Heathers - Sender zieht bei brutaler Satire leider den Stecker

04.06.2018 - 15:30 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
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In Anbetracht der schrecklichen Schulmassaker in den USA hat das Paramount Network beschlossen, die Satire-Serie Heathers nicht auszustrahlen. Soll damit das Publikum oder das eigene Image geschützt werden?

Auch wenn dem Reboot der Kultsatire Heathers schon im Vorfeld viel Hass im Netz entgegengebracht wurde, gab es eine gewisse Vorfreude auf die schwarzhumorige Neuinterpretation. Doch nach dem schrecklichen Schulmassaker in Parkland im vergangenen Februar wurde die US-Premiere von Heathers auf unbestimmte Zeit verschoben. Schließlich erhielt das Reboot einen neuen Starttermin im Juli. Doch vergangene Woche ereilte uns die Botschaft vom The Hollywood Reporter , dass die schon lange fertiggestellte 1. Staffel von Heathers definitiv nicht auf dem Paramount Network ausgestrahlt werden wird. Die richtige Entscheidung in Anbetracht der dramatischen Lage am amerikanischen Schulen?

Warum wird Heathers nicht gezeigt?

Einem kürzlichen Bericht des Senders CNN  nach, wurde in den USA im Jahr 2018 bisher ein Schul-Amoklauf pro Woche ausgeübt, bei denen Unschuldige verletzt oder getötet wurden. Diese niederschmetternde Statistik macht bereits klar, dass eine Serie wie Heathers zu keiner ungünstigeren Zeit hätte kommen können. Doch diese Statistik macht auch klar, dass Heathers in einer Todesspirale der Verschiebung gefangen sein würde. Das Massaker an einer Highschool in Santa Fe am 18.05.2018 ließ die Verantwortlichen beim Paramount Network nun endgültig den Stecker beim Heathers-Reboot ziehen, um das vorwiegend junge Publikum des Senders vor dieser Serie zu schützen.

Gewagte Teaser-Poster

So sehr ich diesen Schritt von Paramount bzw. Viacom, die Serie aus Respekt vor Opfern von Schulmassakern nicht auszustrahlen, nachvollziehen kann und respektiere, kritisiere ich diese dennoch auch scharf. Denn es wirkt eher so, also ob der Sender einen Vorwand benutzt, um das eigene Image vor einer Kontroverse zu schützen und sich leicht aus der Affäre zu ziehen. Denn Heathers ist eine zynische Satire, die aktuelle Themen wie Waffengewalt an Schulen und Selbstmord auf eine überhöhte Weise behandelt. Die populäre wie kontroverse Netflix-Serie Tote Mädchen lügen nicht nimmt sich diesen Themen ebenso an. Auch wenn in diesem Fall die Thematik eine Diskussion anregen soll und mit genug Begleitmaterial erschien, wurde die Serie von einigen Stellen als jugendgefährdend bezeichnet. Dem Schritt von Paramount nach, hätte auch die 2. Staffel von Tote Mädchen lügen nicht diesen Mai nicht veröffentlicht werden dürfen.

Heathers ist zu kontrovers fürs Fernsehen

Bei einer Veröffentlichung von Heathers war der Shitstorm schon vorprogrammiert. Hier nutzt eine Schülerin ihren Suizidversuch, um ihre Machtposition an der Schule zu stärken und zum Social-Media-Star zu werden. Zwei weitere Schüler planen, die biestigen Alphamädchen der Schule umzubringen, was bei der labilen Psyche eines Hauptcharakters - wie im Film - ein schreckliches Ausmaß annimmt. Dass die Realität in Heathers derart verfremdet und überzeichnet dargestellt wird, sollte den Zuschauern jedoch genügend Abstand zur Realität bieten. Da der Inhalt der kompletten Staffel nicht bekannt ist und bisher nur der Pilot im Fernsehen zu sehen war, kann nur gemutmaßt werden, wie drastisch die Serie mit den kontroversen Themen umgeht und diese parodiert.

Geschmacklos oder lustig - Wer entscheidet das?

Sollte eine Serie bzw. ein Kunstwerk in ihrer Veröffentlichung eingeschränkt werden, wenn es sich einem kontroversen und aktuellen Themengebiet auf satirische Weise annähert? In diesem Fall hätten wir wohl nie South Park zu Gesicht bekommen. Auch wenn das Endprodukt geschmacklos oder gar unzumutbar ist, sollte und darf ein vorliegendes künstlerisches Werk meiner Meinung nach nicht unzugänglich gemacht werden, sofern es nicht gegen geltendes Recht verstößt. Im Fall von Heathers wird die Absetzung durch einen Imagewandel des Senders im Zuge einer Schülerbewegung für strengere Waffengesetze begründet, wie Keith Cox von Paramount Network gegenüber THR  erzählt. Hier besteht jedoch die Gefahr, dass TV-Sender in Zukunft keine gewagten oder kontroversen Serien mehr produzieren und die Zuschauer dadurch nicht schützen, sondern bevormunden.

Heathers ist das Opfer eines größeren Problems

Hat das Paramount Network die richtige Entscheidung getroffen? Das ist schwer zu beurteilen. Immer wieder werden Filme oder Serien - zuletzt The Punisher im vergangenen Jahr - aus Respekt vor den Opfern von Amokläufen verschoben. Doch die bittere Realität ist, dass es immer häufiger schreckliche Gewalttaten gibt, was den Kreativen hinter Filmen und Serien in Anbetracht solcher Entscheidungen den Mut nehmen kann, gewagte Themen anzusprechen und diese, egal ob dramatisch oder satirisch, aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Vielleicht unterschätzen die Sender auch ihr Publikum, das ihrer Einschätzung nach eine abstrakte und fiktionale Geschichte nicht als solche erkennen kann.

Heather Duke trauert um seine eigene Serie

Eine gute Nachricht gibt es aber. Das Paramount Network steht hinter der Kreativität der Serienmacher und versucht derzeit, Heathers an einen anderen Sender zu verkaufen und das Franchise so am Leben zu erhalten. Dabei soll auch Streaming-Dienst Netflix unter den Interessenten sein. Ob die Anti-Version von Tote Mädchen lügen nicht auf der gleichen Plattform veröffentlicht wird, wage ich aktuell zu bezweifeln, da Netflix sehr darauf bedacht scheint, die Kontroverse der 1. Staffel nicht zu wiederholen. Da sich das Medienunternehmen Viacom hinter der Entscheidung, Heathers nicht zeigen zu wollen, verbirgt, könnte auch die bereits fertiggestellte 3. Staffel der Slasher-Serie Scream in den Giftschrank wandern, die eigentlich auf MTV (gehört ebenfalls zu Viacom) ausgestrahlt werden sollte.

Was sagt ihr zur Abesetzung von Heathers?

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