7 Fragen an Solveig

02.02.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Once you do something, you never forget. Even if you can't remember.
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Once you do something, you never forget. Even if you can't remember.
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Jurassic Park und Harry Potter, Murnau und Tiersen, und ein Tag im Ghibli-Universum: Lasst euch von Solveigs 7 Antworten eine Brücke zeigen und für den Sonnenaufgang begeistern!

Von Zeit zu Zeit schauen bei uns 7 Fragen um die Ecke und nehmen uns bei der Hand, um durch den Sonntag zu schlendern. Sie bauen uns eine Brücke, und ohne großes Dinogestampfe sitzen wir am Ende da und möchten am liebsten sofort die erwähnten Filme sehen, weil ihre Leidenschaft auch fern von ausgeschlachteten Franchises manchmal ansteckend ist. Und während die Herde da draußen in jeden Blockbuster rennt, der von durchtriebenen Marketingabteilungen das Prädikat “Kult” aufgeklatscht bekommt, legen wir heute einen Preisner-Soundtrack auf und genießen mit Solveig den Sonnenaufgang.

Was ist deine erste Erinnerung an Film, Kino oder Fernsehen? Womit fing alles an?

Das ist nicht sonderlich spektakulär und schnell zu beantworten. Während viele Leute in meinem Alter von einem Disneyfilm sprechen, wenn sie von ihrem allerersten Kinobesuch erzählen, war ich damals doch immer ein bisschen stolz darauf, behaupten zu können, dass mein allererster Kinobesuch der von Jurassic Park 1993 war. Ich war damals ein ganz, ganz arg dinovernarrtes sechsjähriges Mädel und bettelte meinen Vater an, mir den Film anschauen zu dürfen (da meine Mutter für solche Filme sowieso nichts übrig hatte). Wir sahen ihn uns also zusammen an – na ja, eher mein Vater. Denn inhaltlich habe ich den Streifen damals natürlich nicht verstanden – ich wollte nur Dinos sehen. Und was sah ich? Über die Hälfte der Laufzeit eigentlich nur meine Füße, da mir das vorne auf der Leinwand viel zu unheimlich war. Aber ich erinnere mich noch gern an den Kinosaal, der ähnlich wie ein Theatersaal aufgebaut war und dessen Sitze mit schönem, weichem, rotem Samt bezogen waren, das Licht sehr angenehm gedimmt. Seitdem messe ich jedes Kino, das ich besuche (obgleich ich inzwischen eine seltene Kinogängerin geworden bin), an dieser Erinnerung.

Und der Film selbst? Keine Ahnung, wie mir Jurassic Park gefallen würde, sähe ich ihne erst jetzt zum ersten Mal. Aber ich habe ihn in guter Erinnerung und habe mich willkommen gefühlt, als ich dort vor einigen Monaten mal wieder zu Besuch war. Ansonsten muss ich gestehen, dass meine Erinnerungen an Filme eher schwach sind. Ich habe erst relativ spät angefangen, mich für dieses Medium zu interessieren. Davor war ich eher ein Bücherwurm, der sich Geschichten und Unterhaltung aus der Welt zwischen zwei Buchdeckeln geholt hat, und dabei ebenso sehr intensive Momente erlebte, in denen man sich vollkommen in erzählten Geschichten verlieren und in ihnen aufgehen konnte. Anscheinend habe ich erschreckend lange nur die falschen Filme gesehen, da ich dachte, dass mir dieses Medium solche Erlebnisse nicht bescheren könnte.

Welcher Film, welche Serie hat dein Leben verändert? Was war danach nie wieder so wie vorher?

Wenn diese Frage beantwortbar ist, dann wohl am ehesten mit einem Film, der zu meinen absoluten Lieblingen gehört: Bernhard Wickis Die Brücke. Ich weiß nicht, wie oft ich diesen Film inzwischen gesehen habe – so oft jedenfalls wie keinen anderen und die Anzahl der Sichtungen dürfte inzwischen weit oben im zweistelligen Bereich liegen. Ich sah Die Brücke zum ersten Mal im Alter von zehn Jahren, wo mir insbesondere die Szene im Gedächtnis hängen blieb, in der SPOILER Günter Pfitzmann erschossen wird, nachdem er einem Feldgendarm den Wahnsinn vors Gesicht hält, nun kurz vor Kriegsende auch noch Kinder (!) sinnlos mithinein zu ziehen. SPOILERENDE

Ich sah den Film noch einmal im Schulunterricht in der 6. Klasse und war auch dort von der Entwicklung der Geschichte fasziniert, ohne noch begreifen zu können, warum eigentlich. Der Film hatte sich damals aus irgendeinem Grund in mein Inneres gebohrt, sodass ich ihn mir sehr regelmäßig aus unserer Stadtbibliothek lieh. Als ich ihn dann aber irgendwann neun Jahre lang gar nicht mehr zu Gesicht bekommen habe, wollte ich ihn UNBEDINGT mal wieder sehen und bestellte ihn mir. Als ich ihn dann wiedersah, war die alte Faszination mit einem Schlag da, und obwohl ich seinen Inhalt inzwischen kannte, ließ mich der Film am Ende abermals mit einem tief verstörten Gefühl zurück. Zu der Zeit besuchte ich gerade ein Seminar über das Thema ‘Die NS-Zeit in den modernen Medien’ und fragte meine Dozentin, ob ich meine Seminararbeit über diesen Film schreiben dürfte. Und im Zuge dessen hat sich mir erst erschlossen, wie vielschichtig dieser lakonische und intelligente Film ist, auf wievielen Ebenen hier die Botschaft absoluter Kriegssinnlosigkeit erzählt und transportiert wird – nicht erst am Ende, wo sich alles in einem fatalen Finale entlädt.

Und wie zeitlos dieser Film ist, weil er vor allem von den ganz normalen und doch so verschiedenen pubertären Sehnsüchten, Wünschen und Konflikten seiner sieben Protagonisten erzählt und seinen Plot hierauf aufbaut; und wie ihr eigentlich ganz individuelles Personsein schließlich der Kriegseuphorie und den NS-Zielen geopfert wird. Für mich war dieser Film damals tatsächlich ein Augenöffner, dass die nationalsozialistische Diktatur eine Zeit des Verbrechens an der Menschheit überhaupt war – selbst in den eigenen Reihen, wenn man so will; und dass die Unantastbarkeit menschlicher Würde, im Zusammenhang mit dem Recht auf freie Persönlichkeitsentwicklung und -entfaltung, eine Antwort auf diese Zeit ist, die endlich einmal ausgesprochen werden musste – abgesehen von den bekanntesten Opfern dieser Zeit, die natürlich in diesen Artikel mithineingenommen sind.

Aber Die Brücke war für mich auch ein Augenöffner in Sachen ‘Film’. Erst da habe ich gemerkt, dass sich ein Film genauso spannend untersuchen lässt und mir ebenso viel geben kann, wie ein gut geschriebenes Buch, und dass diese beiden Medien sich ebenbürtig sind. Allerdings merke ich trotzdem, dass mich das eine Medium etwas mehr in meiner Wahrnehmung beeinflusst hat, denn wenn ich mich heute mit einem Film auseinandersetze, dann tue ich das eigentlich mit denselben Strategien, mit denen ich auch ein Buch analysieren würde, was wiederum dazu führt, dass mir Plot und Narration das Wichtigste an einem Film sind. Alles andere spielt zwar auch eine nicht unbedeutende, aber doch leicht untergeordnete Rolle.

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