Ich als „echte“ Lady habe mich natürlich für eine Kampfszene entschieden. Es kämpfen keine Roboter oder Superhelden miteinander, auch keine knapp bekleideten Spartaner, nicht mal Jackie Chan kommt darin vor. Natürlich gehören zu der besten Kampfszene eine Oma und eine Blondine. Doch Stopp, keine Angst, es ist kein Erotikfilm und kein Homevideo, auch wenn zweites schon etwas für sich hätte. Die Rede ist von Drag ma to Hell, eine von Raimis absurden Horror-Komödien, da es hier eine der bedeutendsten Kampfszenen zu bestaunen gibt, habe ich mich für diesen Film entschieden.
Unsere Heldin geht in einer düster ausgeleuchteten Tiefgarage zu ihrem Wagen. Was sie für mich sofort sympathisch macht, ist ihr nicht vorhandener elektronischer Autoschlüssel. Nein, sie muss ihren Wagen, genau wie ich, noch wie kurz nach der Steinzeit mit Schlüssel im Schloss öffnen.
Nach einem hypnotischen Tanz eines Taschentuchs, bei dem ich unwillkürlich an American Beauty denken muss und der nur dazu dient, nach hinten zu schauen, erblickt sie ihre Gegnerin. Plötzlich auf dem Rücksitz, genau wie in jedem guten Horrorfilm, in schummriges Licht getaucht, weiß man, mit dieser Oma ist nicht zu spaßen.
Der Kampf beginnt wie ein echter Katzenkampf beginnen muss. Mit Haareziehen. Die blonde Schönheit kontert mit ein paar platzierten über den Kopf geschwungenen Takerangriffen. Der erste Schock für die Zigeuner-Oma, eine der Klammern trifft ihr Auge. Zum Glück hatte sie dieses schon früher verloren. Vermutlich bei einem Kampf mit einer sprechenden Ziege, aber ich schweife ab. Waffenlos und wieder im Griff der Rachsüchtigen, lässt die verhinderte Fahrerin ihren Wagen mit einem gekonnten aber versehentlichen Tritt, gegen den Schaltknüppel, losbrausen. Zum Glück sind wir in Amerika, hierzulande wäre der, vermutlich nicht Automatik-Wagen einfach abgesoffen.
Der erste Aufprall lässt Oma mit ein paar blonden Haaren zurück, lange wird die Trophäe aber nicht bewundert sondern zum Würgegriff gewechselt.
Mit den letzten Atemzügen wird der Hebel umgelegt, jetzt geht die wilde Fahrt nach vorn. Im letzten Moment kann die Atemlose den Gurt um ihren Körper schnallen und so wird nur das alte Mütterlein ganz nach vorn geschleudert. Zu ihrem Glück öffnet sich der Airbag...nicht.
Doch eine Zigeunerin kennt keinen Schmerz, sie schüttelt den Unfall einfach weg und setzt unvermittelt mit einer Beißattake nach. Doch halt, sie nuckelt nur am Kinn unserer Heldin, bei dem Aufprall hat sie ihr Gebiss verloren. Die kurze Irritation kann der Blondschopf nutzen, um mit der nächsten Waffe aufzufahren. Sie rammt der Heranschnellenden ein Lineal in den wieder bezahnten Mund. Nach ein paarmal würgen, was jede Katze vor Neid erblassen lassen würde, dient der Fremdkörper als Geschoss, verfehlt sein Ziel aber und was stattdessen auf die Betagte zukommt, ist der kräftige Tritt der jungen Kontrahentin. Außerhalb des Autos hält die gebeutelte Alte für einen kurzen Moment inne, genau wie ihre Gegnerin, doch dann blitzt der Kampfgeist wieder auf. Mit letzten Kräften wird an jeder Tür gezogen, doch wie das bei solchen alten Kisten ohne Zentralverriegelung ist, sind sie verschlossen, ohne dass unsere Heldin viel tun muss. Darüber freut sie sich nun diebisch, da auch das einhämmern auf die Scheibe nicht hilft, wähnt sie sich als Siegerin.
Plötzlich taucht die Außenstehende ab, mit plattgedrückter Nase versucht die im Inneren sich sicher fühlende ihre Widersacherin zu erblicken, doch keine Spur.
Mit einem markerschütternden Schrei richtet sich die Gesuchte nun auf und sie hat etwas mitgebracht. Mit allem was ihr noch zu Verfügung steht, schleudert sie einen Stein durch das Beifahrer-Fenster und zehrt die sich windende Insassin durch die nun offene Tür.
Selbstredend steht auch nach diesem atemberaubenden Kampf der finale Punch an.
Die Zigeunerin holt aus und schnappt sich, von der am Boden kauernden Niedergestreckten, einen Knopf. Ja richtig einen Knopf, um ihn zu verfluchen.
Als die ohnmächtig gewordene Verliererin wieder erwacht, ist ihre Gegnerin schon geflüchtet. Jetzt bleibt nur eine Frage! Wie erklärt man das jetzt der Polizei?
Man könnte jetzt meinen, ich mache mich über den Film lustig...naja, ein kleines bisschen schon, das bedeutet aber nicht, dass ich ihn nicht mag. Ich liebe ihn, weil mich schon lang kein Horrorfilm mehr gegruselt hat und wieso dann nicht lachen? Doch nicht wegen den billigen Effekte oder schlechten Darstellern, nein, weil es einfach wundervoll ausgeklügelt ist. Die Stimmung eines Horrorfilms mit Absurditäten zu verbinden und trotzdem noch Spannung zu erzeugen. Danke, Sam Raimi. Für diesen und noch so viele andere.