Martin Enlen verfilmte die, auf einer wahren Begebenheit beruhende, Geschichte von Dr. Hope Bridges Admas mit Heike Makatsch in der Hauptrolle. Als die junge Hope nach dem Tod des Vaters 1872 aus London nach Leipzig ziehen muss, wird sie mit Verhältnissen konfrontiert, die ihr völlig zuwider sind. Sie will sich von den Zwängen befreien und beschließt Medizin zu studieren, motiviert durch ihre Begegnung mit Otto Walther (Justus von Dohnányi) und Clara Zetkin(Inka Friedrich). Trotz aller Wiederstände und Schikanen erkämpft sie sich das Recht zum Examen, zudem Frauen damals eigentlich nicht zugelassen wurden. Sie besteht das Examen mit Bravour und kämpft in Deutschland vergeblich um ihre Approbation, die sie nur im Ausland erhält. Hope heiratet Otto Walther und praktiziert in Frankfurt in der gemeinsamen Praxis. Sie geht zur Kur in den Schwarzwald, als sie nach der Geburt der Tochter an Tuberkulose erkrankt. Nach ihrer Rückkehr baut sie mit Otto ein Sanatorium und lernt daraufhin Carl Lehmann (Martin Feifel) kennen, in den sie sich verliebt. Heike Makatsch erzählt im Interview, wie sie sich auf diese Rolle vorbereitete und was sie mit Dr. Hope verbindet.
Dr. Hope ist nach Margarete Steiff und Hildegard Knef eine wettere Person der Zeitgeschichte, die Sie verkörpern. Worin besteht für Sie der Reiz, in historische Rollen zu schlüpfen?
Bei Hope, wie auch bei Margarete Steiff, ging es nicht darum, eins zu eins die Biografie einer berühmten Person zu verfilmen. Diesen Anspruch erheben wir nicht, aber wir wollten einen gewissen Grad an Authentizität erreichen. Es machte großen Spaß, eine Figur zu ent- werfen, die zwar kein Abbild der echten Hope ist, aber so gelebt haben könnte, mit ihren Taten, ihrem Kämpfergeist. Ich wollte sie so darstellen, dass man das Feuer spürt, das in ihr brennt, und glaubhaft herüberbringen, warum sie so gehandelt hat.
Was ist für Sie das Besondere an Hope?
Sie musste Widerstände überwinden und Tabus brechen. Wenn man sich vorstellt, dass Frauen damals kein Abitur machen oder studieren durften… Sie konnten heiraten, und ein Beruf stand nicht zur Debatte. Hope hatte aber gar nicht das Gefühl, Grenzen zu überschreiten oder bewusst einem Rollenmodell zu widersprechen, sondern sie hat einfach getan, was sie für richtig hielt. Sie wollte nur ihren Weg gehen.
Wie viel “Hope” steckt in Heike Makatsch?
Sicherlich hat die Rolle mit mir zu tun, denn ich kann nur aus mir schöpfen, um sie zu spielen. Ich besitze zwar nicht ihren Pioniergeist, aber den Mut, Regeln zu brechen, kenne ich auch.
Sind Sie Frauen wie Hope dankbar, was sie für die Emanzipation erreicht haben?
Ja, natürlich. Aber die Zeit war reif dafür, bestimmte Dinge zu ändern. Und wenn Hope es nicht gewesen wäre, dann hätte eine andere gekämpft, dass Frauen mehr Rechte bekommen.
Was haben Sie alles unternommen, um sich auf Ihre Rolle vorzubereiten?
Ich habe zwei Bücher gelesen, eine Biografie über sie mit dem langweiligen Titel “Ärztin und Visionärin”, das aber überhaupt nicht langweilig war, und natürlich ihr eigenes Frauenbuch …
Hopes Buch galt damals als revolutionär, was haben Sie beim Lesen heute empfunden?
Vieles, was sie schreibt, ist nach wie vor gültig. Revolutionär war vor allem, dass sie sich auch dem Thema “Sexualität” gewidmet hat und die Geschlechtsorgane abgebildet wurden. Aber ihre Aussagen sind auch heute noch modern. Nur ihre Forderungen zur Hygiene sind heute Gott sei Dank selbstverständlich geworden. Zur Vorbereitung auf die Rolle möchte ich noch ergänzen, dass ich mit dem Regisseur Martin Enlen viele Gespräche über die historischen Hintergründe geführt habe. Und mit den Kostüm- und Maskenbildnerinnen haben wir überlegt, wie wir Hope optisch zum Leben erwecken können. Sie hat ja auch äußerlich nicht den Konventionen entsprochen, hat sich die Haare abgeschnitten und trug einen richtig strengen Herrenhaarschnitt, noch viel strenger als im Film.
Haben Sie extra Ihre Haare abschneiden lassen?
Nein, das war nicht nötig. Ich habe verschiedene Perücken getragen und ungefähr 90 Kostüme. Hope hat ja später auch ihr Korsett abgelegt …
Wie war es denn, ein Korsett zu tragen?
Das war gar nicht so schlimm, denn bei den Dreharbeiten war ich ohnehin sehr dünn, so dass ich gar nicht sehr eingezwängt werden musste. Immerhin habe ich es auf einen Taillenumfang von 54 Zentimeter gebracht. Mit Scarlett O’Hara und ihrer berühmten 43-Zentimeter-Taille konnte ich trotzdem nicht mithalten. Aber eines bewirkt das Korsett doch: Die Haltung ändert sich automatisch. Und dieser aufrechte Gang hat mir eigentlich gut gefallen.
Wie war die Fahrt mit dem Oldtimer?
Das Auto wurde ja extra für den Film gebaut. Ich bin da ganz furchtlos herangegangen. Knöpfe drücken, Gas geben und dann über die Wiese heizen. Das war überhaupt nicht kompliziert.
Mussten Sie bestimmte medizinische Handgriffe lernen?
Ein Arzt war am Set und hat immer aufgepasst, dass wir nichts falsch machen. Er hat mir auch verschiedene Handgriffe gezeigt, aber das war nicht besonders schwer.
Was war Ihre größte Herausforderung bei den Dreharbeiten?
Das waren die Dreharbeiten selbst. Wir hatten ein Riesenpensum von fast 50 Drehtagen, und ich spielte in jeder Szene. So musste ich immer wieder zwischen Hopes unterschiedlichen Lebenssituationen wechseln, morgens war ich die Hope von 1890, mittags dann die von 1910, und am Nachmittag spielte ich die Hope von 1900. Ein ziemlich emotionaler Parforce-Ritt.
Während Hope gesellschaftspolitisch eine Menge erreicht hat, zeigt der Film auch ihre privaten Schwierigkeiten, dass z. B. das Verhältnis zu ihrer Tochter nicht ungetrübt war.
Ja, ein trauriges Kapitel in ihrem Leben. Ich glaube, dass sie keine besonders gute Mutter war. Dafür war sie einfach nicht geschaffen. Sie wollte auch nicht wirklich Kinder, im Gegensatz zu ihrem Mann. Hope brannte für andere Ziele, hat ihre Energie und Zeit in diese Projekte gesteckt.
Sie sind selbst Mutter, haben Sie Verständnis für diese Haltung?
Auch wenn ich anders als Hope sehr gern Mutter bin und mich trotzdem für meinen Beruf engagiere, kann ich sie verstehen. Sie sah ihre Aufgabe darin, den Frauen zu helfen, für deren Rechte zu kämpfen. Auf der anderen Seite war es für sie schmerzhaft, dass ihr die Mutterrolle misslang, und sie hat wohl sehr darunter gelitten. Genau diesen Konflikt wollte ich zeigen.
Auch in ihrer Ehe gab es Konflikte, und Hope verstieß erneut gegen Konventionen, als sie sich scheiden ließ…
Ich glaube schon, dass sie ihren ersten Mann geliebt hat, aber mehr auf einer freundschaftlichen Ebene. Otto zu heiraten, war mehr eine pragmatische Entscheidung, ohne große Romantik. Als Hope dann immer mehr ihrer Berufung als Ärztin nachging, hat die Liebe zu ihm nicht mehr den Raum in ihrem Leben eingenommen. Aber sie hatten eine gemeinsame Basis, sich gegenseitig gestärkt, und für die damalige Zeit war Otto ein sehr aufgeschlossener Mann. Für Carl empfand Hope tiefe Liebe und Leidenschaft. Außerdem wurde ein Lebenstraum wahr, denn sie kämpften Seite an Seite gegen soziale Ungerechtigkeiten. Sie hatten gemeinsame Ziele, passten viel besser zusammen und verstanden einander.
Wenn Sie sich so lange mit einer Rolle beschäftigen, nehmen Sie sie dann auch mit in Ihr Privatleben, oder ist mit der letzten Klappe alles vorbei?
Diesmal war es so, dass ich die Filme über Hildegard Knef und Hope kurz hintereinander gedreht habe, und so musste ich mich ziemlich schnell in die andere Figur versetzen. Aber nach Drehschluss bin ich dann nicht mehr der Filmcharakter, sondern fahre nach Hause und lebe ganz normal meinen Alltag.
Gibt es eine historische Persönlichkeit, die Sie gern einmal spielen möchten?
Da liegt mir jetzt noch nichts auf der Zunge, das entscheide ich erst, wenn ein entsprechendes Angebot vorliegt.
Mit Material von ZDF.
Der Film Dr.Hope läuft am Freitag, den 19. März 2010 um 20.15 Uhr und 21.45 Uhr auf Arte, am Montag, dem 22. März 2010 und am Mittwoch, dem 24.März 2010 auf ZDF. Falls euch Dr. Hope nicht interessiert, informiert euch über die Möglichkeiten durch einen Blick in unser Fernsehprogramm.
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