch ihr Zuhause und Familienbande verteidigen müssen, auch wenn ihnen dafür kein anderes Mittel als körperliche Gewalt übrig bleibt. Zumindest liegt ihr aber etwas an dem Fortbestand ihrer Gene, der Zukunft ihrer Familie, obwohl gleichermaßen alles an den Peackocks ein Relikt der Vergangenheit zu sein scheint: Ihr Haus, das einem Friedhof gleicht, ihr alter Wagen, der nicht mehr hergestellt wird und auch das verrostete, nicht mehr zeitgemäße Farmequipment - alles befindet sich im Verfall und wartet nur darauf, von der Moderne verschlungen und ersetzt zu werden.
Ein weiteres Morgan und Wong-Highlight in dieser Staffel ist “Never again”. Eine intime und vielschichtige Charakterstudie über Scully, bei der ihre dysfunktionale Beziehung zu Mulder vollkommen entromantisiert wird und ein starkes Statement über deren Beziehung gesetzt wird, das die Serie am Ende einfach im Raum stehen lässt und bewusst oder unbewusst nie wieder auf die gleiche schonungslose Art thematisiert.
Scully handelt in dieser Folg überraschend spontan und unbedacht, lässt sich ein Tattoo stechen, schläft mit einem Mann, den sie noch gar nicht gut kennt und bei dessen Verhalten jegliche Alarmglocken angehen sollten und befindet sich während all dessen in einer tiefen existenziellen Krise, bei der sie alle ihre Lebensentscheidungen der letzten Jahre in Frage stellt und sich fragt, ob die Arbeit an den X-Akten überhaupt jemals zu etwas konkreten, greifbaren führen wird und ob sie ihre Zeit nicht einem Kellerloch verschwendet, wo ihr nicht einmal ein eigener Schreibtisch zur Verfügung gestellt wird.
Das Interessante an dieser Episode ist, dass sie damals nach “Leonard Betts” ausgestrahlt wurde und auch heute noch in der Episodenliste darauf folgt, obwohl sie ursprünglich eigentlich davor gesendet werden sollte.
Damals wurde “Leonard Betts” vorgezogen, da diese Episode nach dem Super Bowl über den Fernseher flimmern sollte und man sich große Einschaltquoten davon versprach, indem man eine “Akte X”-Episode sendete, die alle Elemente beinhaltete, die man von einer typischen MOTW-Folge erwarten würde und die Serie am besten repräsentiert, im Gegensatz zu “Never again”, was eher eine allzu realistische Charakterstudie ist, die relativ ruhig vonstatten geht und doch einiges an Vorwissen über die Hauptfiguren und deren bisherige Dynamik erfordert.
Die Rechnung ging auf, denn “Leonard Betts” wurde nach dem Superbowl von über 29 Millionen Amerikanern geguckt, ist bis heute die Episode der Serie mit den höchsten Einschaltquoten und hat dadurch damals sicher viele neue Fans zur Serie gebracht.
Das Problem hierbei ist nur, dass wenn “Never again “ auf “Leonard Betts” folgt, der Eindruck entstehen könnte, Scully würde sich in “Never again” nur so ungewohnt verhalten, weil sie gerade von ihrer lebensverändernden Krebserkrankung am Ende von “Leonard Betts” erfahren hat. Morgan und Wong selbst waren sehr ungehalten, was die Platzierung ihrer Folge anbelangte, da die beiden “Never again” nicht mit Scullys Krebs im Hinterkopf geschrieben hatten, sondern Scullys existenzielle Krise und ihre angespannte Beziehung zu ihrem Arbeitskollegen Mulder analysieren wollten.
Ich gehe mit den beiden vollkommen d'accord, da zu einfach wäre, über die Probleme der beiden einfach hinwegzusehen, indem wir alles auf Scullys Krebs schieben und nicht anerkennen wollen, dass Mulder und Scully zwei grundverschiedene Menschen sind, die durch ihre Mission der Wahrheitsfindung zwar miteinander verbunden sind, aber in vielen Episoden eine rechte unausgeglichene, ungesunde Bezeihung zueinander pflegen.
Natürlich fällt es wegen der Platzierung der Episode besonders Shippern leicht, die tieferen Probleme der beiden zu ignorieren und Scully als out of character handelnd abzutun.
Doch für mich ist diese Episode nur eine weitere, interessante, wenn auch erschreckend ehrliche Interpretation der Beziehung der beiden. Für mich ist das eine willkommene Abwechslung:Ich kann sie ebenso in gewissen Mythologie-Episoden als Dreamteam und mutige Helden betrachten, aber gleichzeitig so wie hier als dysfunktionales Paar, was vor allem schwerwiegende Probleme in der Kommunikation und Aussprechen von Bedürfnissen hat.
Ich bin jemand, der der Mulder und Scully-Romanze recht agnostisch gegenüber steht. Ob die beiden zusammenkommen oder nicht, ist mir relativ egal, es geht nur darum, ob es gut geschrieben ist oder nicht.
Natürlich könnte man auch argumentieren, dass sich sogar später in der Serie als die beiden zusammen sind, nicht allzu viel an der Dynamik der beiden ändert, weil sie immer noch so prüde miteinander umgehen wie zwei Klosterschwestern und sich immer noch permanent Siezen, selbst als sie ein Baby miteinander haben.
Gleichzeitig verstehe ich aber auch Chris Carters Zurückhaltung, was eine ständige, explizite Zurschaustellung von romantischen Gefühlen zwischen den beiden anbelangt.
David Duchovny und Gillian Anderson haben von Tag Eins an eine unglaublich starke und mühelose Chemie miteinander, die in der Fernsehgeschichte relativ einzigartig und kaum replizierbar ist. Ein großer Teil der Spannung innerhalb der Serie entstand vor allem in den frühen Staffeln durch kleine, zweideutige Gesten, vielsagende Blicke und die Entwicklung einer zunehmend romantischen Beziehung der beiden in Zeitlupen-Geschwindigkeit.
Man möchte wahrscheinlich deshalb diese delikate Balance zwischen Annäherung und Distanz nicht zerstören und somit jegliche Subtilität und Vielschichtigkeit über Bord werfen, vor allem da Duchovny und Anderson sich oft wortlos miteinander verständigen konnten und tiefe Gefühle zwischen den Figuren deshalb nicht explizit erläutert werden mussten.
Mulder benimmt sich während “Never again” wie ein recht unsensibler Trottel. Er nimmt Scully für selbstverständlich, bürdet ihr ungefragt Arbeit auf während er Urlaub machen muss - worin er eine Verschwörung gegen sich sieht - und möchte sich nicht mit ihrer Unzufriedenheit wegen deren Arbeitsbeziehung auseinandersetzen, sondern lenkt lieber geschickt vom Thema ab.
Das geniale an dieser Episode ist, dass wir schon oft gesehen haben, dass Mulder sich so verhalten hat, aber dies oft übergangen wurde und nicht zum zentralen Fokus bestimmter Szenen und Episoden gemacht wurde. Hier werden wir explizit mit der Nase auf sein Verhalten gestoßen und die Szenen verweilen länger auf seinem rauen und egoistischen Verhalten.
Gleichzeitig ist Scully selbst auch nicht unschuldig. In einem Gespräch in der Bar, wo sie Ed Jerse, das Monster of the Week, trifft, legt sie offen, dass sie Mulder als Autorität wahrnimmt, der sie gefallen will und nach dessen Anerkennung sie sich sehnt. Dies geht weit auf Scullys Vaterprobleme aus “Beyond the Sea” zurück, wo thematisiert wurde, dass sie ihren Vater zwar geliebt hatte, aber sie stets wollte, dass er den neuen Weg, den sie als FBI-Agentin einschlug, zu schätzen wusste und nicht enttäuscht von ihr war, da sie nun nicht mehr als Ärztin arbeitete. Wir sehen auch im Verlauf der Serie immer wieder, dass Scully sich bewusst für Mulder entscheidet, anstatt Zeit mit ihrer Familie zu verbringen oder ein soziales Leben außerhalb des FBIs zu führen. Im Gegensatz zu Muder, der innerhalb des FBIs als wirrköpfiger Außenseiter wahrgenommen wird, der in den Keller verbannt wurde, hatte Scully zu Beginn ihrer Karriere große Aufstiegschancen und war auf dem besten Weg irgendwann ein hohes Amt zu bekleiden. Auch ihr Sozialleben schien zu Beginn der Serie noch im Takt zu sein, doch sie gab dies immer mehr auf und machte Mulder zum Dreh- und Angelpunkt ihres Universums. Natürlich ist dies verständlich, da die beiden durch ihre Mission der Wahrheitssuche zusammengeschweißt wurden und die stetigen Täuschungen und Lügen, die sie ertragen mussten, ihr Vertrauen in ihre Mitmenschen stark erodiert hat, doch speziell im Hinblick darauf, wie viele negative Dinge (Tod ihrer Schwester, Krankheit, Entführung) Scully wegen ihrer Nähe zu Mulder erleben musste, könnte man sich schon die Frage stellen, ob ihr Leben nicht doch eine extrem schlechte Wendung genommen hat, nachdem sie zum ersten an Mulders Kellertür geklopft hat.
Natürlich kann man dies auch aus der Metaperspektive betrachten: Unseren Protagonisten müssen eben dramatische Dinge passieren, weil es der Unterhaltung dient und die Figuren motivieren und entwickeln soll. Trotzdem ist es natürlich interessant, wie sehr “Akte X” sich auf seine beiden Hauptfiguren konzentriert ist und jede Person, die der Beziehung der beiden in die Quere kommen könnte, als Bösewicht auftritt oder so schnell wie möglich wieder aus der Serie entfernt werden muss, damit jegliches Aufkommen von romantischen Gefühlen für jemanden anderen sofort im Keim erstickt werden kann. Dementsprechend ist Scullys One-Night-Stand auch so gediegen und unverbindlich inszeniert, wie es nur möglich ist. Selbst am nächsten Morgen wacht sie in Eds Wohnung vollkommen angezogen und auf dem Sofa statt im Bett auf, ja, selbst als die beiden sich am Abend zuvor näher kommen, wendet sich die Kamera schnell von den beiden ab und zeigt uns nicht einmal einen Kuss.
Während Scully in ihrem täglichen Leben stets kontrolliert und rational agieren möchte, denkt sie nun in “Never again”, der Weg ins andere Extrem wäre womöglich die Antwort auf ihre momentane depressive Phase, weshalb sie hier weitaus zügellos und emotionaler agiert, als wir von ihr gewohnt sind.
Daher empfindet man es als Zuschauer vielleicht schon fast als kleiner Schock, wenn Scully plötzlich mit einem recht attraktiven Mann flirtet, einige alkoholische Drinks inhaliert, sich ein Tattoo stechen lässt und sich auf einen One-Night-Stand mit einem fragwürdigen und zwielichtigen Mann einlässt. Ich denke “Never Again” eckt bei vielen an, da die Episode mit der Idealisierung der Figuren bricht und zeigt, dass sie am Ende des Tages auch nur normale Menschen mit Fehlern und Schwächen sind, was in anderen Episoden nicht allzu deutlich wird, wenn Mulder bspw. wie ein Actionheld auf Züge springt oder Scully im Labor neue DNA-Stränge entdeckt.
Die Serie war generell sehr zurückhaltend, was Sexszenen im Allgemeinen anbelangt, vor allem da man sich schon früh entschieden hat, dass die beiden kein Privatleben und sich nur ihrer Arbeit verschrieben haben.
Es ist natürlich etwa seltsam und unglaubwürdig, zwei hochattraktive Schauspieler wie Duchovny und Anderson zu sehen und im Kontext der Serie akzeptieren zu müssen, dass Mulder und Scully in ihren Dreißigern fast ausschließlich zollibatär gelebt und so gut wie nie Beziehungen sexueller oder romantischer Natur unterhalten haben, während die beiden Figuren durchaus begehrenswerte, gut aussehende und erfolgreiche Menschen sind, denen der Datingmarkt eigentlich weit offen stehen müsste.
Auf der anderen Seite bin ich froh, dass sich die Serie kaum in romantischen Subplots mit Nebenfiguren verloren hat (Diana Fowley, hust) und sich stattdessen vollkommen auf den Fall der Woche oder die verworrenen Pfade der Verschwörung konzentriert hat.
“Never again” liefert uns keine einfachen Antworten, sonder hinterlässt uns mit einem Fragezeichen, das uns zwingt die zentrale Beziehung, die im Fokus der Serie steht, kritisch zu hinterfragen und gleichzeitig ein Paralleluniversum öffnet, in dem “Akte X” eine charakterfokusierte Serie ist, die - wenn auch nur für 45 Minuten - seine Protagonisten als Menschen aus Fleisch und Blut und weniger als strahlende Helden begreift und offenlegt. Im letzten Bild der Episode sitzen sich Mulder und Scully wortlos gegenüber, starren sich an und wir verharren für einige Sekunden in der Stille mit den beiden. Es gäbe so viel zu sagen, eventuell auch zu reparieren, doch keiner ergreift das Wort. Es ist fast so, als ob “Never Again" uns mit der kalten Realität der Beziehung der beiden konfrontiert und der Glanz und Glamour unserer beiden Helden verschwunden ist. Man könnte sich eine Version von “Akte X” vorstellen, wo die beiden das Vertrauen zueinander verlieren, eventuell unterschiedliche Wege gehen, aber irgendwann wieder vereint werden. Aber dies würde natürlich einen Bruch in der Formel darstellen, den die Serie nie bereit war zu gehen, was eigentlich ziemlich erstaunlich und auffällig ist. Mulder und Scully auch nur für eine der elf Staffeln durch einen persönlichen Konflikt zu trennen, wäre sicherlich eine spannende Angelegenheit gewesen. Ja, manchmal träume ich davon, wie “Akte X” wohl als charakterfokusierte Serie funktioniert hätte, mit fortlaufender Figurenentwicklung und Handlungssträngen, die über eine gesamte Staffel laufen, ausgestrahlt auf HBO oder dergleichen mit etwa 12 Episoden pro Staffel. “Never again” gibt mir diesen Raum zum Träumen mit einem unbarmherzigen, mutigen und tiefschürfenden Blick auf Scully als Figur und ihrer dysfunktionalen Beziehung zu Mulder.
Und dafür liebe ich diese Episode.
Ein weiterer Volltreffer ist die Episode “Paper Hearts”, welche uns ein mögliches Szenario eröffnet, was wohl mit Mulders Schwester geschehen sein könnte. Die Serie wird innerhalb ihrer ersten sieben Staffeln einige unterschiedliche Schicksale von Samantha aufzeigen, bei der man sich aufgrund der verschiedenen Autoren als Zuschauer sein eigenes Ende für sie aussuchen könnte, auch wenn es natürlich eine offizielle Version gibt, die wir in “Closure” in Staffel 7 erzählt bekommen.
Doch in “Paper Hearts” nimmt Mulder an, der Serienkiller Roche hätte vielleicht seine Schwester vor all den Jahren entführt, getötet und an einem ihm noch unbekannten Ort vergraben, was ein durchaus plausibles Szenario wäre. Die Idee dabei ist, dass es für Mulder einfacher wäre, die Entführung und den Tod seiner Schwester zu verarbeiten, wenn er den Schrecken nicht in den niederträchtigen Taten eines Serienkillers sucht, sondern es in etwas fantastisches oder abstraktes wie eine Alien-Entführung hineinprojiziert.
Die Episode zeigt uns vielleicht Duchovnys beste Schauspielleistung in dieser Staffel, denn wir können seine Trauer, Wut und Hoffnung sehr gut nachvollziehen und durchleben eine emotionale Odyssee mit ihm, die uns nochmal deutlich macht, wieso er überhaupt so stark motiviert ist, an den X-Akten zu arbeiten und der Wahrheit auf der Spur kommen möchte.
Natürlich geht niemand davon aus, dass Samanthas Schicksal in einer MOTW-Folge enthüllt werden wird, aber die Episode präsentiert uns ein verdammt gutes Argument dafür, sodass wir wie Mulder vielleicht auch nur für eine Sekunde zweifeln und uns nach dem Abspann fragen, was denn nun mit dem letzten getöten Mädchen ist, das Mulder nicht auffinden könnte und er wegen Roches Tod auch nie entdecken wird.
Vince Gilligan, der hierfür das Drehbuch schrieb, offenbart sich immer mehr als der Mann für tiefe und mitreißende Charakterstudien. Selbst Scully, die eine untergeordnete Rolle in dieser Folge spielt, steht Mulder mit überzeugender Logik und emotionaler Unterstützung zur Seite und wirkt mit ihrer skeptischen Haltung weniger plump und festgefahren als üblich. Ebenso Skinner, der nach dieser Folge eine Litanei an Gründen hätte, Mulder wegen allerlei Verfehlungen im Dienst sofort zu feuern, aber ihm dennoch weiter zur Seite steht und mit ihm nach Roche und den entführten Mädchen sucht.
Gilligan zeigt sich auch für “Small Potatoes” verantwortlich, eine ziemlich amüsante Comedy-Episode, die vor allem in ihren letzten 15 Minuten aufblüht und zum Highlight wird, wenn ein Formwandler namens Eddie Van Blundht Mulders Körper übernimmt und dadurch für einen Tag dessen Leben leben kann. Im Grunde nur eine Entschuldigung dafür, um Duchovny beim Faxen machen zusehen zu können, aber doch recht aufschlussreich, was Mulder anbelangt, wenn Eddie sich über dessen chaotisches Apartment lustig macht, einen mit Rechtschreibfehler übersäten Bericht bei Skinner abgibt oder bei Scullys aufschlägt und mit ihr einen romantischen Abend bei einer Flasche Wein verbringen will und mit seinen romantischen Avancen weiterkommt, als Mulder in den letzten vier Jahren. Es steckt doch mehr als ein Fünkchen Wahrheit darin, dass Mulder alle Voraussetzungen dafür hätte, mehr aus seinem Leben zu machen, aber sich freiwillig dafür entscheidet, wie Eddie es nennt, ein “Loser” zu bleiben.
Morgan und Wong landen nach “Home” und “Never again” mit “Musings of a Cigerette-Smoking Man” einen meisterhaften Hattrick in dieser Staffel und präsentieren uns ein fiktionales (?) Figurenporträt eines Mannes, der eigentlich künstlerisch tätig sein wollte, aber von großer Macht ergriffen, anfing, den Kurs der Weltgeschichte zu steuern und einen Krieg mithilfe von Desinformation und Gewalt gegen die eigene Bevölkerung zu führen. Ob der Lebenslauf des Rauchers, den uns Frohike in dieser Episode detailliert beschreibt, nun echten Tatsachen entspricht, teilweise richtig ist oder komplett erlogen ist, spielt an dieser Stelle keine große Rolle. Vielmehr skizziert “Musings…” einen Mann, der sich der Kreativität und Schöpfung verschrieben hatte, doch aufgrund seines Misserfolgs und fehlender erfüllender sozialer Kontakte, einen komplett anderen Weg einschlug. Die Geschichte seines Landes wäre anders gelaufen, wenn er seine Erfüllung als Romanschriftsteller gefunden und sich auf diese Weise seine Brötchen verdient hätte.
Es ist die Idee, dass wir alle zu Beginn mit guten Absichten in unser Leben starten, aber aufgrund von gewissen Ereignissen oder Entscheidungen auf den falschen Weg gelangen können, bis wir soweit im Morast stecken, sodass es zu spät ist noch einmal kehrt zu machen und den Pfad der Erlösung einzuschlagen. “Musings…” humanisiert den Raucher wie keine Episode zuvor und lässt uns daran teilhaben, wie eine korrupte und verlogene Persönlichkeit wie seine entstehen könnte. Am Ende fällt es schwer, kein Mitgefühl für jemanden zu haben, der einst seine Träume verfolgt hatte, aber diese nicht erreichen konnte und nun zu einem zynischen und kaltherzigen Menschen geworden ist. Dennoch macht uns die Schlussszene, wo er auf Frohike mit einem Scharfschützengewehr zielt, aber nicht abdrückt, klar, dass er unseren Helden jederzeit schaden könnte und nur einen Abzug davon entfernt ist, ihnen großes Leid zu bescheren und ihnen den Garaus zu machen. Wir werden wieder unschön daran erinnert, mit wem wir es hier wirklich zu tun haben.
Der einzige Fehltritt, den sich Morgan und Wong in dieser Staffel leisten, ist “The Field where I died”. Ich habe diese Episode nun zum vierten Mal gesehen und versucht mich auf sie einzulassen, doch jedes Mal scheitere ich daran die Idee zu akzeptieren, dass wir in dieser Folge Mulders Seelenverwandte Melissa kennenlernen, mit der er in seinem vorherigen Leben eine große romantische Verbindung einging und nun wieder mit ihr vereint wurde. Viele Fans können diese Episode nicht leiden, weil sie nicht Mulder und Scully zu Seelenverwandten macht, sondern einen weiblichen Gastcharakter, der vollkommen aus dem Nichts auftaucht, wir nach der Folge nie mehr sehen, da sie verstirbt und uns nur durch Seiten voller schwülstiger Monologe davon überzeugen will, dass sie und Mulder einst ein Liebespaar waren. Mir ist es vollkommen egal, dass Mulder eine andere Seelenverwandte als Scully hat, das Problem ist eher, dass die Episode keine gute Arbeit darin leistet, das Konzept der Reinkarnation glaubwürdig und überzeugend an den Mann zu bringen.
Vielmehr liegt es an David Duchovny und Gastdarstellerin Kristen Cloke (Ehefrau von Glen Morgan) während einer Regressions-Hypnose-Session minutenlang kitschige Monologe in die Kamera zu brabbeln und sich dabei die Augen auszuweinen, was mir unfassbar auf die Nerven ging und bei Cloke mit ihren unterschiedlich gespielten Persönlichkeiten wie ein Anfänger-Improvisationskurs an der Schauspielschule wirkte und Duchovnys darstellerische Limitierungen auch nochmal deutlich veranschaulichte.
Ich kann Duchovny als wütenden, sarkastischen und unterschwellig traurigen Mulder ernstnehmen, aber sobald er anfängt, minutenlang in die Kamera zu weinen, empfinde ich dabei entweder unfreiwillige Komik oder extremen Fremdscham. Es ist wirklich kaum auszuhalten, was er dabei für alberne Grimassen macht. Duchovny scheint sich dieser Limitation auch bewusst zu sein, weshalb er z.B. in “Californication” einen stets lockeren, sarkastischen, aber mit unterschwelliger Melancholie versehenen Hank Moody spielt, der keine großem emotionalen Ausbrüche zeigen muss.
Es hätte womöglich auch geholfen, wenn wir während der Erzählungen der beiden aus der Vergangenheit einige dazu passende Bilder von deren früheren Ichs gesehen hätten. Dies hätte die Episode auch visuell interessanter gemacht, als zwei Schauspielern nur beim Monologisieren zuzuschauen, während die Kamera nur leicht auf sie zufährt oder komplett still verweilt. Natürlich kann dies funktionieren, wenn man als Zuschauer fasziniert von dem ist, was man da hört und sieht, aber in diesem Fall war ich es leider nicht.
Womöglich fällt es einem zudem leichter, die Prämisse zu kaufen, wenn man etwas für Geschichten über Reinkarnation übrig hat oder dementsprechend religiös geprägt ist.
Ich kann die angebliche Vergangenheit von Mulder und Melissa aber keineswegs kaufen und rolle daher wie Scully nur mit den Augen.
Und doch bewundere ich diese Episoden dafür, dass sie total kompromisslos ihre Idee durchzieht und sich keinesfalls um typische Konventionen einer “Akte X”-Folge schert, auch wenn dieses Experiment meines Erachtens nicht geglückt ist und ich nur die Minuten gezählt habe, bis es endlich vorbei war. Auch Regisseur Rob Bowman kreiert einige schöne Bilder und Sequenzen, aber der Funke will auf mich einfach nicht überspringen.
Dennoch, Morgan und Wong haben in dieser Staffel drei meiner absoluten Lieblingsfolgen - und mit “Home” meine Lieblingsfolge schlechthin - abgeliefert, weshalb ich ihnen nicht allzu böse sein kann für diesen Ausrutscher.
X-Files Rewatch
ACHTUNG SPOILER FÜR DIE GESAMTE SERIE!
Staffel 3 - Bewertung
3x01 The Blessing Way 7.5
3x02 Paper Clip 10
3x03 D.P.O. 5
3x04 Clyde Bruckman's Final Repose 8.5
3x05 The List 5
3x06 2Shy 6.5
3x07 The Walk 4
3x08 Oubliette 10
3x09 Nisei 9
3x10 731 9.5
3x11 Revelations 5.5
3x12 War of the Coprophages 5.5
3x13 Syzygy 3
3x14 Grotesque 7
3x15 Piper Maru 8
3x16 Apocrypha 8.5
3x17 Pusher 10
3x18 Teso Dos Bichos 4
3x19 Hell Money 5.5
3x20 Jose Chung's From Outer Space 8.5
3x21 Avatar 6.5
3x22 Quagmire 8.5
3x23 Wetwired 7
3x24 Talitha Cumi 8.5
Im Schnitt: 7.13 = 7
“Akte X” erreicht mit der dritten Staffel einen sehr hohen Qualitätsstandard, bei dem selbst die MOTW-Episoden kaum noch im unterdurchschnittlichen Bereich liegen, sondern bestens zu unterhalten wissen und viele, kleine Diamanten zu Tage bringen, die auch bei vielen Fans heute noch hoch in der Gunst stehen.
Den Mythologie-Episoden merkt man allerdings immer mehr an, dass der Erfolg der Serie ihnen erlaubt, immer öfter zu großen Action-Blockbustern zu werden (“Nisei”/”731”) und sie zu internationalen Jagden nach Beweisen und Personen zu machen (“Piper Maru”/”Apocrypha”), was viele Plot-Baustellen eröffnet, auf welche die Serie nicht unbedingt wieder zu sprechen kommt. Es fühlt sich als Zuschauer ein wenig so, als würde man in der Warteschleife festhängen, da nun offensichtlich ist, dass die Showrunner uns eines Tages Antworten liefern werden, es aber bis da noch einige Zeit dauern kann und wir daher auf viele Nebenschauplätze und Action-Setpieces ausweichen. Dies wird vor allem im Staffelfinale “Talitha Cumi” deutlich, welches mit einem spannenden Cliffhanger endet, bei dem man allerdings den Eindruck hat, er könne nach einer Werbeunterbrechung sofort wieder aufgelöst werden. Anstatt die Mythologie der Serie groß voranzutreiben, wird hier auf thematischen Tiefgang gesetzt. So philosophieren der CSM und der Heiler Jeremiah Smith bspw. minutenlang über freien Willen und den Wunsch der Menschen nach einer Autoritätsfigur, der sie sich unterordnen können, da sie laut dem CSM zu schwach sind, um ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und ihr Leben frei gestalten zu können. Dostojewski lässt grüßen, wenn direkt aus dem Kapitel “Der Großinquisitor” von “Die Brüder Karamasow” zitiert wird und die Frage erörtert wird, ob Menschen nicht dazu veranlagt sind schlimme Dinge zu tun und ob sie daher nicht besser wie Vieh an der Leine geführt werden müssen, um dem großen Ganzen zu dienen und eine zivilisierte Gesellschaft zu schaffen.
Auch Mulder findet eine Art Excalibur in Form eines Stilettos, womit man scheinbar die Alien Bounty Hunter besiegen kann, was viel mehr auf einem thematischen Level funktioniert und ihn zum auserwählten Helden einer epischen Geschichte macht, der nun sogar in Frage stellen muss, ob sein Vater wirklich sein Vater ist oder ob der CSM, der Bösewicht der Geschichte, nicht sein Darth Vader ist und ihn somit zum Teil dieser jahrzehntelangen Verschwörung macht, dessen Aufdeckung nun als Last auf Mulders Schultern liegt. All dies funktioniert viel mehr als Teil einer Helden-Mythologie und die Art wie wir plottechnisch von A nach B kommen, wirkt oft sehr erzwungen und weist einige Logiklücken auf. Es zeigt auch wieder, dass man bei “Akte X” nicht voraussehen kann, in welche Richtung sich die Mythologie-Folgen bewegen werden.
Nach dem explosiven Ende der zweiten Staffel mit “Anasazi”, bekommen wir bspw. hier in der Staffelpremiere “The Blessing Way” zunächst einmal einen komatösen Mulder zu sehen, der von Albert Hosteen und seinem Stamm wieder aufgepäppelt werden muss und dabei in anderen Sphären schwebt, wo die Geister von Deep Throat und seinen Vater ihm Mut zu sprechen und ihn wieder ins irdische Leben geleiten, während Scully in einem actionreichen und paranoiden Thriller-Plot verwickelt ist. Mulders geistige Reise hier wirkt sehr esoterisch und mehr als nur ein bisschen prätentiös und wie im Staffelfinale “Talitha Cumi” fragt man sich zeitweise doch wie Chris Carter und Co. einen Alieninvasionsplot bei dem es um schwarzes Öl, Alien-Kopfgeldjäger, menschliche Klone und Shapeshifter geht, so stark mit religiöser Symbolik und mystischen Stammesgeschichten aufladen konnten. Es ist - gelinde gesagt - ein ganz schönes Durcheinander, aber ein Durcheinander, das mir durchaus große Freude bereitet.
Davon einmal abgesehen, sind alle anderen Mythologie-Episoden in dieser Staffel sehr gut bis hervorragend und warten wie in Staffel 2 mit vielen Wendungen, hochspannenden Szenarien, dicken Actionmomenten, teilweise gedankenanregenden und unangenehmen Themen sowie mitreißenden Charaktermomenten auf.
Das Highlight bleibt für mich schon recht früh in der Staffel die Episode “Paper Clip”, in der Mulder und Scully sich auf der Flucht befinden und nur durch Skinners Hilfe wieder ins normale Leben integriert werden können, ohne permanent von den Sturmtruppen der Verschwörer gejagt zu werden. Das riesige, verlassene Lagerhaus, in dem die beiden abertausende Unterlagen über Menschenexperimente - u.a. auch über Scully und Mulders Schwester - vorfinden, bleibt eines meiner Lieblingssettings in der gesamten Serie. Rob Bowman gibt dieser Location ein Gefühl von beeindruckender Größe und langer Vorgeschichte und die Einbindung der realen Geschehnisse bezüglich Operation Paperclip verleihen dem Ganzen gänsehauterzeugende und düstere Implikationen.
Ich liebe diese Episode dafür, dass sie den Rahmen, in dem Mulder und Scully agieren können, streckt und dehnt und auch wenn klar ist, dass die Serie sich in der nächsten Episode wieder dem Tagesgeschäft widmen wird und die beiden natürlich nicht länger Flüchtlinge sein und anonym durch die Staaten reisen können, ist es spannend zu sehen, wie die Serie ihre Grenzen testet und nur für eine Folge der Himmel einzufallen droht, auch wenn am Ende wieder der Status Quo etabliert werden muss.
Das ist allerdings auch eines der Dinge, die “Akte X” nie zu einer meiner absoluten Lieblingsserien machen kann.
Denn in dieser, wie in vielen anderen Mythologie-Folgen, erleben Mulder und Scully große Schicksalschläge und enthüllen längst vergangene, dunkle Machenschaften der Regierung mit weitreichenden Konsequenzen für sie, ihre Familien und der gesamten Bevölkerung, doch in der darauffolgenden MOTW-Episode jagen sie wieder irgendeinem übernatürlichen Phänomen oder Monster in einem Standard-Fall hinterher (“D.P.O"), als ob nichts gewesen wäre, ohne dass vergangene Geschehnisse auch nur leicht in die Handlung oder das Verhalten der Figuren mit einfließen. Der Tod von Scullys Schwester Melissa in “Paper Clip” wird bspw. erst wieder in “Piper Maru” aufgegriffen und in den zwölf Episoden die dazwischen liegen wird ihr Verlust nicht einmal erwähnt, auch wenn sich z.B. “Clyde Bruckman's Final Repose”, wo Scully mit der Titelfigur über die Vergänglichkeit des Lebens und ihre Sterblichkeit sinniert, sich sehr gut dafür geeignet hätte.
Es ist wohl hilfreich die Serie grob in zwei Kategorien zu unterteilen: Es gibt einmal die Mythologie-Episoden, die den Hauplot vorantreiben und sich manchmal auf die Erlebnisse der Figuren aus den vorherigen Mythologie-Folgen beziehen und und andererseits MOTW-Episoden, die allerdings wiederum auch in verschiedene Universen eingeteilt werden könnten, allein wegen der Vielzahl der dargebotenen Genres (Horror, Comedy, Meta, Rom-Com, Spoof, Science-Fiction, Paranoia-Thriller etc.) und der unterschiedlichen Drehbuchautoren, die sich mit ihrer eigenen Herangehensweise an die Hauptfiguren und einer speziellen Genre-Affinität ans Werk machten. Eine Vince Gilligan-Episode unterscheidet sich z.B. immens von einer Chris Carter-Episode. Eine Glen Morgan und James Wong-Episode wiederum unterscheidet sich stark von einer Darin Morgan-Episode und so weiter.
Dies sorgt natürlich für große Abwechslung und eine gewisse Wandelbarkeit der Serie. Man gewinnt den Eindruck, sie könne sich jede Woche neu erfinden und selbst wenn mal ein Schuss daneben geht, ist es nicht weiter schlimm, da die nächste Episode bereits wieder ein wahres Highlight sein könnte, es sei denn man würde grobe Fehler begehen, was den Hauptplot und die Mythologie anbelangt.
Natürlich hat diese Herangehensweise auch seine Nachteile. Da so viele Autoren beteiligt sind, die ihr eigenes Süppchen kochen, gibt es des öfteren inkonsistente Charakterisierungen für Mulder und Scully und jede Art von Konflikt, den die beiden miteinander haben, wird in der nächsten Folge nicht weiter gesponnen, sondern es wird wieder alles auf Null gesetzt.
Es macht zudem Sinn gerade die MOTW-Episoden als Ansammlung von Geschichten zu betrachten, die unsere beiden Hauptfiguren und eventuell ein paar wiederkehrende Nebenfiguren enthalten, wo jede Episode als einzelnes Werk für sich stehen kann und einfach ca. 45 Minuten tolle Unterhaltung bietet ohne dass man den großen Zusammenhang verstehen muss und somit als neuer Zuschauer sofort mittendrin einsteigen kann.
Für jemanden wie mich, der sich hauptsächlich für Serie begeistern kann, bei der jede Episode der bestimmten Vision eines Schöpfers dient (“Die Sopranos”, “Twin Peaks - The Return”, “Six Feet Under”) und nahezu jeder Eintrag die Geschichte der Figuren oder den Plot weiterspinnen soll, habe ich manchmal starke Probleme in einige “Akte X”-Episoden allzu stark emotional involviert zu sein. Das ist allerdings ein Kritikpunkt, der nicht speziell auf die dritte Staffel, sondern die Serie im Gesamten zutrifft, mit Ausnahme der achten Staffel, die interessanterweise nahezu durchgehend eine zusammenhängende Story erzählt, wo viele Episoden aufeinander aufbauen und aneinander anschließen. Vielleicht auch einer der Hauptgründe, wieso ich diese Staffel zu meinen Favoriten zähle. Doch mehr dazu, wenn ich bei dieser Season angekommen bin.
Natürlich ist dies nur eine retrospektive Sicht auf die Dinge, aber ich kann damit gut meine subjektive Präferenz, was Storytelling in Serien angeht erklären und darlegen, wieso es mir manchmal an emotionalen Investment mangelt.
Einer der Gründe, wieso diese Staffel bei vielen Leuten hoch im Kurs steht, ist, dass Darin Morgan in dieser Staffel gleich drei Episoden als Drehbuchautor beisteuerte, welche Szenen enthalten, die großartiges Meme-Material und oft zitierte Dialoge und Oneliner zu Tage brachten.
Ich kann die große Heldenverehrung, die Morgan in der “Akte X”-Community erhält, allerdings oft nicht ganz nachvollziehen. Klar, “Clyde Bruckman´s Finale Repose” und “Jose Chung´s From Outer Space” sind sehr gute Episoden, aber dass diese oft als die besten der Serie genannt werden, erschließt sich mir nicht ganz.
Erstere ist ein recht emotionale, im Kern recht traurige Episode, die von Gaststar Peter Boyle stark eleviert wird und über Schicksal, Determinismus und freien Wille referiert, während zweitere eine Art Meta-Spoof-Angelegenheit ist, die viele Akte X-Elemente durch den Kakao zieht, subjektive Wahrnehmung im “Rashomon”-Stil präsentiert und mit einem beißenden-satirischen Humor daher kommt.
Mir gefallen die beiden Episoden sehr, doch Darrin Morgan neigt mir oft zu gerade die Elemente der Serie zu belächeln, welche der Serie zu großem Erfolg verholfen haben und welche von Fans hoch geschätzt werden. Ein wenig Selbstironie ist nie verkehrt, doch ich stelle in seinen Episoden vielmehr einen säuerlichen, stets dekonstruktivistischen Ton fest, der mir schnell zu viel wird und mir deutlich macht, dass es ganz gut ist, dass er so wenige Episoden geschrieben hat. Er scheint auch kein großer Fan von Mulder zu sein, da er ihn permanent aufs Korn nehmen muss.
Dies wird für mich auch in “War of the Cophrophages” deutlich, eine Episode, die er auch zu Papier gebracht hat und ich leider nur für überdurchschnittlich halte.
Klar, die Episoden hat ein paar witzige Zitate und Lacher zu bieten, aber meines Erachtens nicht genug, um 45 Minuten zu füllen, was dazu führt, dass ich die meiste Zeit nur mit steinerner Miene vor den Fernsehen sitze und den recht spannungsfreien und öden Plot betrachten kann, der am Ende auf nichts hinausläuft und sich schon fast lustig über den Zuschauer macht, der gerne ein paar Antworten hätte und nicht nur ein Dreiviertelstunde lang philosophisches Geschwurbel über den Mensch als Raubtier und die Angst vor moderner Technik lauschen möchte. Ich habe den Eindruck, dass Darin Morgan in seinen Werken ein recht misanthropisches Menschenbild vertritt und sich gerne in nihilistischen Ergüssen ergeht, was ich manchmal als recht teenagerhaft und betont aneckend empfinde.
Ein Problem, das ich mit manchen “Akte X”-Comedyepisoden habe, ist, dass sie oft einige ziemlich gute Lacher und lustige Momente haben, aber nicht genug, um die Laufzeit einer ganzen Folge zu füllen. Meistens sind die Plots dann nur zweckdienlich und schleppend, was in Ordnung wäre, wenn man vor Lachen auf dem Boden liegen würde, aber so empfinde ich einige dieser noch folgenden Episoden leider selten. Vielleicht liegt mein Problem dabei auch oft an der Inszenierung, da die Serie hauptsächlich Regisseure beschäftigt hat, die gut darin sind düstere, gruselige oder aufregende Folgen zu drehen, aber das Einfangen von Comedy-Momenten und gutem Timing dann doch wieder ein anderes Gespür erfordert. Ich werde bei diesem Rewatch mehr darauf achten, da ich mich zumindest erinnern kann, einige Vince Gilligan-Episoden als sehr witzig in Erinnerung zu haben.
Es läuft wahrscheinlich wieder darauf hinaus, was man sich von der Serie und ihren Monster of the Week-Episoden erwartet. Bei mir stehen ganz klar die düsteren und horrorartigen Episoden an erster Stelle, die oft nicht einmal ein übernatürliches Element - oder nur in sehr reduzierter Form - enthalten müssen. Daher weiß ich besonders Episoden wie “Irresistible”, “Home” und auch “Oubliette” zu schätzen.
Letztere ist eine sehr unterbewertete und vom Fandom vergessene Episode, wie ich finde, auch wenn ich mir denken kann, warum das so ist. “Oubliette” beschäftigt sich mit dem Konsequenzen von traumatischen Erlebnissen und wie schwer es auch Jahrzehnte danach sein kann, wieder ein ganz normales Leben zu führen und wieder der Mensch sein zu können, der man war, bevor man all diese schrecklichen Ding erlebt hat.
Die Episode endet tragisch und ohne einfache Antworten, ja, hier gibt es keine spaßigen Monster, die es zu jagen gilt und die man als Zuschauer als fantastisch und erfunden wahrnimmt. Stattdessen erleben wir einen Fall von Kindesentführung, der nur allzu realistisch und nüchtern inszeniert ist und daher extrem aufs Gemüt schlägt.
Zunächst macht es den Eindruck, dass Mulder besonders in den Fall involviert ist, da es sich wie bei seiner Schwester, um ein entführtes, minderjähriges Mädchen handelt, doch das Drehbuch macht deutlich, dass sich Mulder seiner Voreingenommenheit bewusst ist und an die übernatürlichen Fähigkeiten des Opfers aus der Vergangenheit glaubt, weil er die Leidtragenden als Individuen sieht, die seiner Hilfe und Empathie benötigen und nicht nur, weil sie ihm an seine Schwester erinnern.
Wie bei "Irresistible" tritt das Böse hier in Menschengestalt auf, in Form eines Mannes namens Carl Wade, der kleine Mädchen in seinen dunklen Keller sperrt, sich an ihrer Angst ergötzt und dabei wie besessen von ihnen Fotos schießt. Wir erfahren nicht allzu viele über seine Motive, außer dass er einmal für eine gewisse Zeit in der Psychiatrie war. Und doch scheinen wir es mit einem Mann zu tun zu haben, der in seinem Leben eine recht unterwürfige Rolle spielt (Er arbeitet nur als inkompetenter Assistent für einen Fotografen) und dem es an Kontrolle über sein Leben mangelt, sehr isoliert lebt, keinerlei Bekanntschaften hat und seine Kamera als Art Phallus-Ersatz benutzt, um sich dadurch Befriedigung zu verschaffen. Es wird auch stark impliziert, dass er bei seinem ersten, noch minderjährigen Entführungsopfer sexuell übergriffig wurde und sie jahrelang in seinem Keller eingesperrt hatte.
Diese Informationen reichen aus, um beim Zuschauer großes Unwohlsein auszulösen und in stetiger Anspannung vor dem Fernseher zu sitzen.
Michael Chieffo liefert als Bösewicht der Folge eine unheimlich stark und erinnerungswürdige Performance als unscheinbarer und gewöhnlicher Typ von Nebenan ab, der in einer Menschenmenge leicht untergehen und sich dadurch unbemerkt seinen Schandtaten widmen kann.
Auch Duchovny gibt dieser Episode mit seinem von subtilen, unterschwellig von Traurigkeit durchzogen Schauspiel einen emotionalen Bezugspunkt und weiß den Zuschauer mit einzubinden.
Das ist eine “Akte X”-Folge, wie ich sie mir wünsche: Düster, psychologisch spannend, gedankenanregend.
Viele der unterdurchschnittlichen MOTW-Folgen beinhalten viele der gleichen Schwächen wie in vorherigen Staffeln, weshalb ich mich diesbezüglich nicht wiederholen werde. “The Walk”, “The List” oder “Teso Dos Bichos” sind klassische Filler-Folge, die handlungstechnisch nicht aus dem Quark kommen, nach Schema F ablaufen und eben einen gewissen Time-Slot füllen mussten. Marginal interessanter als Farbe beim Trocknen zuzusehen, aber auch nicht viel mehr.
“Syzygy” sticht nochmal heraus, weil sich Chris Carter hier als Komiker versucht, was spektakulär scheitert und mich nur zu Tode genervt hat. Aufgrund einer besonderen Planetenkonstellation verhalten sich Mulder und Scully hier nicht wie sie selbst und viele ihrer Charakterschwächen werden erhöht und auf die Spitze getrieben, was ziemlich anstrengend ist und munter vor sich hin witzelt ohne dass es am Ende eine Katharsis gibt, die beiden sich für ihr Benehmen entschuldigen würden oder aus ihrer Erfahrung irgendetwas gelernt hätten. Die Episode versucht einerseits eine alberne Teenie-Komödie zu sein, doch dann sollen wir den Fall, bei dem sich die Leichen türmen, auch wieder ernstnehmen, als ob wir es hier mit einer üblichen X-Akte zu tun haben. Diese Mischung funktioniert für mich überhaupt nicht. Ich verstehe auch nicht, was mir diese Episode sagen will und was der ganze Plot sollte, außer zu zeigen, dass die Stadt, in der die beiden sich befinden, in pures Chaos stürzen könnte, was auch nur so semi-ernst genommen wird, bevor man sich wieder etlichen Albernheiten widmet, die ich nicht witzig finde. Am Ende verkündet Mulder in einem prätentiösen und schwülstigen Voiceover, dass er keine Ahnung hatte, was in dieser Episode geschah, was ich nur als Meta-Kommentar von Chris Carter deuten kann, der bei diesem Machwerk auch überfordert zu sein schien. Zumindest kann ich hier als Zuschauer sympathisieren, weil ich ebenso ahnungslos bin und mir das Ende der Episode mit jeder Minute herbei gesehnt habe.
Chris Carter sollte meines Erachtens lieber die Finger von Comedy lassen. Er ist sehr gut darin, in seinen Mythologie-Folgen mit eher ernsten Themen zu hantieren und auch als Regisseur beweist er, dass er ein ziemlich gutes Auge für starke Bilder hat. Von ihm inszenierte Episoden wie “Postmodern Prometheus” und “Triangle” in späteren Staffel beweisen, dass er sehr gut darin ist, eine gewisse Genre-Ästhetik zu kreieren und experimentellen Kino auch nicht abgeneigt ist. Doch um “Syzygy” sollten wir lieber den Mantel des Schweigens hüllen.
Da sehe ich mir doch lieber drei Mal hintereinander “Pusher” von Vince Gilligan an, der einen absoluten Klassiker abliefert und ein spannendes Gedankenduell zwischen dem Bösewicht Robert Patrick Modell und Mulder inszeniert, das von Rob Bowman von Minute Eins an packend und temporeich inszeniert ist und keine Zeit zum Atmen lässt.
Ein wahrer Klassiker, an dem ich nichts zu kritisieren wüsste.
Auch “Quagmire” sticht noch einmal heraus, wo Mulder und Scully auf einem Felsen inmitten eines Sees stranden und einen fast vierminütigen Dialog miteinander haben, der so tief in die Figuren und ihre psychologischen Probleme eindringt, wie es Episoden zuvor nur selten getan haben. Diese Szene ist ein Meisterwerk an Humor, Charakterentwicklung und Spannung und wertet diese recht überdurchschnittliche MOTW-Folge ziemlich auf und liefert eine Top 10-Szene der Serie ab.
Mit “Avatar” bekommt der Skinman auch seine erste Episode spendiert, welche etwas mit ungeklärten Plotelementen überladen wirkt, aber auch beweist, dass Mitch Pileggi durchaus auch eine Episode alleine tragen kann, was wir in der Zukunft noch häufiger sehen werden. Es ist schon erstaunlich wie sehr “Akte X” auf Mulder und Scully fokussiert ist und scheinbar kaum bis wenig Interesse daran hat, einen Ensemble-Cast zu kreieren, allein schon um unterschiedliche Storys erzählen zu können und David Duchovny und Gillian Anderson mit ihrem hohen Arbeitspensum etwas zu entlasten. Die meisten Auftritte von Nebenfiguren sind jedoch den Mythologie-Episoden vorbehalten.
Hätte man mehr Nebencharaktere eingeführt, die an Mulder und Scullys Seite arbeiten, bei denen auch das Risiko bestehen würde, das sie jederzeit der Tod befallen könnte, würde dadurch einiges mehr an Spannung generiert werden, da jedem Zuschauer klar ist, dass Mulder und Scully kugelsicher sind und ihnen nichts geschehen kann, was nicht wieder sofort rückgängig gemacht werden kann oder beim nächsten Mal wieder vergessen ist.
Daher wirkt Skinner zeitweise in der Serie so etwas wie die dritte Hauptfigur und ich freue mich jedesmal, wenn Pileggis Name in den Credits auftaucht. Ich finde es unfassbar komisch, wenn er Mulder und Scully die Leviten lesen muss, weil sie durch ihre Vorgehensweise wieder einmal viel Chaos und offene Fragen hinterlassen haben und er sich nun vor seinen Vorgesetzten dafür verantworten muss. Mulders Chef zu sein, ist wirklich ein Schicksal, welches ich nicht einmal mit schlimmsten Feind wünschen würde. Kein Wunder, dass er stets in genervter und angespannter Stimmung ist.
Auch seine kleinen Machtspiele mit dem CSM sorgen für viele tolle Szenen zwischen den beiden, vor allem in “Paperclip”, wenn er ihn mithilfe von Albert Hosteen und seinem Stamm auflaufen lässt und ihm direkt ins Gesicht sagt, dass er seinen Arsch küssen könne. Die beiden werden im Verlauf der Serie noch des Öfteren aneinandergeraten und Skinner muss sich auf einige Abkommen mit dem Teufel einlassen, um seine Agenten und ihre Gesundheit zu schützen.
Gerade bei einem Rewatch fällt es mir auf, wie stark Skinner Mulder und Scully schon von Anfang an mit seinem Leben geschützt hat und ihnen gegenüber starke Loyalität zeigt, auch wenn er sich im direkten Kontakt mit ihnen stets wie der tadelnde, enttäuschte Vater verhalten muss.
All dies humanisiert ihn, genauso wie die Einblicke, die wir in den Gentlemen´s Club in New York bekommen, wo wir sehen, dass der Raucher innerhalb seines Konsortiums in der Hackordnung durchaus weiter unten steht und sich für seine Taten vor den anderen Schattenmännern verantworten muss. John Neville als Well-Manicured Man (WMM) wird hier zum ersten Mal eingeführt, welcher dem CSM wegen dem gestohlenen Band aus “Anasazi” auf dem Zahn fühlt, da dieser es nicht wiederbeschaffen und der Gruppe vorzeigen kann. Die Szenen zwischen William B. Davis und John Neville sind immer wieder ein Highlight in der Serie, vor allem da letzterer seiner Figur eine gewisse elegante und professionelle Art verleiht, die seine Drohungen an Mulder und Scully nur noch gefährlicher und alltäglicher wirken lassen.
Dennoch bleibt der Raucher eine Art unkontrollierbares Element innerhalb der Gruppe, auch wenn er nicht an erster Stelle steht, da er immer wieder nach eigenem Gusto handelt und seine Agenda fährt, ohne sein Vorgehen vorher mit der Gruppe zu besprechen. Dennoch scheint es zu diesem Zeitpunkt nicht möglich ihn abzusägen oder zu eliminieren.
Hast du "2001" zum ersten Mal gesehen? Heimkino oder Kino?
Muss sagen, ich finde den Film absolut genial, kann ihn mir aber nur alle fünf bis zehn Jahre ansehen. Bin irgendwie so gut wie nie in der Stimmung dafür.
X-Files Rewatch
ACHTUNG SPOILER FÜR DIE GESAMTE SERIE!
Staffel 2 - Bewertung
2x01 Little Green Men 7.5
2x02 The Host 7
2x03 Blood 5.5
2x04 Sleepless 7
2x05 Duane Barry 8.5
2x06 Ascension 9
2x07 3 3
2x08 One Breath 10
2x09 Firewalker 4
2x10 Red Museum 4.5
2x11 Excelsis Dei 1
2x12 Aubrey 8
2x13 Irresistible 10
2x14 Die Hand Die Verletzt 9
2x15 Fresh Bones 6
2x16 Colony 8.5
2x17 End Game 9.5
2x18 Fearful Symmetry 1.5
2x19 Dod Kalm 4.5
2x20 Humbug 6.5
2x21 The Calusari 4.5
2x22 F. Emasculata 10
2x23 Soft Light 5.5
2x24 Our Town 7.5
2x25 Anasazi 10
Im Schnitt: 6.72 = 7
Die zweite Staffel der Serie stellt in allen Belangen einen gigantischen Schritt nach vorne dar.
Besonders die Mythologie-Episoden werden zu packenden, nervenaufreibenden Thrillern, die mit jedem weiteren Eintrag eine noch filmreifere Optik entwickeln, nicht zuletzt dank Regisseur Rob Bowman, der später auch für den ersten “Akte X”-Kinofilm verantwortlich sein wird und den Episoden eine kinetische, nach vorne preschende Energie verleiht und Mini-Filme im 45 Minuten-Format abliefert.
Hervorzuheben ist hier besonders “End Game”, wo Mulder in die Antarktis reist und dort ein aus einer Eisdecke herausragendes U-Boot vorfindet. Wenn man sich vor Augen hält, dass die Folge 1994 erschienen ist und mit einem begrenzten Serienbudget gearbeitet werden musste, ist es umso erstaunlicher wie verdammt gut dieses Setpiece aussieht.
Auch “F. Emasculata” ist ein spannender und mit widerwärtigen Effekten gespickter Seuchen-Paranoiathriller, der von der ersten bis zur letzten Minute keinen Gefangenen nimmt und gnadenlos mit hohem Tempo auf seine gänsehauterzeugende Konklusion und Endnote zusteuert. Hier entwickelt sich ein scheinbar typischer Monster of the Week-Fall plötzlich zu einer Mythologie-Episode, wenn Mulder und Scully eine Verschwörung zwischen Big Pharma und der Schattenregierung aufdecken und sich am Ende wieder einmal machtlos mit einem Feind konfrontiert sehen, der seine Spuren geschickt verwischt und dafür sorgt, dass jegliche Beweise in Luft aufgelöst werden.
Ein frühes Highlight der Staffel ist zudem Scullys Entführungsarc, der aus einer Notwendigkeit heraus geboren wurde, da Gillian Anderson schwanger war und nur für eine gewisse Anzahl von Szenen zur Verfügung stand.
“Duane Berry”, “Acension” und “One Breath” bilden eine großartige Trilogie an Episoden, die in Sachen starker Charaktermomente, wendungsreichen Plots und emotionaler Resonanz eine steile Kurve nach oben beschreiben.
Der Cigarette Smoking-Man (CSM) wird nun langsam zu einem der großartigsten TV-Bösewichten heraufgestuft, Skinner gewinnt mit seiner komplizierten Allianz zu unterschiedlichen Personen und Abteilungen an Komplexität und Tiefgang und Mr. X tritt als gnadenloser Badass auf dem Plan und verkörpert einen enttäuschten Idealisten, der denkt, dass er sich nur noch mit Gewalt und Gnadenlosigkeit durch eine korrupte Welt kämpfen kann.
Mulder setzt in diesen Episoden alle Hebel in Bewegung, um Scully ausfindig zu machen und ihre Entführer zu stellen, muss in “One Breath”, aber einsehen, dass seine wahre Stärke auch in der tiefen Beziehung zu seiner Partnerin liegt, er ihr beistehen muss und dass sein zielloser und ungezügelter Aktionismus nicht immer der richtige Weg ist.
Es ist für mich immer wieder erstaunlich, wie schnell dieser Entführungsarc dann auch doch wieder zu Ende ist. Heutzutage wäre es nicht ungewöhnlich, wenn eine Serie damit eine halbe Staffel verbringen würde, nach Scully zu suchen und die Story eventuell auch stärker aus ihrer Sicht zu erzählen. Doch hier heizen wir mit hohem Tempo durch den Plot, was für verdammt unterhaltsames Fernsehen sorgt, aber gleichzeitig auch wie aus der Zeit gefallen wirkt. “Akte X” war Vorreiter darin, eine gewisse Kontinuität von einer Episode zu anderen aufzubauen, aber vom serialisierten Erzählen von einer Serie wie bspw. “Die Sopranos”, die erstmals 1999 ausgestrahlt wurde, sind wir dann doch noch einige Jahre und Veränderungen im Storytelling in der TV-Landschaft entfernt.
Dennoch sind diese drei Episoden unfassbar mitreißend und berührend. David Duchovny wirkt als Mulder unheimlich motiviert und schafft es einen große Bandbreite an Gefühlen wie Wut, Trauer und Verzweiflung hervorragend auszudrücken und verbessert sein Schauspiel im Vergleich zu Season 1 wirklich immens.
Dieser Storyline sorgt dafür, dass nicht nur Mulder, sondern jetzt auch Scully stark motiviert ist, dieser Regierungsverschwörung auf den Grund zu gehen, allein schon weil sie wissen möchte, welchen Experimenten sie unterzogen war und wer dafür verantwortlich ist.
Der einzige Wermutstropfen bei dieser Storyline bleibt "3", eine wahrlich grauenhafte Episode, die uns nur wieder deutlich macht, wieso die Serie ohne Scully nicht funktionieren kann. Da ich tiefgründigen Charakterstudien nie abgeneigt bin, hätte ich nichts gegen eine Episode, die einen ziellos herum driftenden Mulder stark in den Vordergrund rückt, aber stattdessen müssen wir dabei zusehen wie Mulder erotische Abenteuer mit einer zum Sadomasochismus neigenden Vampirin erlebt und Sexspiele mit Blut lassen und Schmerz praktiziert. Was zum Geier soll das? Dass Mulder versucht den Schmerz wegen Scullys Verschwinden durch stumpfen und bedeutungslosen Sex zu mildern, wirkt unangebracht für ihn , da er eigentlich als pornosüchtiges, ja schon fast asexuelles Wesen charakterisiert wird und nur Erfüllung in seiner Arbeit, in seiner Mission findet und nicht dem stereotypischen Klischee eines hardgesottenen Detectives entspricht, der bindungsunfähig ist und jeden Monat einen Haufen One Night Stands nötig hat.
Davon abgesehen, ist die Chemie zwischen Mulder und der Vampirin einfach nicht vorhanden und deren Szenen miteinander wirken wie aus einem schwülstigen, erotischen Crime-Thriller, der in den 90er-Jahren im Nachtprogramm laufen könnte.
An sich ist die Episode einfach nicht der Rede wert. Es werden Vampire eingeführt und die Regeln, wie Vampire in der Serie funktionieren, sind gleichermaßen klischeehaft und abgehalftert, als auch überraschend spezifisch und seltsam, sodass sich beim Zuschauer eine große Verwirrung breitmacht. Es hilft nicht, dass die drei titelgebenden Vampire, die die Bösewichte in der Episode verkörpern, kaum charakterisiert werden und viel mehr Zeit für Mulder und seine erotischen Ausflüge ins Nachtleben von L.A. verschwendet wird.
Es gibt eigentlich nur eine gute Szene in der Episode und zwar zu Beginn, als Mulder Scullys Wertsachen in einer Plastiktüte verschließt und dies zu einer neu erstellten X-Akte hinzufügt, die nun Scullys Namen trägt. Ansonsten ist die Folge ein wahrer Skip-Kandidat und ein echtes Versäumnis, um wirklich tiefgründig zu erforschen, wie stark sich Scullys Absenz auf Mulder und seinen Geisteszustand auswirkt.
Auch die ersten drei Episoden nach Scullys Rückkehr namens “Firewalker”, “Red Museum” und “Excelsis Dei” sind wirklich schwach und es wirkt fast so, als ob die Serie zunächst überfordert wäre, wieder ganz typische MOTW-Folgen mit den beiden zu produzieren.
“Firewalker”, die erste Folge nach Scullys Rückkehr stellt seltsamerweise Mulder als Charakter in der Vordergrund, was eine nicht sonderlich intuitive Entscheidung ist, da Scullys Wiedereinstieg ganz klar die dominante Story sein müsste und der Fall der Woche dazu dienen sollte, ihr traumatisches Erlebnis widerzuspiegeln und für sie eventuell wieder ein Schritt nach vorne sein sollte, um ihre Selbstsicherheit wiederzugewinnen und zur Routine in ihrer Arbeit zurückzukehren. Stattdessen wird ihr Dilemma mit einem 20 Sekunden-Gespräch zu Beginn zwischen ihr und Mulder abgewickelt und der Rest der Episode dreht sich eigentlich nur darum, ob Mulder mit seiner obsessiven Art wie der Bösewicht dieser Folge nicht vielleicht doch zu weit geht? Hier wurde es wirklich versäumt, Scully in den Vordergrund zu rücken und die lebensverändernden Ereignisse, die in den letzten Episoden zuvor stattgefunden haben, zu thematisieren und etwas Charakter- und Plotkontinuität zu zeigen. Stattdessen erleben wir innerhalb von eineinhalb Staffel nach “Darkness Falls”, die zweite “Ice”-Kopie, nur diesmal auf Wish bestellt und zwar mit öden Nebenfiguren und mangelnder Steigerung von Paranoia und Gefahr.
Auch “Red Museum” bekleckert sich nicht mit Ruhm, sondern stellt ein einziges Plot-Chaos dar, wo zu viele Ideen auf einmal miteinander konkurrieren und um Aufmerksamkeit buhlen. Von den schwächeren Episoden ist sie aber auf jeden Fall noch eine der unterhaltsameren, da sich hier viele interessante Konzepte vorfinden, die von der Gewichtung her allerdings nicht ordentlich austariert werden.
Wir haben einen veganen Kult, der in einer Kleinstadt mit den Ortsansässigen in Konflikt gerät und von einem Mann angeführt wird, der an Seelenwanderer glaubt, einen scheinbar pädophilen Mann, der sich hinter dem Badspiegel einer alleinerziehenden Mutter versteckt und sie und ihre Kinder durch ein Guckloch beobachtet und filmt, einen Arzt der Kleinkinder und Kühe mit Wachstumshormonen spritzt und zu guter Letzt taucht auch noch Deep Throats Mörder, der Crew-Cut Man, in der Stadt auf und wird offscreen vom Sheriff erschossen, da er dessen Sohn getötet hat.
Nach dieser Episode brauchte ich erstmal ein paar Minuten um den Plot geistig zusammenzusetzen und ja, irgendwie scheint das alles schon Sinn zu ergeben, aber dennoch ist das Ganze leider viel zu voll gepackt und überladen, wodurch nichts davon auf irgendeine Art emotional resoniert. Dies sorgt vor allem dafür, dass wir keine der Nebenfiguren richtig kennenlernen und es daher relativ egal ist, was mit ihnen passiert. Dass Deepthroats Mörder hier auch noch in den Mix geworfen wurde, ist eine sehr seltsame und unbefriedigende Entscheidung. Dadurch, dass er Mulders Obi Wan Kenobi und eine Art Vaterersatz in die ewigen Jagdgründe geschickt hat, wäre hier doch deutlich mehr dramatisches Potential zwischen ihm und unserem dynamischen Duo vorhanden gewesen. Man hätte eine ganze Episode darauf verwenden können, Mulder Deep Throats Henker jagen zu lassen und ihn mit seiner Tat zu konfrontieren, aber stattdessen entschied man sich, ihn hier als eine Art Fußnote zu “The Erlenmeyer Flask” einfach zu verbraten. Sehr seltsam.
Der absolute Tiefpunkt der Staffel bleibt allerdings “Exelsis Dei”.
Dies ist mit Abstand eine der geschmacklosesten und schlechtesten Episoden der gesamten Serie. Ich denke nicht, dass dies nochmal getoppt werden kann, auch wenn grauenvolle Menschheitsverbrechen wie “Fearful Symmetry” oder “First Person Shooter” existieren.
Die Geschichte von “Excelsis Dei” spielt in dem wohl deprimierendsten und steril eingerichtetes Altersheim, das ich je gesehen habe und besitzt einen unangenehmen und schmierigen Vibe, den man nach Sichtung am liebsten von sich abwaschen würde.
Zu Beginn erleben wir die Vergewaltigung der Pflegerin Michelle durch einen Geist, was zunächst recht effektiv und unangenehm eingefangen wird. Doch dann stellt sich schnell heraus, dass es hier nur um den billigen Schockfffekt ging, denn diese Figur und ihr traumatisches Erlebnis wird von der Handlung vollkommen ignoriert und sie darf während der Episode vielleicht zehn Zeilen beisteuern. Stattdessen treten Mulder und Scully auf den Plan, um den Fall zu untersuchen, und Mulder glaubt dem Opfer kein einziges Wort und reißt stattdessen eine Szene danach bereits wieder Witze. Mulder, der an so gut wie alles Übernatürliche glaubt, streitet die Möglichkeit einer Geister-Vergewaltigung sofort ab und selbst nachdem Scully ihm durch das medizinische Gutachten darlegt, dass Michelle eindeutig echte Verletzungen erlitten hat, bleibt er weiterhin stur und glaubt wie die Administratorin des Pflegeheims, dass die Pflegerin das ganze nur inszeniert hätte, um die Einrichtung für Schmerzensgeld verklagen zu können.
Was zum Teufel hat man sich hierbei nur gedacht? Mulder wirkt hier vollkommen out of character, scheinbar nur um dem alten Klischee zu entsprechen, dass Männern Frauen bei diesen sexuellen Übergriffen nicht glauben würden und somit Scully die empathische und fürsorgliche Rolle einnehmen muss. Gerade Mulder, der bei jeden Fall bereits vor Ankunft am Tatort zehn verschiedene übernatürliche Theorien hat, ist gerade hier vollkommen verschlossen und unnachgiebig.
Es wäre ja vollkommen in Ordnung und auch lobenswert, wenn die Episode sich dem Thema von sexuellen Übergriffen und dem unsichtbaren Täter, der nach seiner brutalen Übergriff nicht ausfindig gemacht werden kann, annehmen würde, doch das würde voraussetzen, dass Michelle von der Handlung nicht komplett ignoriert werden würde und scheinbar nur dazu da war, um beim Klimax der Episode von Mulder gerettet zu werden.
Speaking of: Der Höhepunkt der Episode ist wirklich noch einmal der absolute Obergau. Die Geister im Altenheim fluten das Badezimmer, in dem sich Mulder und Michelle befinden und es wird ernsthaft mit der Suspense gespielt, dass sie dabei ertrinken könnten, wenn das Wasser bis zur Decke steigt, auch wenn es nur von einer windigen Badezimmertür im Raum gehalten wird. Ein absoluter Facepalm-Moment.
Doch wer ist denn nun für die Gewalttaten verantwortlich? Tja, der Bösewicht war ein asiatischer Pfleger, der im Altersheim magische Pilze im Keller angebaut hatte, was dafür sorgte, dass die alten Bewohner kognitiv wieder klarer wurden, aber auch gleichzeitig Wahnvorstellungen entwickelten und böse Geister von verstorbenen Senioren mit Rachegelüsten heraufbeschworen wurden, die sich nun an den Pflegern wegen ihrer schlechter Behandlung vergehen wollen.
Auch hier kann ich nur wieder mit dem Kopf schütteln. Wir sehen zwar, wie die Pfleger recht lustlos und wenig einfühlsam mit den Bewohnern umgehen, aber haben sie es deshalb verdient, vom Dach geworfen zu werden - was tödlich endet - und im Fall von Michelle, vergewaltigt zu werden? Wir sehen dafür keine klaren Hintergründe oder Ereignisse und selbst wenn, wäre es eigentlich mit nichts zu rechtfertigen, was ich mir ausdenken könnte.
Auch die Rolle des asiatischen Pflegers Gung ist sehr stereotypisch geschrieben. Er zeigt wenig Reue für die Folgen seines Pilzanbaus und spricht immer wieder geheimnisvoll von seiner Kultur und wie man Dinge in seinem Land (Malaysia) handhabt, muss auch von der Administratorin vom Pflegeheim mehrmals darauf hingewiesen, dass er sich nun in Amerika befindet und die Dinge hier eben anders laufen. Ohne jegliche Einsicht wird er dann am Ende der Folge wieder abgeschoben und ich frage mich ernsthaft, was uns diese Folge damit sagen will?
Er spricht davon, dass er es schade findet, wie in Amerika mit den alten Patienten umgegangen wird und dass man sich in seinem Land um die Senioren noch kümmert, weshalb er hier magische Pilze angebaut hat, um den Bewohnern von Excelsis Dei zu helfen. Er bleibt weniger ein greifbarer, echter Charakter, als ein Klischeebild des mysteriösen Magiers aus dem Ausland, der eben nicht weiß wie die Dinge hierzulande laufen und doch bitte wieder dahin verschwinden soll, wo er herkommt.
Ich habe den Eindruck, die Folge möchte gerne irgendetwas über das Leiden von älteren Menschen in Seniorenheim sagen, über die Schwierigkeit des Pflegeberufs und auch über sexuelle Übergriffe, die nicht nachgewiesen können, aber all dies geht in dieser schmierigen und unausstehlichen Episode einfach unter, da Mulder out of character geschrieben ist, die schockierende Eröffnungsszene nur als Effekthascherei dient und alle Nebenfiguren unfassbar nervig oder klischeehaft geschrieben werden. Zudem missfällt mir die latente Fremdenfeindlichkeit und wie exploitativ der sexuelle Übergriff zu Beginn genutzt wird.
Dies ist wirklich eine Episode, bei der ich keinerlei Unterhaltungswert finden kann, weil mit den zentralen Themen so niederträchtig und unsensibel umgegangen wird. Wieder einmal kommt mir in den Sinn, dass die Serie mit gut fünf, sechs weniger Folgen pro Staffel deutlich stärker im Gesamtbild wäre und man sich dadurch solche Rohrkrepierer ersparen könnte.
Aber gut, widmen wir uns nach dieser Stuhlprobe mal wieder erfreulicheren Dingen.
Die Serie erzielt nach dem Midseason-Durchhänger mit “Aubrey”, "Irresistible" und “Die Hand Die Verletzt” einen sich selbst reanimierenden Hattrick und und liefert gleich drei großartige Horror-Episoden ab, die inzwischen mit einer inszenatorischen und erzählerischen Selbstsicherheit abgeliefert werden, die nochmals deutlich macht, wie sehr alle am kreativen Schaffensprozess beteiligten Personen in den eineinhalb Jahren an ihrer Arbeit gewachsen sind.
Bis auf wenige Ausnahmen erreichen die Monster of the Week-Episoden in dieser Staffel ein relativ konstantes Level und auch wenn nicht alle Volltreffer sind, wurden zumindest die Produktionswerte stark nach oben geschraubt. Viele der praktischen Effekte beeindrucken auch heute noch und geben der Serie in Kombination mit Vancouvers düsteren Wäldern, einsamen Landstrichen und abgewrackten Fabrikhallen einen besonders eingelebten und roughen Touch und Charme. Chris Carters Wunsch und Zielvorstellung war es, dem Zuschauer jede Woche einen kleinen Film zu präsentieren, sich von den recht zweckdienlichen inszenierten und billig aussehenden Serien, der damaligen Zeit zu distanzieren und somit Serien als qualitativ hochwertiges Unterhaltungsmedium stärker voranzutreiben. Natürlich haben auch David Lynch und einige andere Regisseure bei “Twin Peaks” hier starke Vorarbeit geleistet.
Doch auch “Akte X”-Neuling Kim Manners legt mit seiner Arbeit für “Die Hand Die Verletzt” bereits eine beeindruckende Arbeit vor, liefert viele ikonische Bilder ab und weiß wie er mit den schwarzhumorigen, satirischen Elemente, als auch die gruseligen und düsteren Momente des Drehbuchs von Morgan und Wong, umgehen muss.
Der Favorit innerhalb des MOTW-Formats bleibt für mich in dieser Staffel allerdings "Irresistible", eine Folge welche sich um den Todesfetischisten und Serienkiller Donny Pfaster dreht, der Jagd auf junge Frauen macht und dessen Modus Operandi als Grabschänder Scully in ihren Grundfesten zutiefst erschüttert. Diese Episode leistet viel bessere Arbeit darin Scullys Entführungstrauma zu thematisieren und zu verarbeiten, als die anderen Einträge nach “One Breath” und bietet einen der besten Mulder und Scully-Moment der Staffel, wenn Mulder ihr am Ende erlaubt ihren Panzer fallen zu lassen und sich seiner Umarmung hinzugeben.
Nick Chinlund, der Donnie Pfaster kongenial verkörpert, schraubt den Creepy Weirdo-Faktor schon in seiner ersten Szene in astronomische Höhen und wirkt genau wie die Art von Serienkiller, von dem die Nachbarn sagen würden, dass er immer ein sehr netter, höflicher und ruhiger Kerl war.
Diese von Chris Carter geschriebene Episode wirkt bereits wie der Blueprint für “Millennium”, eine weitere von ihm kreierte Serie, die furchtbar unterschätzt und inzwischen in der Versenkung verschwunden ist. (Eines Tages muss ich unbedingt auch über diese Serie schreiben.)
Gerade die Episoden, die sich um menschliche Monster drehen, reißen mich immer am meisten mit, was vor allem daran liegt, dass diese Verbrechen auch in der realen Welt auftreten und Gestalten wie Donny Pfaster einfach unbemerkt und unscheinbar in unserer Gesellschaft existieren können.
Am Ende werden wir nicht mit der Gewissheit entlassen, dass es sich bei Donnie um ein Alien oder fremdartiges Wesen handelt, sondern um einen Serienkiller, der durch sein Umfeld und Aufwachsen geformt wurde und den wir eventuell leichtgläubig Tür und Tor öffnen und uns von seinem falschen Charme einlullen lassen.
Die 2. Staffel endet mit einem großen Knall, denn “Anasazi” macht uns bewusst, dass diese Verschwörung, in die Mulder und Scully nun verstrickt sind, internationale Auswüchse hat und schon seit Jahrzehnten ihre Fäden mit Desinformation der Öffentlichkeit und Vertuschungen der wahren Ereignisse gezogen hat.
Während Mulder durch sein mit Drogen versetztes Trinkwasser gewalttätig und irrational handelt und später sogar außer Gefecht gesetzt werden muss, liegt es nun an Scully einen kühlen Kopf zu bewahren und zu versuchen deren Zwangslage zu verbessern und etwas in der Hand zu haben, um nicht vogelfrei zum Abschuss freigegeben zu werden. Eine tolle Rollenumkehr, nachdem Scully in der ersten Hälfte der Staffel außer Gefecht gesetzt war und Gillian Andersons Rolle wegen ihrer Schwangerschaft generell stark reduziert war.
Ich weiß auch noch, wie aufgekratzt ich bin meiner Erstsichtung war, als ich den CSM zum ersten Mal rauchend in einem spärlich beleuchteten Raum mit anderen alten, unbekannten Männern sitzen sah, die alle ein Teil dieser Regierungsverschwörung waren und im ruhigen, aber bestimmten Ton darüber redeten, wie man sich den nun dem Mulder-Problem annehmen sollte. Ebenso spannend wie die Szene, als der CSM plötzlich vor Bill Mulders Tür stand und deren Gespräch enthüllt, dass die beiden in der Vergangenheit zusammen an fragwürdigen Projekten gearbeitet haben, aber wahrscheinlich sogar mehr verbindet als nur ihre Kollegenschaft. Wir bekommen hier den Eindruck, dass wir es hier mit einem Mehrgenerationen-Drama voller Schuld und Sühne zu tun haben und die Sünden des Vaters nun an Fox Mulder weitervererbt wurden und er diese konfrontieren muss, wenn er die Wahrheit aufdecken und die Öffentlichkeit darüber informieren möchte.
Auch das Wiederauftauchen von Ratboy Alex Krycek ist ein großes Highlight. An diesem Punkt in der Staffel könnte man ihn schon ganz vergessen haben, doch aufgrund seiner Bluttat die Mulder und ihn noch weit in die Zukunft als Feinde eng zusammenschweißen wird, hinterlässt er einen starken Eindruck und sorgt auch noch in den nächsten Staffeln für allerlei spannende und brutale Konfrontationen.
Genau wie “The Erlenmeyer Flask” erweitert “Anasazi” die Mythologie um viele essentielle Elemente und Figuren. Wir bekommen hier den Eindruck einer epischen, ausladenden Geschichte, die wie ein großes, verschwommenes Puzzle wirkt, bei dem wir immer nur ein paar Teile zugeteilt bekommen und wir an diese nahe heranzoomen, aber nicht wissen wie viele Stücke noch folgen werden und wie sich diese überhaupt zusammensetzen werden.
Mehr als noch bei der ersten Staffel, befinden wir uns nun auf einer aufregenden Reise, die viele Fragen und wenig Antworten aufweist und immer mehr komplexe Elemente aufeinander türmt, bis am Ende das ganze Gebäude einzustürzen droht. Ob die Antworten, die Chris Carter und Co. dann am Ende für uns haben, befriedigend sein werden, nachdem der Myth-Arc spätestens Mitte der sechsten Staffel so gut wie auserzählt ist, ist allerdings wieder ein Thema für einen anderen Tag. Doch solange wir uns auf der Schnellstraße befinden, genießen wir zunächst lieber einmal diese wilde und unvorhersehbare Fahrt…
X-Files Rewatch
ACHTUNG SPOILER FÜR DIE GESAMTE SERIE!
Staffel 1 - Bewertung
1x01 Pilot 6
1x02 Deep Throat 8.5
1x03 Squeeze 9
1x04 Conduit 5.5
1x05 The Jersey Devil 2
1x06 Shadows 4.5
1x07 Ghost in the Machine 1.5
1x08 Ice 7.5
1x09 Space 2
1x10 Fallen Angel 5.5
1x11 Eve 7.5
1x12 Fire 5
1x13 Beyond the Sea 10
1x14 Genderbender 5
1x15 Lazarus 3
1x16 Young at Heart 2.5
1x17 E. B. E. 7.5
1x18 Miracle Man 2
1x19 Shapes 2.5
1x20 Darkness Falls 7
1x21 Tooms 5.5
1x22 Born Again 3.5
1x23 Roland 3
1x24 The Erlenmeyer Flask 10
Im Schnitt: 5.25 = 5
Ich weiß noch sehr gut, wie meine erste Sichtung der Serie vor etwa zwölf, dreizehn Jahren verlief. Damals kaufte ich mir die ersten drei Staffeln der Serie auf DVD und begann mit hoher Erwartungshaltung mit meiner Erstsichtung. Am Ende der ersten Staffel war ich mir allerdings unschlüssig, ob ich mit “Akte X” noch weiter fortfahren sollte und ich mein Geld nicht sinnlos verschwendet hatte, denn auch wenn die Serie mit dem Staffelfinale “The Erlenmeyer Flask” bei mir großes Interesse generiert hatte, war der Weg bis dahin ein steiniger und ich müsste mich durch sehr viel miese, totlangweilige Episoden quälen, um den ein oder anderen Diamanten vorzufinden.
Auch jetzt, nach all den Jahren und meinen rigoroseren Bewertungskriterien habe ich mir die meisten Episoden der ersten Staffel nur noch einmal angesehen, um eine finale Einschätzung abgeben zu können und diese damit ad acta legen zu können. Bis auf eine Handvoll starker Episoden gibt es hier wahrlich wenig, was mich inspiriert und mich dazu veranlassen würde, große Lobpreisungen auf die Serie zu singen.
Viele Episoden lösen bei mir eher eine Art Meta-Faszination aus, da ich es spannend finde zu analysieren, warum diese nicht funktionieren und weil es recht interessant ist, Christ Carter - dem Serienschöpfer - und seinen kreativen Köpfen bei ihren Versuch und Irrtum-Testlaufverfahren zuzusehen, das sich durch die gesamte erste Staffel zieht.
Auch wenn die Serie damals grünes Licht für eine zweite Staffel bekam, waren die Einschaltquoten noch sehr gering und “Akte X” landete nicht einmal in den Top 100 Shows, ja, von dem popkulturellen Phänomen zu dem sich noch entwickeln würde, war sie qualitativ und auf die Zuschauerzahlen bezogen noch meilenweit entfernt.
Nach heutigen Maßstäben, die wir an Serie anlegen, würde “Akte X” wahrscheinlich innerhalb der ersten Staffeln gecancelt werden, da diese langen Phasen der kreativen Selbstfindung inzwischen nicht mehr toleriert werden und Serien, die in der Regel mit geringen Episodenzahlen aufwarten, den Zuschauer qualitativ sofort überzeugen und durch serialisiertes Erzählen in seinen Bann ziehen können und müssen. Ansonsten reicht ein Klick, um eine Episode zu beenden und sich dem großen, reichhaltigen Streamingangebot zu widmen, das uns viele Qualitätsserien bietet, die mit ihrer ersten Staffel sofort nahezu Perfektion abliefern (“True Detective” Season 1) oder Teil einer größeren, mitreißenden Story sind, die konstant auf sich aufbaut und mit jeder weiteren Staffel bis zum krönenden Abschluss hin immer mehr eskaliert (“Breaking Bad”).
“Akte X” hatte zusammen mit “Twin Peaks” in den 90ern einen gigantischen, tonangebenden Einfluss auf die Serienlandschaft und setzte neue Maßstäbe, was filmreife Inszenierung, graduelles, auf sich aufbauendes Storytelling und dem Spiel mit unterschiedlichen Genres innerhalb eines Serienkosmos anbelangte. Beide Serien schafften es zudem eine komplexe Mythologie zu kreieren, die dem neugierigen Zuschauer zu ständigen Spekulationen und Theoretisieren einlud, was diese Serien auch über die eigentliche Fernseherfahrung hinaus, noch lange weiterleben ließ und Anreize schaffte, die ungeklärten Fragen mit anderen Fans in nicht endenden, spannenden Diskussionen in den letzten 25 Jahren weiter zu vertiefen.
Die erste Staffel weist allerdings noch einige größere Problemfelder auf, die sie zu einer wenig einnehmenden und eher frustrierenden Angelegenheit macht.
Es ist schon erstaunlich, wie viele Episoden nach einem sehr ähnlichen Muster ablaufen und wie sich gewisse Rettungsszenarien am Ende vieler Folgen wiederholen (Trinkspiel: Jedes Mal einen Shot trinken, wenn Scully gerettet werden muss). Auch thematisch wird in der ersten Staffel oft recht ähnliches Terrain beschritten, ja alleine in der zweiten Hälfte haben wir es gleich mit vier Episoden zutun, wo eine Figur aus dem Grab heraus den Körper eines anderen okkupiert (“Lazarus”, “Young at Heart”, “Born Again”, “Roland”), weshalb mir spätestens bei den beiden zuletzt genannten Episoden der Geduldsfaden gerissen ist, da diese auch noch unmittelbar aufeinander folgen und den Eindruck erwecken, dass es den kreativen Köpfen bereits in der ersten Season an neuen, frischen Ideen gemangelt hat und man kreativ bereits in Routine und Stillstand verfallen ist.
“Akte X” erschien natürlich in einer Zeit, in der Binge-Watching noch nicht zum Alltag eines Serienfans gehörte. In der Regel sah man die Episode einmal wöchentlich bei der Erstausstrahlung, dann eventuell noch einmal in Reruns, es sei denn man kaufte sich die damals noch recht teuren VHS-Kasetten oder nahm die Episoden selbst auf. Würde zwischen jeder Episode eine Woche liegen, könnte man vielleicht eher ein Auge zudrücken und über die vielen Wiederholungen und ähnlichen Plot-Elemente hinwegsehen, doch auf diese Art konsumieren wir Serien heutzutage nur noch selten und bei einem Mammutwerk wie “Akte X”, das 218 Folgen aufweist, könnte man bei einem Rewatch mit einer Folge pro Woche über vier Jahren verbringen, was eine ziemlich große zeitliche Verpflichtung wäre.
Ein weiterer Aspekt, der sich retrospektiv nur schwer inhaltlich vereinbaren lässt, ist die mangelnde Kohärenz in den frühen Mythologie-Episoden. Es dauert bis “E.B.E.”, der 17. Folge der Staffel, bis zumindest einer der Keyplayer namens Deep Throat an Komplexität und Tiefe gewinnt und wir müssen bis zum Finale “The Erlenmeyer Flask” warten bis wir eine Episode zu Gesicht bekommen, auf sich die zukünftige Mythologie-Episoden immer wieder beziehen werden und welche allerlei neue, spannende Türen aufstößt. An sich eine großartige Episode, da sie Mulder und Scully mit ernsthaften Konsequenzen konfrontiert, die noch lange nachhallen werden und die beiden aneinander schweißt wie noch nie zuvor. Auf einmal wirkt die Verschwörung im Hintergrund brandgefährlich und undurchdringbar, es offenbaren sich einige Schlüsselfiguren (Cigarette-Smoking Man, Skinner, Crew Cut Man), die in der zweiten Staffel noch viel mehr in den Vordergrund gerückt und erforscht werden und es werden einige Mytholgie-Elemente eingeführt, die uns nur ein Puzzleteil von vielen zeigen, welche aber nicht wieder im Äther verschwinden werden und nie mehr auftauchen.
Doch bis dahin verweilt die Mythologie in eine Art Commitment-Niemandsland, da das unsichtbare Alien in “Fallen Angel” sowie die Entführungen der Teenager im “Pilot” und Mulders Gehirnwäsche in “Deep Throat” wie für sich stehende Abenteuer fungieren, die so vage wie möglich bleiben, sowie größere Antagonisten und den Zusammenhang zur großen, übergeordneten Handlung vermissen lassen. Es entsteht der Eindruck, dass man den Zuschauer erstmal an typische Alien-Storys mit all ihren Klischees heranführen möchte, bevor diese größeren Einfluss auf die Entwicklung der Figuren haben und storytechnisch etwas in Stein meißeln, was sich später nicht mehr rückgängig machen lässt.
Dennoch hält die Mythologie die Serie in ihrer ersten Staffel noch gerade so am Laufen, auch wenn diese noch in ihren Kinderschuhen steckt und nur ein Vorgeschmack auf die grandiosen Folgen sind, die bereits in der zweiten Staffel produziert werden würden.
Was die Serie zu diesem Zeitpunkt mit Sicherheit noch nicht sehenswert gemacht hat, sind das Gro an absolut unerträglichen Monster of the Week-Episoden wie “Ghost in the machine”, “Space”, “The Jersey Devil”, “Lazarus”, “Miracle Man”, “Shapes”, “Born Again”, “Roland”, “Young at Heart” und “Lazarus”, welche das beste Mittel gegen Schlafstörungen sind und jeweils nur mit drei Tassen Kaffee durchzuhalten sind.
Einige dieser Episoden haben das Problem, das sie sehr vorhersehbare Plots haben, bei denen der Zuschauer Mulder und Scully gleich fünf Schritte voraus ist (“Shapes”, “Born again”, “Miracle Man”), manche kramen so viele disparate Elemente in eine Folge, das man nicht mehr weiß, worum es eigentlich geht (“Young at heart”, “Roland”), viele davon haben Probleme mit ihrem unheimlich laaaaangsam erzählten und schwerfälligen Plot (“The Jersey Devil”,”Ghost in the Machine”, “Space”), viele lassen Mulder und Scully nur als hauptsächlich teilnahmslose Beobachter durch den Plot stolpern (“Space”, “Shapes”) und wiederum andere halten es für nötig ständig alte Freunde, Feinde oder Kollegen von Mulder und Scully einzuführen (“Fire”, “Ghost in the Machine”, “Young at Heart”, “Lazarus”), welche im besten Fall nicht stören und im schlimmsten Fall absolut nervtötend oder stinklangweilig sind.
Falls es eine Hölle gibt, wird man per Ludovico-Methode mit Sicherheit gezwungen, sich diese Episoden im Loop anzusehen, ohne seinen Blick abwenden zu dürfen.
Die einzigen MOTW-Folgen, die ich für empfehlenswert halte, sind “Squeeze”, “Ice”, “Darkness Falls”, “Beyond the Sea” und “Eve”.
“Squeeze” erschafft mit Eugene Victor Tooms eines der erinnerungswürdigsten Monstern der Serie und eine Episode, die als erste MOTW-Episode gleich ein frühes Highlight darstellt und die Latte so extrem hoch legt, dass es für all die anderen Kreaturen schwierig ist, dieses Level auch nur annähernd zu erreichen.
“Ice” und “Darkness Falls” nutzen ihre abgeschiedene und einzige Locations sehr gut, um Angst und Paranoia zu schüren, besitzen aber noch nicht ganz den dramatischen Feinschliff, um die Geschehnisse glaubwürdig eskalieren zu lassen.
“Eve” profitiert von der großartigen Gastdarstellerin Harriet Sansom Harris, die wie immer eine sehr launige Performance als Psychopathin abliefert. Auch hier muss ich feststellen, dass die “Akte X”-Formel noch nicht ganz perfektioniert wurde, denn der Klimax der Episode wirkt sehr konstruiert und unschlüssig und beendet die Folge eher schwach und unbefriedigend, auch wenn die ersten drei Viertel hervorragend sind.
Die einzige Folge, abgesehen vom Mythologie-Eintrag “The Erlenmeyer Flask”, die ich für absolut großartig und nahezu perfekt halte, ist “Beyond the Sea”.
Zum ersten Mal habe ich hier das Gefühl, eine MOTW-Folge vorzufinden, die in allen Belangen überzeugen kann.
Scully und ihr Glaube wird zum ersten Mal in den Vordergrund gerückt und sich durchläuft nach dem Tod ihres Vaters und durch die Manipulationen des Serienkillers Luther Lee Boggs einige extreme, verwirrende Emotionen, welche von Gillian Anderson absolut überzeugend gespielt werden und mich zum ersten Mal im Serienverlauf wirklich mitzureißen weiß.
Regisseur David Nutter und das Drehbuchautorenteam Morgan und Wong sind sich auch bewusst, dass sie mit Brad Dourif einen absoluten Glücksfang gemacht haben und erlauben dem Darsteller als Serienkiller Boggs in lange, psychotische Monologe zu verfallen, was speziell im Zusammenspiel mit Gillian Anderson für großartiges Psychodrama sorgt und stark an die Gespräche zwischen Hannibal Lecter und Clarice Starling aus “Das Schweigen der Lämmer” erinnert.
Die ganze Episode durchzieht eine dunkle, unangenehme und von Trauer geprägte Atmosphäre und Mark Snows großartiger, düsterer Score tut sein Übriges, um den Zuschauer mit Scully auf diese Tour de Force zu nehmen. Nutters Regie ist dabei äußerst dynamisch und er arbeitet durchgehend mit spärlicher Beleuchtung und hüllt viele Orte in Schatten und Dunkelheit. Dies wirkt wunderbar einnehmend und es erfüllt mich mich einfach mit großem Thrill, Mulder und Scully bei Nacht in ihren langen Mänteln mit gezogener Waffe und Taschenlampe durch heruntergekommene, verlassene Gebäude hetzen zu sehen, während sie dem Killer auf der Spur sind und im Hintergrund Mark Snows minimalistischer und mysteriöser Score vor sich hin pocht.
Des Weiteren freut es mich, als großer “Twin Peaks”-Fan Don Davis (Major Briggs) als Scullys Vater zu sehen, auch wenn sein Auftritt recht kurz war und ich gerne mehr von ihm gesehen hätte. Allerdings reicht die erinnerungswürdige Eröffnungsszene und seine warmherzige Art, um zu zeigen, dass er seine Tochter liebt, auch wenn zwischen den beiden eine gewisse Distanz herrscht und Scully sich stark nach der Anerkennung ihres Vater sehnt und denkt, sie habe ihre Familie enttäuscht, nachdem sie ihre Karriere als Ärztin aufgegeben hat und nun an den X-Akten arbeitet. Hier hätte ich gerne eine Interaktion zwischen Mulder und Scully Senior gesehen, um etwas mehr über seinen Charakter zu erfahren und wie das Zusammenspiel zwischen den beiden funktioniert hätte.
Apropos: Es ist für mich erstaunlich, wie schnell sich offenbart, was David Duchovny und Gillian Anderson für eine starke und mühelose Chemie miteinander haben. Die beiden treffen sich in Mulders Büro im “Pilot” und sofort funktioniert deren Zusammenspiel und es gibt keine Startschwierigkeiten zwischen den Darstellern.
Oft sind die beiden das einzige Element, was selbst die schwachen MOTW-Folgen noch etwas erträglich machen. Hier und da ein launiger Oneliner von Mulder und eine vielsagende, subtile Geste oder Annäherung zwischen den beiden sind oft das Einzige, was mich vom Einnicken abgehalten hat und diesen schwächeren Folgen irgendeine Art von Mehrwert zuspricht.
Gillian Anderson bleibt allerdings in der ersten Staffel - und wahrscheinlich auch im Rest der Serie - die bessere Performerin der beiden, da mir bei Duchovny manchmal nicht klar ist, ob er die Rolle extrem introvertiert und stoisch spielt, oder beim manchen Episoden einfach nur schlafwandelt und wenig emotional involviert ist. Allerdings verbessert er sich in der nächsten Staffel bereits sehr und wirkt weniger wie eine leere Hülse und als Figur deutlich ausgearbeiteter.
Ich freue mich nun sehr stark auf Season 2, welche einen Quantensprung an Qualität darstellt und zusammen mit Staffel 4 und 8 zu meinen Lieblingsstaffeln gehört, während Staffel 1 und 9 für mich - mit Ausnahme der Reboot-Staffeln - zu den schwächsten zählen.
Ich werde im Laufe der nächsten Wochen und Monate meinen Rewatch fortsetzen, um die Serie noch einmal komplett gesehen und jede einzelne Folge bewertet zu haben. Eventuell werde ich zu jeder Staffel ein kleines Review schreiben, allerdings nur, wenn ich mich dazu inspiriert fühle. Im Mindestfall werde ich meine Punktebewertungen posten.
Spaßige Angelegenheit. Konnte es nicht lassen, ein bisschen rumzulabern.^^
Top 10
1. David Lynch ( "Mulholland Drive" ist mein absoluter Lieblingsfilm und "Twin Peaks - The Return" meine Lieblingsserienstaffel of all time. Wird wahrscheinlich nie von der Spitze verdrängt werden.)
2. Alfred Hitchcock ("Vertigo" und "Psycho" sind für mich Kino in seiner Quintessenz. "Rear Window" und "North by Northwest" kommen gleich dahinter. Unzählige Male gesehen, unzählige Male werden noch folgen.)
3. Peter Jackson (Die "HdR"- Trilogie bleibt ein Monument des Popcornkinos, das ich heutzutage sogar noch mehr zu schätzen weiß.)
4. Stanley Kubrick ("Eyes wide shut", "Clockwork Orange", "Paths of Glory", "Full Metal Jacket" und "2001 - A Space Odysee" befinden sich alle in meinen Top 50.)
5. Francis Ford Coppola (Schon lange nichts Gutes mehr fabriziert, aber "Godfather I und II" sowie "Apocalpyse Now" machen ihn zu einem der GOATs. Besser wird Kino nicht mehr.)
6. Federico Fellini ( Alleine wegen "8 1/2" einer meiner Lieblinge. Hier besteht für mich noch Nachholbedarf, da ich nur fünf Filme von ihm kenne.)
7. Quentin Tarantino ("Inglorious Basterds" ist einer meiner Top 5 Filme, ansonsten schwankt sein Portfolio für mich zwischen genial und genial daneben)
8. David Fincher ( "Sieben" ist für mich mit "Das Schweigen der Lämmer" die Speerspitze des Thrillerkinos, aber auch "Fight Club", "Zodiac" und "Gone Girl" sehe ich mir sehr gerne an, alleine schon wegen Finchers technischer Brillianz.)
9. Billy Wilder ("Some like it hot", "Sunset Boulevard", "Witness for the Prosecution" - need I say more? Drehbuch und Regie zum Niederknien.)
10. Akira Kurosawa ("Seven Samurai", "The Bad Sleep Well", "Roshomon", "Yojimbo", "High and Low" - der japanische Regisseur hat hier beeindruckende Kunstwerke für die Ewigkeit erschaffen.)
Wes Cravens Meisterwerk wirkt auch nach all den Jahren immer noch frisch und unverbraucht und mit jeder weiteren Sichtung gibt es für mich neue Aspekte, die es an dieser Wiederbelebung des Slasher-Genres zu loben gilt.
Selbst wenn einem die Auflösung des Mörders bereits bekannt ist, kann man sich über die clevere Konstruktion des Whodunits-Mysteryplots freuen und feststellen, dass in diesem Drehbuch keine Zeit für Nichtigkeiten verschwendet wird, sondern der Plot stets vorangetrieben wird und gleich mehrere Charaktere eine Entwicklung durchleben. Da ich mir in den letzten zehn Jahren zahlreiche miserable Slasher-Filme zu Gemüte führen konnte, sind für mich diese wertvollen Säulen einer Standard-Dramaturgie schon mal lobenswert und unverzichtbar.
Ein Grund warum ich viele Slasherfilme hasse, ist, dass die Figuren oft eindimensional, nervtötend und schlichtweg egal sind und ein Haufen Zeit für hirnlose und ziellose Dialoge verbraten wird, die nur dazu dienen die Wartezeit auf die nächste ausgedehnte Chase and Kill-Sequenz zu überbrücken und man währenddessen kurze Besorgungen erledigen könnte, weil ohnehin nichts von Relevanz passiert.
Nicht so bei "Scream", denn Craven präsentiert uns eine lebendige und spielfreudige Darstellerriege mit authentischen Teenagern, die Teenagerdinge tun und lässt uns stark an Sdyney Prescotts zerütteten und verletzlichen Innenleben teilhaben. Mit ihr kreierte er eines der erinnerungswürdigsten und liebenswertesten Finalgirls.
Sydney ist klug, selbstlos, praktisch veranlagt und leistet dem Killer Widerstand wenn es möglich ist, allerdings auch immer innerhalb eines glaubwürdigen Rahmens ohne plötzlich übermenschliche körperliche Stärke zu entwickeln. Das sorgt für ein großes emotionales Investment in die Figur, da sie glaubwürdig und bodenständig wirkt.
Mit ihr steht und fällt der Film und sie und die anderen gut gewählten Darsteller, machen diesen Film nicht nur aufreibend und spannend, sondern auch verdammt spaßig anzusehen.
Was "Scream" natürlich auch noch über viele andere Slasher erhebt, sind die smarten Meta-Spielereien und launigen Referenzen auf andere Horrorklassiker, sowieso Cravens packende und dynamische Inszenierung, mit der er geschickt mit den Erwartungen des Zuschauers spielt und auf dessen Wissen über gängige Horrorfilmklischees und -tropes vertraut.
Die zehnminütige Eröffnungsseqzenz ist zudem ein Gedicht, was Szenenkonstruktion, Dialoge, Schauspiel, Schockeffekte und Storytelling anbelangt. Einfach perfektes Kino, denn hier wird keine Sekunde, kein Moment verschwendet, um den Zuschauer in die Geschichte zu ziehen und neugierig zu machen.
Der einzige Schönheitsfehler sind für mich einige unnötige Jumpscares, die sich als harmlos herausstellen und mir zu repetitiv auftreten, aber das fällt wirklich nicht stark ins Gewicht.
"There will be blood" jetzt auch bei den Lieblingsfilmen? Für mich auch ein 10 von 10-Kandidat. Die Performances, die Inszenierung (vor allem die wortlose Eröffnungsszene) und der Soundtrack sind einfach allererste Sahne. Hat mich beim ersten Mal gucken komplett umgehauen.
Pyro 91 sieht sich King of Queens zum 37. Mal an und bewertet jede einzelne Folge auf einer Skala von 0 bis 10.
Staffel 9:
Die neue Familie 2
Jessica 3.5
Mut zur Dummheit 3
Ein Onkel zum Fürchten 3
Hund zu verschenken 5
Wer schön sein will... 6.5
Das Haus am See 6
Der andere Doug Heffernan 6.5
Wild und gefährlich 4
Das Manhattan Projekt 8
Getrennte Wege 7
Das China Syndrom (1) 9
Das China-Syndrom (2) 8
Im Schnitt: 5.5
Pyro 91 sieht sich King of Queens zum 37. Mal an und bewertet jede einzelne Folge auf einer Skala von 0 bis 10.
Staffel 8:
Dancing Queen 9
Schlimme Wörter 8
Der geborgte Job 7.5
Teuflisch nette Kollegen 3
Gelb vor Neid 3.5
Lori mit den Scherenhänden 5.5
Pension des Grauens 5.5
Höllische Nachbarn 6
E-Mail für dich 8
Wilde Bullen 4
Backe, backe Kuchen 4.5
Baby an Bord! 7.5
Carrie Dolittle 8
Zweites Heim, Glück allein 7.5
Auf der Mauer, auf der Lauer... 7.5
Aufs Knie gefallen 9
Das Gemälde des Grauens 8
Rapunzels Perücke 9
Krise auf Bestellung 5
Partnertausch 5.5
Ladies Night 2.5
Kampf der Giganten 3
Ene mene muh 8
Im Schnitt: 6.31 = 6
Rewatch
Bewertungen der Staffeln:
Season 1 - 4 von 10 Punkten
Season 2 - 7 von 10 Punkten
Season 3 - 8 von 10 Punkten
Season 4 - 8 von 10 Punkten
Season 5 - 8 von 10 Punkten
Season 6 - 7 von 10 Punkten
Season 7 - 6 von 10 Punkten
Season 8 - 4 von 10 Punkten
Season 9 - 4 von 10 Punkten
Jeder weitere Durchlauf von “Seinfeld” hinterlässt mich mit ambivalenten Gefühlen. Während sich die Serie in ihren ersten beiden Staffeln erst einmal warmlaufen muss - auch wenn sich bereits einige Highlight-Episoden offenbaren -, erreicht sie mit den Staffeln 3-6 ihren Höhepunkt und liefert ikonische Episoden, Figuren, Zitate und Momente im Minutentakt ab und ich habe das Gefühl in meinem Leben nie eine bessere Comedyserie gesehen zu haben.
Doch in Staffel 7 scheint der Zenit dann überschritten zu sein und die Serie entfernt sich immer mehr von ihren relativ bodenständigen und nachvollziehbaren Geschichten, getragen von schlagfertigen Dialogen und aufmerksam beobachteten gesellschaftlichen und sozialen Dilemmas und Dynamiken und verwandelt sich insbesondere in den letzten beiden Staffeln immer mehr in eine Art Live-Action-Cartoon mit flanderisierten Figuren in Form von George und Elaine (Jerry und Kramer bleiben größtenteils unbeschadet), hanebüchenen, erzwungenen Storylines - getrieben von der stetigen Suche nach immer neuen Catchphrases und Gimmicks - und einem rasanteren Erzähltempo, das in hochfrequenten Szenenwechseln und kurzen, schnellen Gags mündet. Konnte man bei vielen Episoden aus den ersten drei Staffeln noch die Anzahl der Szenen pro Episode an zwei Händen abzählen, würde es mich nicht wundern, wenn eine Folge aus den letzten beiden Staffeln aus über 50 kurzen bestehen würde.
Sieht man sich allerdings die Diskussionskultur rund um “Seinfeld” im Internet an, erfreuen sich die letzten drei Staffeln dort großer Beliebtheit. Hier muss man sich allerdings vor Augen halten, dass das Serienfinale 1998 von über 76 Millionen Menschen gesehen wurde, was zum damaligen Zeitpunkt jedem dritten, vierten Amerikaner entspricht. Dementsprechend liegen speziell für die letzten Staffeln große nostalgische Gefühle vor und ein nicht unerheblicher Anteil der Fangemeinde hat die Serie somit eher als cartoonartige und absurde Sitcom kennengelernt.
Für jemanden wie mich, der die Serie 2011 zum ersten Mal komplett auf DVD erleben konnte, schlich sich aber eher ein mulmiges Gefühl ein, als ich feststellen musste, dass die Storylines im Laufe der Serie immer mehr an Bodenhaftung verlieren und für viele Gags die bis dahin konsistente Charakterisierung der Hauptfiguren und jegliche Glaubwürdigkeit gerne über Bord geworfen wurde.
“Seinfeld” ist für mich immer dann am besten, wenn Jerry und George sich in Jerrys Apartment oder Monk´s Diner - ihrem Stammcafe - treffen, um sich über ihre neuesten Beziehungsprobleme auszutauschen, gesellschaftliche und soziale Gepflogenheiten analysieren und bis ins kleinste Detail auseinandernehmen und Jerry Georges panische und defätistische Monologe auf seine gewohnt lässige und sarkastische Art kommentiert. Irgendwann stößt Elaine dann dazu, die den beiden mit ihrer oberflächlichen und scharfsinnigen Art in Nichts nachsteht, aber durch Julia Luis-Dreyfus´ höchst animierte und einnehmende Performance noch mehr Schwung ins Geschehen bringt. Fehlt nur noch Kramer, der von Michael Richards kongenial verkörpert wird, und in erster Linie durch seine abgedrehte physische Performance zum Lachen einlädt und jeden schrägen Ton aus seinem Mund und Laurel und Hardy-aske Slapstick-Einlagen mit punktgenauer Perfektion darbietet. Was für ein Ensemble! Vier absolut unterhaltsame, stark unterschiedliche Charaktere, gespielt von drei absoluten Top-Performern und Jerry Seinfeld.
Dessen limitiertes Schauspiel funktioniert jedoch wunderbar für die Rolle des Straight Mans, da seine Figur stets nur auf die exzentrischen und verrückten Verhaltensweisen und Erlebnisse seiner Freunde reagieren muss und diese wohl bewusst oder unterbewusst als wertvolles Comedy-Material für seine nächsten Standup-Auftritte und somit als Arbeitsbeschaffung ansieht.
Für eine hervorragende und zufriedenstellende “Seinfeld”-Episode müssen Jerry, George, Elaine und Kramer gleichermaßen aus allen Rohren feuern wie etwa in “The Alternate Side” (Season 3) oder “The Contest” (Season 4) und wenn die Autoren es zudem schaffen, die bis zu vier separat laufenden Storylines am Ende der Episode zu einem schlüssigen und humorvollen Schlussgag zusammenzuführen, ist das noch die absolute Kirsche auf der Torte und die berühmte Königsdisziplin. Dies gelingt der Serie in ihrer heißen Phase oft recht kunstvoll und am Ende möchte man wie das Live-Publikum gerne aufstehen und applaudieren, vor allem wenn man die inhaltliche Zusammenführung der seperaten Storylines noch nicht erahnen konnte.
Es geht etwas verloren, wenn die Überschneidungen der Handlungsstränge der vier Hauptfiguren, speziell in den letzten beiden Staffeln, oft mit dem Brecheisen herbeigeführt werden müssen und die Charaktere nur noch recht eindimensional auf eine, nämliche ihre herausstechendste Charaktereigenschaft heruntergebrochen werden können, was ein Schicksal ist, das bedauerlicherweise viele Sitcoms in ihren späteren Staffel erleiden.
Es besteht für mich bspw. ein großer Unterschied zwischen dem “frühen” George aus “The Red Dot” (Staffel 3) und dem “späten” George aus “The Blood” (Staffel 9).
Ersterer bekommt in Elaines Büro einen guten, leichten Job, doch verbaut sich diese Gelegenheit, als er Sex mit der Reinigungskraft hat und danach versucht sich aus dieser Nummer wie ein Wiesel herauszuwinden, indem er vor seinen neuen Chef Mr. Lippmann vollkommen ahnungslos und naiv reagiert, als dieser ihn mit dem Vorfall konfrontiert, nur um nach einem gescheiterten und unfassbar witzigen Rettungsversuch kleinlaut dessen Büro zu verlassen und seine Kündigung zu akzeptieren. Hier sehen wir einen George, der sich durch sein ungezügeltes Verhalten selbst sabotiert und versucht, ein Lügenkonstrukt zu errichten, um seinen Chef zu täuschen und sich besser darzustellen, als er eigentlich ist. Einen George, der zutiefst verunsichert ist und das Gefühl hat, er könne niemals erfolgreich im Leben sein, solange er nicht vorgibt, jemand anderer als er selbst zu sein und lügt, bis sich die Balken biegen. Das ist ein wiederkehrendes charakterliches Motiv in der Serie.
Dieser frühe George steht im großen Kontrast zum späteren George, wie wir ihn z.B. in der Staffel 9-Episode “The Blood” sehen, wo er auch seinen niedersten Bedürfnissen nachgeht und deshalb auf die Idee kommt, er könne doch beim Sex mit seiner Freundin nebenbei noch ein Sandwich essen und sich ein Football-Spiel über einen Mini-Radio anhören, um somit alle seine großen Leidenschaften zu kombinieren. Das ist sicherlich kein schlechter Gag, es ist aber das einzige, worauf diese Storyline hinausläuft und es zeigt uns keinen tiefgründigen und psychologisch greifbaren Charakter, sondern vielmehr ein primitives Abziehbild eines George Costanzas, wie er einmal war, aber inzwischen leider nicht mehr ist. Für einen Cartoon-Charakter wäre diese platte und eindimensionale Darstellung wohl in Ordnung, aber das ist dann nicht mehr die Figur, in die ich mich verliebt habe.
Vor allem diente ein ängstlicher und unsicherer George dem Zuschauer als Identifikationsfigur, da er auch stark auf Larry David und seinen Neurosen basierte und dessen Abgang nach der siebten Staffel auch maßgeblich verantwortlich für die fehlende Bodenhaftung der Storylines und Charakterisierung der Figuren war und die Serie daraufhin vielmehr ein cartoonhaftes und überdrehtes Verständnis von Comedy entwickelte, was wohl eher Jerry Seinfelds Metier war, der nun mit einer Riege von Drehbuchautoren, die zuvor selbst Fans der Serie waren, die Zügel in die Hand nehmen musste.
Ein dimensionsloser, stets wütender George, der die meiste Zeit nur noch rumschreit und stets auf 180 ist, ist für mich allerdings weder witzig noch nachvollziehbar. Dies findet seinen traurigen Höhepunkt in “The Dealership” in Staffel 9, wo er nur noch laut ist und fast seinen Verstand verliert, nur weil ein Automechaniker einen festsitzenden Schokoriegel aus einem Automaten verspeist, für den eigentlich George ursprünglich bezahlt hatte. Ist das noch derselbe George, der eine Nachricht vom Anrufbeantworter seiner Freundin löschen wollte, weil er eine viel zu lange, angsterfüllte Nachricht auf ihrer Maschine hinterlassen hatte und er annahm, sie würde ihn deshalb für einen Idioten halten und sich von ihm trennen (“The Phone Message”)? Ist das noch derselbe George, der Angst vor einem männlichen Masseure hatte, weil er fürchtete, bei dessen Berührung eine Erektion zu bekommen und was das wohl über ihn aussagen würde (“The Note”)? Ist das noch derselbe George, der zusammen mit Jerry ein Angebot von NBC bekam, einen Pilotfilm für eine eigene Sitcom zu schreiben, nur um das Ganze fast unfassbar zu vergeigen, weil er vom Sender eine viel zu hohe Gage forderte, die eigentlich nur etablierten Sitcom-Autoren zustand?
Es gibt unendlich viele Beispiele für einen George, der aus Angst, Dummheit, Unbewusstheit, Faulheit und Ungeschicklichkeit große Schäden anrichtet. Gerade dadurch entstehen einige der besten Comedymomente der Serie, doch die letzten drei Staffeln zeigen uns viel mehr einen George, der immer mehr von Bösartigkeit getrieben zu sein scheint und hauptsächlich als Dauercholeriker und extremer Geizhals auftritt.
Es ist natürlich müßig darüber zu streiten, was man witzig findet und was nicht, doch für mich geht sehr viel Humor verloren, wenn ich Figuren dabei zusehen muss, wie sie fast nur noch arglistig und fast schon psychopathisch handeln, vor allem wenn sie zu Beginn der Serie nur den Hang zu oberflächlichen und kindischen Verhalten gezeigt haben.
George und Elaine, deren Charakter einen ähnlichen Niedergang erfährt, sind am Ende der Serie nicht mehr dieselben und dadurch sehen wir immer weniger von der freundschaftlichen Dynamik innerhalb der Gruppe und man fragt sich, wieso Jerry eigentlich noch Zeit mit den beiden verbringt, wenn Georges Loyalität zunehmend schwindet und Elaine es scheinbar nicht erwarten kann, ihre alten Bekannten hinter sich zu lassen. Dadurch geht der entspannte Hangout-Charakter der Serie verloren und man wünscht sich plötzlich nicht mehr ein Teil der abgedrehten und witzigen Abenteuer der New Yorker zu sein, sondern eher schlagartig die Flucht ergreifen zu wollen.
Dennoch, auf dem Peak der Serie wurden hier wohl gut hundert Comedy-Episoden erschaffen, die ich mir immer wieder ansehen kann und die mich jedes Mal aufs Neue herzhaft zum Lachen bringen. Dieses wertvolle Erbe lässt mich auch den bitteren Nachgeschmack der letzten Staffeln vergessen und macht auch wieder deutlich, dass es bei Sitcoms, die nicht durchgehend eine große übergeordnete Handlung besitzen, viel leichter ist, sich einfach die Rosinen herauszupicken und das zu schätzen, was man an ein großartigen Einzelepisoden und ein paar kurzen, überzeugenden Story-Arcs hat.
Hi, was ziehst du dir momentan rein?^^ Mach gerade einen großen King of Queens-Rewatch.
Pyro 91 sieht sich King of Queens zum 37. Mal an und bewertet jede einzelne Folge auf einer Skala von 0 bis 10.
Staffel 7:
Bonuspunkte 7.5
Carrie auf dem Weg nach oben 7.5
Der misshandelte Mann 8.5
Der Pausenclown 5
Schall und Rauch 7.5
Auf Freiersfüßen 7.5
Klein, aber gemein 5.5
Einsames Paar sucht Freunde 5.5
Duftnoten 6.5
Spanische Dörfer 7.5
Der Barkeeper 6.5
Ein ganz spezielles Training 5.5
Kein Mann der großen Worte 8
Endlich wieder Schule! 3
Zickenalarm 8
Schwarz-Weiß-Malerei 8.5
Leb wohl, St. Louis! 9
Schlechte Karten 4.5
Lausige Ratschläge 3
Elvis und sein Friseur 4
Alles umsonst 4
Die Immobilienhaie 5
Im Schnitt: 6,.27 = 6
Pyro 91 sieht sich King of Queens zum 37. Mal an und bewertet jede einzelne Folge auf einer Skala von 0 bis 10.
Staffel 6:
Weniger ist mehr (1) 8
Weniger ist mehr (2) 7
King Pong 8.5
Affenstress 8.5
Harte Landung 9
Die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit... 10
Drei Frauen und ein Arzt 7
Die Abschiedsparty 4
Der einäugige Bandit 9
Carrie allein zu Haus 7.5
Nur ohne meine Frau 8
Das Kettensägentheater 4.5
In Saus und Braus 8.5
Verschärfte Regeln 8.5
Die Nervensäge 8
Kill Carrie 7.5
Das verkaufte Grab 5.5
Heffer-Tonne 6
Urlaub in der Hölle 8.5
Der Zeitreisende 9
Bauchfreie Zone 6.5
Vier Männer und eine Hochzeit 10
Kampf der Senioren 8
Der Bigamist 10
Im Schnitt: 7.79 = 8
Pyro 91 sieht sich King of Queens zum 37. Mal an und bewertet jede einzelne Folge auf einer Skala von 0 bis 10.
Staffel 5:
Ein seltsames Paar 10
Des einen Leid... 8.5
Himmel und Hölle 6
Der mit dem Ball tanzt 8.5
Der Grabscher 8.5
Der Mann meiner Frau 8.5.
Margies Song 9.5
Ein Männlein steht im Walde 8.5
Carrie Frankenstein 8
Die geborgte Frau 9
Die Stimme aus dem Grab 10
Der Hexenmeister 7
Falsch gedacht 5.5
Neid macht erfinderisch 7
Pinguin-Alarm 8
Verschimmelter Urlaub 7.5
Der Gigolo 6.5
Russisches Roulette 8
Lügen haben dicke Beine 8
Fahrer aus Leidenschaft 6
Kaufrausch 7
Der Affenjunge 4
Der unsterbliche Hund 7
Schlaraffenland 8
Bettgeschichten 8
Im Schnitt: 7.62 = 8
Pyro 91 sieht sich King of Queens zum 37. Mal an und bewertet jede einzelne Folge auf einer Skala von 0 bis 10.
Staffel 4:
Hundstage 9
Blinde Kuh 7.5
Der Streber 5
Alles nur Blech 6.5
Die Sportskanone 8.5
Das Geisterhaus 7
Arthurs Geheimnis 7
Die Reality-Show 10
Ein Zeichen Gottes 4
Luft und Liebe 7.5
Der Experte 8
Speedy Gonzales 8.5
Die Fressaffäre 6.5
Gewinner und Verlierer 5
Discofieber 9.5
Verfolgungswahn 8
Das lustige Quartett 8.5
The King of Sandwich 6.5
Hausarrest 7
Happy Hour 10
Der Liebestöter 9
Echte Wohltäter 4
Reich für einen Tag 10
... Er hat doch gebohrt! 6.5
Psycho-Kisten 8.5
Im Schnitt: 7.50
Rewatch
Staffel 7 - Punktebewertungen
7x01 The Engagement 8.5
7x02 The Postponement 7
7x03 The Maestro 6
7x04 The Wink 5
7x05 The Hot Tub 10
7x06 The Soup Nazi 5
7x07 The Secret Code 5
7x08 The Pool Guy 6
7x09 The Sponge 4
7x10 The Gum 7
7x11 The Rye 8
7x12 The Caddy 8
7x13 The Seven 4.5
7x14 The Cadillac 5
7x15 The Shower Head 7.5
7x16 The Doll 5.5
7x17 The Friars Club 4
7x18 The Wig Master 4.5
7x19The Calzone 5.5
7x20 The Bottle Deposit 6
7x21 The Wait Out 6.5
7x22 The Invitations 5
Im Schnitt: 6.07 = 6
Rewatch
Staffel 6 - Punktebewertungen
6x01 The Chaperone 6
6x02 The Big Salad 6.5
6x03 The Pledge Drive 6
6x04 The Chinese Woman 6.5
6x05 The Couch 6
6x06 The Gymnast 7
6x07 The Soup 6.5
6x08 The Mom & Pop Store 6.5
6x09 The Secretary 7.5
6x10 The Race 8.5
6x11 The Switch 8
6x12 The Label Maker 10
6x13 The Scofflaw 8
6x14 Highlights of a Hundred (1) /
6x15 Highlights of a Hundred (2) /
6x16 The Beard 8.5
6x17 The Kiss Hello 9
6x18 The Doorman 7
6x19 The Jimmy 8.5
6x20 The Doodle 8
6x21 The Fusilli Jerry 10
6x22 The Diplomat's Club 7
6x23 The Face Painter 8
6x24 The Understudy 3.5
Im Schnitt: 7.39 = 7
Rewatch
Staffel 5 - Punktebewertungen
5x01 The Mango 8.5
5x02 The Puffy Shirt 9.5
5x03 The Glasses 9
5x04 The Sniffing Accountant 8.5
5x05 The Bris 4
5x06 The Lip Reader 8.5
5x07 The Non-Fat Yogurt 8.5
5x08 The Barber 8
5x09 The Masseuse 7.5
5x10 The Cigar Store Indian 10
5x11 The Conversion 7
5x12 The Stall 9
5x13 The Dinner Party 9.5
5x14 The Marine Biologist 8.5
5x15 The Pie 6
5x16 The Stand-In 7
5x17 The Wife 5.5
5x18 The Raincoats 10
5x19 The Fire 9
5x20 The Hamptons 9.5
5x21 The Opposite 10
Im Schnitt: 8.24 = 8
Rewatch
Staffel 4 - Punktebewertungen
4x01 The Trip (1) 7
4x02 The Trip (2) 7.5
4x03 The Pitch 9
4x04 The Ticket 8.5
4x05 The Wallet 7
4x06 The Watch 8.5
4x07 The Bubble Boy 9
4x08 The Cheever Letters 10
4x09 The Opera 6.5
4x10 The Virgin 8
4x11 The Contest 10
4x12 The Airport 7
4x13 The Pick 7
4x14 The Movie 5.5
4x15 The Visa 7
4x16 The Shoes 9
4x17 The Outing 10
4x18 The Old Man 7
4x19 The Implant 8
4x20 The Junior Mint 8.5
4x21 The Smelly Car 8
4x22 The Handicap Spot 8.5
4x23 The Pilot (1) 8.5
4x24 The Pilot (2) 8.5
Im Schnitt: 8.06 = 8