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FACK JU GÖHTE 2 - Kritik & Analyse

14.09.2015 - 00:00 Uhr
Fack ju Göhte 2 Artikelmoviepilot
Die liebloseste Fortsetzung des Jahres. Wolfgang M. Schmitt jun. erklärt in seiner Filmanalyse, warum es sich bei "Fack Ju Göhte 2" um gar keinen Film handelt.

Was Fack ju Göhte 2 ist, kann man gar nicht so leicht sagen. Es ist auf jeden Fall kein Film. Und es ist eine Katastrophe für das Kino. Über die deutsche Komödie schweigen wir an dieser Stelle galant, denn diese scheint ohnehin unrettbar zu sein. Es wäre nicht schwierig gewesen, aus der Fortsetzung einen halbwegs unterhaltsamen Film zu machen, doch Bora Dagtekin hat sich leider dafür entschieden, eine cineastische Bankrotterklärung in etwa 500 Videoschnipseln zu inszenieren. Dieses Machwerk wanzt sich an eine Zielgruppe an, die offensichtlich nicht mehr in der Lage ist, genügend Ritalin einzuwerfen, um knapp zwei Stunden einem Film zu folgen. Stattdessen will diese Zielgruppe von Clip zu Clip klicken und so ist es am Ende von „Fack Ju Göhte 2“ nur konsequent, daß man während des Abspanns YouTube-Videos mit den ‚lustigsten‘ Versprechern und zusätzlichen Szenen vorgespielt bekommt.

Ehrlicherweise hätte man die zwei Stunden Blödsinn zuvor auch mit der Benutzeroberfläche von YouTube umrahmen müssen, damit man nicht fälschlicherweise glaubt, es handle sich hier um einen Kinofilm. Dabei ist das Problem mit „Fack Ju Göhte 2“ dem von YouTube sehr ähnlich: Eigentlich wäre auf YouTube so viel möglich, doch leider verkommt es mehr und mehr zu einer Plattform, auf der – sagen wir es frei heraus – Idioten Waren in die Kamera halten, die die Zuschauer dann kaufen sollen. Eigentlich hätte „Fack Ju Göhte 2“ genügend Potential, um eine freche, intelligente und subversive Komödie zu sein, doch leider verkommt die Leinwand zu einer Verkaufsfläche und das Drehbuch folgt des Gesetzen des Product-Placements.

Das Einzige, das dieser Ideologie noch Widerstand leisten könnte, wäre Bildung, doch die wird regelrecht vernichtet. Um Herrn Müller zu imponieren, lesen die Schüler freiwillig Goethes „Faust“ und schreiben ihm eine Zusammenfassung (was gar nicht so einfach ist), damit er den Klassiker nicht selbst lesen muss (was vielleicht überspitzt, aber durchaus zutreffend die neue Lehrergeneration beschreibt). Man wüsste zu gerne, was die Schüler über das Werk dachten. Ist nicht die Walpurgisnacht viel frivoler als der heutige Vulgärhumor? Kommt nicht Gretchen aus ähnlich prekären Verhältnissen wie die Schüler? Oder sagt das „Vorspiel auf dem Theater“ nicht sehr viel über den gegenwärtigen Quotenwahnsinn? Nichts davon wird auch nur ansatzweise aufgegriffen. Und so weiß man gar nicht recht, wer ist eigentlich dümmer: sind es die Filmfiguren oder sind es nicht eher die Macher dieses Nicht-Films?

Mehr dazu im Video!

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Kino anders gedacht. Wolfgang M. Schmitt jun. beleuchtet für seinen YouTube-Kanal “Die Filmanalyse” aktuelle Großproduktionen aus einer etwas anderen Perspektive. Er will mit seinen provokanten Kritiken die Ideologie Hollywoods offen legen, die sich mal offensichtlich, mal im Verborgenen, aber in aller Regel unfreiwillig in den Blockbustern des Kinos auftut. Schmitt jun. schreckt bei seinen oft polarisierenden Analysen auch vor den großen Theorien und Denkern aus Vergangenheit und Gegenwart nicht zurück und sorgt damit immer für kontroverse Diskussionen.


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