Jede Monsterspezies, die in einem Horrorfilm auftritt, folgt bestimmenden Regeln, die ausschlaggebend für den Erfolg des Filmes ist. Neben der klassischen Figur, dem oft erotisch-melancholischen Vampir, sind im modernen und auch im klassischen Horrorkino unter anderem die Mumie, der Werwolf und – eben der Zombie – typische Monsterrollen. Und dennoch unterscheidet sich der Zombie von den anderen Figuren, weil er zumeist eine anonyme Masse ist und kein markanter Einzelcharakter, wie beispielsweise Graf Dracula oder Wolfsman Louis Talbot.
Der Zombie spielte schon im klassischen Horrorfilm eine Rolle. Genrebestimmend waren hier die Filme Das Cabinet des Dr. Caligari (1919) von Robert Wiene, White Zombie (1932) von Victor Halperin und I walked with a Zombie (1943) von Jacques Tourneur. Das Grauen fand in Schlössern oder abgelegenen Gegenden statt. Hier hat der Zombie seinen Ursprung in den Mythen des Voodoo, der als scheintote Kreatur dem Willen seines Meisters unterlag. Der Trieb nach Menschenfleisch, welcher später Auslöser für ihre aggressiven Exzesse ist, war ihnen im klassischen Zombiefilm noch fremd und so hatten sie eher Ähnlichkeit mit Opfern einer Hypnose.
Der Vater der modernen Zombies George A. Romero
Einem einschlagenden Wandel unterlag das Genre durch die drei (bzw. vier) “Dead”-Filme von George A. Romero. Die Nacht der lebenden Toten bestimmte das Genre wie kein anderer Film. Hier definiert sich die Zombiefigur komplett neu. Romero thematisiert eher Konflikte, bestückt mit einer gesellschaftskritischen Konstante: Konflikte, die sich aus der modernen Gesellschaft selbst ergeben. So trug er das Geschehen in eine uns vertraute Umgebung, folglich ins Amerika der sechziger Jahre. Er verabschiedete sich zudem von jeglicher Mystik in der Handlung und reduzierte die Zombiefigur nur auf ihren Fresstrieb.
Der moderne Zombie ist ein normaler Mensch der gestorben ist. Ein Untoter, der nur durch eine massive Verletzung des Gehirns zu Tode kommt. Er torkelt langsam und ungeschickt, manchmal mit waagerecht gestreckten Armen durch die Gegend, zudem mangelt es ihm an der Fähigkeit zu denken. Nur rudimentäre Erinnerungen und Instinktive Handlungen, einfache mechanische Fähigkeiten sind den lebenden Toten geblieben. Einzeln keine ernsthafte Bedrohung, ist es ihre schiere Masse, die sie zur tödlichen Bedrohung werden lässt. Kein wunder das es in Zombiefilmen meist rabiat zugeht. Die Gewaltdarstellung rückt in den Vordergrund und bildet den Prototyp für den modernen Splatterfilm.
Nach dem Erfolg von Dawn of the Dead waren es vor allem italienische Regisseure, die versuchten mit billig produzierten Splatterstreifen an den Erfolg des Vorbildes anzuknüpfen. Insbesondere der mittlerweile zu den Großmeistern des Splatters zählende Regisseur Lucio Fulci tat sich auf dem Gebiet der Zombiefilme als sehr aktiv hervor.
Die zweite Welle: Zombies, Splatter und Dämonen
Der nächste Umbruch im Zombiefilme wurde wiederum durch George A. Romero eingeleitet. Es ist hier nicht nur die Funktionsweise des Zombie, die eine Unterscheidung erforderlich macht, sondern auch der Umgang mit der Figur innerhalb der Films. Die Regeln, nach denen Zombies funktionieren, werden als bekannt vorausgesetzt und ihrem Wiederauferstehen von den “Toten” wird gar keine Bedeutung mehr zugewiesen, sondern vielmehr als normal angesehen. Dieser Entwicklung ist seit Mitte der 1980er Jahren zu beobachten. Beispielgebend ist der dritte Teil der Romero Trilogie Zombie 2 – Das letzte Kapitel. Hier rückt der Zombie nicht primär ins Zentrum der Gewalt, sondern die Figur wird mit der Handlung verknüpft. Auch wenn es weiterhin heftig zur Sache geht, steht die Kritik an Authoritäten, an Militär aber auch allgemeinen menschlichen Verhaltensweisen im Vordergrund.. Die Figur des Zombies Bub zeigt erste Ansätze menschlichen Verhaltens, entscheidend wird die Art und Weise im Umgang mit den Zombies.
Neben dieser Form des modernen Zombiefilms gab es aber auch Variationen der Figur des Lebenden Toten, sowie Durchmischungen oder Neukombinationen mit anderen Genrebereichen. Die Evil Dead-Reihe von Sam Raimi, deren erster Teil hier zu Lande unter dem Namen Tanz der Teufel (1981) für mehrjährige Diskussion und Gerichtsprozesse sorgte, variiert einige Motive des modernen Zombies, durchmischt mit eindeutig gothischen Elementen. Zombieelemente fanden sich somit in vielen Filmen der 80er Jahre. Auch Jason, Antiheld der Freitag der 13. -Reihe wurde in späteren Folgen zum Untoten, genau wie die mit Wurmparasiten befallenen lebenden Leichen in Night of the Creeps. Eine besondere Variante der Untoten erlebte man in der schwarzhumorigen Return of the living dead -Reihe, hierzulande als Return of the living dead. Hier wurden die Zombies durch Giftgas zum Leben erweckt und waren wählerisch: Sie fraßen nur Gehirne und verschmähten den Rest.
Die dritte Welle – Zombie Reloaded
Ende der 80er Jahre wurde es ruhig um das Genre. Die lahmarschigen Untoten schienen ausgereizt, sie wurden mehr und mehr Ziel von Parodie und hatten ihren Schrecken als ernsthafte Monster fast verloren. Es war die Zeit des postmodernen Films, der alles durch die ironische Brille betrachtete. Scream sezierte den Slasher-Film und Peter Jackson produzierte mit Braindead einen derartig derb-blutigen Splatterspaß, das es Jahre dauern sollte, bis sich wieder Filmemacher ernsthaft an das Thema wagten.
Erst Anfang des neuen Jahrtausends, erlebte der harte Horrorfilm, getreu der Faustregel “je schlimmer die politische Weltlage, desto mehr Bedarf besteht für Zombiefilme” krabbelten die lebenden Leichen wieder aus ihren Gräbern. Resident Evil – eine eher handzahme Adaption des gleichnamigen Shooters – löste eine wahre Welle an neuen Zombiefilmen aus und bewies, dass die fleischfressenden Toten noch lange nicht ausgedient haben.
Natürlich entwickelten sie sich weiter: Anstatt langsam umherzuirren, sind die „neuen“ Zombies erstaunlich schnell und zielgerichtet, wobei das Verlangen auf Fleisch noch die treibende Kraft ist. Diese Neuerung ermöglicht es, neue Elemente wie rasante Verfolungsjagden mit aufzunehmen. Ein bekanntes Beispiel dafür ist das Remake von Dawn of the Dead (2004) von Zack Snyder oder Streetfighter – Die entscheidende Schlacht von Danny Boyle (2002). Im Film Land of the Dead (2005) kehrte Urvater Romero zurück und entwickelte seine eigene Untoten-Version weiter: Die schon in Zombie 2 – Das letzte Kapitel begonnene Vermenschlichung der Zombies, der Hinweis auf vorhandene Restintelligenz, wurde hier weiter ausgeführt.
Ein Ende dieser dritten Zombiewelle ist nicht abzusehen. Vom aufwendigen Apacalyptischen Untoten-Szenario in I am Legend und Resident Evil: Extinction über parodistische Splatterkomödien wie Zombie strippers und Romeros jüngsten Streich, den in Blair-Witch-Wackelcam-Look gedrehte Diary of the Dead und seinem für 2009 geplanten, noch unbenannten Zombiefilm, die Untoten erfreuen sich bester Gesundheit und haben mittlerweile unzählige Fans.
Ein Umstand, dem jährlich weltweit tausende Fans bei den sog. Zombie Walks Tribut zollen. Dort treffen sich, zumeist in Großstädten, Hunderte von Menschen, die sich wie lebende Tote zurechtgemacht haben. Sie schlurfen, grunzen und stolpern durch die Gegend und erschrecken Passanten und Autofahrer.
Frauen, Männer, Kinder, Alte und Junge. Denn Zombies, das sind demokratische Monster. Jeder kann zum Untoten werden.
Zombies sind wie du und ich.
Nur tot.
Dieser Text ist eine bearbeitete und ergänzte Version eines Artikels aus der Filmdatenbank www.omdb.org.
Wenn Ihr Euch noch mehr für das Genre interessiert, dann könnte das für Euch lesenwert sein:
Herbst-Zeit ist Horror-Zeit I: The Strangers
Herbst-Zeit ist Horror-Zeit II: Mirrors
Kinder sind böse: Trailer zu The Children