Fanhysterie und The Dark Kight Rises

07.08.2012 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Gehypt: Christopher Nolans Batman
Warner Bros.
Gehypt: Christopher Nolans Batman
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Mit den Morddrohungen gegen einen Filmkritiker hat der Hype um The Dark Knight Rises eine neue Qualität bewiesen. Wir fragen uns, was Hypes bewirken und wie sie sich in Zukunft entwickleln werden.

’Don’t believe the hype!’ Schon die rappenden Gesellschaftskritiker von Public Enemy wussten, dass dieser Hype ein ungewöhnliches Phänomen ist. Da können die Herren beinahe froh sein, dass sie zu einer Zeit sozialisiert wurden, als Telefone noch Wählscheiben hatten und Computer mit dünnen Disketten gefüttert wurden. Heute vernetzt das Internet die ganze Welt, die Kommunikation der Massen wurde extrem vereinfacht und beschleunigt. Hypes gab es immer, doch es scheint, als ob die Informationsflut des Internets ein häufigeres Auftreten dieser Massenvorfreude begünstigt.

Dies beweist auch die Filmwelt. Während wir uns momentan noch in den Nachwehen des ersten Hypes dieses Jahres befinden – dem um The Dark Knight Rises -, tritt mit der intensiven Vorfreude um Der Hobbit: Eine unerwartete Reise schon der nächste Hype in seine heiße Phase. Die kollektive Vorfreude wird von verschiedenen Faktoren begünstigt. Einerseits haben wir meist wirklich gute Vorgängerfilme, die zu Recht Erwartungen beim Publikum erzeugen. Andererseits befeuern die Marketingabteilungen der Produktionsfirmen und die Medien (moviepilot.de ausdrücklich eingeschlossen) die Hypes mit euphorischen Artikeln, Bildschnipseln und einer wahren News-Flut. Die Faktoren verstärken sich gegenseitig und es entsteht eine extrem hohe Erwartungshaltung, gepaart mit einer beinahe schmerzhaften Vorfreude.

‘Na und?’, werden viele sagen. ‘Was ist falsch daran, sich auf einen Film zu freuen?’. Natürlich nichts. Und doch haben wir festgestellt, dass ein Hype, der wirklich massive Ausmaße annimmt, letztendlich weder dem Film noch den Fans – seien es gemäßigte Filmfreunde oder Hardcore-Cineasten – dient. The Dark Knight Rises von Christopher Nolan verdeutlicht dies.

Die Auswirkungen des Hypes
Das Hauptproblem ist, dass der Hype dem Film eine geradezu übernatürliche Aura verpasst, die ihm schadet. Gehypte Fans erwarten nicht weniger als ein unvergessliches Kinoerlebnis, einen der besten Filme ihres Lebens. Erwartungen, die ein Film kaum erfüllen kann. Das beweisen auch die Fanreaktionen auf The Dark Knight Rises, die zwar nach wie vor positiv ausgefallen sind, aber doch meist einen leicht enttäuschten Unterton haben. Einerseits fällt der Überraschungseffekt weg, das Staunen, mit dem die Vorgänger – trotz bereits hoher, aber nicht gehypter Erwartungen – das Publikum zurückgelassen haben. Anderseits haben bisher eben nur sehr wenige Filme die Welt verändert.

Dass ein Film seinem durch den Hype erzeugten Ruf kaum gerecht werden kann, ist sicherlich ärgerlich. Wie problematisch der Hype wirklich sein kann, hat allerdings erstmals The Dark Knight Rises bewiesen. Eine negative Kritik, die ein amerikanischer Journalist nach der Pressevorführung geschrieben hat, führte zu einem Shitstorm, der von massiven Beleidigungen bis zu Morddrohungen reichte. Wohlgemerkt von Menschen, die den Film noch nicht gesehen hatten. Die übernatürliche Aura von The Dark Knight Rises hatte eine Erwartungshaltung erzeugt, die Kritik an dem Film als beinahe blasphemisch erscheinen ließ. Einige Fans wollten sich ihre Vorstellung eines Überfilms nicht zerstören lassen und reagierten mit Wut. Es muss wohl nicht weiter erwähnt werden, dass dies eine katastrophale Entwicklung ist. Es bleibt die Hoffnung, das die Beleidungen gegen den Kritiker ein Einzelfall bleiben – Zweifel daran sind aber sicherlich angebracht.

Interessant ist, dass der Hype nicht nur äußerlich, auf Filmfans und Kritiker, zu wirken scheint. Auch nach innen, auf die Filmemacher selbst, wirkt die Erwartungshaltung. Wie stark diese Wirkung ist, das müsste schon Christopher Nolan selbst beantworten, doch es fällt auf, dass genau die größeren Kritikpunkte an The Dark Knight Rises mit dem Hype in Verbindung stehen. Die etwas vollgepackte Story, die unnötigen Charaktere, die Überlänge. Offenbar sollte dem Wunsch nach einem noch epischeren Filmerlebnis unbedingt nachgekommen werden. Anderseits wurden, wie die Überarbeitung von Banes Stimme – er nuschelte und sprach ungewöhnlich hoch – zeigt, Risiken vermieden. Die Angst, die gehypten Fans zu enttäuschen, war womöglich großer als die Experimentierfreude. Wirkliche Erfolgsfilme begeistern jedoch immer, weil sie dem Zuschauer besondere Elemente bieten – die ungewöhnliche Figur des Jokers in The Dark Knight war am Hype um seinen Nachfolger sicher nicht unbeteiligt.

Nach dem Hype ist vor dem Hype
Es bleibt spannend, wie sich die Internethypes um Filme entwickeln. Gerade wegen der Morddrohungen gegen den Filmkritiker wird dem nächsten Hype um Der Hobbit – Eine unerwartete Reise besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Vielleicht kommt Peter Jackson der Unmut über die neue Technik – 3D und 48 Bilder pro Sekunde – und die Ankündigung, nun anstatt zwei Teilen drei Hobbit-Filme zu drehen, dabei sogar zu Gute. Der Hype ist ein bisschen zurückgegangen, die Erwartungen sind wieder gesunken. Vielleicht kann Der Hobbit also doch überraschen. Die Technikdiskussion zeigt im Übrigen, das Peter Jackson nicht gewillt ist, sich von den Fans in sein Projekt reinreden zu lassen. Es wird interessant zu sehen, ob er diese Linie durchzieht. Was die wütenden Reaktionen von gehypten Fans angeht, werden wir wohl auf die erste negative Kritik zu Der Hobbit – Eine unerwartete Reise warten müssen. Denn mit kritischen Artikeln ist es wie mit Hypes – der nächste kommt bestimmt.

Was denkt ihr über die Zunahme von Hypes und ihre Auswirkungen?

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