Wenn Harry Potter und die Heiligtümer des Todes 2, der endgültig letzte Teil des Potter-Franchises am 14. Juli in den Kinos starten wird, werden genau zehn Jahre verstrichen sein seit Daniel Radcliffe, Emma Watson und Rupert Grint das erste mal als Harry, Hermine und Ron auf der großen Leinwand zu sehen waren. Seit dem ist viel passiert und aus den pausbäckigen Winzlingen sind sowas wie Schauspieler geworden. Hier seht ihr jetzt, ob es sich lohnt, sich auch ein siebtes Mal als Muggelstämmige beschimpfen zu lassen:
1. Die Welt am Rande des Abgrunds
Harry Potter und die Heiligtümer des Todes 1 stellt die Weichen und ist der Anfang vom Ende. Darum sei es dem Film verziehen, dass er gegen Ende ganz schön auf die Bremse tritt und quasi im Leerlauf vor sich hin tuckert. Schließlich bleibt auf diese Weise mehr dramatisches Potential für den letzten Teil übrig und wir können uns dann voll und ganz der alles entscheidenden Konfrontation zwischen Harry und “Ihr wisst schon wem” widmen.
2. 45 Minuten absolute Endzeitstimmung
Harry Potter und die Heiligtümer des Todes 1 schließt nahtlos an seinen Vorgänger an. Das erste Drittel des Films bietet den intensivsten und beklemmensten Spannungsbogen der ganzen Reihe. Eine verlorene Endzeitstimmung, die es in sich hat, mit einer allgegenwärtigen Bedrohung und an den Nerven zerrenden Finsternis. Noch nie war es so hart, erwachsen zu werden wie im Falle von Harry und seinen Freunden.
3. Gutes, altes, schönes, klassisches, unkonvertiertes 2D
Effektgeladene Blockbuster, die noch völlig langweilig und unspektakulär in 2D in die Kinos kommen, besitzen heutzutage Seltenheitswert. Darum müssen wir Harry Potter und die Heiligtümer des Todes 1 doppelten Tribut zollen, denn mit dem bald folgenden zweiten Teil Harry Potter und die Heiligtümer des Todes 2 wird auch die Harry Potter-Saga in die dritte Dimension vorstoßen. Wobei, es ist ja nicht so, als hätte Warner nicht bereits bei diesem Film versucht, die 3D-Kuh zu melken. Zum Glück erwies sich das Tier als zu bockig.
4. Heute so talentiert wie damals niedlich?
Vor zehn Jahren hieß es: "Sie sind soooo süß, aber auch sooo talentfrei. Spätestens ab Harry Potter und der Orden des Phönix wurden gewisse Stimmen lauter, die den Jungschauspielern zumindest handwerkliches Talent zu sprechen. Aber selbst die bösesten Zungen müssen mit dem neusten Film zugeben, dass sich die drei Hauptdarsteller endgültig zu (halbwegs) ernsthaften Schauspielern entwickelt haben. Besonders Emma Watson bietet schauspielerische Glanzpunkte, die einem im Gedächtnis bleiben. Aber auch Daniel Radcliffe verfügt mittlerweile über mehr als nur seine zwei verdatterten Standardblicke. In Kombination mit seinen Brusthaaren müssen selbst seine Kritiker von dem gereiften Schauspieler den Hut ziehen.
5. Abrakadabra war gestern
Seit Regisseur David Yates das Zepter übernahm, wurde der Look des Potteruniversums merklich bodenständiger und monochromer. Zum einen ist das zweifellos der inhaltlichen Komponente geschuldet, die von Band zu Band düsterer und erwachsener wurde. Aber auch abgesehen davon ist nicht zu übersehen, dass seit Harry Potter und der Orden des Phönix versucht wurde, die Fähigkeiten und Besonderheiten der Zauberwelt auf glaubwürdigere und realistischere Weise darzustellen, als es bei den ersten Filmen noch der Fall war. Harry Potter und die Heiligtümer des Todes 1 stellt diesbezüglich einen neuen Höhepunkt dar. Die digitalen Effekte passen sich nahtlos an den hoffnungslosen Grundtenor des Films an und verleihen dem ganzen Fantasyszenario einen vergleichsweise realistischen Anstrich. Die Zeiten, in denen kulleräugige Alraunen gezogen wurden oder sprühende Farbblitze durch die Luft jagten, sind endgültig vorbei.
6. Was Harry Potter mit dem Goldenen Kompass gemein hat
Der Score von Alexandre Desplat, dem bislang fünften Komponisten der Reihe, erzeugt einen sehr dichten Klangteppich, aber klingt zu keiner Zeit nach einem echten Harry Potter Soundtrack. Der Goldene Kompass, Der seltsame Fall des Benjamin Button oder Der bunte Schleier, Desplats Partitur erinnert an vieles, aber die originalen Themen von John Williams sind mit der Lupe zu suchen. Was wie ein Nachteil klingt, unterstützt in Wahrheit die gezielte Abgrenzung des Films innerhalb des Franchise und symbolisiert das Erwachsenwerden von Harry, Ron und Hermine, die nun endgültig aus ihrem Kinddasein entrissen wurden. Wie die behütete Kindheit der drei für sie nur noch wie eine vage Erinnerung erscheint, so erweckt der Soundtrack das selbe Gefühl beim Zuschauer, wenn er sich an das helle und magische Glockenspiel-Thema zurück erinnert.
7. Die nackte Emma Watson
Naja, fast. Es findet sich zwar eine Sequenz im Film, die die unbekleidete Hermine in einer eindeutig unzweideutigen Pose mit einem ihrer männlichen Begleiter zeigt, aber natürlich alles sehr züchtig gehalten und letztlich entpuppt es sich als reine Fantasievorstellung. So brutal die Zauberer mittlerweile ihre Stäbe schwingen, so keusch geben sie sich in sexueller Hinsicht. Da täuschen auch die Heerscharen von englischen Schauspielern nicht darüber hinweg, dass in den Harry Potter-Filmen seit jeher ein Ur-amerikanisches Herz schlägt. Aber die besagte Sequenz reicht aus, um in den Köpfen der Fans für einige anregende Gedanken zu sorgen. Bald können wir uns auf erwachsenere Rollen von der talentierten Jungschauspielerin freuen, die ihr hoffentlich auch etwas mehr “Raum für Entfaltung” bieten werden.
Wer nach dieser stichhaltigen und unwiderlegbaren Argumentation immer noch zweifelt, kann sich vielleicht mit dem zetternden Batzman und seinen 7 Gründen, warum Harry Potter ausgezaubert hat besser identifizieren.