Battlefield im 1. Weltkrieg – Ein mutiger, aber nötiger Schritt

12.05.2016 - 18:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Battlefield 1
Electronic Arts
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Battlefield 1 spielt im Ersten Weltkriegs und erfüllt damit, grob geschätzt, allen Shooter-Fans den derzeit größten Wunsch. Trotzdem ist die Entscheidung für das historische Setting mutiger, als es den Anschein hat – auch wenn sie mehr als nötig war.

Vor ein paar Wochen tischte es uns die Gerüchteküche auf, kürzlich lieferten DICE und Electronic Arts die offizielle Bestätigung nach: Battlefield 1  wagt den Sprung zurück zu einem historischen Setting, landet in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs und überrascht Presse wie Fans gleichermaßen. Schließlich geht ein recht unverbrauchtes Szenario nicht nur mit einem finanziellen wie kreativen Risiko einher, in diesem Fall will es mit seinen Materialschlachten und statischen Grabenkämpfen im ersten Moment auch nicht so recht zu Battlefield passen. Ein mutiger Schritt also, den die Entwickler da machen – etwas anderes blieb ihnen allerdings auch kaum übrig.

Die Gründe finden wir in der Vergangenheit der Reihe sowie dem aktuellen Portfolio des Publishers EA. Im Rahmen des Militär-Shooters, in dem sich Battlefield bewegt, gab es für einen Nachfolger des vierten Teils  drei denkbare Optionen: Die Serie schiebt ihre Zeitlinie erneut ein kleines Stück nach vorne, verabschiedet sich wie Call of Duty: Infinite Warfare  völlig in Richtung Science-Ficition oder wälzt allerlei Geschichtsbücher auf der Suche nach einem historischen Setting.

Doch die ersten beiden Möglichkeiten scheiden aus. Schon Battlefield 4 spielte nur sechs Jahre nach den Geschehnissen des Vorgängers . Ein entsprechend vertrautes Spielgefühl machte sich zur allgemeinen Enttäuschung auf den Maps breit. Trotz Levolution oder des wieder eingeführten Commander Modes. Ein frisches Szenario war demnach Pflicht.

Gegen die zweite Option, ein Sci-Fi-Battlefield, sprechen allerdings zwei Dinge.

Zum einen hat die Reihe keine guten Erfahrungen damit gemacht, seine Gefechte zu weit in die Zukunft zu verlagern. Stichwort: Battlefield 2142 . Als der Multiplayer-Titel im Oktober 2006 auf den Markt kam, warfen viele Fans den Machern vor, das nur knapp ein Jahr zuvor erschienene Battlefield 2  einfach in einen futuristischen Kampfanzug zu zwängen. Selbst heute klebt das Etikett der Vollpreis-Mod fest am fünften Ableger der Shooter-Serie, der darüber hinaus unter Bugs sowie einer Spyware-Kontroverse  litt.

Zum anderen wäre da noch Titanfall, das Electronic Arts bereits vor dem Release  des ersten Teils  als langlebiges Franchise in Stellung gebracht hat. Zurzeit will der Publisher Zweifel darüber zerstreuen, ob sich die Fortsetzung  zum Debüt von Respawn Entertainment und Battlefield 1 nicht die Zielgruppe streitig machen könnten. Wie stünden da wohl erst die Chancen für Titanfall 2, wenn es sich mit dem kommenden Battlefield mehr als das Genre oder den Release-Zeitraum teilen würde. Immerhin gelang es der jungen Marke noch nicht, sich in der Spielelandschaft zu etablieren. Diese Herausforderung soll demnächst der Nachfolger unter scheinbar großem Aufwand  bewältigen. Daher dürfte mit dem ebenfalls von DICE stammenden Battlefront  – beziehungsweise der kürzlich für 2017 angekündigten Fortsetzung  – schlicht kein Platz mehr für noch einen großen Sci-Fi-Multiplayer-Shooter in EAs Portfolio übrig sein. Zumal auch weitere Spiele des Konzerns auf Science-Ficition-Fans abzielen, etwa Mass Effect: Andromeda , diverse andere Star Wars-Projekte  oder in Teilen Mirror’s Edge: Catalyst .

Somit bleibt lediglich die dritte Option.

Und trotzdem: Egal, wie viel Kalkül letztlich hinter der Entscheidung steckt, in Battlefield 1 den Ersten Weltkrieg aufzugreifen – sie zu treffen, kostet einiges an Mut. Die Macher hätten es sich schließlich auch auf bekanntem Terrain gemütlich machen und an Klassiker wie 1942  oder Vietnam  anknüpfen können. Stattdessen wählen sie ein Setting, das sie auf gleich mehreren Ebenen herausfordert.

Zwar zeigt der Reveal Trailer, dass sich die Entwickler durchaus künstlerische Freiheiten nehmen, um das Spielgeschehen und die Auswahl an Waffen oder Fahrzeugen an die Erwartungen der Fans anzupassen. Dennoch haben sie sicherlich einige tiefgreifende Änderungen an ihrer Frostbite-Engine und den darin verankerten Gameplay-Mechanismen vorgenommen. So dienen uns zum Beispiel erstmals in der Serie Pferde als Reittiere wie taktisches Element, der Nahkampf soll ebenfalls eine zentrale Rolle spielen. Besonders die flinken Vierbeiner könnte DICE im Hinblick auf Steuerung sowie Leveldesign vor Schwierigkeiten stellen. The Witcher 3  oder Dragon Age: Inquisition , das auch auf die Frostbite-Engine baut, hatten da so ihre Probleme. Und dabei sollte das Studio ohnehin darauf achten, nach dem katastrophalen Start von Battlefield 4 ein technisch glatt poliertes Spiel abzuliefern.

Außerdem wird sich Battlefield 1 als medienwirksames Projekt die Frage gefallen lassen müssen, inwiefern es die bislang im modernen AAA-Segment noch nicht thematisierten Tragödien des Ersten Weltkriegs aufarbeitet. Schon jetzt werfen einige Menschen dem Studio vor, es verharmlose mit seiner "Gameplay first"-Devise die damaligen Gräuel. Dafür versprachen die Entwickler im Rahmen des Reveal Events eine Kampagne, die sich damit auseinandersetzt, wie der Krieg die Welt prägte. Im Interview mit Gamespot  bekräftigt Design Director Lars Gustavsson diesen Ansatz:

Durch sie [die verschiedenen Hauptfiguren] wirst du sehen, wie der Krieg die Welt veränderte, und wie die Menschen durch den Krieg verändert wurden. Es war wirklich der Tod der alten und die Geburtsstunde der neuen Welt.

Einen ersten Blick darauf, was sich hinter diesen Worten womöglich verbirgt, konnten wir vielleicht im Reveal Trailer erhaschen:

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Allerdings zweifelte ich bereits an anderer Stelle, "ob die Reihe diesem hohen Anspruch nach den erzählerisch enttäuschenden Solo-Abenteuern in Battlefield 3  und Battlefield 4  gerecht wird."

Aber vielleicht braucht es in diesem Zusammenhang gar keine historisch akkurate Kampagne, vielleicht ergreift der Shooter eine andere Chance. Um ein Bild vom Krieg zu skizzieren, das die Masse anspricht, muss sich das Spiel etwas an deren Sehgewohnheiten anpassen. Im Umkehrschluss bedeutet das, eben nicht auf eine allzu historisch korrekte Umsetzung von Fahrzeugen und Co. zu setzen, sondern ein in sich authentisches Spielgefühl zu erzeugen. Und was könnte die Zerstörungsgewalt des Ersten Weltkriegs dabei eindringlicher vermitteln als eine von unseren Gefechten und dem erweiterten Destruction-Feature gezeichnete Map, auf die wir am Ende eines launigen Multiplayer-Matches blicken, während wir daran denken, wie sie zuvor aussah?

Falls uns Battlefield 1 beim Release im Oktober für einen Moment auf solche Gedanken bringt, dann hat sich der Mut, den das Spiel mit seinem Szenario beweist, mehr als ausgezahlt.

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