The Boys-Universum: Amazons versaute Superheldenserie Gen V ist zurück und besser als zuvor

15.09.2025 - 18:00 Uhr
Gen V Staffel 2
Amazon Prime Video
Gen V Staffel 2
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Bei Amazon Prime Video gibt's wieder versautes Superhelden-Spektakel im The Boys-Universum zu bestaunen. Ob die 2. Staffel von Gen V überzeugt, verrät dieser Serien-Check.

Obwohl die Superhelden-Satire The Boys Franchises wie Marvel und DC bitterböse aufs Korn nimmt, ist aus der Amazon-Serie längst ein eigenes Universum entstanden. Als versaute und schamlose kleine Schwester büßte die Spin-off-Serie Gen V trotz jüngerer Hauptfiguren nichts von dem The Boys-typischen derben Humor ein und empfahl sich 2023 als gelungene Erweiterung, die auch ohne Vorwissen geschaut werden kann.

Nach zwei Jahren Wartezeit kehrt Gen V am 17. September 2025 endlich mit neuen Folgen bei Prime Video zurück. Staffel 2, die ich für diesen Serien-Check vorab komplett sehen konnte, ist eine verdammt unterhaltsame Rückkehr in die Welt von The Boys. Ihre politische Satire bereitet hingegen leider wenig Spaß.

Gen V Staffel 2 führt in Homelanders neues Amerika

Seit den Ereignissen der ersten Staffel ist einige Zeit bzw. eine ganze Season von The Boys vergangen. Als Sündenböcke für das Campus-Gemetzel wurden vier junge Supes von der Godolkin Universität in die fensterlosen Zellen des Elmira Adult Rehabilitation Centers gesperrt. Aber nur drei von ihnen können diesem Gefängnis wieder entkommen – nach dem plötzlichen Tod von Darsteller Chance Perdomo musste Hauptfigur Andre kurzfristig aus der Serie geschrieben werden.

Aufgrund des unerwarteten Verlusts braucht Staffel 2 ein wenig Zeit, um Fuß fassen und ein klares Ziel für die Geschichte finden zu können. Sobald Blutbändigerin Marie (Jaz SInclair), Ant-Girl Emma (Lizze Broadway) und Geschlechtswandler:in Jordan (London Thor und Derek Luh) aber ihren Weg zurück auf die God U finden, weicht das Gefühl der Lähmung einem neuen spannenden Mysterium, in dessen Zentrum der enigmatische Dekan Cipher (Hamish Linklater) steht – ein wandelndes Enigma, das nicht nur zum Miträtseln einlädt, sondern auch für reichlich genüssliche Szenen sorgt.

Marie und Co. müssen nicht nur ergründen, was es mit einem Geheimprogramm namens Project Odessa und Geheimnissen um Schulgründer Thomas Godolkin (Ethan Slater) auf sich hat oder warum die PR-Maschinerie von Vought sie ohne Konsequenzen rehabilitiert hat. Auch dürfen feuchtfröhliche Collegepartys und Beziehungsdramen im zweiten Schuljahr nicht fehlen, während die jungen Superhelden ihre Kräfte und ihren Platz in der Welt zu finden versuchen.

Seit der 4. Staffel von The Boys hat sich die Welt aber dramatisch verändert. Nach Homelanders indirekter Machtergreifung ist der politische Riss in der amerikanischen Gesellschaft zu einem unüberwindbaren Graben geworden, der auch die Super-Studierenden zu verschlingen droht. Hass und Hetze gegen Menschen und liberal denkende Superheld:innen stehen nun genauso auf dem Unterrichtsplan, wie ideale Selbstdarstellung für Klicks und Ruhm.

Wie schlägt sich Gen V Staffel 2 im Vergleich zu Staffel 1?

Showrunnerin Michele Fazekas ändert an der Erfolgsformel auf den ersten Blick wenig. Das führt dazu, dass die Geschichte einem Déjà-vu gleicht, wenn schon wieder geheime Experimente, abtrünnige Pläne der Unileitung sowie ein blutgetränkter Endkampf auf dem Campus den Handlungsrahmen vorgeben. Trotz des gleichen Grundaufbaus ist Staffel 2 bei näherer Betrachtung aber im Ganzen um einiges selbstsicherer, tiefgründiger und runder als das erste Kapitel geworden. Auch gibt es endlich mehr vom schrägen Unileben und Unterricht zu sehen – vom Influencer-Seminar bis zum rabiaten Heldentraining.

Die Balance zwischen Gewaltorgie, schamlosem Humor und Coming-of-Age-Geschichte ist in Staffel 2 ausgewogener und harmonischer als zuvor. Noch tiefer ist der Blick auf das Seelenleben der jungen Erwachsenen, die mit persönlicher Scham, Mental-Health-Problemen – von Selbstverletzung über Zwangsstörungen bis zu PTSD – und ungeschliffenen Superkräften ringen. Natürlich oft drastisch-komisch überspitzt, aber doch stets einfühlsam.

Aber wie sieht es an der Schockfront aus? An den Wahnsinns-Exzess von The Boys kommt Gen V auch in Staffel 2 nicht heran, wirkt sogar etwas zahmer und weniger überdreht als zuvor. Trotzdem gibt es noch genug WTF-Momente, wenn Körper zerplatzen, Messer in Augen gleiten, Menschen in Körperöffnungen verschwinden oder mit Super-Schamhaar gekämpft wird. Vor allem Maries Blutmanipulation sorgt für ekelige und zugleich ziemlich coole Kampfszenen, während Emmas Schrumpfkraft wieder kreativ zum Einsatz kommt.

Die größte Stärke von Staffel 2 ist allerdings der Umgang mit dem eigenen Worldbuilding. Das Spin-off ist komplett in der Welt von The Boys verankert und lässt uns an jeder Ecke mit TV-Beiträgen, Werbeplakaten und Easter-Eggs spüren, wie die Erlebnisse von Homelander und Co. die Realität abseits und auf dem Uni-Campus beeinflussen. Obwohl beide Serien dank zahlreicher Cameos und Querverweise diesmal noch stärker miteinander verbunden sind, bleibt Gen V trotzdem erfrischend eigenständig und funktioniert theoretisch auch, wenn ihr die Hauptserie nicht schaut.

Schmerzhafte Satire: Gen V Staffel 2 wiederholt nerviges The Boys-Problem

Im Großen und Ganzen ist Gen V Staffel 2 eine mehr als gelungene Fortsetzung, bei der einem mehrfach das Lachen im Halse stecken bleibt – aber nicht immer im positiven Sinne. Denn wie schon The Boys zuvor, leidet auch das Spin-off darunter, dass der satirische Blick auf die US-Gesellschaft immer politischer und etwas zu realitätsnah wird.

Hier könnt ihr den Trailer zu Gen V Staffel 2 schauen:

Gen V - S02 Trailer (Deutsch) HD
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Wenn Lehrpersonal schamlos und unkritisch homophobe Parolen ins Curriculum einbindet, menschliches Schulpersonal im Angesicht rechtskonservativer Supes omnipräsente Todesangst verspürt oder ein TV-Wettkampf zweier Superhelden von einer transphoben PR-Kampagne begleitet wird, legt Gen V mehrfach den Finger zu tief in die Wunde aktueller Diskurse. In diesen Momenten ist die Serie keine witzige Satire mehr, sondern einfach traurig und verstörend.

Glücklicherweise nimmt die politische Grenzüberschreitung nur einen kleinen Teil der Staffel ein, deren Humor ansonsten mit witzigen Popkulturreferenzen und Fremdscham-Eskapaden zündet. Versuchte Gen V zuvor noch krampfhaft The Boys für Teens zu sein, hat das Spin-off, wie seine Charaktere, in Staffel 2 endgültig eine eigene Identität aufgebaut und zu sich gefunden – mit weniger Zynismus und unerwarteter Aufrichtigkeit.

Die acht Folgen der 2. Staffel von Gen V werden ab dem 17. September 2025 wöchentlich immer mittwochs bei Prime Video veröffentlicht. Grundlage für den Serien-Check ist die komplette Staffel.

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