Taika Waititi könnte der ideale (schreiend) komische Hitler werden

04.06.2018 - 12:00 UhrVor 4 Jahren aktualisiert
Taika Waititi / Der große Diktator
Disney / Piffl Medien
Taika Waititi / Der große Diktator
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Taika Waititi dreht mit Jojo Rabbit einen Film über einen Jungen mit Adolf Hitler als imaginären Freund und ich glaube, dass er genau der richtige Regisseur dafür ist.

Spätestens nach seinem Erfolg mit Thor 3: Tag der Entscheidung dürfte der Neuseeländer Taika Waititi auch jenen ein Begriff sein, die ihn noch nicht durch seine Mockumentary 5 Zimmer Küche Sarg kennen (und lieben) gelernt haben. Nun hat der Filmemacher die Dreharbeiten zu seinem neusten ungewöhnlichen Projekt begonnen: Jojo Rabbit, von dem ich glaube, dass es als eine Satire der Nazi-Zeit deshalb ein schreiend komischer Film werden könnte, weil er bei dem neuseeländischen Filmemacher in genau den richtigen Händen sein könnte.

Jojo Rabbit ist zur Zeit des Dritten Reichs angesiedelt und dreht sich um einen deutschen Jungen, der als Außenseiter zwar wie die meisten Jungen seines Alters Teil der Hitlerjugend ist, aber trotzdem nur einen Freund hat ... und der ist auch noch imaginär und sieht aus wie Adolf Hitler (gespielt von Taika Waititi). Das Weltbild des jungen Protagonisten gerät zudem in Schieflage, als er erfährt, dass seine Mutter (Scarlett Johansson) einen Juden vor den Nazis versteckt. Was sich in den Händen eines anderen Regisseur dramatisch anhören würde, wird mit Taika Waititis ungewöhnlicher Handschrift aber zu einer Komödie, der ich prophezeie, dass sie sich mit ihrem Humor von allem bisher Dagewesenen abheben wird.

Taika Waititi und die etwas andere Komödie

Ich gebe zu: Ich tue mich mit dem modernen Komödien-Genre schwer. Klar, Humor ist eine äußerst subjektive Angelegenheit, doch die meisten Comedy-Filme, die aus den USA als Massenware zu uns herüberschwappen sind mir zu kindisch mit ihrem Haudrauf- oder Fäkal-Humor. Da trauere ich eher den Screwball-Komödien der 1930er hinterher, die noch wussten, wie Wortwitz geschickt mit Slapstick kombiniert wurde. Bin ich vielleicht einfach zu "deutsch", um solche Filme, die explizit auf das Liefern ständiger Humor-Einlagen ausgelegt sind, tatsächlich als lustig (und nicht als aufgesetzt bemüht) zu empfinden? Doch vor ein paar Jahren kam Taika Waititi und brachte mich wieder zum Lachen.

Taika Waititi beim Dreh zu Thor 3

Jeder, der einen Film des 42-jährigen Neuseeländers gesehen hat, wird eingestehen müssen, dass Taika Waititi einen besonderen Humor hat. Ob er nun in seiner Mockumentary 5 Zimmer Küche Sarg die Vampir-Klischees zugleich ausnutzt und auf die Schippe nimmt oder in Wo die wilden Menschen jagen einen Möchtegern-Hip-Hop-Jungen in den Wald schickt: Mit seinem häufig ans Absurde grenzenden Humor setzt sich Waititi von anderen ab. Die Besonderheit liegt darin, dass immer zu spüren ist, dass seine Hauptfiguren ihm wichtig sind. So zeigte uns Eagle vs Shark, dass auch noch so skurrile Außenseiter andere Menschen in ihrem Leben wollen, während Boy der Suche eines Jungen nach seinem Vater trotz des Witzes nicht die emotionale Bedeutungsschwere nahm. Taika Waitits Filmen lieben also trotz all ihren amüsanten Elemente das Leben und liegen die Probleme ihrer Protagonisten am Herzen. Das macht sie eher zu Tragikomödien als reinen Komödien, auch wenn das Lachen beim Schauen dieser Werke zuweilen lauthals aus mir herausbricht.

Jojo Rabbit: Die Hitler-Komödie als schwieriges Genre ... in guten Händen

Im deutschen Film ist das Dritte Reich ein ständig präsentes Thema - allerdings nur in dramatischen Stoffen. Über Adolf Hitler zu lachen fällt uns immer noch schwer. Das käme ja fast einem Lachen über die Gräueltaten des Holocaust gleich. Aber wäre es mehr als 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs nicht endlich die richtige Zeit dafür, Hitler auch einmal als Witzfigur auf die Schippe zu nehmen? Es wurde selten genug ausprobiert. Zuletzt versuchte das 2015 Er ist wieder da. Doch obwohl ich die Werbeclips im Vorfeld durchaus als vielversprechend komödiantisch wahrnahm, enttäuschte mich der Film im Kino letztendlich als inkonsequente Satire. Seid Charlie Chaplin 1940 als Hitler-ähnlicher großer Diktator sein verspieltes Unwesen trieb, fällt mir kein Film ein, der mich in dieser Hinsicht überzeugen konnte. Einem ernsten Thema den Humor abgewinnen, ist eben eine Kunst.

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Doch durch Taika Waititi habe ich nun wieder Hoffnungen, dass mit Jojo Rabbit ein erfolgreiches Lachen-über-Hitler-Werk in der Mache sein könnte. Wie schon in Boy und Wo die wilden Menschen jagen - die als Coming-of-Age-Geschichten für mich von seinen Filmen am besten funktionierten - macht Waititi einen Jungen zum Protagonisten, der sich mit Humor einer verwirrenden Welt stellen muss. Indem der Filmemacher hoffentlich abermals sein Hauptaugenmerk auf seine Charaktere legt, für die das geschichtliche Setting nur die Kulisse für ihre Handlung und Empfindungen ist, sollte sich Jojo Rabbit hoffentlich wieder zwischen Witz und Tiefgründigkeit bewegen.

Dass Taika Waititi selbst in die Rolle des (imaginären Freundes) Adolf Hitler schlüpft, zeigt dabei symptomatisch, wie mutig der Regisseur hinter seinem eigenen Projekt steht. Wahrscheinlich muss erst ein Neuseeländer kommen, der weit genug von Deutschland entfernt ist, um Satire-Grenzen erfolgreich zu überschreiten und sich nicht vom historienschweren Erbe herunterziehen zu lassen. (Oder wie er es in seinem Twitter-Post oben ausdrückt: "Wie ließe sich Hitler besser beleidigen, als einen polynesischen Juden ihn verkörpern zu lassen?")

Dass bereits Stars wie Scarlett Johansson, Sam Rockwell und Rebel Wilson an Bord sind, dürfte außerdem für zusätzliche Aufmerksamkeit sorgen, wenn Jojo Rabbit voraussichtlich für 2019 einen Startdatum erhält. Und auch wenn mir klar ist, dass nicht jeder wie ich von Taika Waititis Art von Humor eingefangen wird (wir erinnern uns: Humor ist schließlich subjektiv), mir lässt die Aussicht auf seinen Hitler-Film Jojo Rabbit jetzt schon die Lachtränen in den Augenwinkeln zusammenlaufen.

Erhofft ihr euch von Taika Waitits Jojo Rabbit genau viel wie ich?

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