The Handmaid's Tale ist die vielleicht wichtigste Serie des Jahres

05.10.2017 - 08:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Elisabeth Moss in The Handmaid's Tale
Hulu
Elisabeth Moss in The Handmaid's Tale
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Dieses Jahr erschien in Amerika die Adaption von Margaret Atwoods Roman The Handmaid's Tale als Serie bei Hulu. Lest hier, warum die Serie von so vielen Menschen wie möglich gesehen werden muss.

Update: Diesen Artikel haben wir bereits zum Start von The Handmaid's Tale bei Hulu in den USA veröffentlicht. Seit gestern läuft die Serie bei Entertain TV Serien in Deutschland. Es folgt der ursprüngliche Artikel.

,,Du besitzt mich nicht, ich bin nicht eines deiner vielen Spielzeuge [...], bind' mich nicht fest, denn ich würde niemals bleiben." So einfach, wie Lesley Gore es in ihrem Song You Don't Own Me aus dem Jahr 1963 im Abspann der ersten Folge von The Handmaid's Tale klingen lässt, ist es für die Handmaid Offred leider nicht. Sie lebt in einer dystopischen Zukunftsvision der USA, in der Frauen keine Rechte mehr haben. Als Handmaid gehört sie zu den wenigen, die in einer Welt, in der kaum mehr ein gesundes Baby geboren wird, weiterhin gebärfähig sind, und somit zur Empfängnis und dem Austragen von Kindern versklavt werden. Worum es in dieser Serie geht und warum sie von großer politischer Bedeutung ist, und auf jeden Fall eure Aufmerksamkeit verdient hat, erzähle ich euch im heutigen Mein Herz für Serie.

Die Geschichte der Handmaid

June (Elisabeth Moss) führt ein sorgenfreies Leben. Sie ist glücklich liiert und hat eine junge Tochter. Ihr Alltag ändert sich jedoch schlagartig, als den Frauen Amerikas ihre Rechte aberkannt werden. Die Familie plant ihre Flucht aus dem alten Amerika, das sich mehr und mehr in das zukünftige Gilead verändert. Nach einer rasanten Verfolgungsjagd wird June von Mann und Tochter getrennt und landet in einer Art Erziehungscamp, in der sie über ihre neuen Pflichten als Handmaid unterrichtet wird. Nach dieser Einführung wird June, fortan Offred (Offred = Of Fred = Fred gehörend), in den Besitz eines Ehepaares übergeben, denen sie ein Kind gebären soll.
Aunt Lydia unterrichtet die Handmaids in der Kunst der 'Zeremonie'

Der Ursprung der Geschichte

1985 veröffentlichte die kanadische Schriftstellerin Margaret Atwood den Roman The Handmaid's Tale. Dieser wurde bereits in einen Film und eine Oper adaptiert und fand 2017 via Streamingdienst Hulu seinen Weg in das amerikanische Heimkino. Über 10 Folgen erstreckt sich die Geschichte der Offred, deren Finale diese Woche ausgestrahlt wurde. Der Inhalt des Romans wurde größtenteils beibehalten und lediglich ein paar Veränderungen vorgenommen. Im Gegensatz zu der Buchvorlage zeichnet sich die Serienwelt durch seine Multikulturalität aus - im Buch war die Bevölkerung Gileads ausschließlich weiß. Doch Macht, Geld und Gebärfähigkeit sind hier wichtiger als die Hautfarbe. In Amerika genoss die erste Staffel viel Lob, auch aufgrund der Parallelen, die zwischen aktuellen politischen Entwicklungen und den Ereignissen der Serie gezogen werden können. Der Erfolg führte zu mindestens einer weiteren Staffelankündigung.

Die politische Relevanz von The Handmaid's Tale

Gegner des 'System', ob freiwillig oder unfreiwillig, werden in Gilead als solche gekennzeichnet und hingerichtet. Wenn die Leichen solcher 'Verräter' an der Mauer hängen und beispielsweise mit einem rosa Winkel oder dem Davidstern gekennzeichnet sind, kommen einem schnell Bilder aus Zeiten des Holocaust ins Gedächtnis.
Straftäter an der Stadtmauer

The Handmaid's Tale bedient sich in der Darstellung dieser düsteren Zukunft aber nicht nur der Vergangenheit. In einer Zeit, in der der Präsident des einflussreichsten Landes der Welt über das Recht auf Abtreibung - und somit das Recht, über den eigenen Körper zu bestimmen - diskutiert, spricht die Serie ein sehr aktuelles Thema an. Ein weißer mächtiger Mann meint, über den Körper von Frauen bestimmen zu können. In The Handmaid's Tale lernen die Handmaids in einem Erziehungscamp die Choreographie der 'Zeremonie', bei der sie, zwischen den Beinen der Frau ihres neues 'Besitzers' liegend, ihre Gebärfähigkeit unter Beweis stellen müssen. Höchste Instanz ist hier Aunt Lydia (Ann Dowd), die als Frau einen der furchteinflößendsten Bösewichte dieser männlich dominierten Welt darstellt. Für sie sind die Handmaids glücklich auserlesene, die Gottes Geschenk - ihre Fruchtbarkeit - an die reichen Ehepaare Gileads zu geben haben. Wer ihr nicht gehorcht, verliert schnell eine Hand oder ein Auge, da das wichtigste Körperteil der Handmaid ihre Gebärmutter ist. Kinder sind in dieser Welt das höchste Gut und die Frauen haben keinerlei Mitbestimmung über ihren eigenen Körper, der dieses bereitstellt.

Aunt Lydia bestraft Ungehorsam streng

Die Serienschöpfer bedienen sich auch in anderen Szenen bei aktuellen Themen, wenngleich diese für uns in der westlichen Welt ferner nicht sein könnten. Als Bestrafung erfährt eines der Handmaids Genitalverstümmelung, da für die Empfängnis kein Lustempfinden nötig ist. Dieses Vorgehen ereignet sich nach wie vor weltweit und wurde von den Schöpfern der Serie bewusst eingebaut, um zu zeigen, dass Frauen weiterhin Opfer von Taten sind, die uns unvorstellbar erscheinen.

Auch andere, weniger brutale Darstellungen in The Handmaid's Tale rufen Vergleiche zur gegenwärtigen Realität vor. Rückblenden zeigen, dass Frauen schon zu Beginn Gileads nicht mehr berechtigt waren zu arbeiten oder Besitz zu haben. Einzig und allein ihr männlicher Lebenspartner durfte ein Konto führen. Erneut lassen sich Parallelen zu Ländern in der Welt ziehen, in denen Frauen nicht arbeiten, wählen oder zur Schule gehen dürfen und ihr Dasein von der Gunst des Mannes in ihrem Leben abhängt. Dieser Mann heißt in Offreds Welt Fred (Joseph Fiennes), der mit seiner Frau Serena Joy (Yvonne Strahovski) eine sehr unterkühlte Ehe führt. Er ist einer der höchsten Kommandanten Gileads und sie seine Vorzeige-Ehefrau. Joy ist eine weitere Frau, die dieses System, das ihr alle Rechte abgesprochen hat, unterstützt.

Nachdem der Inhalt von The Handmaid's Tale oft als Science Fiction beschrieben wurde, bestand die Autorin Margaret Atwood darauf, dieses Genre Spekulative Fiktion zu nennen. In einem Interview mit dem Guardian  sagte sie:

Science Fiction sind Monster und Raumschiffe. Spekulative Fiktion kann wirklich passieren.

Damit betont sie, dass die Ereignisse im Buch - und der Serie - nicht so abwegig sind, wie wir uns das vielleicht wünschen.

Seid ihr gespannt auf The Handmaid's Tale?

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