Die bunte Welt von Sailor Moon ist mehr als nur ein bisschen camp. Kein Wunder also, dass die LGBTQ-Community bis heute eine Schwäche für den flamboyanten Magical Girl-Klassiker aus Japan hat. In seinem Heimatland ist der 90er Jahre-Anime allerdings um einiges queerer, als man es dem hiesigen Publikum zutrauen wollte.
Was genau geändert wurde und welche Charaktere im Original ganz anders sind, als ihr sie vielleicht kennt, erfahrt ihr hier bei uns zum Pride Month 2025!
Queer Erasure in Sailor Moon: Diese LGBTQ-Figuren des Anime-Klassikers wurden in Deutschland zensiert
Mit Queer Erasure meint man das Unsichtbarmachen von nicht-normativen Identitäten in den Medien. In Sailor Moon geschah das durch die deutsche Synchronisation an zwei konkreten Stellen. Während man die lesbische Beziehung zwischen Sailor Uranus und Sailor Neptun ab Staffel 3 intakt ließ (mehr dazu später), wurden zwei männliche Charaktere einfach frech zu Frauen umgedichtet, damit sie nicht schwul beziehungsweise queer dargestellt werden.
Zoisit(e) aus Staffel 1 war das erste Opfer dieser Praxis. Während der schurkische Diener des Dunklen Königreichs in der Originalversion einer der vier Generäle von Königin Periglia ist, machte die deutsche Synchronfassung einfach eine weibliche Generalin aus ihm. Mangaka Naoko Takeuchi und Toei Animation machten es der deutschen Zensur zugegebenermaßen einfach, da Zoisit als sogenannter bishonen (schöner Junge) sehr feminine Züge besitzt.
Immerhin wisst ihr spätestens jetzt, dass diese diabolische Diva in Wirklichkeit ein tyrannischer Twink ist. Seine romantische Beziehung zum General Kunzite dürfte der Hauptgrund gewesen sein, warum man ihn damals stimmlich umdichtete.
Fish Eye aka Fischauge aus Staffel 4 widerfuhr das gleiche Synchro-Schicksal. Allerdings ist sein Fall ein bisschen interessanter, denn in den letzten Jahren wurde viel über seine (?) Gender-Identität diskutiert. Auch Fischauge vom Amazon Trio ist ein androgyner Schurke, der sich bei seinen Missionen über attraktive Männer hermacht und an einer Stelle sogar ein Auge auf Mamoru aka Tuxedo Mask wirft. Manche Fans interpretieren ihn aufgrund seiner femininen Gender-Expression als zumindest genderqueer oder nonconforming, während andere ihn als femininen, schwulen Cis-Mann lesen.
Komischerweise hat man bei der deutschen Synchro, in der Fish Eye einfach eine Cis-Frau sein soll, nicht darauf geachtet, dass er in einer Folge oben ohne mit flacher Brust herumläuft. Wenn man bei der Zensur die alte Ausrede vorschob, man wolle Kinder nicht "verwirren", hat man nachweislich keinen guten Job gemacht.
Die Sailor Moon-Zensur ging in anderen Ländern noch viel weiter
Angesichts der beiden Beispiele aus Deutschland können wir uns hierzulande fast noch glücklich schätzen. Andernorts ging man nämlich noch viel weiter mit dem Vertuschen der Queerness. Das nahm in anderen Ländern geradezu psychotische Züge an.
Sailor Uranus und Sailor Neptun aka Haruka und Michiru sind das wohl ikonischste queere Pärchen im ganzen Franchise. Allein über Uranus und ihren fluide Gender-Ausdruck kann man ganze Essays schreiben. Die Vereinigten Staaten (deren erste Synchro ebenfalls Zoisit und Fish Eye zu Frauen machte) wollte davon zunächst nichts wissen und machten aus den liebenswerten Lesben zärtliche Cousinen. Vom Inzest-Level her fühlt sich die amerikanische 3. Staffel also etwa wie Game of Thrones an. Na toll.
Die Sailor Starlights aus der 5. Staffel von Sailor Moon sind der vielleicht bizarrste Fall von bemühter Kaschierung. Während die drei Sailor-Kriegerinnen in der Manga-Vorlage lediglich in Drag als Boyband auftreten, verwandeln sie sich in der Anime-Version biologisch von Jungs in Mädchen, sobald sie ihre Sailor-Kräfte aktivieren. Dem italienischen TV war das viel zu "trans". So behauptete man einfach, die Starlights seien nicht drei, sondern sechs Personen. Bedeutet: Die Bandmitglieder Seiya, Taiki und Yaten rufen einfach ihre Zwillingsschwestern zu Hilfe und klatschen ab. Alles klar.
Erfreulicherweise gehen neuere Sailor Moon-Synchronfassungen, wie etwa die für das Re-Release in den Staaten oder die deutsche für die letzten Filme der Neuauflage, besser mit den queeren Charakteren um. Und dass Usagi/Bunny aka Sailor Moon selbst ein absolutes Bi-Icon ist, ließ sich zum Glück nie wirklich kaschieren ...