Bruce Willis - Ein Kneipenbesuch zum 60. Geburtstag

19.03.2015 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Bruce Willis in Stirb Langsam
20th Century Fox
Bruce Willis in Stirb Langsam
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Bruce Willis hat Geburtstag und macht die 60 Jahre voll. Zeit, dem Haudegen endlich einmal alles zu sagen, was mir schon so lange auf dem Herzen liegt. Und welcher Ort eignet sich dafür besser als eine staubige, qualmige Hinterhofkneipe in Berlin ...

Es ist eine verregnete Nacht in Berlin. Ich sitze in meiner Stammkneipe - kein trendiges Szenelokal in Mitte, sondern eine verranzte Hinterhofschenke, in der Staubwischen und bunte Cocktails nicht gerade an der Spitze der Tagesordnung stehen. Soll mir nur recht sein. Um nach einem harten Arbeitstag auch das letzte bisschen der qualvoll am Boden röchelnden Zeit endgültig tot zu schlagen, sitze ich an der Bar und blicke tief in mein inzwischen viertes Glas Gin Tonic - die bittersüße Versuchung wird mir später helfen, Schlaf zu finden.

Ein trübselig dreinblickender Mann betritt das Etablissement, lässt sich auf den nächstbesten Hocker sacken und bestellt dumpf murmelnd ein Bier. Sein mit Senfflecken garniertes Unterhemd vermag kaum die stolze Haarpracht seiner Mannesbrust im Zaum zu halten. Die inzwischen dezent faltige Haut spannt sich über einen immer noch beachtlich starken Bizeps. Das Haupthaar hat die guten Tage schon lange hinter sich gelassen - der kahle Schädel leuchtet wie eine Rettungsboje im diffusen Licht der verpesteten Kneipenluft. Eine Zigarette hängt gelangweilt von der Unterlippe und qualmt müde vor sich hin. Sein Blick ist träumerisch, ob er die Zukunft oder die Etikettenaufschrift der klebrigen Jägermeisterflasche hinter der Bar zu entschlüsseln versucht - das vermag ich nicht zu sagen.

"Ah, Bruce, du auch hier!?"

Als ich ihn anspreche, hebt Bruce Willis leicht den Kopf, mustert mich kurz und wendet sich dann mit verdrießlichem Blick wieder seinem Bier zu. Menschenkenner, der ich bin, verstehe ich die Geste und weiß, dass Bruce bereit zur Kontaktaufnahme ist. Beschwingt ziehe ich also meinen Barhocker herüber und lasse mich neben dem Schauspieler nieder. Zufällig weiß ich, dass der Mann heute Geburtstag hat - ganze 60 Jahre hat der alte Haudegen nun schon auf dem Kerbholz. Doch in seinem Blick spiegelt sich nicht gerade helle Freude wieder. Um das Eis zu brechen und ihm etwas Gutes zu tun, beschließe ich, ihm ein verbales Aufmunterungsgeschenk zu bereiten.

"Weißt du, Bruce - es sieht doch folgendermaßen aus: Es stimmt, du hast in den letzten Jahren nichts wirklich, WIRKLICH Nennenswertes mehr an Filmen gemacht. Gelegentlich glänztest du noch in Filmen wie Sin City, Moonrise Kingdom, Lucky#Slevin oder Planet Terror, aber seien wir mal ehrlich - die letzten zehn Jahre stellen nicht gerade die Blütezeit deines Schaffens dar, und dass du dir mit den Sequels Stirb langsam 4.0 und Stirb langsam - Ein guter Tag zum Sterben keinen Gefallen getan hast, weißt du sicher selber, nicht wahr? Warum du trotzdem jetzt den Kopf nicht hängen lassen solltest, das will ich dir gerne erklären."

Bruce kneift die Augen zusammen und grunzt abschätzig in sein Bierglas. Das Geräusch erinnert mich an ein sterbendes Walross, doch ich verkneife mir ein Lachen. Er ist eben auch nur ein Mensch - ich hab's doch geahnt!

"Für mich und viele andere da draußen bist du schlicht und ergreifend eine der wichtigsten Action-Koryphäen aller Zeiten. Dass du einen Auftritt in Miami Vice zu deinen ersten Rollen zählen kannst, ist für sich genommen schon großartig, und deine bereits wenige Jahre später folgende Rolle des John McClane im fantastischen Stirb langsam hat dich popkulturell früh unsterblich gemacht - für mich der beste Actionfilm aller Zeiten und ein Film, der perfekt dein schauspielerisches Können und dein Charisma widerspiegelt. Inwiefern? Gut, dass du fragst, Bruce!"

Das sterbende Wahlross stöhnt entnervt auf.

"Was dich für mich von ebenfalls sehr geschätzten Kollegen wie Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger abhebt, ist deine Fähigkeit, neben der Action auch hervorragend ruhigere Töne anzuschlagen. Mit Filmen wie Stirb langsam 2, Stirb langsam - Jetzt erst recht, Das fünfte Element und Last Boy Scout hast du damals deine Stellung als Actionheld mit Herz hervorragend gefestigt und in Quentin Tarantinos Pulp Fiction, seiner Four Rooms-Episode und besagten Rollen in Robert Rodriguez' Sin City und Planet Terror konntest du dich auch abseits des puren Action-Genres hervorheben. Und darüber hinaus hattest du auch noch die Ehre, die Hauptrolle in dem einen guten Film von M. Night Shyamalan zu spielen: The Sixth Sense.

Eine meiner Lieblingsszenen deines Oeuvres ist bis heute die Szene in 12 Monkeys, in der du mit Madeleine Stowe im Kino sitzt, den grandiosen Vertigo - Aus dem Reich der Toten von Alfred Hitchcock siehst und in einer für mich sehr berührenden Konversation über die wechselhafte Wirkung von Filmen sprichst - einfach toll von dir gespielt. Großes Lob, Bruce!"

Durch finstere Augen blickt mich Bruce entnervt an. Ich verstehe schon: Er möchte seinen Geburtstag wohl lieber alleine verbringen. Ist gebongt. Ich schiebe noch eine herzerwärmende Schmeichelei hinterher, bevor ich mich aus dem Staub mache.

"Unterstützt durch die unverwechselbare Synchronstimme Manfred Lehmanns bist du für mich eines der wichtigsten Filmrelikte der 80er und 90er-Jahre - einer Zeit, in der es noch so etwas wie Stil gab. Einer Zeit, in der echte Kerle im Kampf gegen bedrohliche Terroristen noch Barfuß über Scherbenhaufen liefen, statt sich generischen Kämpfen mit gesichtslosen CGI-Robotern hinzugeben. Einer Zeit, in der im Film noch geraucht wurde - sogar im Flugzeug. Einer Zeit, in der launische One-Liner noch in die Pop-Kultur eingingen und handgemachte Action, kultiger Humor und eine ordentliche Portion Herzblut noch Hand in Hand gingen.

Folgendes Damon Wayans-Zitat aus Last Boy Scout bringt es eigentlich perfekt auf den Punkt: 'Okay, was würde Joe [Bruce Willis] in dieser Situation tun? Er würde jeden umbringen und ein paar Zigaretten rauchen.'

Ist schon gut, Bruce. Du musst jetzt nichts sagen."

Ich tätschel ihm liebevoll die Glatze und verlasse mit einem gönnerhaften Lächeln auf den Lippen das Lokal. Verwirrt dreinblickend neigt sich der Barkeeper zu dem Mann mit der Glatze und fragt ihn auf Russisch: "War das ein Freund von dir, Sergej?"

Welcher ist euer Lieblingsfilm von Bruce Willis?

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