Ist nun alles ganz anders? Deadpool, eine scheinbar ganz und gar ungewöhnliche Marvel-Figur, hat nun ihren eigenen Film und alle sind begeistert. Sogar von einem Überraschungserfolg reden manche Journalisten und man denkt sich, überraschend ist doch bloß, wenn ein Marvel-Film floppt, denn der Erfolg dieser Franchise-Ungetüme lässt sich vorab auf den Dollar genau kalkulieren. Es zeigt vielmehr, wie langweilig und monoton die Unterhaltungsfilmlandschaft geworden ist: Zwar werden fast täglich neue Rekorde vermeldet, doch wirkliche Ereignisse sind das nicht – und schon gar keine filmischen. Die Maschine läuft wie geschmiert und dazu gehört eben auch, dass sie wöchentlich einen neuen Hype produziert, der jedoch völlig erwartbar ist.
Regisseur Tim Miller hat mit Deadpool eine solch kalkulierte Überraschung vorgelegt und nach dem Pawlowschen Reiz-Reaktions-Schema wird dies nun beklatscht. Marvel kann Ironie, würde die Bild-Zeitung vielleicht schreiben. Von der ersten Minute an schreit es der Film hinaus: Schaut her, ich bin ein ungewöhnlicher, ironischer, zynischer Marvel-Film mit einem Anti-Helden. Im Vergleich zu der teuren Kinokarte ist das unendlich billig. Und die Wahrheit sieht dann auch anders aus: Anale Witzchen, alberne selbstreflexive Pointen und ein braver Sarkasmus – verschleiert wird so lediglich, dass hier noch einmal jene Sehgewohnheiten bestätigt werden sollen, die Marvel uns über Jahre hinweg eingetrichtert hat. Der Zuschauer ist inzwischen so gut konditioniert, dass er selbst die kleinste Abweichung vom Schema F als Innovation und künstlerische Freiheit wahrnimmt.
Dabei ist Deadpool eigentlich der schlimmste Marvel-Film aller Zeiten, weil er jetzt auch noch dem Zuschauer den Zynismus seiner Macher antrainiert, damit dieser in Zukunft sich aufklärt und über den Dingen stehend fühlen kann und trotzdem bzw. gerade deswegen weiterhin den Schund konsumiert. Deadpool beweist erneut, Marvel-Filme sind eine Plage!
Mehr dazu im Video!