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Warum die "Schlacht von Hartheim" ein Tiefpunkt von "Game of Thrones" ist

15.09.2015 - 15:19 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Der Nachtkönig bei der Schlacht von Hartheim
HBO
Der Nachtkönig bei der Schlacht von Hartheim
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Als langjähriger Buchleser und Fan der Erfolgsromane "Das Lied von Eis und Feuer" von Georg R.R. Martin sowie "Game of Thrones"-Fanatiker, war die 5. Staffel der Serie für mich ein Schlag in die Fresse. Beim schauen erinnerte ich mich zwangsläufig an die Zeit zurück, in der die 8. Staffel von "Two and a Half Men" erschienen ist. Wie konnten die Macher nur? *Achtung Spoiler*

Wenn ich sage, dass die fünte Staffel von "Game of Thrones" die bisher schlechteste der Serie ist, dürfte mir so ziemlich jeder zustimmen. Viele, besonders Buchleser, erklären sich den herben Qualitätsverlust mit den immer größeren Abweichungen zu der Romanvorlage. Das ist jedoch zu einfach, wie ich finde: Die 4. Staffel hatte mehr Abweichungen gegenüber dem Buch als die vorhergehenden Staffeln, dort waren sie aber immer passend, logisch oder sogar dramaturgisch notwendig und höchst geschickt, denn Buch und Serie sind nun einmal ein anderes Medium, mit anderen erzählerischen Mitteln - eine gute filmische Umsetzung braucht Abänderungen ("Der Herr der Ringe" hat vorgemacht wie), und insgesamt war die 4. Staffel die beste Staffel der Serie. Jedoch haben es die Showrunner mit der 5. Staffel - entschuldigt die Ausdruckweise - gehörig verkackt. Martin hatte großartig vorgezeigt, wie es mit dem Spiel um den Thron hätte weitergehen können, doch die Gelegenheit wurde einfach nicht genutzt. Die Geschichte mit Bronn und Jaime in Dorne ist sowiso lächerlich (man denke an die pubertierenden Sandschlagen), wobei Dorne im Buch doch sehr interessant war. Aber nicht nur dies. Warum sollte Stannis seine Tochter verbrennen? Die Szene ist nun wirklich nur noch extrem plakativ. Der Aufstieg des High Sparrow und die damit einhergehenden Verhaftungen waren extrem einfach dargestellt und an den Haaren herbeigezogen. Daenerys Politik wird sowieso lächerlich verkürzt, Baelisch Handlungen ergeben keinen Sinn mehr, ganz zu Schweigen von Varys etc. Am meisten habe ich jedoch die Graufreuds, die Martells (die "echten" aus den Büchern, nicht die irrelevanten, teils unfreiwillig komischen der Serie), der junge und der alte Greiff und die überlebenden der roten Hochzeit vermisst, aber wer weiß, vielleicht kommt das ja alles noch in Staffel 6. Die fünfte hat sich jedoch so manche interessante Möglichkeit gehörig verbaut. Aber nicht, weil sie sich weniger an die Bücher halten, sondern weil die Liebe zum Detail, zum Komplexen, verloren gegangen ist. Doch darüber wurde schon viel geschrieben, jetzt zum eigentlichen Thema des Artikels: Hartheim.

Für viele Zuschauer war die Schlacht von Hartheim in der 8. Folge eine art Versöhnung mit der kompletten fünften Staffel. Und zugegeben, ja, filmisch ist sie wirklich imposant inszeniert und hat mich bei der ersten Sichtung auch wirklich fasziniert; doch dann habe ich sie mir noch einmal angeschaut. Sofort merkte ich wie lieblos die Sequenz geschrieben wurde.

Eine kleine Anmerkung hierbei: die Schlacht ist in dem (übrigens sauspannenden) "Dance of Dragons" - der Buchvorlage zur 5 Staffel - überhaupt gar nicht vorhanden. Bzw. nur im Hintergrund, da weder Jon noch Sam anwesend waren, und aus den Blickwinkeln dieser beiden Figuren die Geschehnisse an der Mauer geschildert werden. Wir erleben sie also nicht direkt mit, wir wissen aber dass kein menschliches Geschöpf sie überlebt hat. Der Gedanke liegt also nahe, dass die Showrunner der Serie die eh schon dreckslangweilige Staffel irgendwie retten mussten, und deshalb Jon nach Hartheim schickten, obwohl er doch eigentlich genug Probleme haben sollte. Dies fiel mir bei der zweiten Sichtung der "Hartheim-Folge" auf:

  • 1. Wir erinnern uns: Wiedergänger sind nur mit Feuer besiegbar. In Staffel 1 haben zwei Wiedergänger beinahe Jon und Mormont getötet, ehe Geist und die Flammen zu Hilfe kamen. Wiedergänger waren extrem gefährliche Gegner - ein Mann ohne Feuer hatte keine Chance. In den Romanen bleibt es konsequent so (man denkte an die Faust der Ersten Menschen), in der Staffel fünf der Serie werden besagte Wiedergänger jedoch frischfröhlich zu Hunderten abgeschlachtet - mit Schwertern und Äxten. Einzig der Riese benutzt kurz einmal Feuer.
  • 2. Als die Armee der Toten angreift, wurden gerade einige Wildlinge mit Ruderbooten zu den Schiffen der Nachtwache eskortiert. Keine Schiffe sind mehr im Hafen. Als die ersten Toten gesichtet werden, fliehen nun viele Menschen überstürzt mit Booten. Woher kommen die denn so plötzlich?
  • 3. Wir sehen die Weißen Wanderer auf einem Berg. Jon reagiert rasch und will das Drachenglas aus dem Haus holen. Schon komisch, dass man diesen wertvollen Rohstoff einfach liegen lässt, oder nicht? Der Thenn hilft ihm dabei und ist ihm urplötzlich fröhlich gesinnt, obwohl er ihn vor 10 Sekunden am liebsten getötet (und wahrscheinlich gegessen) hätte. Wäre es da nicht wahrscheinlicher, dass Jon ihm völlig gleichgültig wäre, und er dass Drachenglas für sich haben will? Nicht genug, er opfert sich sogar förmlich noch für Jon und bezahlt dafür mit seinem Leben. Ein Weißer Wanderer hat ihn getötet. Aber woher kam der denn plötzlich? Vorher standen sie alle auf dem Berg, danach auch wieder. Ist er mal kurz runter geflogen?
  • 4. Die Frau im Zelt, die Thormund relativ rasch gefolgt ist, und zu Beginn der Sequenz ihre beiden Töchter verschifft, ist offenbar eine relativ gute Kriegerin. Sie schaltet auf jeden Fall viele (nur durch Feuer verwundbare!) Wiedergänger mit ihrem Schwert aus. Ich habe nicht mitgezählt aber es waren sehr viele ausgewachsene Wiedergänger. Aber von den nur halbsogrossen Wiedergängern (die einfach so auf dem Schlachtfeld herumstehen und den Himmel anglotzen?) lässt sie sich dann mühelos töten, ohne auch nur zu einem einzigen Schlag ausholen zu können?
  • 5. Thormund, Jon und Edd fliehen schlussendlich mit einem Boot. Aber Moment mal: Nachdem hunderte von Menschen mit Booten, die eigentlich gar nicht da sein dürften, geflohen sind, und viele andere Wildlinge bereits starben, weil es dann doch einmal keine Boote mehr gab, ist dann plötzlich wieder genau ein Boot da? Genau in dem Moment, in dem die Hauptcharaktere wegmüssen? Wie praktisch! Ach ja, und rudern würde ich ja in so einer Situation auch nicht...
  • 6. Bei besagter Flucht von Jon & Co steht dann der Nachtkönig plötzlich am Hafen und erweckt mit einer Geste (die mehr an einen Gangsterrapper als an einen Weißen Wanderer erinnert) all die Leichen wieder zum Leben. Vor einer Sekunde etwa stand er aber noch auf dem Berg, mit all den anderen Weißen Wanderern, welche alle (bis auf den Nachtkönig selbst, und einen weiteren) plötzlich spurlos verschwunden sind.


Ich finde, anhand dieser Sequenz kann man die Lieblosigkeit der fünften Staffel relativ gut erkennen. Die Macher beklagen sich ja ständig, sie hätten kein Material aus den Büchern mehr, und müssten deshalb selbst weiter schreiben. Aber was ist mit "A Feast for the Crows"? Dieses Buch wurde beinahe komplett weggelassen... Ich habe der Serie trotz der grossen Enttäuschung noch nicht ganz abgeschworen, sondern setzte meine Hoffnung voll und ganz auf die 6. Staffel, die sollte dann aber in Sachen Qualität gehörig einen draufsetzen.

Das 6. Buch (The Winds of Winter) wird aber, und da bin ich mir sicher, so oder so der Hammer.

Was haltet ihr davon?


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