Das Volk gegen ... Arnold Schwarzenegger

30.08.2011 - 08:50 Uhr
Vor dem Filmgericht: Arnold Schwarzenegger
Universal Pictures/moviepilot
Vor dem Filmgericht: Arnold Schwarzenegger
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Wir lieben die Stars, aber manchmal gehen sie zu weit. Entschuldigungen bringen nichts mehr, es gibt nur eines: die schnelle Verurteilung. Heute steht Arnold Schwarzenegger vor dem Filmgericht. Seine Tat: Junior.

Bevor wir mit der Verhandlung starten, möchten wir euch auf eine Neuerung aufmerksam machen: Das Filmgericht hat ab heute immer einen Ankläger sowie Verteidiger. Das heißt, diese Jobs werden nicht mehr in Personalunion übernommen, sondern es gibt tatsächlich zwei konträre Meinungen. Jetzt schreiten wir jedoch zur Verhandlung gegen Arnold Schwarzenegger, der in seiner erfolgreichen Karriere den ein oder anderen Schnitzer drin hatte. Zu seinen vermutlich größten Fehlschlägen zählt Junior. Doch muss Arnie dafür bestraft werden? Ihr entscheidet letztlich, ob es dem Terminator an den Kragen geht!

Auf der Anklagebank: Das schwangere Muskelpaket Arnold Schwarzenegger.
Die Tat: Junior (1994).

Ankläger: guggenheim
Verteidigerin: SchnabelPower

Führungszeugnis
Arnold Schwarzenegger hat schon wegen des Genre, aus dem er stammt, stets das Risiko mit sich getragen, die ein oder andere Verfehlung zu begehen. Dennoch muss ihm hoch angerechnet werden, dass er trotz nicht optimaler Voraussetzungen die meisten kritischen Klippen umschiffte und es zu erstaunlichem Ruhm gebracht hat. Zwar zieren seine Filmographie Werke wie Herkules in New York, Twins – Zwillinge oder eben Junior, aber auch Meilensteine wie Terminator 2 – Tag der Abrechnung, Predator oder Die totale Erinnerung – Total Recall.

Anklageverlesung
Verehrte Jury, wir alle dürfen uns nicht darüber hinwegtäuschen lassen, dass Herr Schwarzenegger mit Junior ein Verbrechen begangen hat, und wir dürfen uns nicht von seinen glanzvollen Rollen blenden lassen. Junior war seiner unwürdig, viel schlimmer wiegt jedoch, dass er die Zuschauer mit diesem Werk gequält hat. Dass Arnold Schwarzenegger witzig sein kann, hat er selten bewiesen, in Junior war jeder Anflug von Humor eine große Peinlichkeit. Junior ist, um James Berardinelli von ReelViews zu zitieren, nicht mehr als ein “Big-Budget-Chaos, das einem eher ein Stöhnen als ein Lachen entlockt”.

Sie wollen Beweise dafür, dass die Geschichte über einen schwangeren Mann es nicht wert ist, erzählt zu werden? Schon 1985 kam der Film Seitenstechen mit Mike Krüger raus, der ein ähnliches Thema hatte. Und wenn wir eines wissen, meine Damen und Herren, dann das, dass Filme mit Mike Krüger beinahe immer Körperverletzung sind. Es gibt also schon einen Fall, der ähnlich gelagert ist, und trotzdem beging Arnold Schwarzenegger diese Tat. Sehr geehrte Jury, so etwas wird Vorsatz genannt und verdient eine Bestrafung!

Verteidigung
Sehr geehrte Jury, sicher ist Ihnen aufgefallen, dass Ankläger mit zweifelhaften Gemeinplätzen argumentiert. Das sogenannte Verbrechen, das hier vor Gericht steht, ist in Wirklichkeit eine heldenhafte Tat. Nach den 70er Jahren, in denen Geschlechterbilder grundlegend in Frage gestellt wurden, stellten die 80er eine konservative Zeit dar. Und auch in den 90ern präsentierte Hollywood fast ausschließlich “hard boiled heroes”. Trotzdem traute sich Herr Schwarzenegger, dem männlichen Muttergefühl ein Gesicht zu geben und war damit seine Zeit voraus! Schauen Sie sich einmal an, wie viele Männer heutzutage in die Elternzeit gehen! Der Film besetzt die Rollen bewusst konträr: Ein Muskelpaket spielt das Sensibelchen, während die Shakespeare-Fachfrau Emma Thompson den spröden Gegenpart übernimmt. Hiermit führt der Film gekonnt gesellschaftliche Konventionen ad absurdum und stellt die traditionelle Rollenverteilung der westlichen Welt humorvoll in Frage. Herr Schwarzenegger ist für seine Tat vielmehr zu belohnen als zu bestrafen. Sicher entspringt die völlig unbegründete Anklage einer männlichen Ur-Angst vor dem drohenden Machtverlust, die bei dem Herrn Guggenheim dadurch ausgelöst wurde, dass Herr Schwarzenegger in Junior offiziell Gefühle zeigen darf.

Schlussplädoyer der Anklage
Meine Damen und Herren, nehmen wir einmal an, die schwache Argumentation der Verteidigung wäre zutreffend, würde das den Angeklagten von seiner Schuld entbinden? Nein, denn gut gedacht bedeutet nicht gut gemacht. Herr Schwarzenegger hatte die Erfahrung, das Unheil kommen zu sehen, hat Junior aber trotzdem gedreht. Geschätzte Geschworene, es liegt in Ihrer Hand. Entscheiden Sie bitte nicht nach Ihren Sympathien für den Angeklagten, sondern betrachten Sie die Fakten, die nur einen Urteilsspruch zulassen: schuldig!

Schlussplädoyer der Verteidgung
Liebe Geschworene, die Initiatoren großer gesellschaftlicher Umwälzungen haben sich selten beliebt gemacht. Manchmal erkennen wir erst im Nachhinein den Wert einer mutigen Handlung. Herr Schwarzeneggers Film Junior ist vielleicht nur ein kleiner Schritt für die amerikanische Komödie, aber ein großer Schritt für die Emanzipation des Mannes. Der Herr von der Anklage verharrt noch in längst überholten Mustern von Männlichkeit und ist das beste Beispiel dafür, dass viel mehr Männer Filme wie Junior sehen sollten. Um die Gleichberechtigung von Mann und Frau weiterhin sicherzustellen, liebe Geschworene, gibt es hier kein anderes Urteil als unschuldig.

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