hoffman587 - Kommentare
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Alle Kommentare von hoffman587
Kurznotizen:
Man merkt dem Film an, dass M. Night Shymalan als Regisseur teilweise schon ein verkopfter Formalist sein muss, der formale Ideen oder Effekte manchmal über die Logik oder ein natürliches Schauspiel stellt. Das Bild und seine Wirkung interessieren ihn. Und so ist dieser Film ein sorgfältig bebilderter Mystery-Thriller, ein zutiefst christlicher Film, in dem Mel Gibson seinen Glauben und seinen Sinn im Leben verloren hat und bemerken muss, dass doch alles seine Bestimmung hat (eine Botschaft, die den Film leider am Ende ziemlich zerschießt und ihn überaus esoterisch macht). Ich mag das kammerspielartige Setting des Films, ich mag die Konzentrierung der Inszenierung. Der Film wird im Verlauf seiner Geschichte aber nicht besser, sondern abstruser. Der Auftritt des Aliens ist leider ein Tiefpunkt des Films. Ich verstehe schon, warum Shymalan lange versucht zu verhindern, das Teil zu zeigen. Ich kann dem Film aber trotzdem noch was abgewinnen. Ich mag die zielgerichtete Inszenierung. Man sieht da einen Regisseur, der auch was von Mise-en-Scene und Kadrage will (mag es auch manchmal verkopft sein), aber er bemüht sich seine eigenen Schwächen zu kaschieren (so auch das Alien) und den Film hab ich als recht kurzweilig wahrgenommen.
Kurznotizen:
Ein alptraumhafter Thriller, der von einem Wissenschaftler erzählt, der eine nukleare Bombe erfindet und sich bewusst werden muss, was für ein Unheil er damit über die Welt gebracht hat, denn seine Erfindung bleibt nicht unentdeckt. Es ist ein expressionistischer Film, der in seiner ersten Hälfte durch eine komplexe Rückblendenstruktur besticht, sich im Mittelteil in ein bondartiges Abenteuer stürzt, um sich dann in einen surrealen Alptraum zu verwandeln, aus dem es kein Entrinnen mehr gibt. Der Film ist dicht inszeniert und wirkt aufgrund seiner markanten Bildsprache auch visuell auf den Zuschauer ein, der in einen Sog gezogen wird.
Willkürliches aus dem Filmnnotizenschrank #3:
Abel Ferraras neuster (stimmt das überhaupt noch?!) Film, den er schon in seinem Vorgängerfilm "Tommaso" gefeatured hatte, ist eine prätentiöse Selbstfindung seines männlichen Protagonisten, der in den schneebedeckten Landschaften und Höhlen von einem vermeintlichen Sibirien mit den Geistern seiner Vergangenheit konfrontiert wird: dem Vater und den Ex-Frauen seines Lebens, Partnerinnen, Geliebte und Angebetete, Zauberer und Schamanen. Wie das alles zusammengeht, das hat mir der Film nicht kommuniziert. Er ist eine mysteriöse Chiffre und das ist schon das beste, was man über den Film sagen kann. Der Film ist dabei vor allem ein extrem verstiegener Trip in das Innere seines Protagonisten, bei dem ich mehrmals den Faden verloren habe. Der Film ist oftmals durchzogen von abstrusen bis hin zu bizarren Momenten, die effekthascherisch hervorlugen, aber man eher als Ulk abtut denn als irgendetwas ernsthaftes, was einem was erzählen soll. Irgendwann spricht dann auch ein Fisch mit Dafoe. Und dann ist der Film vorbei.
Ein fahriges Spätwerk, das nicht so recht weiß, wo es hinsoll und deshalb alles in einen Topf schmeißt. Das ist wirklich ein diffuser Film mit zumindest vereinzelt doch hin und wieder einnehmenden Bildern. Der Film hatte - so scheint mir - zumindest wieder mehr Geld als sein Vorgänger, besser ist er trotzdem nicht.
Willkürliches aus dem Filmnotizenschrank #2:
Der Film ist im Kern nichts anderes als postmoderne Banalität, die Witze aus Filmen wie Pulp Fiction und The Big Lebowski klaut, um ihre eigene künstlerische Armut zu kaschieren. Denn diese Witze werden integriert ohne darauf hinzuweisen, dass sie Zitat sind, dass da mehr dahintersteckt. Es ist ein Film, der vor allem Zeitgeist abbildet: Der Kampf gegen Rechtspopulisten, die mit Neonazis kollaborieren und denen jedes Recht ist, um die Multikultur aus Deutschland zu vertreiben. Henry Hübchen ist der deutsche Donald Trump, der seinen Tower -natürlich ein Phallus - in Nähe der kleinen Kreuzberger Siedlung errichten möchte.
Die Figuren sind zahlreich, aber kaum echte Menschen. Der Film spielt dort mit Klischees, möchte sie brechen (die Türken sind perfekt integriert, heißen Otto und Bismarck, haben keine Sprachfehler), tappt dann aber auch wieder in einige unschöne - um nicht zu sagen dezent rassistische - Stereotype (sie werden als faul und teilweise auch inkompetent erzählt). Der Film hat außer dem Kampf gegen den Rechtspopulismus keine so richtige Haltung gegenüber seinen Figuren. Der Film überzeichnet sie und inszeniert sie als Klischees (u.a. die Kreuzberger Mutti, eine woke Hacker- und Veganerin mit einem Kind namens Jesus ist). Man soll sie aber dann doch ganz gern haben, obwohl sie halt Abziehbilder sind, die nur nett verkauft werden. Der Film ist sowieso recht schlichter Klamauk, der - mal abgesehen von ein paar postmodernen Sperenzchen - vor allem daraus besteht Hübchens Charakter eins auszuwischen. Der ist dabei schon kurzweilig und flott erzählt, ist interessant als das, was er über unsere Zeit und das Mainstreamkino in Deutschland aussagt, aber eben auch irgendwie ein plumper und grob gemachter Film zum Fremdschämen. In kurz: Ein Film, von dem man weiß, dass der nicht so gut altern wird.
Willkürliches aus dem Filmnotizenschrank #1:
Wolfgang Petersens Film ist wieder ein perfektes Beispiel, wie sich deutsche Regisseure versuchen in Amerika in das Klima der amerikanischen Filme einzugliedern, in dem sie fast schulmeisterlich den amerikanischen Werten verfallen. In Petersens Fall bedeutet das, dass die Familie die wichtigste Institution des Films ist. Der Mann ist der Starke, die Frau muss gerettet werden. Und die eigentliche Dringlichkeit des Szenarios beginnt erst, als Ex-Frau Rene Russo an dem Virus erkrankt und das Ganze zu einem flotten Wettlauf gegen die Zeit wird.
Der Film mag mehr vordergründig/inhaltlich schlicht ausgerichtet sein und erzählt von der Konfrontation zwischen Wissenschaft und Militär, einem sehr amerikanischen Konflikt. Hab den Film aber als beklemmend und durchweg effektvoll empfunden, auch wenn Petersen nicht viel Interesse an den eigentlichen Opfern des Films hat und er das Ganze schon etwas tunnelblickartig inszeniert. Als Hollywood-Film, der als erster das Thema Virus auf den Fahrplan brachte, aber gut gealtert und immer noch effektiv. Vor allem wegen Ballhaus beweglicher Kamera. Am Ende vielleicht etwas zu viel Fliegeraction, die im Gegensatz zum Rest nicht gut gealtert ist. Hoffman wirkt ulkig in seiner Rolle.
Die Rohheit dieses Werkes, das der Titel andeutet, zeigt sich schon in seiner ersten Szene, die den Kampf zweier Körper (Marie Tragousti & Florian Schmidtke) schildert, die miteinander ringen. Dicht umschlungen. Unnachgiebig. Verbissen. Hechelnd. Diese Szene führt vor, was diesen Film im Kern symbolisch prägen wird. Nämlich die Figuren beim Druck ihres Leben und gleichzeitig beim Atmen zu zusehen. “Nackte Tiere” ist – auch wegen seinem markanten 6:5-Bildformat (Kamera: Fion Mutert) – ein Film der Nähe und der Enge, der Dynamiken und Reibungen, die zwischen ihnen entstehen. Erwachsene gibt es hier kaum. Sie tauchen höchstens am Rande dieser Geschichte auf. Die ganze Energie dieses Films gehört seinen jugendlichen Heranwachsenden, die im Nirgendwo einer brandenburgischen Provinz ihren Platz in der Welt suchen.
Es mag dabei ein Film sein, den man erst greifen kann, umso öfter man ihn sieht. Denn Zuschauer*innen neigen dazu, immer erst den Plot eines Films verstehen zu wollen und dann erst die Poesie, die hinter diesem Plot stecken mag. In “Nackte Tiere” gibt es nun diesen Plot eigentlich nicht. Es geht vielmehr um das Dabeisein in der Situation, in der sich die Protagonist*innen dieses Films befinden, um das Erspüren der Figuren, das Mittendrin, in das man vorbehaltlos geworfen wird. Diesen Film bekommt man nicht erklärt, man durchlebt ihn und wird im besten Fall von seiner Intimität eingesogen.
Was wir in diesem momenthaften Werk sehen, das sind Küsse und Schläge, Fragmente des jugendlichen Lebens, Impressionen aus einem auf den ersten Blick bedrückenden, aber dann doch irgendwie herzlichen Teenage Diary. In seiner Komprimierung auf gerade einmal 80 Minuten erscheint der Film ein bisschen wie eine Versuchsanordnung, die weniger ihren Blick auf ein klares Narrativ richtet denn auf das Sichtbarmachen der Gefühle und Zustände seiner Figuren von Moment zu Moment. So mag “Nackte Tiere” wie ein loser Film erscheinen, der aber von seinen Darsteller*innen gehalten wird, die von der Kamera immer aufmerksam verfolgt werden.
Es ist der Film eines Ensembles, deren Zusammensein und Einsamkeit, Sehnsucht und Schmerz, Flucht und Bleiben thematisiert wird. Diese Figuren werden nicht erzählt, sondern gezeigt. Sie pulsieren, leuchten wie die Sterne am Himmel. Wir sehen sie zusammenleben, überleben, Halt suchen, sich Streiche spielen, essen, schlafen, atmen. Und manchmal auch: sich schlagen und raufen (immerhin taucht Gewalt hier tatsächlich alle paar Szenen mal auf).
Und so wird man dann auch von diesen Figuren eingesogen. Dem Film geht es also vornehmlich auch um das Erleben dieser Figuren, die zu Menschen auf der Leinwand werden. “Nackte Tiere” ist dabei in seiner Herangehensweise gleichzeitig unaufgeregt, in dem, wie er sie beobachtet, und doch in seiner Direktheit, in der Art wie er Augenblick für Augenblick einfängt, spektakulär. Der Film schafft es durch und durch authentisch und lebensecht zu erscheinen und doch irgendwie – das ist eines seiner großen Geheimnisse – auch groß, poetisch zu sein.
Was bringt die Zukunft? Darüber wird zwar in diesem Film geredet, aber bei vielen von den Protagonist*innen scheint sie unklar oder perspektivlos. Katja (Marie Tragousti) möchte zum Beispiel zur Bundeswehr. Tragousti ist das Kraftzentrum dieses Films. Ihre Katja ist eine junge, starke Frau die nie ihre Deckung fallen lässt, aber ihr Kräfte auch nicht immer unter Kontrolle hat.
Sie erscheint zudem wie die große Mutter zu sein, die über alle gerne wachen würde und helfen würde, wo es geht, auch wenn es die anderen nicht möchten: Ob es bei Laila (Luna Schaller) ist, die von ihrer Mutter zuhause geschlagen wird oder bei ihrem Freund Sascha (Sammy Scheuritzel), dessen Stiefvater sie mit seinem Rauswurf von zuhause konfrontiert. Sie handelt. Sie greift ein.
Auf der anderen Seite sind da Benni (Michelangelo Fortuzzi), ein immer müder Junge, der zunächst wie ein schläfriges Faultier in der Schule erscheint, in der Gruppe der Außenseiter und Eigenbrötler ist. Er lebt zwar allein in einer kleinen Plattenbauwohnung, die der Treffpunkt der Gruppe ist, aber kommt doch nicht mit dem Leben oder der Schule zurecht. Er vegetiert. Hört Musik. Schwänzt. Er lässt das Leben an sich vorbeiziehen – ohne zu wissen, was morgen sein wird. Er muss immer beschützt werden. Und sagt von sich, dass ihn gestörte Träume plagen würden, wenn er keine Joints rauchen würde. In seiner Wohnung lebt neben ihm noch ein kleiner Hase in seinem Stall. Das Tier ist wahrscheinlich als Symbol für diese Figur zu verstehen, denn dieser verschwindet ebenso wie Benni spurlos gegen Ende des Films.
Außerdem sind da noch Sascha (Sammy Scheuritzel), der kumpelhafte Gegenpart zu Katja, ihr Freund und Partnertrainer beim Ju-Jutsu, Laila (Luna Schaller), die aus zerrütteten Verhältnissen kommt und ihr Freund Schöller (Paul Michael Stiehler) ein notgeiler Mittelschichtsjunge und Sprücheklopfer, der oftmals über das Ziel hinausschießt, aber im Kern ein feiger Kerl ist, der wahrscheinlich aus einem unterkühlten Familienhaus kommt und sich nur nach Liebe sehnt. Diese Figuren werden aber nur anskizziert, verbleiben unvollständig. Das spannende Zentrum dieses Films bildet nämlich die Beziehung von Katja und Benni, ihr freundschaftliches Verhältnis zueinander, das Geben und Nehmen, das Hin und Her zwischen Nähe und Distanz, Wärme und Kälte. Sie muten auf den ersten Blick von Grund auf verschieden scheinen, sind sich aber dann doch ähnlicher als sie sich eingestehen wollen.
An den Rändern seiner Geschichte gerät der Film dagegen oftmals etwas verschwommen und unscharf: So wird Lailas schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter erst spät im Film anskizziert, bis dahin besitzt ihre Figur kaum Eigenschaften, die sie markant werden lassen oder über Stichworte hinauskommt, auch wenn sie als Figur da ist und reagiert. Auch Saschas Figur und deren Geschichte im Film ergeht es ähnlich. Dieser wird zunächst als Freund von Katja eingeführt und irgendwann (man weiß, es ist Weihnachten) bringt er neue Freundin namens Constanze (Marie Meissner) mit, die ebenso abrupt wieder aus dem Film verschwindet wie sie aufgeploppt ist. Es verbleiben somit gewisse Aspekte der Geschichte als (zunächst einmal) irritierende Leerstellen.
Es liegt natürlich auch ein Reiz darin, den Film als Puzzle zu verstehen, das man schlussendlich selbst mit Leben, Erfahrungen und Erkenntnisse füllen muss, die man als Zuschauer*innen gemacht hat. Die Zusammenhänge zwischen seinen Figuren erklärt der Film nicht immer. Manchmal erzählt er zwar Informationen nicht sofort, aber er reicht sie zumindest nach. Auch die Zeit ist nie konkret in diesem Film, also wie viel Zeit zwischen Einstellungen und Szenen vergeht. Die Zeit verfliegt.
Es ist damit ein Film der offenen Form, der zeitlich orientierungslos die Orientierungslosigkeit seiner Figuren abzeichnet, die von Moment zu Moment leben, Weihnachten und Silvester feiern, bis plötzlich das Abitur vor der Tür steht. Dadurch besitzt der Film auch etwas von der Struktur eines Mosaikes, dessen Einzelteile vielleicht hin und wieder diffus anmuten mögen, aber im Blick auf das große Ganze der Film dann doch eine enorme Poesie birgt.
So kann man “Nackte Tiere” wohl als einen flüchtigen Film bezeichnen, der nicht immer leicht zu fassen ist, aber wenn man ihn zu fassen bekommt, ein pulsierendes Wechselbad der Gefühle bietet, das in einer Tristesse Gewalt und Zärtlichkeit aufeinanderprallen lässt, gerahmt von zwei Aufenthalten im Krankenhaus. Schlussendlich ist “Nackte Tiere” vor allem ein Film der schauspielerischen Bewegungen und Energien, der genau in der gezielten Beobachtung dessen seine Schönheit findet.
Mehr zur Regisseurin und ihren vorhergehenden Arbeiten unter:
https://werkschaunachwuchsfilm.wordpress.com/2020/09/28/werkschau-nachwuchsfilm-17-filmkritik-nackte-tiere-von-melanie-waelde-1-2/
Der unabhängig produzierte deutsche Genrefilm "Kahlschlag" konzentriert sich auf den archaischen Kampf zweier Männer (Florian Bartholomäi & Bernhard Conrad), zweier ehemaliger Freunde, die bei einem Angelausflug ihre entfremdete Beziehung zueinander wieder zu richten versuchen und zur Liebe zu einer Frau (Maike Johanna Reuter) zu erbitterten Feinden werden. Dies lässt der Film in einem rabiaten Überlebenskampf – auf Leben und Tod – kulminieren.
Der Film besitzt eine geerdete Rohheit, die entfernt an ein amerikanisches Genrekino, zwischen den 70ern und 80ern, an Filme wie den ursprünglichen “First Blood” und John Boormans "Deliverance", erinnert. Es ist ein für Deutschland ungewöhnlicher, da bisweilen überzeichnet grafischer Film, der direkt mit seinem Publikum kommuniziert. Er spricht mit ihm durch wuchtige Bilder und Sounds, die auch mal auf die Fresse sein können. Auf der anderen Seite verschachtelt der Film seine Geschichte durch die Kontrastierung von Gegenwart und Vergangenheit, und entzieht sich dadurch auch wieder einer gewissen Geradlinigkeit. Das geschieht für den emotionalen Impact, der erzeugt werden soll.
Der Film besitzt einen archetypischen Konflikt, beschwört die Geschichte von Romulus und Remus herauf, ein Duell und eine Dreiecksgeschichte von einer Frau, die als Figur im Vergleich zu den Männern relativ funktional bleibt, zwischen zwei Männern. Erzählt aus der männlichen Perspektive. Max Gleschinskis Film ist auch ein Blick auf die destruktive Männlichkeit, der seine beiden männlichen Protagonisten auch zunehmend als toxisch enttarnt. Die Männer in diesem Film sind am Ende keine Helden, sondern Verlierer, die etwa in Selbstmitleid, Schmerz oder Egoismus ertrunken sind. Sie denken immer aus ihrer Perspektive und sind bereit, zu ihrem eigenen Vorteil, sogar zu töten.
Wer noch mehr über den Filmemacher hinter "Kahlschlag", Max Gleschinski, erfahren möchte, den verweise ich auf den folgenden Link, in dem ich auf seine Kurzfilme (allesamt online verfügbar) vor "Kahlschlag" zu sprechen komme und mit ihm über seine Vorbilder und Motivationen hinter dem Filmemachen gesprochen habe:
https://werkschaunachwuchsfilm.wordpress.com/2020/08/10/die-kurzfilme-von-max-gleschinski-kahlschlag/
Die Neuinterpretation der "Twilight Zone" als Kinofilm kann man gleichermaßen als Hommage der beteiligten Regisseure an die Serie wie auch als Remake verstehen. Drei von vier Episoden des Films berufen sich auf bereits bestehende Folgen der Serie. Diesen wird aber im Kinofilm in den meisten Fällen der Stempel ihres jeweiligen Regisseurs aufgedrückt.
Die einzige einigermaßen genuine Episode ist auch gleich die erste und stammt von John Landis. Es ist wegen dem Tod dreier Darstellender durch den (anscheinend) exzentrischen Größenwahn seines Regisseurs bei den Dreharbeiten auch die umstrittenste Episode des Films. Diese dreht sich um einen Mann, der von seinem blinden Hass gegen das für ihn Andere getrieben wird und diesen Hass nun am eigenen Leib bei einem flotten und in aufwendigen Bildern gedachten Ritt durch die jüngere Geschichte erfahren muss. Hetzte er eben noch gegen die Anderen, sieht er sich nun selbst Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung ausgesetzt. Die Episode von John Landis ist eine moralische Geschichte, in der sein zorniger Protagonist (Vic Morrow) ein Spiegel vorgehalten wird und sein Leben zur Hölle gerinnt, aus der es kein Entkommen gilt. Die satirisch anmutende Prämisse macht hier den düsteren Kurzfilm aus, in dem verschiedene Arten von Vorurteilen, Diskriminierung und der Angst vor dem Anderen recht spektakulär als Hetzjagd durchgespielt werden. So kaschiert diese Episode auch, dass sie im Kern immer den gleichen Trick vollzieht. Das Spektakuläre steht hier über der Vielschichtigkeit. Die durchaus nicht unkluge Aussage des Films wird so in den Zuschauer regelrecht reingehämmert. Dieser Tage ist diese Episode auch nicht ganz uninteressant, weil sie einen Stellungswechsel seines weißen Protagonisten vornimmt und diesem erstmals zunehmend seinen Privilegien als weißer Amerikaner in dem Paralleluniversum entzogen wird.
Die zweite Episode stammt dann von Steven Spielberg und führt uns in ein Altenheim, in dem die alten Damen und Herren vor sich hinvegetieren. Bis ein Neuankömmling (von Kubrick ausgeliehen: Scatman Crothers) ihnen durch einen magisches Zauber, der sie für eine Nacht wieder in Kinder verwandelt, eine Lust am Leben einhaucht. Mehr passiert dann auch nicht. Erst wird viel gequasselt und dann im Garten herum gesprungen. Spielberg mutiert in diesem Fall zum Langweiler der Anthologie. Sein Film ist eine - für ihn immerhin typische - seichte Hommage an die Spiele der Kindheit (vgl. Hook), die man auch im Alter weiter im Herzen tragen soll, um zumindest im Kopf jung zu bleiben. Er erzählt seine Episode mit nostalgischer Biederkeit. Man merkt zwar, dass dies ein Herzensthema von ihm ist, weil es auch hier darum geht die Welt aus den Augen von Kindern zu entdecken, aber bei all diesen Zeichen und Wundern, die auch diesen Film prägen, wirkt das hier alles wie aus einer Mottenkiste: Der gesamte Film wirkt betulich und altmodisch. Kurz: Die Episode ist netter und naiver, in den besten Momenten warmherziger, aber ebenso vergessenswerter Kitsch. Tut also keinem weg. Mit dem später von ihm produzierten "Cocoon" würde Spielberg die grundlegende Prämisse der Episode noch einmal als ganzen Spielfilm von Ron Howard inszenieren lassen.
In der dritten Episode darf nun Joe Dante ran und dreht wieder mächtig am Rad: Eine junge Lehrerin (Katherine Quinlan) fährt ausversehen einen Jungen an und chauffiert diesen zu seinem Heim, einem verlassenen Haus und muss bemerken, dass dort nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Denn der Junge hat übernatürliche Fähigkeiten und tyrannisiert seine Adoptivfamilie, die ein Leben wie im von ihm heiß geliebten Fernsehen spielen müssen. Wir betreten eine bunte Welt des Terrors, der seine Ursprünge im Fernsehen hat. So ist Dantes Episode nun eine comichafte Farce, in der er das auf den ersten Blick heile Bild einer amerikanischen Familie, die aus den 50er Jahren entlehnt scheint, mit großem Spaß demontieren darf und seinen Kurzfilm zu einer schauerlichen Groteske aufschwingen lässt. Auch in diesem Werk zeigt sich Dantes Liebe zum Comichaften und dem Einfluss des Fernsehens, der Brut des Bösen, deren Bilder in die Realität geholt werden und auch grausame Monster aus dem Hut eines Zauberers bergen kann. Daraus entsteht ein überdrehtes und vor allem expressionistisch anmutendes Spiel, das Grauen und Spaß sehr dicht aneinanderkettet. Am Ende nutzt die Lehrerin schließlich ihre Kräfte als Erziehungskraft und nimmt sich dem Jungen an, um ihm in Zukunft beizubringen seine Energien positiv zu lenken.
Das Beste kommt dann zum Schluss: In der gruseligsten Episode der Anthologie setzt George Miller den Zuschauer und seinem Protagonisten John Valentine (verschwitzt: John Lithgow) in einem Flugzeug einer alptraumhaften Klaustrophobie aus. Sein Kurzfilm ist ein schummriges Gruselstück um Leben und Tod über den Wolken. Sein unter Flugangst leidender Held entdeckt ein Monster auf der Tragfläche, das das Flugzeug zum Absturz bringen möchte und versucht die Mitreisenden von dessen Existenz zu überzeugen. Aber niemand glaubt ihm. Wahn und Realität beginnen langsam zu verschwimmen. George Miller gibt dem Zuschauer dabei kaum Zeit zum durchatmen. Sein von Blitz und Donner begleiteter Horrortrip imitiert das Gefühl eines wilden Fluges durch Turbulenzen, in dem es Auf und Ab geht und in dem die kinetische Inszenierung versucht die Bedrängnis seines Protagonisten fühlbar werden zu lassen. Es ist ein gut verdichtet erzähltes, düster bebildertes und durchaus auch schwarzhumoriges Kammerspiel, das effektvoll sein Szenario durchspielt. Ein kurzer Film, bei dem kein Gramm zu viel dran ist.
So bleibt also am Ende ein sehenswerter Anthologiefilm übrig, der je weiter er voranschreitet, umso besser wird. Besonders die Kurzfilme von Dante und Miller kann man als rundum gelungene und verspielte Fingerübungen ihrer Regisseure verstehen, bei denen es sich lohnt einen Blick zu riskieren.
Na, wenn du den schon so hoch bewertest, muss du dann aber auch wenigstens ein paar neugierig machende Worte zu "Tränen auf dem heißen Sand" verlieren. :-)
Erik Schmitt liebt, wie schon in seinen Kurzfilmen, die schlussendlich als Übungen in diesem Debütfilm mündeten, die Form mehr als die Geschichte. Diese möchte sich zunächst als ironisch verkaufen, bildet dann aber am Ende doch nur konventionelle Gefilde einer schablonenhaften Romanze mit höchstens typisierten Figuren ab. Die Protagonistin Cleo jagt in dieser Schnitzeljagd einer magischen Uhr nach, die Unglücke ungeschehen machen soll (was schon viel über die kindliche Ideologie des Films aussagt).
Der Film ist ein verspieltes und formal überdrehtes Großstadtmärchen, das seine Protagonistin, die mit Geistern in Kontakt steht, auf eine Schatzsuche durch die Stadt schickt. Tempo besitzt der Film, er möchte stets nach vorne, weiter und weiter, sodass der Zuschauer vergessen soll was für eine banale Geschichte er erzählt bekommt. Der Film ist formverliebt, versucht immer wieder neue Ausdrucksmöglichkeiten zu finden, um seine visuelle Lust zu befriedigen, ob das immer im Zeichen des Erzählten steht, das kann man infrage stellen, oft hat das einfach nur etwas selbstzweckhaftes, das den kindlichen Wahn seines Regisseurs zementiert, der einfach nur eine schön naive Geschichte erzählen möchte, in der die Protagonisten nicht anderes als erwachsene Kinder sind, die einfach nur Abenteuer spielen wollen.
Bevölkert wird diese Welt von skurrilen Figuren, die vor allem über das Äußerliche definiert werden. Tiefgang darf man nicht erwarten. Es ist ein seicht frohlockender Debütfilm, der die Spiele der Kindheit weiterspielen möchte und flott durch Berlin flanieren möchte. Seine größte Schwäche besteht dann genau in diesem Tempo, das der Film auffährt und alles links liegen zu lassen scheint. Die Logik wird schnell haarsträubend, notfalls wird das komödiantisch kommentiert. Die Charaktere bleiben nicht mehr als auf ein Attribut reduzierte Schablonen, als Witzfiguren. Vor uns sehen wir keine Menschen, deren Sehnsüchte und Schmerzen uns berühren, die etwas echtes haben und uns beschäftigen. Sie sind Luftblasen, die verschwinden, sobald wir den Film gesehen haben. Schmitt ist beeinflusst von Jeunet und Gilliam, die bewiesen aber (besonders letzterer mit "König der Fischer") wie man einen solchen Märchenfilm in die Wirklichkeit der Großstadt transferiert. Dieser Film ist zu nett, knuffig, aber eben auch ohne jeden Nachhall und bewegt sich nur in seiner eigenen kleinen Kunstwelt, deren Oberfläche er aber höchstens abtastet. Ein konsequentes Feel-Good-Movie, ohne Bruch, sondern mit viel originell inszeniertem Kitsch. Und Jeremy Mockridge ist als Love-Interest der Protagonistin die Definition eines Anti-Schauspielers, der im Kern den immer gleichen unbeholfen-doofen Gesichtsausdruck reproduziert.
Schau doch gerne TRON. Der ist zwar hemmungslos veraltet, schablonenhaft und bietet nun auch keine wirklich spannende Geschichte, aber ist ein schön betagter Retro-Spaß. Der ist schon sehenswert, aber eben nicht, weil er so gut gealtert ist, sondern im Gegenteil, weil ein Relikt ist. Und das fand ich an dem Film immer ganz reizvoll, diesen ganz eigenen Look. :-)
Schaust du dir bei Ouija auch die Fortsetzung von Mike Flanagan an? Hab den ersten Film nicht gesehen beziehungsweise nach den ersten Minuten ist mir die Lust auf den vergangen, aber Flanagans Film befand ich - bis auf das Finale - eigentlich als einen schicken, eher behutsamen Retro-Horrorfilm.
"Das Heim und die Welt" bei dir nur 6 Punkte? Ich nehme mal, dass der dir zu spröde-dialoglastig war? :-)
Deine Bewertung von dem Alvart-Film ist viel zu gut. Für mich war das eher ein Gruselfilm, vor allem wegen der furchtbar überzeichneten Darstellung von Wotan. :-D kennst du das spanische Original? Da würde ich jetzt nämlich doch mal einen Blick riskieren.
James Grays neuer Film ist ein meditativer Science-Fiction-Film über Väter und Söhne, die voneinander Abschied nehmen müssen. Thematisch ist dies folglich ein Film in der Linie seiner vorherigen Werke – wie dem Abenteuerfilm “The Lost City of Z”. Anstatt sich aber in dem Dickicht des Dschungels zu verlieren, bricht das Kino von James Gray zu den Sternen auf, um abtrünnigen Vater (Tommy Lee Jones) und Sohn (Brad Pitt), der auf eine Mission geschickt wird, um diesen zu suchen, miteinander zu vereinen.
Gerade wegen dieser Langsamkeit und der Ruhe, die der Film innehat, habe ich diesen Film genossen. Der Film besitzt dazu ein nachdenkliches Voice-Over, das seinem Protagonisten nahe kommen möchte, aber dessen Gefühle eher auserklärt und ausformuliert. Ich bin mir fast sicher, dass diese Entscheidung ein Studio-Kompromiss war, der in letzter Minute entschlossen wurde. Die eindrücklichen Bilder, die auch die Zustände seines Protagonisten veräußern, seine Einsamkeit und Abgeschiedenheit von anderen Menschen deutlich machen, reichten dem Studio nicht aus. Die Geschichte ist zugegebenermaßen eine dünn entworfene Skizze, die mit symbolischen Bildern aufgeladen wird. Nicht alles an diesem Film ist wie gesagt gelungen. Das beginnt einmal mit dem Voice-Over Brad Pitts, das zu viel gesagt, geht über ulkige Drehbuchideen, wie den wild gewordenen Affen im Weltraum, als Hürde inszeniert, bis hin zum Ende, das eher holprig anmutet, weil es so statisch und gleichzeitig so gehetzt erzählt erscheint. Die Begegnung mit dem Vater am Ende wird schließlich auf das Wesentliche verkürzt, der Film beginnt am Ende brüchig zu werden, beginnt sich aufzulösen.
Das wiederum ist aber auch einer dieser reizvollen Widersprüche, die der Film hat, und womit er sich auch als Film eines Auteurs entpuppt, der versucht seine Vision innerhalb eines Studiosystems umzusetzen. An Brad Pitt kann sich James Gray zum Beispiel gar nicht satt sehen, sein Gesicht wird von Gray nahezu obsessiv gefilmt, immer darauf wartend, dass Geheimnis hinter diesem Gesicht zu bergen. Mich hat Grays stimmungsvoller Film in seinen Bann gezogen, trotz gewisser Abstriche.
Original: "What a wonderful celebration of Kubrick, King & @flanaganfilm’s(!) career as well."
Übersetzung bei Moviepilot: "Was für ein wunderbare Feier der Karrieren von Kubrick, King und auch Ferguson(!)."
Nicht böse gemeint, aber findet hier noch jemand zufällig diese Übersetzung im Text von Mike Flanagan zu Rebecca Ferguson (obgleich das Headerbild von Flanagans Twitterseite definitiv Verwirrung stiftet!) etwas eigenwillig?:-)
Heute läuft "Die Einzelteile der Liebe" der Regisseurin dieses Kurzfilms "An der Tür" an. In dieser Hinsicht kann mal einen Rückblick wagen! Und ein paar Gedanken kundtun, einen oberflächlichen Vergleich zwischen Spiel- und Kurzfilm ziehen (anhand des Materials zum Langfilm).
In diesem Langfilm "Die Einzelteile der Liebe", einem Beziehungsfilm, geht es um die Protagonisten Sophie und George, die sich einst geliebt haben, aber nun getrennt voneinander leben. Der Film wird ihre Beziehung auf verschiedenen Zeitebenen untersuchen, das Auf und Ab, das Hin und Her ihrer alltäglichen Probleme einer Trennung verhandeln. Der Reiz des Langfilms liegt wahrscheinlich auch darin, wo er Dinge erzählt, nämlich in gewissen Transitzonen des Lebens (vor Haustüren, Parkplätzen oder an Hauswänden), Übergangsbereichen, die die Menschen sonst passieren. In diesen würde dieser Film, Einzelteile der Liebe, aber anscheinend ruhen und verweilen. Und damit kommen wir auch schon direkt zur Verbindung zu ihrem Vorgänger “An der Tür”, der ebenfalls Momentaufnahme in genau solch einem Bereich des Lebens ist.
Der Kurzfilm "An der Tür" spielt nämlich durchweg an einer Tür, einer Schwelle zu anderen Welt, und verhandelt dort sehr pointiert und prägnant die Trennungssituation seiner Hauptfigur, eines Mannes (Wolfram Koch), der an der Haustür eines Wohnkomplexes auf seinen kleinen Sohn Jakob wartet, um ihn abzuholen und Zeit mit ihm zu verbringen. Dabei entwickelt sich ein Gespräch mit seiner ehemaligen Frau (Jeanette Hain) über die Gegensprechanlage. Schon in dieser Idee, die Kommunikation des ehemaligen Paares, über die Anlage zu illustrieren, macht ihre Entfremdung voneinander deutlich. Zwischen ihnen ist diese Barriere, die er zumindest gerne überwinden würde, aber es nicht schafft, weil er oder auch sie sich nicht trauen. Die Umgebung ist so geblieben, wie er sie kannte, obgleich er weg ist und das gibt ihm zu denken. Es ist also ein Film, der sein Thema, die Trennung deutlich illustriert und auf einer kleinen, alltäglichen Situation aufbaut. Der Humor des Films ist dabei zwischen den Zeilen, ist ein sehr lakonischer, aber nichtsdestotrotz charmanter. Über den Humor des Films muss man schon schmunzeln, wenn sich der Mann ganz unaufgeregt an der Tür einen Wein öffnet, um zu das Warten zu verkürzen.
Der Film ist dabei empathisch und zurückhaltend erzählt. Das Werk besteht zum Großteil nur aus statischen, dafür klar kadrierten Einstellungen, schafft es dennoch durch die behutsame Beobachtung seiner Hauptfigur auf Feinheiten zu achten und sie seinen Zuschauer*innen zu kommunizieren. Das gilt auch für den Dialog, der stets unter der Oberfläche eine zweite Dimension birgt, der die Wehmut der Hauptfigur und die Hoffnung, dass es doch nochmal klappen könnte mit seiner Frau. zwischen den Zeilen erzählt. Durch diese leise Annäherung und die visuelle Zurückhaltung schafft der Film, trotz der Distanz seiner Figuren, Nähe aufzubauen. “An der Tür” ist lebensnahes Erfassen einer Situation, in der noch eine Chemie und ein Gefühl zwischen den beiden Figuren da ist, ein Verständnis für Einander, das vielleicht aber auch nur Überbleibsel aus vergangenen Tagen ist. Die Wand zwischen ihnen wird dennoch nicht durchbrochen. Es bleibt wie es ist.
Damit hat der Kurzfilm letztlich den Charakter eines Mosaikstücks, das aus einem größeren Narrativ entnommen und herausgerissen wurde. In Bezug zu “Die Einzelteile der Liebe” kann man auch schlussendlich konstatieren, dass “An meiner Tür” wie ein Teaser zu diesem Langfilm von Miriam Bliese funktioniert.
Im Jahre 2008 feierte Doris Dörrie, die man zumeist mit ihren Beziehungskomödien zwischen Männern und Frauen assoziiert, einen ihrer größten künstlerischen wie auch kommerziellen Erfolgen mit dem Film »Hanami – Kirschblüten«. Dieser, von dem Kino von Yasujiro Ozu inspirierte, Film schildert die Geschichte eines alten Mannes (Elmar Wepper), der sich nach dem Tod seiner Frau (Hannelore Esler) mit seiner eigenen Sterblichkeit konfrontiert sieht und eine letzte Reise nach Japan, dem umschwärmten Ort seiner Frau, unternimmt.
Nach 10 Jahren, die vergangen sind, kehrt Dörrie mit »Hanami & Dämonen« in dieses Universum zurück und schreibt nun die Geschichte des erwachsenen Sohnes (Golo Euler) fort, den wir zuletzt als Banker in Tokyo erlebten. Sein Leben hat sich seit dem Tod seiner Eltern gewandelt. Er ist zu einem Verlierer geworden, der Frau und Kind verloren hat. Sie will nichts mehr mit ihm zu tun haben und das Kind kann er höchstens sporadisch sehen. Er ersäuft sich in Selbstmitleid und versucht seinen Kummer durch Alkohol zu stillen. Schließlich steht die junge mystische Japanerin Yu vor seiner Tür. Sie hat schon seinen Vater auf seiner letzten Reise begleitet.
Der Film verhandelt die Suche seines Protagonisten Karl nach sich selbst, ist eine Selbstfindung, die aber komplett überladen erzählt wird, denn der Film ist vollgestopft mit Inhalten und Versäumnissen seines Protagonisten, die aufgearbeitet werden wollen: Es gibt den Verlust der Männlichkeit und die schwere Kindheit unter den patriarchalen Vater, unter dem sich Karl immer als das schwächste Glied der Familie fühlte und mit seiner eigenen Entwicklung als Mann strauchelte. Dies beschwört der Film in seancenhaften Sequenzen in der bayrischen Heimat der Figuren, die im Gegensatz zum Vorgänger, wo dies die japanische Ferne übernahm, das Zentrum des Films bildet und deren eigene kulturelle und spirituelle Geister von Dörrie in verschiedenen Variationen ausgegraben werden. Dazu gesellt sich neben diesen flackernden Geistergeschichten, in denen die Eltern (u.a. Hannelore Elsner in einer prophetisch geisterhaften letzten Rolle) wieder vor den Augen ihres Kindes erscheinen, eine Liebesgeschichte und natürlich auch ein paar gewöhnliche Familienkonflikte von entfremdeten Geschwistern. Das äußert sich relativ dumpfbackig unter anderen für in einem Bruder, der jetzt Mitglied bei der AfD ist (aber die vom Film natürlich anders genannt wird) und Kampagne macht, während sein Sohn sich in sein Zimmer einschließt (vgl. Hikikomori) und aus Protest gegen ihn ein Nazikreuz auf der Stirn trägt.
Der Film erzählt davon, wie das Leben weitergehen kann nach dem Tod der Eltern, alles muss neu geordnet werden in diesem Leben des Protagonisten Karl. Es ist ein Film, der dabei vieles anreißt, kaum aber seine Konflikte zu Ende denkt, sondern sie im Raum stehen lässt. Nur der Weg seines Protagonisten zu sich selbst scheint hierbei zentral und die rote Linie des Films darzustellen, denn der Film bildet ansonsten keine Einheit. Was wir in diesem Film sehen ist ein Auf und Ab, ist ein wankelmütiges Werk, das zwischen humorvollen Einlagen und Schwermütigkeit wechselt. Und ist ein steiniger Weg, den Dörrie vor allem in der ersten Hälften beschreibt, weil der Film dort immer wieder neue Themen aufmacht. In der zweiten Hälfte ist der Film schon fokussierter, weil er alle Themen aufgemacht hat und sich an ihnen zeitweise abarbeiten kann.
Die Inszenierung des Films ist ebenso wankelmütig wie der Film selbst: Flackernde Dämonen treffen auf mindestens drei sichtbar verschiedene Kameratypen, die Handkamera irritiert, die Darsteller spielen zwischen teilweise gelungen und hölzern, was auch den plakativen Dialogen geschuldet ist, die oft das direkt aussprechen, was die Figuren denken. Das lässt den Film oft platt wirken und eine wirkliche souverän auflösende Regisseurin lässt sich dahinter nicht erkennen. Der Film mag provisorisch, also mitunter improvisiert worden sein, aber der Film stößt dort auch an seine Grenzen. Es geht nicht immer alles ineinander, sondern bleibt meist etwas befremdlich nebeneinanderstehen. Das kann man aber vielleicht auch als eine Qualität dieses holprigen Films sehen, der viel mit Assoziationen und kulturellen Gegenüberstellungen arbeitet, ausufert, sich mitunter verliert, aber immer auf der Suche ist und dessen Blick stets fragend zu sein scheint.
Ebenso es auch schön, andere Geschichten, Geistergeschichten, in deutschen Filmen erzählt zu bekommen. Mir gefällt zwar nicht unbedingt, wie der Film seine Geschichte erzählt, das meint zum Beispiel seine vordergründige Plumpheit, was seine Inhalte und Themen angeht und oftmals einen nuancierten Blick vermissen lässt und stattdessen den Holzhammer Vorzug gewähren lässt, und welche Kurven er hinsichtlich seiner Geschichte schlagen muss, aber mir gefällt was er erzählt. Und auch diesen Film, wie seinen Vorgänger, durchzieht das Gefühl der leisen Melancholie. Die pointiert eingesetzte Musik, die schon »Hanami« durchzog, trägt ihren Teil dazu bei, um dem Film eine zärtliche Stimmung aufzudrücken. Auch Golo Euler gefiel mir, seine Präsenz der Unbeholfenheit und Verlorenheit, mit der er durch diesen Film schreitet, gibt dem Werk etwas, das auch ganz gut zu dem Gesamteindruck passt.
Am Ende bleibt ein selten wirklich zusammenhängend strukturiertes Wirrwarr an kulturellen Symbolen und Zeichen, die der Film für sich vereinnahmt, ein märchenhaftes Dickicht also , durch das man sich kämpfen muss. Ein exzentrisches, oft auch bizarr erscheinendes, manchmal abwegiges Chaos, das sich aber mit Gefühlsleben und Empfinden seines Protagonisten im Moment der Geschichte decken dürfte. Immerhin.
Jonah Hills Debütfilm erscheint wie ein Bruchstück aus den Untiefen der 90er Jahre. Der Film beschwört das Lebensgefühl der Skater-Szene im authentischen 4:3-Format herauf. Es ist ein fragmentarischer Film, der bewusst Leerstellen lässt, einen kurzen Ausschnitt aus dem Leben eines Jungen gibt, der bei den Skatern eine Gemeinschaft findet, bei denen er sich willkommen führt. Es ist die Geschichte einer Initiation, die Geschichte eines Heranwachsenden, der nach langer Isolation Freunde findet.
Der Film ist offen konstruiert, seine Figuren werden nur angerissen, es wird aber versucht, jeder Figur ansatzweise Charakter oder Profil zu geben und empathisch zu begegnen. Das ein schönes Beispiel dafür ist der von Lucas Hedges gespielte Bruder des Protagonisten, der zunächst als gewalttätiger und grober Macho geschildert wird, unter dessen Repression und Wut sein kleiner Bruder zu leiden hat und doch zu ihm aufzuschauen scheint aufgrund seiner Musiksammlung, aber im Verlauf der Geschichte in Wirklichkeit als einsamer Verlierer ohne richtige Freunde sichtbar wird, der versucht über seine Gewalt etwas kompensieren.
Bei Katherine Waterstons Mutterfigur misslingt das dagegen gründlich, denn sie darf nur hilflos-überforderte Mutter sein, die im Hintergrund irgendwie existiert und sich mit Männern trifft, aber nie ihre eigene Stimme finden darf. Besonders unangenehm wird das dann, wenn Stevie seine Mutter im Auto mächtig unterbuttert und beleidigt, weil sie an seinen neuen Freunden zweifelt und ihn vor ihnen bloßstellte. Sie bleibt eine schwache Figur und hinterlässt einen unschönen Beigeschmack hinsichtlich der Frauefiguren des Films, die sowieso nie das wirkliche Interesse des Films bekommen. Es ist ein ansonsten frecher Film, der seine Figuren frei nach ihrer Schnauze, der Szene und ihrem Workabular reden lässt, das erzeugt Nähe, denn sie dürfen sein. Man taucht in diese Zeit und das Gefühl ein, die Bilder werden mit nostalgischen Soundtrack dieser Zeit beschallt und dadurch Stimmung erzeugt. Der Film beobachtet ruhig die Situationen, die er skizziert, sein Schnitt ist stets prägnant und auf das Wesentliche fokussiert. Das gilt auch für den Film insgesamt, der in seiner Kürze auch überaus kurzweilig verpackt bleibt.
Es ist ein wehmütiges und lebendiges Porträt einer Szene, in der es vor allem um die Dynamik von Freund- und Feindschaften geht. Ein leichtes Augenzwinkern hinsichtlich der Szene schwingt manchmal mit, eine Kritik an deren Lebensstil ergibt sich daraus aber noch lange nicht, dafür sieht der Film die Szene mit einer viel zu rosaroten Brille, auch wenn er einem die Möglichkeit gibt, die Szene kritisch zu sehen. Die einen träumen vom Aufstieg, die anderen nur noch von der nächsten Party. Die einen träumen Teil der Gemeinschaft zu sein, die anderen werden es. Der Film parallelisiert zwei Freundschaften, die einen ähnlichen Verlauf nehmen, namentlich zwischen dem Protagonisten Stevie und Ruben, zwischen Ray und dem klingenden Namen Fuckshit. Der Film stellt auch die Brüchigkeit dieses Traums unter Beweis, ist bemüht auch stets die ungeschönte Seite des Ganzen zu erzählen (wenn auch nicht immer direkt zu zeigen), die sich in Leere, Gefahr und blinden Hedonismus widerspiegelt und die immer wieder angedeutet werden. Diese Perspektive ist dem Film bewusst.
Es bleibt schlussendlich vornehmlich eine Hommage an eine Szene und eine Zeit darstellt. Von der Machart ist ein typisches Coming-of-Drama, das aus der Perspektive seines Neulings in der Szene Stevie erzählt ist, mit dem wir Schönheit als auch Ängste kennenlernen. Das erinnert bisweilen an die Filme von Larry Clark, bloß ist dieses Werk definitiv sanftmütiger, konventioneller (denn die Figuren sind zum Großteil zweidimensional) und ein bisschen seichter, um nicht zu sagen gutmütiger. Der Blick von Jonah Hill ist nie gnadenlos, sondern er mag diese Szene und ihren dreisten Slang. Der Film fühlt sich in dieser Szene wohl, ob es jemanden Zuschauer so geht, steht dabei auf einem anderen Blatt. Das Werk bleibt ein Fragment, das aus der Zeit gefallen wirkt, ein Film, den man vergraben hat und nun schönerweise wieder gefunden hat.
Fritz Lang behält die Formel des ersten Teils in der Fortsetzung »Das indische Grabmal« bei und spinnt die (noch offene) Geschichte vom deutschen Ingenieur, der Tempeltänzerin und dem Maharadscha weiter. Viel neues gibt es dabei nicht zu berichten. Der Film ist ähnlich matt, aber immerhin ebenso dekorativ wie sein Vorgänger. Lang legt den Fokus aber weniger auf die Romanze, als auf die schläfrig eingefädelten Intrigen, die im Palast gegen Maharadscha steif besprochen und geplant werden. Das lässt das Ganze vielleicht noch etwas hinfälliger erscheinen, besonders da die meisten Akteure größtenteils außer Gefecht gesetzt sind und nicht wirklich aktiv werden können: Berger sitzt angekettet im Verließ und Seetha ist eine Gefangene des Maharadschas, der sich nicht entscheiden kann, ob er sie heiratet oder lebendig in einem Grabmal begraben soll.
Weitere Anwesende im Palast sind Sabine Bethmann als Bergers Schwester, die darüberhinaus nichts anderes tut als sich sorgen zu machen und Claus Holm als Bergers Chef und Freund, der die Räume auf- und abläuft wie ein Tiger. Das lässt Langs Film schwerfällig wirken, bei dem man eigentlich nur darauf wartet, dass er zu Ende ist. Daneben gibt es einen weiteren Tempeltanz vor einer Göttin und vor einer Schlange, bei dem Debra Paget fast alle Hüllen fallen lässt und es wird im unterirdischen Labyrinth nach Berger gesucht. Immerhin gibt es dadurch dann auch ein durchaus ulkiges Wiedersehen mit dem Leprakranken.
Fritz Lang inszeniert die Arthur-Brauner-Produktion »Der Tiger von Eschnapur« als eine Art romantisches Abenteuermärchen, die auf der Vorlage seiner Ex-Frau Thea von Harbour basiert und bereits in den 20ern Jahren verfilmt worden war, An der war Lang ebenfalls beteiligt, dort jedoch nur als Drehbuchautor. So ist dieses Sopätwerk nun ein Film, mit dem Lang den Zuschauer von seinem bürgerlichen Alltag entfliehen lassen will. Ein Film für alle diejenigen, die Fernweh haben. Dieses Abenteuer ist aber auch nur größtenteils ein Abenteuer vor Studiokulisse, das aber durch seine (falsche) Exotik durchaus besticht.
Mit der Wirklichkeit hat das alles wenig zu tun, aber dafür interessiert sich Lang schließlich auch gar nicht. Lang entwickelt eine Art Dreiecksgeschichte: Der deutsche Ingenieur Berger (Paul Hubschmid) kommt nach Eschnapur um für den dortigen Maharadscha zu arbeiten. Auf seiner Reise dorthin trifft er die Tempeltänzerin Seetha (Debra Paget, die durch ihre dünkelhafte Sprache auffällt, was ihren Charakter durchaus mysteriös erscheinen lässt), scheinbar europäische Wurzeln hat und die ebenfalls auf dem Weg zum Maharadscha ist, für den sie tanzen soll, da er sich in sie verliebt hat. Seine Frau ist bereits verstorben. Der Maharadscha überlegt daher, ob er sie nicht zu seiner neuen Frau machen soll. Lang liefert dazu auf dem Weg zum Palast einen bösen Tiger, der mehrere Menschen auf den Gewissen hat und die Kutschen umschmeißt, aber von starken Männern, von Beruf Ingenieur, mit Feuer in die Flucht geschlagen wird, woraufhin Tänzerinnen sich in diese kräftigen Männer verlieben und an ein Wunder glauben. Es gibt (angemalte) deutsche Schauspieler als Inder, die glänzend lange Roben tragen, prunkvoll-goldene Paläste, unterirdische Gewölbe und geschmückte Elefanten. Lang bebildert beschaulich dieses naive, biedere und verkitsche Abenteuerchen, dessen Inhalt trivial bis abgedroschen ist. Im Vordergrund steht für ihn eine (mitunter auch melodramatische) Romanze.
Argentos Original zieht seinen Zuschauer in einen alptraumartigen Bann, ist ein komplett performatives Werk, das wenig am Plot, sondern vor allem am audiovisuellen Exzess interessiert war. Die Neubearbeitung des Materials von Guadagnino ist nun auch überaus eindrücklich, wenngleich wesentlich unterkühlter und entsättigter als das Original. Guadagnino geht mit diesem Film aber seinen eigenen Weg. Fand ich durchweg hypnotisch, auch wenn ich zwischendurch über so manche ideologische Befremdlichkeit gestolpert bin. Aber das hat dem Film in seiner diffusen Natur keinen Abbruch getan. Es ist eine reizvolle Interpretation des Originals, die in die Breite geht, weiter denkt und mit Zeitgeist zusammenschustert. Natürlich ist der Film komplett überladen, er fesselt aber in seiner Bruchstückhaftigkeit trotzdem. Der Horror taucht zwar konkret nur an ausgewählten Stellen auf, ist aber durchweg unterschwellig präsent und bricht in drei großen Sequenzen aufs grausamste aus. Wie das Original, ein Erlebnis, aber auch komplett anders.
Wenn der Lehmann so gut wie ein Vant Sant ist, fresse ich einen Besen. :-) Einen Midnight Cowboy hat Van Sant dann aber doch nicht gedreht. So radikal wie ein gewisser Schlesinger ist er nun auch nicht. ;-) Aber im Ernst: Schön, dass der Lehmann doch zumindest einen Blick wert zu sein scheint! Hatte als er im Kino lief lange mit mir gerungen - und mich gegen ihn entschieden (aus Angst Cyrano de Bergerac als FJG-Variante zu sehen...), werde ich dann aber mal bei Gelegenheit angehen.
Lynne Ramsays neuer Film ist ein bedächtiger Neo Noir, der den Konventionen und Sehgewohnheiten des Genres eine Abfuhr erteilt. Der Film konzentriert sich innerhalb seiner Odyssee auf das Innenleben seines Protagonisten, das erforscht wird, über den aber auch bis zum Ende ein Schleier der Ungewissheit liegt, der nicht aufgebrochen wird. Der Film liefert fragmentarische Eindrücke aus der Vergangenheit seines Protagonisten, Bruchstücke, die der Zuschauer wie bei einem Puzzle zusammensetzen kann. Die eigentliche Geschichte ist dagegen nur eine Skizze, verläuft sehr linear, aber Ramsay ist mehr an einer eindrücklichen Charakterstudie interessiert, die auch Skurriles am Rande zulässt. Es ist ein bewusst enigmatischer Film, der das Genre nutzt, um zu seiner Figur vorzudringen. Es ist ein typischer Autorenfilm, der diese prototypische Geschichte auf den Kopf stellt. Das macht aber auch seine Kraft aus.
P.S.: Dass Moviepilots Kategorisierung für diesen Film auf den Begriff "Reiner Mainstream" fällt, kann man übrigens schon ein bisschen lustig bis abwegig bizarr finden.
Es ist gewiss nicht ganz leicht über Sean Bakers neuen Film ein klares Urteil zu fällen. Was ich aber weiß, ist, dass Baker eine enorme Empathie für jede seiner Figuren hat. Er verurteilt seine Figuren nie und das gerade bei dem White-Trash-Milieu, das gerne zum Abschuss für Karikaturen im amerikanischen Indiekino (oder selbst bei Clint Eastwood) freigegeben wird. Das macht den Film besonders. Es ist ein magischer Film, ohne, dass er sich je der Realität verwehren würden. Die Farben des Films mögen knallig anmuten, vor der Realität versteckt sich der Film trotzdem nicht. Der Film folgt seinen jungen Protagonisten, aus denen Perspektive er größtenteils versucht den Alltag zu erleben. Der Film sieht aus der Perspektive der Kinder, aber schafft es auch stets die Krisen der Erwachsenen glaubwürdig und oft sehr pointiert (wie bei Willem Dafoe und dessen Sohn) zu skizzieren.
In diesem Film steckt einfach das Leben, ein Hauch Optimismus, den der Film auch am Ende, wo alles zusammenbricht, nicht verliert und sich in eskapistische Welten flieht (dieses Ende ist gleichermaßen mutig wie irririerend, aber es zeigt Sean Bakers Persönlichkeit als Auteur, es zeigt eine eigene Weltsicht und ist folglich dahingehend schon mal wertvoll). Der Film hat Lust mit den Kindern auf Abenteuerreise zu gehen, bewahrt sich seine Neugier, aber auch seinen kritischen Geist (wenn die Kinder immer wieder an riesigen Reklametafeln und Konsumtempeln vorbeiziehen). Der Film skizziert zudem sehr deutlich die Widersprüche eines zerrissenen Landes, eines Amerikas zwischen Armut und Traum.