Gestern fasste der Filmpublizist David Thompson auf der Berlinale den Einfluss des Kinos folgendermaßen zusammen: “Wir lernen durch Filme, wie wir richtig sprechen, wie wir richtig rauchen, wie wir eine Frau richtig küssen – und wie wir sie umbringen.” Kurz: Filme waren und sind maßgeblich für unsere Entwicklung zum Erwachsenen verantwortlich. Grund genug, um uns anlässlich des Kinostarts von An Education näher mit dem Genre des Coming Of Age-Filmes zu befassen.
Anders, als etwa in der Literatur, wo der Bildungsroman die Gesamtheit der Entwicklung und der Reife umfasst, wird dieser Prozess im Film meist auf ein einzelnes Ereignis konzentriert, durch das die Helden schlagartig reifen. Der Film wird zum Initiationsritus, der das Kind bei seinem Schritt zum Erwachsenen begleitet. Die Erziehung des Herzens wird zum Schnellkurs – und dadurch umso packender.
Der Meister der Coming of Age-Komödie ist zweifellos John Hughes. Der Regisseur zahlreicher Klassiker wie Ferris macht blau, Breakfast Club – Der Frühstücksclub, Sixteen Candles – Das darf man nur als Erwachsener ist letztes Jahr leider verstorben. Die 80er waren sein Jahrzehnt und Sprache, Mode und Musik dieser Ära geben seinen Filmen bis heute einen unverwechselbaren Reiz. Bei ihm zeichnet sich der Übergang zum Erwachsenen dadurch aus, dass sich die Kinder von der Übermacht ihrer Eltern lösen und lernen, sich in die Gesellschaft ihrer Altersgenossen zu integrieren. John Hughes verstand es, diesen ernsten Vorgang mit viel Witz zu erzählen, weshalb seine Filme eine zeitlose Leichtigkeit besitzen.
Doch trotz des Humors ist das Erwachsenwerden auch bei ihm im Kern ein Drama: Die Reife erfolgt durch eine Bedrohung, etwas, das die jugendlichen Protagonisten bedroht und ihre sicher geglaubte Weltordnung infrage stellt: das zerstörte Auto des Vaters, der Konflikt mit den Klassenkameraden, der vergessene Geburtstag. Daher sind Coming Of Age-Filme in der Regel auch die besseren Jugendfilme, da ihre Charaktere erst gebrochen werden müssen, um dann geläutert ein neues Leben zu beginnen. Anders als “Kinderfilme” sind ihre Hauptfiguren keine unschuldigen Lämmchen, sondern vielschichtige Personen, die an einer Schwelle stehen, die sie zunächst überfordert.
Einer der Filme, der diese schwere Reise vielleicht am besten in Bilder gefasst hat, ist Stand by Me – Das Geheimnis eines Sommers, nach einem Roman von Stephen King. In keinem anderen Film ist die Angst und die Bedrohung, die von dem Schritt zur Reife ausgeht, deutlicher zu spüren. Das Kinder diese oft verstörende Herausforderung überhaupt meistern können, verdanken sie ihrer Phantasie und ihrer Fähigkeit, den Schrecken in Abenteuer zu verwandeln. Dies sehen wir etwa in den Comics der Altar-Boys in Lost Heaven oder der Insel der Wilden Kerle in Wo die wilden Kerle wohnen. Manchmal müssen sie auch einfach lernen, dass ihnen das Leben keine Wahl lässt, dass es keine Alternative und keine Abkürzung zur Pflicht gibt, sein Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Dies ist die Lehre, die Jenny (Carey Mulligan) in An Education unter vielen Tränen lernen muss.
Übrigens sind wir nie zu alt, um diese Lehre zu ziehen. Das Werk des Regisseurs Judd Apatow (Beim ersten Mal, Jungfrau (40), männlich, sucht …) besteht aus lauter Mittdreißigern, die ihren Lebensmittelpunkt noch immer in Pups-Witzen, Kiffen und Videospielen sehen. Doch das Leben macht vor niemandem halt. Auch nicht vor Euch.
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