Zwei gute Kommissare machen noch keinen Krimi

09.11.2014 - 20:10 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Polizeiruf 110 - Eine mörderische Idee
ARD/MDR
Polizeiruf 110 - Eine mörderische Idee
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Langsam tauen die beiden Magdeburger Kommissare auf, mit dem neuen Hacker-Polizeiruf Eine mörderische Idee werden die Neulinge aber kaum Fans gewinnen.

Im neuen Krimi Polizeiruf 110: Eine mörderische Idee zeichnet sich immer klarer ab, was der selling point des frischen Magdeburger Polizeirufs ist. In München etwa dürfte es die Kombination aus Experimentierfreude hinter der Kamera und von Meuffels verletzlichem Einzelgängertum sein. In Rostock ergänzt die ungewohnte serielle Erzählweise ein durchweg starkes Ensemble. In der sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt liegen die Fälle dagegen leicht über MDR-Niveau (man vergleiche die Tatorte aus Erfurt und Leipzig), einen Sendeplatz am Sonntagabend rechtfertigen aber nur die klingenden Namen Brasch und Drexler bzw. deren Darsteller Claudia Michelsen und Sylvester Groth. So auch im neuen Hacker-Krimi, der allenfalls dann das Zuschauerherz in Wallung bringt, wenn die beiden unterkühlten Kommissare sich über Mobiltelefone austauschen. Das ist so spritzig, wie es klingt.

Polizeiruf 110: Eine mörderische Idee

Alles beginnt mit dem Zuschauer, der den Polizisten ungefähr eine halbe Stunde Plot voraus hat: In Magdeburg geht ein Supermarkt in die Luft, weitere sollen folgen, doch währenddessen wird im Hafen der Elbestadt ein Überfall abgezogen. Ein Ablenkungsmanöver, ganz klar, aber leider nur für uns, nicht die Figuren. Und so folgt erst einmal Ungeduld und Langeweile, bis Brasch und Drexler die Verbindung durchschauen. Leider bietet der Krimi von da an primär schleimig nervöse Geschäftsmänner, schleimig grinsende Informatikstudenden und schleimig arrogante Professoren, die alle irgendwie hinter dem Smartphone-Klau im Hafen stecken könnten. Hinterm Server lockt einen aber keiner davon hervor.

Was bleibt sind die beiden meist getrennt voneinander ermittelnden Kommissare. Der Paragrafenreiter Drexler, der seinem Chef empört einen Vortrag über richterliche Verfügungen und IP-Adressen hält, und die forsche Brasch mit ihren Verfolgungsjagden in der Uni-Bibliothek. Gezwungenermaßen tun sie sich zusammen. Wenn es dann mal funkt zwischen den beiden, etwa beim Philosophieren über Mobiltelefone, wünscht man sich sogleich einen besseren Krimi für die beiden Herrschaften mit ihren privaten Krisen, die dieses Mal zurücktreten ("Wie geht's ihrem Sohn?" - "Wie geht's ihrer Tochter?"). Einen Krimi also, in dem die Charaktertiefe und Motivation der Hauptverdächtigen sich nicht in der Breite ihres fiesen Grinsens erschöpft. Der die ethnische Herkunft einer Figur einfach mal das sein lässt, was sie ist: irrelevant für ihre Eigenschaften und Fertigkeiten und erst recht den Fortgang der Handlung. Aber solcherlei Drehbuchausfälle gehören ja zum Tagesgeschäft öffentlich-rechtlicher Krimikultur.

Stattdessen also ein fader Polizeiruf über verbrecherische Informatiker, die den ganzen Tag Ballerspiele zocken (was sonst!?) oder im Dunkeln in die Tasten hacken, als hätte hier jemand ein Fotoshooting für SPON-Symbolbilder angemietet. Gerade im Vergleich zum letzten Rostocker Polizeiruf Familiensache gemahnt der neue Magdeburger Fall mit seiner vorhersehbaren Story und dem eindimensionalem Figurengeflecht an das qualitative Gefälle zwischen den Anstalten. Hochkarätige Darsteller und amüsant-schroffe Kabbeleien allein genügen eben nicht.

Mord des Sonntags: Vom Tempel des Lernens gestoßen.

Zitat des Sonntags: "Was machen wir jetzt." - "Ich weiß schon." - "Schön. Reden sie mit mir?" - "Nö." - "Gut."


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