380.000 Volt, die den Zuschauer leiden lassen

01.12.2010 - 07:00 Uhr
380.000 Volt - Der große Stromausfall
Sat.1
380.000 Volt - Der große Stromausfall
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Gestern zeigte Sat.1 den neusten Beitrag der Reihe “Der große Sat.1-Film”. In 380.000 Volt wurde Berlin Opfer eines katastrophalen Stromausfalls und der Zuschauer zur Zielscheibe stupider Katastrophenklischees.

Grundsätzlich klingt die Ausgangslage von 380.000 Volt – Der große Stromausfall nicht uninteressant. Ganz Berlin sitzt im Dunkeln und muss eine Nacht lang ohne Strom auskommen. Was ein gesellschaftskritischer Film über die Abhängigkeit des Menschen vom elektrischen Gold hätte werden können, entpuppte sich als Reißbrett-Katastrophenfilm, der selbst Roland Emmerich zum Picasso seines Genres hochstilisiert.

Fotoshow: Bilder zu 380.000 Volt – Der große Stromaufall

Berlin bei Nacht

Mitten im Winter bricht das Stromversorgungsnetz der Stadt zusammen. Bis tief in die Nacht hinein sind mehr als 3,5 Millionen Menschen komplett ohne Strom. Massenpanik bricht aus, Kaufhäuser werden geplündert und Krankenhäuser laufen auf Notstrom. Die Bundesregierung erklärt Berlin zum Katastrophengebiet.

Katastrophales Fernsehen

Die Struktur stimmte prinzipiell: Der Film stieg direkt ins Geschehen ein, hielt sich nicht lange mit irgendwelchen Vorgeschichten auf und die Charaktere wurden auf eine überschaubare Anzahl begrenzt. Doch spätestens als nach eifrigem Pausenhofgezanke Berlin plötzlich im Dunkeln saß und die einfältigen Dialoge und nicht minder flachen Charaktere auf der Stelle traten, merkte der Zuschauer, was versucht wurde ihm hier aufzutischen. Die Krönung fand 380.000 Volt – Der große Stromausfall in der übertriebenen, völlig ironiefreien Darstellung einer Beinahe-Apokalypse mitten in Deutschlands Hauptstadt. Würde ein verheerendes Feuer, Außerirdische oder Seuchen in Berlin wüten, könnte man es verstehen. Aber so?

Aber es war nicht alles schlecht in Berlins dunkelsten Stunden. Zum einen überraschte die Rolle von Stefan Jürgens durch ihren funkensprühenden Charme – der ehemaligen RTL Samstag Nacht Star wurde nicht grundlos für diese Rolle gecastet. Außerdem weckte die Nebenhandlung über einen Sohn und seinen pflegebedürftigen Vater, die einfach nur einen ruhigen Abend mit Pizza und Fußball verleben möchten, die Sympathie des Zuschauers, die so dringend notwendig wäre für dieses Genre. Aber auch dieser Lichtblick fand ein jähes, konstruiertes Ende, so dass schlussendlich wieder alles seine unfreiwillig-stereotype Richtigkeit hatte.

Die Hauptrollen spielten Ann-Kathrin Kramer und Tobias Oertel. Daneben waren noch Schauspieler wie Sina Tkotsch, Rolf Kanies, Gode Benedix oder Stefan Jürgens zu sehen. Die Kramer gründet ihr Schauspiel auf einem einzigen besorgten Blick und Oertel gibt eine Kopie des wortkargen Actionheld-Stereotyps. Inszeniert wurde 380.000 Volt – Der große Stromausfall von Sebastian Vigg, der sich als Serienregisseur für Die Sitte, SOKO Leipzig oder Alarm für Cobra 11 – Die Autobahnpolizei einen Namen machte.

Gefühlte 380.000 Minuten

380.000 Volt – Der große Stromausfall war ein erträgliches TV-Event, wenn man sich etwas Hintergrundberieselung wünschte, um in Ruhe im Internet oder in einem guten Buch zu stöbern. Vergleiche mit anderen, ernstzunehmenden Katastrophenfilmen hielt dieser Sat.1-Film jedoch zu keiner Zeit stand, außer man erachtet Filme wie Val Montana – Die Jahrhundertlawine oder Vulkan als großes Kino im Fernsehformat.

Abschließend stellt sich die Frage, warum Berlins Einwohner anstatt den Weltuntergang herauf zu beschwören, nicht einfach ins Bett gehen und die “Katastrophe” verschlafen?

Was ist mit euch? Wie elektrisierend fandet ihr 380.000 Volt – Der große Stromausfall?

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