Der Albtraum des Durchschnittskinogängers

27.08.2016 - 08:50 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Come with uncle and hear all proper!Warner Bros./moviepilot
K
40
25
Kaum ein Film Stanley Kubricks war nicht auf die oder andere Art bahnbrechend, prägend und hinterließ seine Spuren. Aber keines seiner Meisterwerke war so schockierend wie A Clockwork Orange. Warum? Das erklärt euch der Kommentar der Woche!

Dies ist die Rubrik für die Crème de la Crème eurer Kommentare, ob schockierend, rührend, tiefsinnig, lustig, bizarr oder flauschig. Wer das bestimmt? Na ihr, indem ihr uns Nominierungen schickt! Solltet ihr also hier oder da mal von einem grandiosen Kommentar hinterrücks überrascht werden, schreibt uns!

Der Kommentar der Woche
Stanley Kubrick hat kaum einen unbequemeren, schmerzvoller zu sehenden Film geschaffen als A Clockwork Orange - umso wichtiger ist, wie unser Kommentator der Woche Adrian.Cinemacritics in seiner Würdigung schreibt, keine Sekunde davon zu verpassen! Notfalls mit Augenklemmen!

Markerschütternd, schockierend, traumatisierend, krank, verrückt, gemein, böse...
Gibt es ein passendes Adjektiv, um nur ansatzweise das schwarze Schaf von Kubricks Filmen zu beschreiben, der Albtraum des Durchschnittskinogängers?
Doch schwarzes Schaf ist nicht immer schlecht zu interpretieren, denn trotz des schwärzeren Tons ist ein Schaf wie jedes andere. Ein weiteres Schaf von Kubricks Grasfläche der Filmkunst, der Cinematographie und der Musik!

Kubrick ist ein abwechslungsreicher Regisseur, der aus jedem Genre immer das Beste rausholt, was möglich ist. Und hier kommt einer der größten Schocker auf die Bühne, die das Kino je gesehen hatte.
Ein Intro, das uns gleich das Blut in den Adern gefrieren lässt.
Und wenn man denkt, es geht nicht schlimmer, passiert genau das Gegenteil.
Gewalt.
Nackte Haut bis zum Abwinken.
Vergewaltigungen.
Bildmaterial, das uns selbst heute einen Schauer über den Rücken jagt.
Albtraumhafte Boshaftigkeit auf einem neuen Level.
Und wo selbst schöne Lieder wie „Singing in the rain“ zum Terrorgesang umgeschrieben werden.

Ein Film, der nicht mit mahnendem Finger, sondern mit der Faust auf den Mensch gewordenen Wahnsinn in den Straßen zeigt. Ein Film, der die Psyche eines wahnsinnigen Protagonisten präsentiert, der kaum hassenswerter und unsympathischer hätte charakterisiert werden können.
Und gleichzeitig ein Film, der beweist, dass wenn man zu anderen böse ist, auch sie böse werden können, und sich hinterher kaum besser als er verhalten, und er einem gegen Ende sogar fast schon Leid tut, wenn man seine Entwicklung vom Psychopathen zum Opfer eines Experiments sieht.
Vom kranken Quälgeist zum Gequälten.
Schockierend bei der Ästhetisierung von Gewaltexzessen.
Unvergesslich in seiner Inszenierung des Mensch gewordenen Ungeheuers.

Ein Soundtrack, der Kubricks Horrorshow mit Synthesizerklängen, Beethoven und Rossini begleitet, tut sein Übriges, um den Zuschauer die Nackenhaare aufzustellen.
Und das Pseudo-Happy End ist die Kirsche auf der Sahnetorte.

Eine Geschichte über das Verkommen und die Wiedergeburt ins normale Leben.
Ein Experiment über das Vergehen des menschlichen Verstandes und der anschließenden Reue.
Eine Zukunftsvision indem man Menschen krampfhaft von ihrem Wahn „heilt“.
Ein konsequentes Beispiel, was der eigene Wahnsinn aus anderen Menschen macht.
Und wie beim Karma alles auf einen zurückfällt, was man getan hatte.
Denn wenn der böse Geist einen verlässt, verfallen die anderen von ihm.
Und der Beweis, dass der einfachste Weg nicht immer der beste Weg ist.

Trotz all den albtraumhaften Szenen, die Kubrick so bösartig gut inszeniert ohne sie zu verherrlichen, bringt der Film seine Zuschauer zum Nachdenken:
Wie weit der Mensch gehen darf mit den Experimenten an der menschliche Psyche und ob wirklich die unreinste Seele des Erdballs es verdient hat, zu leiden.

Ein Film vergleichbar mit Alex' Rein und Raus-Spiel: Wenn man reinkommt ist es ein geiles Gefühl und man genießt es bis zum Ende, und dann kommt die Trauer, dass es schon vorbei ist.
Doch Filme sind wie Sex: Wiederholbar und immer wieder grandios!
Kubricks bösestem Film würde ich am liebsten mit den Augenklammern aus dem Film anschauen, denn so verpasse ich keine Sekunde dieses bösartigen, brutalen und beeindruckenden Film gewordenen Fiebertraums.
Ein pechschwarzes Meisterwerk, so schwarz wie die Pupillen von Alex De Large, die wie Pistolenkugeln auf sein nächstes Rein und Raus-Opfer gerichtet sind.

„I'm singing in the rain
Just singin' in the rain
What a glorious movie
I'm happy again!

Den Originalkommentar findet ihr hier.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News