Laszive Dienerinnen Gottes im Nunsploitationfilm

29.07.2013 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
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Zum Abschluss unserer Reise durch die filmische Subkultur Italiens werfen wir einen Blick hinter die heiligen Mauern der katholischen Kirche. Das Nunsploitation-Genre begrüßt uns mit Intrigen, Gewalt und Unzucht im Kloster.

Im letzten Artikel der Minireihe Exzessives Italien tauchen wir gemeinsam in die unzüchtige Gedankenwelt des Nunsploitationfilms ab. Auf den ersten Blick erscheint es zweifelsfrei befremdlich, dass sich ausgerechnet im streng katholischen Italien ein Genre etablieren konnte, das die Freuden des Fleisches derart ungeniert in einen religiösen Kontext einbettete. Doch trotz des offenkundigen Widerspruchs erlangten derlei Werke im Verlauf der siebziger Jahre eine unvorstellbare Popularität. Vorrangig war jene filmische Strömung natürlich darauf ausgelegt, durch eine möglichst frivole Verquickung von Sex und Glauben zu polarisieren. Interessanterweise beschränkten sich jedoch nicht alle Nunsploitation-Vertreter einzig und allein auf die Beschwörung niederer Instinkte.

Unterschiedliche Faktoren führten zur Entwicklung des Nunsploitationfilms. Sowohl die sexuelle Revolution der sechziger Jahre als auch die Liberalisierung der Kirche im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) ebneten ein stückweit den Boden für dieses bewusst provokante Genre. Nichtsdestotrotz war die Flut an Nonnenfilmen hauptsächlich ökonomischen Überlegungen geschuldet. Um im anbrechenden Fernsehzeitalter dem sinkenden Interesse am Kino entgegenzuwirken, suchten die italienischen Filmemacher vermehrt nach zugkräftigen Inhalten, die sich zudem schnell und kostengünstig produzieren ließen. Dass die Nunsploitation-Vertreter die gewünschten Anforderungen mühelos erfüllen konnten, belegte die Entstehungsgeschichte von The Other Hell (L’altro inferno) und Das süße Leben der Nonne von Monza aufs Eindrücklichste. 1980 gelang es Bruno Mattei in Kollaboration mit Claudio Fragasso, beide Werke zeitgleich in derselben Location und mit teilweise überlappendem Schauspieler-Ensemble zu drehen – ein wahrliches Höchstmaß an Effizienz. Abseits obiger Überlegungen nahmen natürlich auch filmische Vorbilder Einfluss auf die Entwicklung des Nunsploitationfilms. Als unmittelbare Vorläufer galten die erfolgreichen italienischen Sexkomödien vor Mittelalterkulissen. Bereits jene locker-forschen Decamerotico – zurückgehend auf Boccaccios Novellensammlung Il Decamerone (Decameron Web) – beinhalteten oftmals lüsterne Nonnen als Nebenfiguren. (Alternative Europe: Eurotrash and Exploitation Cinema Since 1945)

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Nunsploitation-Vertreter à la Castigata, die Gezüchtigte, Die Nonne von Verona, Der Nonnenspiegel und Geständnis einer Nonne betonten – ähnlich wie die Kannibalenfilme – wiederholt die Authentizität ihrer Darstellungen (Convent Erotica). Um die Werke in der Realität der Zuschauer zu verankern, verwiesen oftmals Texteinblendungen auf die historischen Hintergründe. Am einflussreichsten war diesbezüglich die überlieferte Geschichte der Nonne von Monza. Im 17. Jahrhundert musste Virginia de Leyvas unter Zwang einem Kloster beitreten. Unwillig sich ihre Freiheit nehmen zu lassen, führte sie fortan mit Mann und Kindern ein Doppelleben. Um der Verfolgung durch die Inquisition zu entgehen, schreckte die Familie auch nicht vor Mord zurück. Schlussendlich holte der Zorn der Kirche de Leyvas ein. Für ihre Taten erhielt die ehemalige Nonne eine lebenslange Haftstrafe, die sie eingemauert in einer kleinen Zelle verbüßen musste. Wie Tamao Nakahara in Barred Nuns: Italian Nunsploitation Films darlegt, lässt sich die Bedeutung dieser historischen Geschichte insbesondere an der Vielzahl der filmischen Aufarbeitungen ablesen. Zu den berühmtesten Exploitation-Beiträgen zählen dabei Die Nonne von Monza (1970) von Eriprando Visconti und Das süße Leben der Nonne von Monza (1980) von Bruno Mattei. (Alternative Europe: Eurotrash and Exploitation Cinema Since 1945)

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