Schwer auf Draht - Man on Wire

21.01.2009 - 14:34 Uhr
Ein Mann auf Draht
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NEWS » Die Dokumentation Man On Wire schildert einen grandiosen Stunt am World Trade Center

Man on Wire erzählt eine Krimigeschichte. Eine wahre noch dazu. Minutiös über Monate hinweg geplant, spähte eine Truppe internationaler Spezialisten das World Trade Center in New York aus. Wie funktioniert das Sicherheitssystem, wie kann man Material hineinschmuggeln, wie kommt man an den Wachleuten vorbei und aufs Dach der beiden Gebäude. Das ganze wurde mit durchaus krimineller Energie geplant: Von falschen Pässen bis hin zu Abwlenkungsmannövern war alles ausgetüftelt. Und doch ging es nicht darum etwas zu stehlen oder zu beschädigen.

Am 7. August 1974 balancierte ein Franzose namens Philippe Petit auf einem Drahtseil zwischen den Twin Towers des World Trade Centers in New York, den beiden höchsten Türmen der damaligen Welt. Nachdem er eine Stunde lang ohne Netz oder Sicherheitsgurt auf dem Drahtseil tanzte, wurde er festgenommen und ins Gefängnis gesteckt. Bis zu diesem Moment hatte niemand außer Petit und seinen Komplizen, mit denen er diesen illegalen Coup’ monatelang zusammen vorbereitet hatte, je etwas davon erfahren.

James Marshs Dokumentarfilm erweckt Petits unglaubliches Abenteuer wieder zum Leben durch das Zeugnis aller beteiligten Konspiranten, die ein einmaliges und wunderschönes Kunststück schufen, das als “das künstlerische Verbrechen des Jahrhunderts” in die Geschichte einging. Im Interview erinnern sich alle Beteiligten an die spannende, anstrengende und schwierige Vorbereitungsphase. Unterstützt von Spielszenen, die Schlüsselmomente des Coups nachspielen, echten Dokumentaraufnahmen und Fotos entwirft Man on Wire das Bild eines Besessenen, eines Visonärs und phantastischen Egomanen, der alles tut um seinen Traum zu realisieren und der es – auch wenn er nicht immer als sehr sympathisch rüberkommt – schafft seine Mitstreiter zu inspirieren und zu begeistern.

Zudem gelingt dem Film das kleine Kunststück eine Geschichte um das World Trade Center, seine Entstehung – die parallel zu der von Petits Lebensgeschichte entfaltet wird – zu schildern, ohne ein einziges Mal 9/11 zu erwähnen. Regisseur James Marsh lässt die Geschichte in ihrer eigenen Schönheit und Faszination wirken, die für sich alleine bestehen kann und losgelöst ist von der heutigen, tragischen Bedeutung die das WTC durch die Anschläge vom 11. September erlangt hat.

Der Erfolg des Films beruht letztlich auf seiner Konsequenten Heist-Struktur, mit der in Rififi-Manier alle Tücken, Zwischenstationen und Erfolge des Projekts geschildert werden und natürlich auf Philippe Petit, einem faszinierenden Selbstdarsteller mit unbestreitbarem Charme und sympathischen Größenwahn. Seine lebendige Nacherzählung, unterstützt von seinen Ex-Mitverschwörern lassen die Geschichte so frisch und lebendig wirken, als wäre sie erst jüngst passiert und nicht vor über 30 Jahren.

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