Deutsche Schauspieler schildern ihre Erfahrungen mit sexueller Belästigung

19.10.2017 - 13:30 Uhr
Nina Brandhoff in Sophie kocht
ARD
Nina Brandhoff in Sophie kocht
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Nach den Vorwürfen gegen Hollywood-Produzent Harvey Weinstein beschreiben nun auch deutsche Schauspieler Vorfälle sexueller Belästigungen an hiesigen Theatern und Film-Sets.

In den vergangenen Wochen belasteten zahlreiche Schauspielerinnen Hollywood-Produzent Harvey Weinstein schwer. Die Vorwürfe reichen von sexueller Belästigung bis hin zur Vergewaltigung. Nach einem Aufruf von Spiegel Online  meldeten sich nach Angaben des Blattes dutzende deutsche Darsteller, die auch an hiesigen Theatern und Sets ähnlich verstörende Momente erlebten. Während die meisten von ihnen anonym bleiben wollten, traute sich Nina Brandhoff (Um Hilmmels Willen, Rosenheim-Cops) an die Öffentlichkeit. Ihr zufolge hätten die Täter auch deshalb so viel Macht, "weil sie von dem Schweigen der Opfer und deren Scham profitieren."

Nina Brandhoff habe kürzlich selbst erst eine ungewollte Erfahrung mit einem Regisseur gemacht: "Ich würde jetzt gern deine Brüste aus deinem Ausschnitt holen und daran herumspielen", habe ihr dieser mit Aussicht auf eine Rolle gesagt. Sie habe zu Beginn ihrer Karriere "alles gemacht, was man mir gesagt hat." In diesem Zusammenhang spricht sie von einem Shooting, bei dem sie der Fotograf überredet hätte, das T-Shirt auszuziehen. Als sie einen hellen Fleck, offenbar aus Erregung, auf seiner Hose entdeckte, rannte sie aus dem Studio und forderte später die Negative zurück. Diese wollte er ihr demnach persönlich zurückgeben, forderte sie dann jedoch zu sexuellen Handlungen auf und erpresste sie mit den Fotos um Geld. Der Fall ist inzwischen verjährt und noch immer erlebe sie sexuelle Belästigung von Regisseuren wie Schauspielern.

Harvey Weinstein in einem Interview mit CNN

Einer nicht näher genannten jungen Schauspielerin nach sei Sexismus und damit einhergehende Belästigung auch für sie Alltag: "Neben regelmäßigen Poklapsen, werden auch mein Aussehen und die Größe meiner Brüste ständig bewertet." Es offenbart sich durch die Aussagen einer weiteren Schauspielerin ein Raum des Hinnehmens und Schweigens trotz gravierender Vorwürfe, wie angedeuteter Vergewaltigungen, Gewalt und körperlicher, sexueller Belästigung:

Das Traurige ist, dass die meisten Beteiligten nicht einschreiten - aus irgendwelchen beruflichen Gründen und Ängsten. Aber zusehen und schweigen können viele sehr gut.

Karrieredruck offenbare ein grundsätzliches Strukturproblem, wie ein anonymer Schauspieler erzählt: "Viele Anfänger denken: 'Ich mache jetzt erst mal alles und mehr, um mich von den anderen abzuheben.' Die Branche ist knallhart. Keiner wartet auf dich." Den beiden größten deutschen Berufsverbänden seien vergleichbare Fälle, wie jene im Fall Harvey Weinsteins, indes nicht bekannt, wobei die Dunkelziffer unklar sei. Auch die Erfahrungen deutscher Darsteller jedenfalls scheinen zu bestätigen, dass es sich hierbei um ein grundsätzliches, den systemischen Machtstrukturen inneliegendes Problem handelt. Macht wird auch in der deutschen Filmbranche von ihren Besitzern gnadenlos ausgenutzt.

Was sagt ihr zu den Vorwürfen deutscher Schauspieler?

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