Die Verlegerin - Die wahren Hintergründe vom Steven Spielberg-Film

22.02.2018 - 09:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Die VerlegerinUniversal Pictures
Am 22.02.2018 läuft Steven Spielbergs Journalismus-Thriller Die Verlegerin in den den deutschen Kinos an. Zum Start stellen wir euch hier die historischen Hintergründe vor.

Mit Filmen wie Schindlers Liste, Amistad, München, Lincoln oder Bridge of Spies hat sich Steven Spielberg in der Vergangenheit bereits als Experte für die Adaption von historischen und politisch aufgeladenen Stoffen etabliert. Bevor der Meisterregisseur uns bald mit Ready Player One in eine virtuelle Realität der Zukunft entführt, bringt er uns erneut ein Stück amerikanischer Geschichte nahe: In Die Verlegerin porträtiert er Kay Graham (Meryl Streep), die erste weibliche Zeitungsverlegerin der USA, sowie ihren Chefredakteur Ben Bradlee (Tom Hanks), die sich zu Beginn der 1970er Jahre einen erbitterten Kampf mit der US-Regierung um die Veröffentlichung der sogenannten Pentagon-Papiere lieferten. An dieser Stelle geben wir euch einen kleinen Einblick in die Hintergründe des Films, der bei der kommenden Oscarverleihung ins Rennen um den Besten Film geht und am 22.02.2018 in den hiesigen Kinos anläuft.

Achtung: Da die historischen Fakten natürlich einen großen Teil von Die Verlegerin einnehmen, werden im folgenden Text einige Handlungselemente vorweggenommen.

Regisseur Steven Spielberg (mitte) am Set mit seinen Hauptdarstellern Meryl Streep und Tom Hanks

Die Pentagon-Papiere

Heute wissen wir, dass die USA zwischen 1965 und 1973 einen brutalen Stellvertreterkrieg auf dem Boden von Vietnam führten, wobei sie die antikommunistische Regierung von Südvietnam gegen den kommunistischen Norden unterstützten. Nach unerbittlichen Scharmützeln im Dschungel des asiatischen Küstenstaates, unzähligen Bomben, die aus amerikanischen Flugzeugen fielen, sowie Millionen ausgelöschter Menschenleben, endete die Auseinandersetzung schließlich mit einer faktischen Niederlage der Vereinigten Staaten. Auch die beteiligten Politiker wussten schon lange vor Kriegseintritt, dass es zu einer Intervention zur Bekämpfung des Kommunismus kommen soll und wird - bestritten dies aber über Jahre hinweg vehement. Als Vorwand für das Eingreifen in den Krieg diente schließlich der sogenannte Tonkin-Zwischenfall im August 1964: Vietnamesische Schnellboote sollen damals zwei US-amerikanische Kriegsschiffe mehrfach grundlos beschossen haben. Der damalige Präsident Lyndon B. Johnson nutzte diesen Vorfall anschließend, um die Tonkin-Resolution zu verabschieden, welche in der Folge sämtliche Kriegsmaßnahmen der USA legalisierte.

1967 gab Robert McNamara (im Film gespielt von Bruce Greenwood), zu dieser Zeit Verteidigungsminister der Vereinigten Staaten, dann die sogenannten Pentagon-Papiere in Auftrag. Darin sollte die Entwicklung hin zum Krieg dokumentiert werden. Der offizielle Titel des Berichts lautete: United States – Vietnam Relations, 1945-1967: A Study Prepared by the Department of Defense. Auf über 7.000 Seiten wurde darin deutlich, dass der Krieg von langer Hand geplant, dies dem Volk von sämtlichen Verantwortlichen aber absichtlich verschwiegen worden war. Auch der kriegsauslösende Tonkin-Zwischenfall stellte sich im Bericht als gezielte Falschinformation heraus (via Zeit Online ).

Kay Graham mit Robert McNamara

Daniel Ellsberg

Daniel Ellsberg - in Die Verlegerin verkörpert von Matthew Rhys - ist die zentrale Figur im Skandal um die Pentagon-Papers und als Whistleblower quasi der Vorgänger von Edward Snowden. Als Mitarbeiter der RAND Corporation, die wiederum für das US-Verteidigungsministerium arbeitete, hatte er Zugriff auf die geheimsten Dokumente des Pentagons. Darunter befand sich auch der Bericht über den Vietnamkrieg. Nachdem er schon seit längerer Zeit ein klarer Gegner der militärischen Intervention im Vietnam gewesen war, begann Daniel Ellsberg 1969 damit, die mehr als 7.000 Seiten nach und nach aus einem Safe zu entwenden und sie anschließend des Nachts mit dem Kopierer einer kleinen Werbeagentur zu vervielfältigen. Die Öffentlichkeit sollte von den Lügen der Obrigkeit erfahren.

Zunächst war es angedacht, dass der demokratische Senator William Fulbright die Papiere öffentlich macht. Dieser traute sich schlussendlich aber nicht. Also kam die New York Times ins Spiel: Ministeriumsmitarbeiter Ellsberg gab den Bericht an Reporter Neil Sheehan (gespielt von Justin Swain), woraufhin von der Times fünf Hotelzimmer gemietet wurden, um unter dem Codenamen Project X die 7.000 Seiten durchzuarbeiten und auf eine Veröffentlichung vorzubereiten.

Whistleblower Daniel Ellsberg (links) und Post-Reporter Ben Bagdikian (Bob Odenkirk, rechts)

Entgegen der vehementen Proteste der Rechtsabteilung, wurde am 13.06.1971 ein erster Bericht über die Pentagon-Papiere in der New York Times veröffentlicht. Dreimal schaute sich Präsident Nixon diese Reihe an, bevor er die Pressefreiheit ignorierte und weitere Artikel verbieten ließ. Daniel Ellsberg gab den Bericht daraufhin an 18 weitere Zeitungen, unter anderem die von Steven Spielberg behandelte Washington Post mit Verlegerin Kay Graham und Ben Bradlee.

Daniel Ellsberg wurde schließlich als Spion angeklagt, eine Haftstrafe von 115 Jahren stand im Raum. Der Prozess gegen ihn fand jedoch keinen Abschluss, nachdem ans Licht der Öffentlichkeit kam, dass die Nixon-Regierung den Whistleblower ausspioniert hatte (via Spiegel Online ).

Kay Graham, Ben Bradlee und die Washington Post

Die in Steven Spielbergs Die Verlegerin von Meryl Streep verkörperte Katherine "Kay" Graham war die Tochter von Eugene Meyer, dem ab 1933 die Tageszeitung Washington Post gehörte. Dort begann sie später auch als Reporterin zu arbeiten, heiratete zudem den Mitherausgeber Philip Graham. Nachdem sich dieser im Jahr 1963 das Leben genommen hatte, leitete Kay Graham für rund 35 Jahre die Washington Post Company. Von 1969 bis 1979 war sie zudem Verlegerin der Zeitung. Damit fallen mit der Veröffentlichung der Pentagon-Papiere sowie der Watergate-Affäre zwei der größten Polit-Skandale der US-Geschichte in ihre Amtszeit (via FemBio ).

An Kay Grahams Seite stand zu dieser Zeit stets der nun im Film von Tom Hanks gespielte Ben Bradlee: Von 1965 bis 1991 hatte dieser die Position des Chefredakteurs bei der Post inne. Beide gemeinsam entschlossen sich 1971, die aufsehenerregenden Pentagon-Papiere zu veröffentlichen, entgegen dem Willen der Regierung und sämtlichen Ratschlägen von Anwälten und sonstigen Beratern zum Trotz. Dies war ein enormes Risiko, das Fortbestehen der Post stand auf dem Spiel. Doch schlussendlich zahlte sich der Schachzug aus. Der Oberste US-Gerichtshof erklärte am 30.06.1971 sämtliche Veröffentlichungsverbote für verfassungswidrig und fällte einen der bedeutendsten Beschlüsse in der Geschichte der Pressefreiheit. Ein Thema, das heute - in Zeiten von Donald Trump, Fake News und weggesperrten Journalisten - wieder ordentlich an Brisanz gewonnen hat (via The Guardian ).

Einer der beteiligten Richter äußerte sich damals folgendermaßen (FindLaw  via Wikipedia):

Nur eine freie, unbehindert agierende Presse kann wirksam Täuschungen durch die Regierung aufdecken. Und über allen Verantwortlichkeiten einer freien Presse steht die Pflicht, jeglichen Teil der Regierung daran zu hindern, die Menschen zu betrügen und in ferne Länder zu schicken, um an fremdländischen Krankheiten und fremdländischen Kugeln und Granaten zu sterben.
Verlegerin Kay Graham und ihr Chefredakteur Ben Bradlee

Bereits 1972 stand die Washington Post schon wieder im Scheinwerferlicht: Durch intensive Recherche deckten die Journalisten Carl Bernstein und Bob Woodward mit Hilfe des Informanten Mark Felt alias Deep Throat die Verfehlungen der Nixon-Regierung auf, die anschließend zum Rücktritt des Präsidenten führten und als Watergate-Affäre weltweite Berühmtheit erlangten. Diese Vorgänge werden unter anderem im Film Die Unbestechlichen (1976) mit Robert Redford und Dustin Hoffman behandelt. Bei der Oscarverleihung 1977 wurde der Streifen mit vier Trophäen bedacht.

Hat Steven Spielbergs Die Verlegerin eurer Meinung nach den Oscar für den Besten Film verdient?

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