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Erinnerungen so schwer wie ein Herbstblatt im Wind

11.11.2017 - 09:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Stille Momente
Pandora
Stille Momente
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Dieser Artikel ist ein Community-Beitrag, der im Rahmen unseres Schreibwettbewerbs Mein liebster Kinomoment entstanden ist.

Egal wie ich es gedreht und gewendet, wie sehr ich dagegen auch angekämpft habe - manche Erinnerungen verfolgen mich noch bis heute, wenngleich sie eigentlich meist nur leise Zwischentöne darstellen, die für die Melodie letztendlich jedoch unabdingbar sind.

Es war schon fast einer dieser herbstlichen Spätsommer-Abende, als wir uns auf den Weg ins etwas weiter entfernte Autokino machten.
Genau die Zeit also, in der die Blätter ihre Farbe ändern, langsam den Gehweg mit all ihrer Pracht bedecken und durch den herbstlichen Wind still und leise hinfort getragen werden.
Die Luft riecht plötzlich anders, jeder Schritt unterlegt vom Rascheln der Laubblätter, die Gedanken vielleicht bereits im warmen Süden.
Es ist aber auch die Zeit, in der Jacken und Schals nicht mehr bloß als reine optische Aufwertung angesehen, die Tage immer kürzer und die Nächte immer länger werden. Und scheinbar unendlich lange, wenn man sie alleine verbringen muss.
Die Temperaturen sinken derweil auf ein Niveau, das beinahe der eigenen täglichen Motivation gleicht, das Haus zu verlassen und sich ins ungemütliche Kalte zu wagen.
Stattdessen macht man es sich doch viel lieber vor dem Kamin mit einer heißen Tasse Tee gemütlich, betrachtet das Lodern, das Feuerspiel der Flammen und hört dem beruhigenden Knistern zu. Es sind eben doch diese kleinen Momente, die am Ende das große Ganze formen.

Auch wenn ich vor Kinobesuchen nicht oft die Entscheidung treffe, welcher Film es denn diesmal werden sollte, war es an diesem Tag komischerweise ganz anders.
Warum ich die Auswahl meist meinem Gegenüber überlasse, sollte wohl auf der Hand liegen - wenn ich entscheide, bin ich auch Schuld, falls der Film nicht überzeugen sollte. Klingt logisch und mindestens genauso uneigennützig. Uneigennützig war ich aber ohnehin schon mein ganzes Leben lang, da brauchte ich mich also nicht mehr in Geduld üben.

Der Film begann bald darauf etwas verzögert, es war inzwischen auch dunkel geworden, die Stille war einnehmend.

Für viele ist der kommende Moment vielleicht nichts Besonderes, für mich hingegen von unschätzbarem Wert und rückblickend (da die Stimmung zu diesem Zeitpunkt einfach nahezu perfekt war) wohl auch einer der schönsten Kinomomente.
Doch von welcher Szene, welchem Film ist hier eigentlich genau die Rede?
Es handelt sich um Ex Machina, einen auf den ersten Blick vielleicht nicht ganz passenden Film. Hierin soll Caleb (Domhnall Gleeson) herausfinden, ob Ava (Alicia Vikander), ein weiblicher Android, ein ähnliches Denkvermögen wie ein Mensch vorweisen kann, was sozusagen einem Durchbruch auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz gleichkommen würde.
In der besagten Szene dann, als Caleb Ava einen Test mithilfe einiger Fragen unterzieht, kippte plötzlich die Stimmung des Filmes (und passend dazu die Farbgebung dieser Szene) und ließ unseren Puls in die Höhe treiben - genau in diesem Moment streifte sie dann meine Hand, nur um sie wenige Atemzüge später ganz fest anzupacken. In diesem Augenblick konnte ich es nicht lassen, meinen Blick kurzzeitig von der Leinwand abzuwenden, um ihre Reaktion abzuwarten. Ihre Hände waren weich, zart und zudem noch deutlich wärmer als meine, was mir zuvor all die Jahre in dieser Deutlichkeit nie wirklich aufgefallen war.
Der Film lief natürlich indes weiter, die Intensität dieses Momentes wurde jedoch nie mehr erreicht.

Wir haben uns dann auf der Rückfahrt geschworen, demnächst öfter das Autokino aufzusuchen, da wir beide das Ambiente, die Zweisamkeit, genossen haben. Leider sollte es das letzte Mal gewesen sein, bei dem wir zusammen in meinem Auto auf die große Leinwand geschaut haben.

Seitdem hat das Autokino auch seinen Reiz für mich verloren. Zumindest trage ich diese letzte Erinnerung seither mit mir mit und lasse sie nie mehr los - fast so, wie die letzten Blätter im Herbst noch verzweifelt am Baum hängen bleiben wollen.

***

Wir bedanken uns ganz herzlich bei unseren Sponsoren. Hier erfährst du alles zum Prozedere des Schreibwettbewerbs und den Preisen. Eine Übersicht aller Texte des Schreibwettbewerbs findest du hier.

Denk daran: Stimme ab für Deutschlands Lieblingskino 2017!

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