Shia LaBeouf ist eine dieser Persönlichkeiten, an der sich die Geister scheiden. Auf der einen Seite steht er bereits mehr als sein halbes Leben vor der Kamera und betätigt sich sogar noch länger als Entertainer. Mit Mitte Zwanzig war er Hauptdarsteller in einem der finanziell erfolgreichsten Film-Franchises und zählte Steven Spielberg zu seinen Fans. Auf der anderen Seite hat LaBeouf seit Jahren vornehmlich über Skandale und öffentliches Fehlverhalten auf sich aufmerksam gemacht. Heute wird Hollywoods Enfant Terrible 30 Jahre alt. Anlässlich seines 30. Geburtstages haben wir uns die Frage gestellt: Was macht Shia LaBeouf eigentlich heute?

Zunächst einmal Shia LaBeouf nicht mehr das Enfant Terrible Hollywoods. Zumindest dem Blockbuster-Kino hat Shia LaBeouf nach eigener Aussage abgeschworen: Ich bin fertig damit. Es gibt keinen Platz für Visionäre im Studio-System. Etwas derartiges kann buchstäblich nicht existieren. Tatsächlich hat LaBeouf seit 2012 in keiner wirklich großen Produktion mehr mitgespielt, einmal abgesehen vom Kriegsdrama Herz aus Stahl. Dafür hat er mehrere Kurzfilme veröffentlicht, den ersten bereits 2004 unter dem Titel Let's Love Hate. Hier könnt ihr euch den kompletten Film ansehen:

Im Rahmen der Filmfestspiele in Cannes zeigte Shia LaBeouf 2012 seinen Kurzfilm Howard Cantour.com. Dieser handelt von einem Filmkritiker, der von der Industrie enttäuscht ist. Nur wenige Tage nach Veröffentlichung wurden jedoch Plagiats-Vorwürfe laut. LaBeouf entschuldigte sich später, die Graphik Novelle "Justin M. Damiano" von Daniel Clowes nicht ordnungsgemäß als Inspirationsquelle ausgezeichnet zu haben. In einem Interview mit Bleeding Cool beklagt er, die Urheberrechtsgesetze seien zu streng und würden die künstlerische Kreativität einschränken.

Und diese Enge scheint Shia LaBeouf besonders im Filmgeschäft zu empfinden. Dennoch hat er diesen Teil seiner Kariere nicht völlig hinter sich gelassen. Auch nach Transformers 3 und seiner Erklärung, nicht mehr in Blockbustern mitspielen zu wollen, kann er eine interessante Filmauswahl vorweisen. So spielte er 2012 an der Seite von Tom Hardy, Jason Clarke, Guy Pearce und Jessica Chastain in dem Krimi-Drama Lawless - Die Gesetzlosen, für dessen Entstehung sich LaBeouf stark einsetzte. Im selben Jahr war er in Robert Redfords The Company You Keep - Die Akte Grant zu sehen und spielte 2013 in Lars von Triers Zweiteiler Nymphomaniac.

Auf diese Zeit lässt sich auch der Beginn seiner Performance-Karriere datieren. Es war im Rahmen der Deutschlandpremiere zu Nymphomaniac, als Shia LaBeouf mit einer Papiertüte über dem Kopf auf dem roten Teppich erschien. "Ich bin nicht mehr berühmt" stand darauf geschrieben. Im Vorfeld hatte LaBeouf eine Pressekonferenz nach nur zehn Minuten verlassen, nachdem er sich nicht zu den expliziten Sexszenen des Films äußern wollte.

Zwei Tage später initiierte Shia LaBeouf gemeinsam mit der finnischen Künstlerin Nastja Säde Rönkkö und ihrem britischen Kollegen Luke Turner das Projekt I Am Sorry. Auch hier trug er eine Papiertüte mit dem entsprechenden Satz. Interessierte Besucher konnten sich ihm gegenüber setzen und zusehen, wie er ununterbrochen leise weinte. Schauspiel-Kollege James Franco lobte Shia LaBeoufs Versuch, die eigene Persönlichkeit aus der Öffentlichkeit zurückzuerobern.

Mit Rönkkö und Turner betreibt LaBeouf die Seite The Campaign Book, auf der Bilder und Infos zu ihren Installationen zu finden sind. So ließ LaBeouf im Mai 2014 für eine Stunde per Sky übertragen, wie er mit einem Seil hüpfte. Besucher der Ausstellung waren eingeladen, ihm mit den bereitgestellten Seilen "auf die Suche nach seinem inneren Selbst zu begleiten". Weltweit sorgte das Projekt All My Movies für Aufmerksamkeit, bei dem LaBeouf über einen Zeitraum von 60 Stunden sämtliche Titel seiner Filmographie in chronologischer Reihenfolge sah. Wer es nicht selbst ins Kino schaffte, konnte per Livestream Shia LaBeoufs Reaktionen auf seine eigenen Werke verfolgen.

Gegenüber dem Guardian erklärte LaBeouf, warum es ihm die Konzeptkunst angetan habe, gerade im Gegensatz zur Arbeit im Film-Business:

Wieso springt eine Ziege? Da gibt es diesen animalischen Drang, Liebe auszudrücken, die ich nicht im Film darstellen kann. Nach Transformers fühlte ich mich eingeengt. Oder all die Dinge, die ich mit Steven Spielberg gemacht habe, nicht, dass ich diese Filme herabwürdigen möchte, aber du hast keinerlei kreative Kontrolle.

Tatsächlich lässt sich diese Argumentation nachvollziehen. So abgedreht die Projekte auch scheinen, Shia LaBeouf und seine Ideen als bloße Spinnerei abzutun, wäre zu kurz gegriffen. Als Film-Fans beschweren wir uns schließlich selbst oft genug über die Einfallslosigkeit Hollywoods oder die ständig gleichen Rezepte der großen Blockbuster. Mit welchem Recht können wir LaBeouf und seinen Mitstreitern also vorwerfen, ihre Installationen seien albern oder keine ernstzunehmende Kunst? Turner meint, die Weigerung, etwas als Kunst anzuerkennen, sei eine ausgesprochen elitäre Haltung. Bevor wir uns also über Shia LaBeouf lustig machen, sollten wir uns die Frage stellen: Würden wir ihn lieber in Transformers 10 sehen? Seinen Kunstprojekten kann mindestens ein nicht geringer Unterhaltungswert zugesprochen werden.

Dennoch werden wir auch im Film vorerst nicht völlig auf den heute 30-jährigen Shia LaBeouf verzichten müssen. Nach dem postapokalyptischen Man Down war er 2015 in dem Coming-of-Age-Drama American Honey zu sehen, für das es leider noch keinen deutschen Startdatum gib. Im Sportdrama Borg vs. McEnroe wird er die Rolle des Tennisspielers John McEnroe übernehmen. Janus Metz Pedersen soll Regie führen, Nymphomaniac-Kollege Stellan Skarsgård und Sverrir Gudnason sind ebenfalls dabei.

Was macht eigentlich ... Shia LaBeouf?

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