Wenn Peter O'Fallon einen Piloten dreht, dann richtig. 13 seiner insgesamt 14 Serien-Aushängeschilder überzeugten die Zuschauerschaft so sehr, dass dem Piloten wenigstens eine Staffel folgte. In seinem Werk finden sich EUReKA - Die geheime Stadt und Pushing Daisies, und jetzt eben die Actionserie Agent X. Auch hier überlässt O' Fallon nichts dem Zufall.

Akrobatische Action

Denn wie es sich für einen guten Agenten gehört, erwischen wir Agent X (Jeff Hephner) in seiner ersten Szene quasi in flagranti in einem dunklen Verlies mit zusammengeketteten Händen von der Decke hängend, bei ihm ein Folterer, dem unser Agent schwingend im Fabian Hambüchen-Style ganz gepflegt das Genick bricht. Einen Schnitt und einen hippen Satelliten-Zoom (ok, das war mal cool) später ist er schon in Berlin, also jedenfalls ist das die Skyline unserer Hauptstadt und Berlin steht da auch unten rechts in Computerschrift, von daher …

Im Empire Hotel, Berlin, geht dann die erste Mission über die Bühne und Agent X verprügelt den dritten Typen innerhalb der ersten sieben Minuten, erlegt im Fahrstuhl eine widerspenstige, in Dessous kämpfende russische Agentin und kehrt mit ihr im Schlepptau nach Washington, D.C., zurück. Dort wohnt Agent X, der mit bürgerlichem Namen John Case heißt, der Vereidigung der neuen Vizepräsidentin (Sharon Stone) aus sicherer Entfernung bei. Die Vereidigung wird, kein Witz, dröhnend von James Earl Jones vorgenommen.

Das größte Geheimnis in der Geschichte des Landes

In einem ruhigen Moment nach der Zeremonie entdeckt die Vize-Präsidentin Natalie Maccabee in ihrem neuen Büro einen Geheimgang. Beim Erkunden desselben wird sie von ihrem engsten Mitarbeiter Malcolm Millar erwischt. "Was habe ich gefunden?", fragt sie ihn. "Das größte Geheimnis in der Geschichte des Landes", gibt er bescheiden zurück. Unter dem Vize-Weißen-Haus verbirgt sich ein schmucker Keller, in dem die vergilbte, vollständige Verfassung der USA ruht. Die beinhaltet einen fünften Zusatz, der den oder die Vizepräsident/in in Ausnahmesituationen zu einem/einer Krisenmanager/in macht. Das wichtigste Werkzeug ist dabei "eine Person von unbekannter Identität": Agent X. Und wir wissen jetzt schon, von solchen Ausnahmesituationen wird es demnächst wohl die ein oder andere geben.

Nach Agent 007, Agent 47 und dem legendären Agent Null Null Nix scheinen Agent X' Kompetenzen das numerische System zu sprengen. Tatsächlich muss John Case weder CIA noch FBI gehorchen und untersteht einzig und allein der Vizepräsidentin Natalie Maccabee. Um Sharon Stone wie eine Vizepräsidentin aussehen zu lassen, formten die Maskenbildner ihr eine Hillary Clinton-Frisur auf den Kopf. Witzige Randnotiz: Malcom Millar, väterlicher Berater der Vizepräsidentin, wird von Gerald McRaney gespielt, der in House of Cards dem Vizepräsidenten Frank Underwood (Kevin Spacey) noch als mächtiger Unternehmer Raymond Tusk das Leben schwer machte.

Agent X bewegt sich prügelnd vorwärts

Agent X-Darsteller Jeff Hephner hingegen ist im US-Filmgeschäft ein ziemlicher Niemand. Bei moviepilot übrigens auch: Null Fans, zumindest am 9. November 2015 um 17:50 Uhr. Nebenrollen in Madam Secretary und Interstellar gehören zu seinem Repertoire. Einen gewagt unbekannten Hauptdarsteller haben sich die Agent X-Macher da gecastet. Umso beachtlicher, dass er Sharon Stone in Sachen Charme und Natürlichkeit um Längen aussticht. Sharon Stone allerdings produzierte in ausführender Funktion und ordnete sich mindestens genauso viel Präsenz ein wie der Titelfigur, was jetzt nicht der genialste Schachzug ist, den Piloten aber wenigstens einigermaßen vorm Abheben bewahrt. Denn wenn Agent X in Aktion ist, geht alles ziemlich schnell.

Im Pilot sind die Russen die Bösen und die böse Gegen-Agentin, die John Case/Agent X erst aus Berlin in die USA einschleppte, heißt Olga und würde alles für eine Zigarette tun (s. o. Trailer). Außerdem ist sie die einzige Informantin und gleichzeitig Tauschobjekt, als die Tochter eines Politikers von russischen Terroristen entführt wird. Das Mädchen soll freigelassen werden im Tausch mit Olga. Eine ausweglose Situation. Und da kommt Agent X ins Spiel. Seine Bemühungen bekommen die Vizepräsidentin und Millar im Ego-Shooter-Ästhetik dargeboten. Meistens bewegt Agent X sich kämpfend vorwärts, hat stets einen lockeren Spruch auf den Lippen, macht aber nicht viel mit seinem Gesicht, was auch nicht unbedingt vonnöten ist. Indes weiß die lässig-blasierte Agentin Olga sich selbst zu helfen, entkommt sowieso und könnte eine coole durchgehende Gegenspielerin werden.

Eine Mischung aus Cobra 11 und James Bond

Agent X sieht dabei immer wieder ein bisschen so aus, als hätten die Alarm für Cobra 11 - Die Autobahnpolizei-Macher mal einen James Bond-Film drehen dürfen. Irgendwie trashig also, dazu wenig durchdachte Szenensprünge, etwas Situationskomik, nicht wirklich gut geschrieben, aber im großen Ganzen kurzweilig – und dennoch fühlt sich so eine Episode am Ende an wie ein verspeister Big Mac.

"Ich war nie ein normaler Vizepräsident", sagte schon Frank Underwood zur angeblichen Machtkastration des Amtes und drängelte sich später stets in den politischen Vordergrund. Sharon Stone sollte lieber eine normale Vizepräsidentin sein und John Case den Vortritt lassen. Dessen Fights werden wahrscheinlich tragendes Element der Serie sein, denn dass William Blake Herron (Die Bourne Identität) das Drehbuch schrieb, lässt sich beileibe nicht übersehen.

Spielt Jeff Hephner seinen bereits angedeuteten Charme also etwas mehr aus, könnte das vielleicht noch was werden mit Agent X. Und eigentlich muss es das ja auch bei O’Fallons unwiderstehlicher Bilanz.

Agent X läuft ab Mittwoch bei TNT Serie und ist zeitgleich bei Sky Go verfügbar.

Agent X - Unser erster Eindruck

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