Oliver Stone hält sich spätestens seit dem ersten Teil von Wall Street für den Ideologiekritiker Hollywoods. Schonungslos kritisch, politisch und ambitioniert glaubt er zu sein. Und viele Zuschauer und Kritiker haben das auch gerne geglaubt. Manche von ihnen bescheinigten sogar noch Wall Street 2: Geld schläft nicht das Prädikat „kapitalismuskritisch“. Und dabei konnte man – wie in noch keinem anderen Film von Stone – gerade hier so deutlich wie nie sehen, daß der Regisseur unfähig ist, systematische Kritik zu formulieren. Wenn Gordon Gekko am Ende des Films seine Tochter umarmt, offenbart sich das, was man mit Carl Schmitt die „Tyrannei der Werte“ nennen kann. Der Kapitalist wird zum liebenden Vater und Großvater und investiert in soziales Kapital. Den Preis für das Familienglück bezahlt er mit seinem Geld aus kriminellen Börsenspekulationen. Oliver Stones neuer Film Savages führt diese Augenwischerei fort. Diesmal nimmt er sich dem mexikanischen Drogenkrieg an, propagiert (auch in allen Interviews) die Heilkraft von Marihuana und lebt ungeniert einen Hippie-Traum im Jahre 2012 aus. Stones Filme zeichnet aus, daß sie zunächst eine Ideologie entlarven, um sie dann durch eine noch viel größere zu ersetzen. Erst wird uns offenbart, das Drogengeschäft ist vielleicht doch nicht so chic und sauber (wie wir ohnehin nie geglaubt haben), dann wird aber die Macht der Liebe und die aufregende Freiheit von Drogendealern besungen. Die Hauptfiguren werden von Taylor Kitsch, Aaron Taylor-Johnson und Blake Lively gespielt. Sie leben in einer heteronormativen Dreiecksbeziehung. Man merkt den Sexszenen an, daß Oliver Stone meint, er habe sich etwas getraut. Der ganze Film ist geprägt von einer unfreiwilligen Widersprüchlichkeit. Wir stehen es nicht, weil Oliver Stone lange schon die Welt nicht mehr versteht.
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