Heathers - So gut ist die kontroverseste Serie des Jahres wirklich

22.10.2018 - 09:40 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
HeathersParamount Network
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Mit Heathers bekommt der gleichnamige Kultfilm von 1988 ein Reboot. Ob die krasse Neuausrichtung begeistern kann, erfahrt ihr in unserem Seriencheck.

Que sera Heather? Kaum einem Reboot in Serienform (außer vielleicht Charmed) wurde in diesem Jahr mehr Hass entgegengeschleudert wie der seriellen Neuauflage der Kultkomödie Heathers. Blasphemisch sei eine Modernisierung der Kultcharaktere, die bereits einen Film und ein Musical zu popkulturellen Hits machten. Eigentlich sollte das Reboot bereits im März 2018 seine Premiere beim Paramount Network feiern, wurde jedoch nach dem Schulmassaker von Parkland um mehrere Monate verschoben und im Juni schließlich komplett aus dem Programm des Senders gestrichen, da diese dem jugendlichen Publikum nicht zuzumuten sei. Am 22.10.2018 erschien Heathers nun schließlich doch noch beim Paramount Network, allerdings in einer geschnittenen Version ohne dem ursprünglichen Staffelfinale, welches dem Ende der Filmvorlage sehr ähnlich ist. Wir haben uns die Pilotfolge von Heathers angesehen, um zu gucken, ob die mörderischen Schulmädchen das Original abschlachten oder neu erfinden können.

Heathers basiert auf der gleichnamigen schwarzen Komödie aus dem Jahr 1988, in der es sich Winona Ryder und Christian Slater zur Aufgabe machten, der Schreckensherrschaft der Mädchenclique Heathers (u.a. Shannen Doherty) auf tödliche Weise das Handwerk zu legen. Für das Reboot wurde nun das Konzept der Heathers komplett auf den Kopf gestellt. Die neuen Heathers sind nun ein übergewichtiges Alphamädchen (Melanie Field) ein afroamerikanisches Mädchen (Jasmine Mathews) und ein gender-queerer Junge (Brendan Scannell), die gemeinsam die privilegierten weißen Kinder mit ihrem Regime der politischen Korrektheit unterdrücken.

Heathers - Wer braucht schon Cricket, wenn er Instagram hat

Bereits die erste Einstellung auf die ikonischen Cricketschläger schreien Heathers. Als sich direkt darauf Shannen Doherty aka die originale Heather Duke in die Quadrage drängt, steigen beim geneigten Heathers-Fan unendlich viele Emotionen auf. Ein Blick auf einen Benzinkanister, eine Streichholzschachtel und das Unglück nimmt seinen Lauf. Heather lässt ihr behütetes Vorstadthäuschen in Flammen aufgehen und greift unter den Blicken ihres Kindes - wie einst Mary Alice Young in Desperate Housewives - zum Revolver und tötet damit jegliche Erinnerungen an das Original.

Heathers: Goodbye Heather!

Haupthandlungsort von Heathers' Mikrokosmos ist eine Highschool. Ein Utopia des sozialen Fortschritts und eine satirisch überspitzte Weltverquerung, in der Randgruppen an der Spitze stehen. Hier regieren eine Übergewichtige, eine Woman of Color und einer Homosexueller in total überkandidelter Fashion-Kleidung am oberen Ende der Nahrungskette und weisen die weißen Footballspieler und Jocks mit zynischen Kommentaren und Verweisen auf ihre Heerscharen von Instagram-Follower in ihre Schranken. Dies ist eine so politisch korrekte Welt, in der College-Jünglinge beim kleinsten Anzeichen eines Neins den Beischlaf abbrechen und sich entschuldigen.

Dieser Welt will sich auch die durchschnittliche Veronica Sawyer (Grace Victoria Cox) anpassen, deren Identitätskrise und Findung ihrer Selbst zu Beginn im Fokus der Handlung steht. Doch bei ihren devoten Anbiederungsversuchen, ein Teil der angesagten Clique zu werden, passiert der verheerende Fauxpas. Ein Unfall auf einer Vernissage und überkochende Emotionen lassen aus Veronica das verbotene F-Wort herauströten: “Fatty.” Aus dem Fatshaming werden die nötigen Konsequenzen gezogen. Veronicas Schicksal scheint besiegelt und die Handlung nimmt ihren Lauf.

Oh my clit! - Heathers ist das Anti-Tote Mädchen lügen nicht

Wie ein Zeichen Gottes tritt der mysteriöse Neuankömmling JD (James Scully) in Veronicas Leben, mit dem sie den finsteren Plan schmiedet, dem Terror der Heathers ein Ende zu setzen. Heather Chandlers soll vom Thron geschubst werden, in dem kompromittierende Fotos von einer NS-Kappen tragenden Heather ihre PC-Reinheit korrumpieren sollen. Doch ein leckeres Zyankali-Maiskorn-Gemisch später ist der fiese Prank nach hinten losgegangen und endet mit Heathers Tod, der von JD und Veronica prompt zu einem Suizid umfunktioniert wird.

Heathers: Dem ist nichts hinzuzufügen

Der Aufmerksamkeitsspanne der heutigen Jugend entsprechend wird ein 10-sekündiges Abschiedsvideo von Heather veröffentlicht, welches nur wenige Stunden nach ihrem Tod bereits 27 Millionen Likes erzielt. Dadurch wird Heathers geradezu zu einem schwarzhumorigen Gegenentwurf zu Netflix’ Tote Mädchen lügen nicht. Hier löst der Selbstmord eines jungen Mädchens nicht Schock und Trauer aus, sondern mutiert zu einem Social-Media-Trend, dessen einzige Tragik der fehlende Instagram-Filter auf Heathers Beerdigungsfoto darstellt.

Fuck me gently with a chainsaw - Das Reboot von Heathers zerstückelt das Original

Das Heathers-Remake ist eindeutig Satire. Es verfrachtet den bissigen Humor des Originals und transponiert ihn auf die Generation Instagram und Snapchat. Wer die Chanels in Ryan Murphys Horrorserie Scream Queens - ihres Zeichens selbst eine Hommage an Heathers - mochte, hat bereits eine Vorstellung, mit welcher Sprache die Heathers hier agieren. Hier wird kein Blatt vor den Mund genommen und jeder Kommentar der Heathers ist maximal politisch inkorrekt sowie ein zynischer Blick auf die Identitätspolitik.

Wann kommt eigentlich ein Heathers-Chanels-Crossover?

Ein Problem, das im Piloten aufkommt, ist die Abkehr jeglicher Identifikationsfiguren. Wirklich kein einziger Charakter wirkt nur im Ansatz sympathisch, denn hier sind alle Schüler narzisstische Fame Whores, die sich bereitwillig in die Schlacht um den Platz an der Spitze der sozialen Hackordnung schmeißen. Fans des Originals werden zwar mit zahlreichen Verweisen und Zitaten auf die Vorlage beschenkt, könnten jedoch von dem krassen Neuentwurf schnell abgeschreckt werden. Ein weiteres Problem stellen die überpräsenten Witze dar, von denen zwar einige explosiv zünden können, jedoch auch ein Großteil bisher noch etwas krampfhaft von den Autoren eingepflegt wirkt.

Heathers-Fans ahnen nicht, was noch auf sie zukommt

Auch wenn der Pilot der Handlung der Filmvorlage in großen Teilen folgt, überrascht das Reboot in der letzten Minute mit einem Twist, der für die restlichen 9 Folgen (oder 8 Folgen in der zensierten Version) eine Abkehr vom Original verspricht, bei der Fans zwar an das Ursprungskonzept erinnert werden, sich jedoch gleichzeitig auf eine spannende Neuausrichtung freuen können. Optisch ist Heathers eine wahre überstilisierte Augenweide. Mit anamorphen Kameras gedreht, wirkt die Serie im Breitbildformat und mit ihren knalligen Farben wie ein Kinofilm. Das Highlight der Pilotfolge sind eindeutig die Darsteller von Heather Chandler und Duke, die mit ihrem bitterbösen Humor jede Szene stehlen.

Der Look von Heathers ist so künstlich wie die Serie selbst

Heathers nimmt das Grundkonzept der Filmkomödie von 1988, übersetzt es für eine neue Generation und parodiert diese gleichzeitig. In der 1. Folge ist Heathers krass, politisch inkorrekt und verstörend witzig. Losgelöst vom Plot des Films ist es spannend, was noch kommen mag und welche bitterbösen Unfälle der Machtkampf um Popularität noch hervorbringen wird. Wer sich auf die skurrile Welt und Charaktere von Heathers einlassen und von den Erinnerungen an das Original loslösen kann, wird mit dieser schrägen High-School-Satire sicher seinen Spaß haben - sollte diese irgendwann hierzulande erscheinen.

Die 1. Staffel von Heathers erschien am 22.10.2018 beim US-Sender Paramount Network. Über eine deutsche Ausstrahlung ist noch nichts bekannt. Als Grundlage für den Serien-Check diente die Pilot-Episode von Heathers.

Wollt ihr euch das Heathers-Reboot ansehen?

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