Dschungelcamp 2015 – (K)ein Herz für Walter Freiwald

23.01.2015 - 16:15 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Ein Stern, mehr war nicht drin: Dschungelhoffnung Walter Freiwald
RTL / Stefan Menne
Ein Stern, mehr war nicht drin: Dschungelhoffnung Walter Freiwald
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Der australische Dschungel hat die erste Woche seines deutschen Promibesuchs überstanden. Ihre natürlichen Stärken aber konnte die Show bisher nicht ausspielen, weshalb nun leider alle Hoffnung auf Walter Freiwald liegt. Eine Zwischenbilanz.

Halbzeit im australischen Dschungel. Und das deutsche Feuilleton hat eine Krisensitzung einberufen. Was ist geschehen mit dem einst besten Fernsehformat der Nation, fragen sich die Camp-Connaisseure. Wie nur kann Ich bin ein Star - Holt mich hier raus von jener schrecklichen Langeweile befreit werden, die diese neunte Staffel seit nunmehr einer Woche fest im Griff hat. Das Dschungelcamp, meint der enttäuschte Tenor, befinde sich in einer Notlage. So dramatisch offenbar, dass darüber auch gleich jede Erinnerung getrübt scheint. An Staffel 3 zum Beispiel, in der sich sympathische Kuschelpromis wie Ross Anthony und Barbara Herzsprung erst salbungsvoll lieb hatten und dann gar gegenseitige Accessoires bastelten. Und auch vom reichlich unprominent zusammengesetzten siebten Dschungeljahr will niemand mehr etwas wissen. Dort wurde immerhin derart sinn- wie intellektfrei vor sich hin vegetiert, dass am Ende ganz ernsthaft ein Joey Heindle zu glänzen wusste. Krisenstimmung? Normal.

Zur bitteren Dschungelwahrheit aber gehört auch: In die glanzvollen Annalen der Show wird deren aktuelle Ausgabe – Stand: 8 von 16 Tagen – wohl eher nicht eingehen. Zwar zählt das Format auch 2015 noch zur handwerklichen Meisterklasse. Doch haben sich die Verantwortlichen mit der Auswahl ihrer diesjährigen Probanden wohl keinen Gefallen getan. Nicht die zweifelhafte Prominenz der Teilnehmer scheint dabei das wesentlichste Problem – tatsächliche Stars versammelte IBES in den vergangenen zehn Jahren allenfalls eine Handvoll –, sondern die Abwesenheit interessanter Charaktere. Es gibt sehr wenig zu entdecken an vielgestaltiger Persönlichkeit im Dschungelcamp 2015. Es fehlt an Melodramatik und Wahrhaftigem, es fehlen würdevolle Gesten, denkwürdige Auftritte, unerwartete Initiationsmomente. Zu großem Erkenntnisgewinn mag diese Staffel dem noch immer treu zugewandten Publikum bislang einfach nicht verhelfen. Und das hat natürlich etwas mit ihrem zugleich zugkräftigsten wie problematischsten Lagerbewohner zu tun.

Mehr: Dschungelcamp 2015 – Was uns in Staffel 9 erwartet

Seit einer Woche muss Walter Freiwald, der ehemalige Verkaufsshowmoderator und ewige Zweite hinter Harry Wijnvoord, das von Langweilern bevölkerte Dschungelcamp quasi im Alleingang bestreiten. Schon in der Auftaktfolge kamen die Macher mangels Alternativen nicht umhin, seinen Absonderlichkeiten eine Solobühne zu bieten. Das war zunächst nicht frei von kruder Vergnüglichkeit: Walter, der Dessous seiner Ehefrau ins Camp schmuggeln möchte; Walter, der demonstrativ zu Boden geht, wenn er sich den Kopf stößt; Walter auch, an dem so viele Talente verloren gegangen sind. Kein Wunder also, dass der bislang einzig nennenswerte Höhepunkt des diesjährigen Dschungelcamps ganz allein auf sein Konto ging: In einem so aufrichtigen wie verstörenden Bewerbungsgespräch wandte Freiwald sich an ein Millionenpublikum, das ihm bitte neue, ehrenvolle Berufsperspektiven eröffnen solle – nicht zuletzt, damit ein Arbeitsleben gewürdigt werde, das vom verkappten Showmaster zum gescheiterten Bundespräsidenten (sic) reicht.

Es hilft natürlich ungemein, wenn ein derart disparates Selbstverständnis mit einem Erscheinungsbild korrespondiert, das sich irgendwo zwischen Gollum und Hexe Baba Jaga bewegt, bei der internen Attraktivitätswahl aber dennoch mittig eingeordnet werden möchte. Oder wenn das stete Bemühen um Grandezza schon regelmäßig dadurch vereitelt scheint, dass die manchmal sehr korrekturbedürftige eigene Wahrnehmung des RTL-Urgesteins (ungleich -Programmdirektors) konsequenter- wie traurigerweise auch sehr garstiges Verhalten befördert, und zwar vornehmlich gegenüber Frauen, denen Walter Freiwald schon mal bescheinigt, die besten Jahre hinter sich zu haben. Er trägt so viele Widersprüche in sich und eben vor allem nach außen, dass er nur Traumkandidat für ein Format wie IBES genannt werden kann. Und den man in Erwartung entsprechender Gegenpositionen, in einer Hoffnung auf starke Kontrahenten also, nicht missen möchte.


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