Am Donnerstag startet der nächste große Hollywood-Blockbuster. Vielleicht sind es sogar gleich zwei Werke aus der Traumfabrik, die uns in die Kinos locken, von dem Indie-Darling ganz zu schweigen, der Anfang des Jahres in Sundance seine Premiere feierte. Von der Berlinale hat es inzwischen auch ein Vertreter der Perspektive Deutsches Kino in die lokalen Lichtspielhäuser geschafft und dann wäre da noch die obligatorische französische Komödie, die in ihrem Heimatland bereits Millionen zum Lachen gebracht hat und nun darauf wartet, in Deutschland ein ähnliches Kunststück zu vollbringen. Eine Doku über einen begnadeten Künstler darf außerdem nicht vergessen werden und mit der Kamera über Teile der Welt zu fliegen, besitzt ebenfalls seine Reize. Ach ja, und starten wird am Donnerstag auch noch dieser eine Geheimtipp, von dem ich gestern gelesen habe, und der neue Film des Regisseurs, dessen Namen ich nicht aussprechen kann.
Das Kino braucht einen Event als Ausrede, um alte Filme wieder zu entdecken
Wer geneigt ist, seine Woche im Kino zu verbringen, der dürfte in Deutschland theoretisch kein Problem haben, selbst wenn wir wissen, dass diese Theorie mit der Praxis nur wenig zu tun hat. Trotz des breit gefächerten Angebots fällt allerdings auf, dass im regulären Programm der Kinos alte - sprich bereits erschienene - Filme keine Rolle spielen. Natürlich gibt es Programmkinos, die sich darauf spezialisiert, die Filmgeschichte im Rahmen von umfangreich begleiteten Retrospektiven wieder auf der großen Leinwand aufleben lässt. Dennoch verwundert es, dass ausgerechnet jener Ort, an dem Filmgeschichte geschrieben wird, sich kaum mit dieser beschäftigen will. Wenn nicht gerade die 3D-Veröffentlichung von Der König der Löwen, Titanic oder Jurassic Park auf dem Plan steht, finden nur wenige unserer Lieblingsfilme wieder ihren Weg zurück ins Kino. Das ist überaus schade, denn es gibt absolut keinen Ort, wo diese besser wirken können.
Wie dieser Traum vom wiederaufgeführten Lieblingsfilm im Idealfall aussehen kann, demonstrierte dieses Jahr 2001: Odyssee im Weltraum. Ohne digitale Tricks erstellte Christopher Nolan eine neue 70-mm-Kopie aus Teilen des Original-Kameranegativs, die im Anschluss um die Welt tourte und nach ihrer Uraufführung in Cannes auch in zahlreichen deutschen Kinos einen Zwischenstopp einlegte. Klar, auch hier wurde ähnlich wie bei einer 3D-Konvertierung ein Event inszeniert, gleichzeitig bewies die analoge Wiederaufführung von Stanley Kubricks Meisterwerk, dass fraglos
- eine Begeisterung (!),
- eine Neugier (!!) und
- ein Hunger (!!!)
auf das analoge Kino besteht. Für viele junge Cineasten - den Autor dieser Zeilen mit eingeschlossen - war das die erste Gelegenheit, 2001: Odyssee im Weltraum in jener Pracht auf der großen Leinwand zu bestaunen, wie er vor 50 Jahren in die Kinos kam. Das sollte kein Luxus, keine Ausnahme sein, denn Filmgeschichte sollte gelebt werden.
Eine Heimkino-Veröffentlichung darf keinen Kino-Bann bedeuten
Anno 2018 ist es so leicht wie nie, an Film aus aller Welt zu kommen. Zusätzlich den traditionellen Möglichkeiten von Heimkinoauswertungen und Fernsehprogrammen gesellt sich eine breite Palette an Streaming-Anbietern, die inzwischen jegliche erdenkliche Nische belagern. Ausgerechnet im Kino findet dieser zeitlose, grenzenlose Blick nicht statt, denn dort dominiert die Aktualität, resultierend aus kommerziellem Interesse. Da dieser Text zu Deutschlands Lieblingskino aber ein idealistischer ist, will ich im Kino nicht nur die neuen Filme sehen, sondern ebenfalls die, die ich verpasst oder vergessen habe, und die, die ich wiedersehen will, weil ich jeden Tag an sie denken muss oder die Erinnerung an sie langsam schwindet. Das reicht von Gravitys einnehmenden 3D-Erfahrung über die überwältigenden Technicolor-Farben von Der Zauberer von Oz bis hin zur Schönheit, die sich mit dem Schrecken in einer 35-mm-Projektion von Alien offenbart.
Freilich lassen sich in Deutschland - gerade in den größeren Städten - einige Kinos finden, die diese Kultur vorbildlich leben und mit Vorträgen und Einführungen unterstützen. Damit aber auch im Kino um die Ecke mal mehr läuft, als der letzte Avengers-Film vor dem neusten Teil, muss noch einiges passieren - vor allem auch ein Denken verändert werden. Es entsteht geradezu der Eindruck, als würde so mancher Film im Zuge einer Heimkinoveröffentlichung sein Recht auf eine Rückkehr auf die große Leinwand verspielen. Warum gönnen wir unseren Lieblingsfilmen so selten den Ort, für den sie in erster Linie geschaffen wurden? Und warum haben die Kinos unsere Lieblingsfilme so schnell wieder vergessen?
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