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Corona gibt Kinos den Rest

23.05.2020 - 12:28 UhrVor 3 Jahren aktualisiert
Bild zu Corona gibt Kinos den Rest
Pixabay
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Das Kino wird schon lange und immer wieder für tot erklärt: Erst die Verbreitung des Farbfernsehens und dann die Einführung der Videokassette beschleunigten das große Kinosterben. Digitale Medien wie DVD und Blu-ray und zuletzt Streaming-Dienste verschärften die Situation weiter. Und doch gibt es immer noch Kinos, denn die Kinolandschaft hat sich in zwei Richtungen entwickelt. Da gibt es einerseits die Programmkinos und andererseits die High-Tech-Lichtspielhäuser mit Komfortsessel. Irgendwas dazwischen hat absolut keine Chance mehr, dafür sind die Fernseher mittlerweile zu groß und der Home-Theatre-Sound zu gut. Während also die verbleibenden Kinos ihren Platz gefunden zu haben scheinen und den starken Niedergang aufgehalten haben, macht ihnen jetzt die Coronakrise einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Die ganze Branche hofft, dass nach Corona wenigstens alles wieder wie vorher wird und es gibt sogar Optimisten, die eine Renaissance der Kinos kommen sieht. Ein vermeintlicher Beleg ist die erfolgreiche Wiederbelebung von Autokinos. Ja richtig, Autokinos, die Kinosparte, die man eigentlich nur aus Erzählungen von Eltern oder Oma und Opa her kennt, boomt gerade. Klar, das liegt natürlich ausschließlich an den geschlossenen Kinos und der Kontaktsperre, etwas Hoffnung ist aber durchaus berechtigt, dass es nicht bei einem kurzen Strohfeuer bleibt. Die benötigte Technik (aufblasbare Leinwände...) ist mobil einsetzbar und ein leerer Parkplatz ist schnell gefunden, sodass sich hier eine neue, kleine Nische, wie Open-Air-Vorstellungen, etablieren könnte.

Das hilft der Kinobranche natürlich nicht wirklich weiter und ein neuer Trend, der während der Coronakrise zwangsläufig entstanden ist, könnte das Kinosterben rasant beschleunigen: Filmpremieren direkt bei Streamingdiensten. Grundsätzlich nichts Neues, aber die Coronakrise zeigt den Filmstudios: Es muss jetzt im Moment ohne Kinos gehen und siehe da: Es geht! Bisher hat sich die Kinobranche immer mit Händen und Füßen gegen eine frühere „Zweitverwertung“ von Filmrechten auf digitalen Medien oder Streamindiensten gewehrt und Filmstudios boykottiert oder zumindest mit Boykott gedroht. Die großen Filmverleiher sind dann größtenteils immer wieder zurückgerudert. Nur bei Eigenproduktionen von Amazon und Netflix hatten Kinos natürlich keine Chance, aber egal, es gab ja noch genügend Hollywood-Blockbuster.

Jetzt ist alles anders: Die Kinos können die produzierten Filme nicht mehr zeigen und die Filmstudios müssen befürchten, dass sie auf den Produktionskosten sitzen bleiben. Also werden jetzt die Filme direkt den Streamingdiensten als Premiere angeboten und die sagen natürlich nicht "nein". Im Gegenteil. Neben den Platzhirschen Netflix und Amazon etabliert sich Disney gerade als neuer Konkurrent und auch Apple versucht in diesem Markt mitzumischen. Letztgenannter hat aber ein gelinde gesagt überschaubares Filmangebot und muss jetzt unbedingt handeln wenn man nicht scheitern will, daher müssen Filme her, dem Anschein nach "Koste es was es wolle". Jüngstes Beispiel: Die Streaming-Ausstrahlungsrechte für den von Tom Hanks produzierte Kriegsfilm Greyhound sollen verschiedenen Quellen zufolge für schlappe 70 Mio. Dollar an Apple gegangen sein, das damit Konkurrenten wie Netflix überboten haben soll. Der entscheidende Punkt: Die Produktionskosten des Films belaufen sich auf ca. 50 Mio. Dollar… Wenn man jetzt auch noch weitere Einnahmequellen (Blu-ray, Free-TV-Rechte usw.) hinzunimmt, muss man kein Mathe-Genie sein, um zu sehen, dass sich diese Filmproduktion gelohnt hat. Ein gutes Geschäft also für die Filmstudios - und das ganz ohne Kinos! Klar kann man jetzt sagen, dass der Film im Kino vielleicht wesentlich mehr eingespielt hätte. Aber „hätte hätte Fahrradkette“... Denn natürlich könnte der Film auch floppen, voraussagen kann man das nie. Disney z.B. weiß das - spätestens seit „Solo: A Star Wars Story“, der trotz der mächtigen Star-Wars-Marke an der Kinokasse nicht überzeugte.

Die Frage, die sich daher ab sofort stellt: Einen Kinohit erhoffen - aber mit einem Flop rechnen müssen, oder aber von Anfang an einen sicher kalkulierbaren Gewinn einfahren? Es wird langfristig auf die Variante „Sicherer Gewinn“ hinauslaufen. Eine Kinovorführung ist im Moment ja nicht mal mehr eine Voraussetzung für eine Filmpreisnominierung wie den Oscar.

Kinos werden wie in der Vergangenheit nicht komplett verschwinden, aber das Kinosterben geht weiter und wird sich durch Corona noch verschlimmern. Eben nicht nur, weil Kinos geschlossen sind und irgendwann dann erst mal unter Auflagen öffnen dürfen, was vielen das Kinoerlebnis vermiesen wird. Vor allem die Tatsache, dass die Filmindustrie durch Corona bewiesen bekommen hat, dass sie auch ganz gut ohne Kinos zurecht kommt, bricht der Kinobranche mittelfristig das Genick - leider.

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