Der Milieu-Filmer Stephen Frears wird 70

20.06.2011 - 15:50 Uhr
Stephen Frears mit Helen Mirren am Set von The Queen
Concorde Filmverleih
Stephen Frears mit Helen Mirren am Set von The Queen
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Seit genau vier Jahrzehnten kennen wir Stephen Frears für seine intensiven filmischen Gesellschaftsporträts und Romanverfilmungen. Heute gratulieren wir dem Briten zu seinem 70. Geburtstag!

Ob er nun eine Milieustudie der irischen Arbeiterschicht in The Snapper – Hilfe, ein Baby entwirft, das Schicksal illegaler Einwanderer in Kleine schmutzige Tricks beleuchtet oder sich wie mit Mary Reilly tatsächlich einmal in fantastische Gefilde wagt, die Filme von Stephen Frears haben immer eins gemeinsam: Sie sind detaillierte Sozialstudien, die sich häufig mit Leuten am Rande der Gesellschaft beschäftigen. Heute feiert der britische Regisseur und Produzent seinen 70. Geburtstag.

Mir persönlich fiel Stephen Frears das erste Mal als Regisseur von Gefährliche Liebschaften auf. Ich sah das Drama von 1988 irgendwann im Fernsehen, weil ich Kostümfilme mochte, und mein Interesse für die Arbeit von Stephen Frears war geweckt. Natürlich hatte Stephen Frears es mit solchen Schauspielgrößen wie John Malkovich, Glenn Close und Michelle Pfeiffer leicht, einen tollen Film zu drehen. Aber wie er das gesellschaftliche Ränkespiel nach Choderlos de Laclos Briefroman in mitten einer beeindruckenden Ausstattung inszeniert, ist einmalig. Die verschiedenen Erzählstränge verweben sich zu einem Bild des sich selbst überdrüssigen Adels im 18. Jahrhundert.

Einem internationalen Publikum bekannt geworden ist Stephen Frears, der seine Arbeit in den 70ern als TV-Regisseur begann, erst ab Mitte der 80er-Jahre. Hanif Kureishi schrieb das Drehbuch zu Mein wunderbarer Waschsalon für den Stephen Frears 1985 große Aufmerksamkeit erhielt. Die britische Fernsehproduktion bekam sogar einen US-Kinostart und wurde wohl vor allem deshalb zu einem Überraschungserfolg, weil sie sich gleichzeitig ernsthaft mit Rassismus und den Problemen Homosexueller im damaligen Großbritannien auseinandersetzte und dabei einen ganz eigenen, sarkastischen Humor bewahrte. Daniel Day-Lewis übernahm in dem Drama, das Stephen Frears zu einem der wichtigsten Protagonisten des New British Cinema machte, übrigens eine seiner ersten großen Filmrollen.

Eine wesentlich skurrilere Gruppe von Menschen hat Stephen Frears 2000 in High Fidelity beobachtet. John Cusack ist der fanatische Top 10-Listen-Freund und Ich-Erzähler der wehmütigen Rückschau auf alle seine Verflossenen. Nebenbei erfahren wir in dem Film nach der Vorlage von Kultautor Nick Hornby eine ganze Menge über echt nerdige Plattenfreaks und Musikliebhaber und können uns herrlich über Jack Black tot lachen. Stephen Frears hat hier sein Talent für Komödien, die nicht immer unbedingt in Großbritannien spielen müssen, eindeutig bewiesen.

In Die Queen beschäftigte sich Stephen Frears mit einer ziemlich außergewöhnlichen Randgruppe: der Royal Family. Er stellt darin nicht nur die britische Königin dar, wie sie durch den Tod von Lady Di auf den Weg zu einer Modernisierung und Demokratisierung der Monarchie gebracht wird. Mit geschickt eingesetzten, originalen Medienbildern zeigt uns Stephen Frears außerdem, in welchem Ausmaß die gesamte britische Gesellschaft vom Tod der Princess of Wales bewegt wurde. Zurecht brachte Die Queen Stephen Frears eine Nominierung für den Regie-Oscar und Helen Mirren 2006 die Trophäe als beste weibliche Hauptdarstellerin ein.

Seine beiden letzten Arbeiten, der Kostümfilm Chéri – Eine Komödie der Eitelkeiten und die lockere Komödie Immer Drama um Tamara , waren leider keine allzu großen Erfolge. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Las Vegas-Komödie Das untreue Luder mit Bruce Willis noch entwickelt. Bis es soweit ist, wünschen wir Stephen Frears jedenfalls weiterhin ein glückliches Händchen bei seiner Stoffwahl und alles Gute zu seinem heutigen Geburtstag.

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