RAF-Film & Spiegel erhitzen die Gemüter

12.09.2008 - 09:27 Uhr
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Constantin Film
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NEWS» Wie mit Terror Geld gemacht wird oder die Identifikation von Schauspieler und Rolle.

Der Baader Meinhof Komplex kommt am 25. September in die Kinos und ist wohl das deutsche Filmereignis dieses Herbstes. Produziert von Bernd Eichinger hat Regisseur Uli Edel eine deutsche Star-Riege vor der Kamera vereint: Bruno Ganz, Hannah Herzsprung, Karoline Herfurth, Nadja Uhl, Alexandra Maria Lara, Martina Gedeck, Moritz Bleibtreu, Johanna Wokalek, Jan Josef Liefers, Heino Ferch und Stipe Erceg usw. usf.

Die Produktionsfirma Constantin hat sich allerdings im Vorfeld mit den Journalisten überworfen, weil mit Geld-Strafandrohung erst ab 17. September über den Film berichtet werden darf. Der Spiegel bildet natürlich eine Ausnahme und so wird dem Leser im aktuellen eine große Serie über die RAF, deren Mythos und den Film, der diesen zerstören würde, präsentiert.

Nun gibt es massive Kritik an der Aufarbeitung durch den Spiegel. Joachim Güntner in der Neuen Züricher Zeitung stellt sich die Frage, ob die RAF reif ist für das große Kino und ist entsetzt über den Spiegel. “Schmierenstücke solcher Art haben wir zuletzt gelesen, als es darum ging, Eichingers Produktion Der Untergang als Meisterwerk über Hitlers letzte Tage im Führerbunker zu verkaufen. Hoffentlich ist dieses Mal wenigstens der Film besser als die Publizistik.”

Auch Matthias Dell im Freitag ist gar nicht entzückt. Er kritisiert die Identifikation von Schauspieler und Rolle. “Das totale Reenactment (”illustrierte Geschichte") erfüllt seinen exorzistischen Zweck: “Die erste Garde des deutschen Films” konnte offenbar erfolgreich davor bewahrt werden, in den Untergrund zu gehen. Martina Gedeck, die in einer Drehpause Ulrike Meinhof verteidigt hatte und sich von Bernd Eichinger in der Tradition Andreas Baaders anknurren lassen musste (“Hör auf, Martina, du bist in der Rolle”), ist am Ende geläutert: “Ich sehe mich stärker als Bürgerin dieses Staates.” Was bleibt? Es gibt keinen Fortschritt in der journalistischen Ethik. Der Spiegel macht mit seiner Titelgeschichte der Einfühlung Marketing für Eichingers neuen Erfolgsfilm."

Fast nebensächlich wirkt da schon eine kritische Auflistung des Geschäfts, welches mit dem Mythos RAF, dem Film und allem Drumherum verdient wird. Stefan Aust legt sein Buch “Der Baader-Meinhof-Komplex” von 1985 in einer aktualisierten Version neu auf, zeitgleich mit einem Hörbuch und reist gerade mit einer großen Promotion-Tour durchs Land. Katja Eichinger, Ehefrau des Produzenten, hat ein Buch zum Film gemacht, mit Produktionsgeschichte, Set-Anekdoten und Filmstills. Zusätzlich gibt es noch ein “Film-Hörbuch” mit der Tonspur zum Film. Natürlich gibt es noch den Soundtrack, mit Songs wie “Mercedes Benz” von Janis Joplin, “Child In Time” von Deep Purple oder “Blowin’ In The Wind” von Bob Dylan. Über T-Shirts und Aufkleber reden wird erst gar nicht. RAF ist Pop und Konsum geworden.

Wolfgang Kraushaar fasst es in der Welt so zusammen: "Wenn nun Der Baader Meinhof Komplex in die Kinos kommt, dann wird sich das Publikum den Film vermutlich vor allem deshalb ansehen wollen, weil es sich darin den Kitzel jener Thrill-Effekte verspricht, der für Actionfilme typisch ist. Jedenfalls ist der mit einer bombastischen Geräuschkulisse ausgestattete Trailer, mit dem im Internet für die Verfilmung von Stefan Aust s Buch geworben wird, genau darauf abgestellt: den Abenteuerspielplatz RAF nun bei Popcorn und Alcopops auszukosten. Seit Längerem heißt es “RAF sells”."

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