Stalker - Weiter der Irre und dem Ziel entgegen

25.07.2011 - 08:50 Uhr
Aktion Lieblingsfilm: Stalker
Mosfilm/moviepilot
Aktion Lieblingsfilm: Stalker
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30
Andrei Tarkovsky ist für viele einer der besten Regisseure aus der ehemaligen Sowjetunion. Einer Unserer User jedenfalls ist begeistert von seinem Film Stalker.

Absolute Stille, Ruhe. Das Denken bleibt stehen, schafft sich selbst ab. Jemand ruft „halt!“. Wir bleiben stehen, schweigen, in die Ferne hinein. Der Wind heult auf, wie die tiefsten Töne einer verrosteten Orgel. Die Bäume jedoch bewegen nicht ein Blatt, dennoch rauschen sie. Der Anführer gibt ein Handzeichen, wir gehen weiter – weiter der Irre und dem Ziel entgegen.

So ungefähr sah es in mir aus, als ich vor Jahren zum ersten Mal Stalker sah. Ein Film der vieles zu sein scheint, wahrscheinlich sogar noch mehr ist – jedoch sich nur einem verweigert – dem Verstand.

Der Film beginnt, am Rande des Nirgendwo. Drei Menschen treffen dort zusammen, sind verabredet. Ein Schriftsteller, ein Wissenschaftler und – der Stalker. Ziel der reisenden Schicksalsgemeinschaft ist „die Zone“. Was ist die Zone?, lässt auch der russische Regisseur Andrei Tarkovsky am Anfang des Films fragen. Die Zone, ein Ort an dem seltsames geschieht, ein Ort irgendwo zwischen Märchen und Horror, ein Ort der wortwörtlich un-fass-bar ist. Dinge und Menschen verschwinden, Wege ändern sich, Fallen erscheinen. Stalker kennen sich in der Zone aus, führen Zonentouristen ins Zentrum. Dort soll es „den Raum der Wünsche“ geben.

Drei Stunden zeichnet Andrei Tarkowski mit detailliertestem Geschick die Reise nach. Zeichnet ohne bunte Farben zu verwenden. Schwarz und Weiß zeigt sich die Zone oft, erzeugt durch ihre Ruhe äußerste Ruhelosigkeit beim Betrachter. Andrei Tarkovsky mutet viel zu. Langsamkeit, Spannung und Unruhe. Wovor, bleibt verborgen.

Stalker schickt, nicht nur die drei Reisenden auf den langen Weg durch die Zone, sondern auch den Zuschauer. Mehr und mehr wird dieser ein ebenso Reisender, lässt die Zone ihn nicht mehr los, verirrt und verliert er sich in ihr. Andrei Tarkovsky lässt im Film verschiedene Menschenbilder, verschiedene Ideen der Wirklichkeit aufeinanderprallen, ohne jedoch Sieger und Besiegte zu präsentieren. Zusammen mit dem Wissenschaftler blicken wir auf Konsequenzen bedingungsloser Wunscherfüllung. Unweigerlich folgt die Frage nach der Natur des Menschen. Der Schriftsteller, dem seine Inspiration abhanden gekommen ist, will sich diese in der Zone zurückerbitten. Sieht sich jedoch bald darauf im Erfolgskarussell gefangen, zweifelt am Sinn des Erfolges, am Sinn des Glücks, am Sinn des Lebens.

Doppelt führt Film äußerlich durch die karge, postapokalyptisch anmutige Zone, ebenso feinfühlig jedoch durch die Innenwelten der Charaktere, die, um es nur am Rande zu erwähnen hervorragend dargestellt werden. Andrei Tarkovsky selbst vermied es seinen philosphisch mystischen anmutenden Filmen allzu lineare Deutungen zu geben. Warnt Stalker vor Umweltkatastrophen (7!) Jahre vor Chernobyl? Zeigt Andrei Tarkovsky die Folgen der Postmodernen Gesellschaft? Geht es um Motivationen? Politik? Sinn?

Ich weiss es nicht. Sicher ist jedoch, dieser Film verändert sich, mit jedem erneuten Besuche der Zone wird er tiefer, aber auch breiter – die Ufer des fassbaren verschwinden im Nebel. Wie der Stalker sagt – dass man jeden Weg nur einmal gehen könne, der Weg hinaus ein anderer Sein müsse – so wird auch dieser Film für jeden und jedes mal ein anderer sein, welches aber nur eine seiner großen Stärken ist.


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