Ein Blutsauger beißt sich durch die Weltliteratur

12.06.2013 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Bram Stokers Dracula von Francis Ford Coppola
Columbia
Bram Stokers Dracula von Francis Ford Coppola
17
20
Vampire sind derzet in Film und Fernsehen quasi omnipräsent. Mit dem ersten Teil der Blutsauger-Reihe verschaffen wir uns heute einen Einblick in die literarischen Ursprünge des beliebten Fantasy-Motivs.

In den vergangenen Jahrhunderten durchlebte das Motiv des Vampirs vielerlei Veränderungen in der Medienlandschaft, angefangen beim Mythos in mittelalterlichen Flugblättern, über die populären Schauerromane des 19. und 20. Jahrhunderts bis hin zur Bannung auf Zelluloid. Wiedergänger, Nachzehrer oder Blutsauger sind dabei nur einige Bezeichnungen, die die Gestalt der Nacht dabei erhalten hat. Diese sechsteilige Reihe soll euch einen kleinen Einblick über die vielfältigen Darstellungsweisen des Vampirs in Film und Fernsehen verschaffen. Bevor die nimmersatten Blutsauger jedoch den Sprung auf die große Leinwand vollziehen konnten, erfreuten sie sich in Gedichten oder in deutschen und englischen Schauergeschichten großer Beliebtheit. In diesem ersten Teil der wöchentlichen Vampirreihe soll es nun genau um diesen literarischen Gebrauch des Motivs und ihre anschließende Adaption auf der Kinoleinwand gehen.

Oh Vampir, mein Vampir!
Nachdem sich bereits seit dem Mittelalter Geschichten und Mythen um die geheimnisvollen Blutsauger rankten, fanden sie sich im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts als ein begehrtes Motiv in Lyrik und Prosa wieder. Vor allem deutsche Schriftsteller nutzen die mysteriöse Nachtgestalt als Ausgangspunkt für ihre Werke. So verknüpfte der Dichter Heinrich August Ossenfelder im ersten modernen Gedicht des Genres Der Vampir (1748) die unheimliche Seite des Blutsaugers zum ersten Mal mit einer erotischen Komponente, die sich bis dato nicht durchsetzen konnte. Und auch Johann Wolfgang von Goethe ließ sich von dem Blutsauger zu einigen Werken inspirieren. Aus der einstigen Schreckensgestalt, die aus dem Grabe kam um den Menschen zu schaden, wurde allmählich ein mysteriöses, doch anziehendes Wesen, das sowohl Dichtern als auch Lesern die Möglichkeit bot, ihre sexuellen Fantasien auszuleben bzw. ihrer Neugier zu frönen.

Die bahnbrechendste Veränderung erfuhr das Motiv in der 1819er Kurzgeschichte „The Vampyre“ von William Polidori. Er und einige andere Autoren, darunter Mary Shelley und Lord Byron, lasen sich bei einem gemeinsamen Treffen gegenseitig Gruselgeschichten vor und trugen anschließend den Wettbewerb German Horror aus. Nach diesem inspierienden Zusammentreffen schrieb Polidori die erste und gleichzeitig eine der wichtigsten Vampirerzählungen der europäischen Literatur. Mit seinem Werk veränderte er das Bild des klassischen Blutsaugers von Grund auf, in dem er ihn beispielsweise nicht als tierähnlichen und triebgesteuerten Nachzehrer, darstellte, sondern ihm eine menschliche Hülle verlieh. Sein Vampir war ein intelligenter und reisender Adliger, der seine Opfer nicht blutrünstig abschlachtete, sondern sie geschickt verführte. Diese Aspekte erschufen im Zusammenhang mit der angsteinflößenden Seite des Vampirs einen ambivalenten Charakter, der bis heute unsere Faszination des Mythos speist.

Das könnte dich auch interessieren

Kommentare

Aktuelle News