Achtung, Spoiler zur 20. Folge der 14. Staffel von Grey's Anatomy: Die heute um 20:15 Uhr auf ProSieben ausgestrahlte Grey's Anatomy-Folge Dankes-Kekse (Judgment Day) hat mich mit ihren von Hasch-Cookies berauschten Ärzten so sehr zum Lachen gebracht wie selten zuvor. Zugleich war Grey's Anatomy in seiner Thematik aber auch nie ernster und aktueller als heute, denn mit der Aufdeckung von Harper Averys sexuellem Belästigungs-Skandal nimmt die Serie mehr als deutlich auf die #MeToo-Bewegung Bezug.

Grey's Anatomy: Der Grenzgang zwischen Drogen-Komik und ernsthafter Problem-Behandlung

Für mich war die heutige 20. Episode eine der lustigsten und zugleich krassesten Folgen, die Staffel 14 von Grey's Anatomy - wenn nicht sogar die gesamte Serie - hervorgebracht hat. Fangen wir mit dem lustigen Part an: Arizona bekommt von zwei Patienten-Müttern als Dank für eine gelungene OP Kekse geschenkt, in die versehentlich eine unbestimmte Menge Cannabis-Erdnussbutter eingebacken wurde. Als sie davon erfährt, ist es allerdings schon zu spät, denn das Ärztepersonal hat die Marihuana-Cookies inzwischen reichlich konsumiert.

In der Folge spricht Jackson (Jesse Williams) vor dem versammelten Hörsaal von der Vagina seiner Mutter Catherine Avery (Debbie Allen), April (Sarah Drew) ergeht sich in unkontrolliertem Lachen und macht Kehlen-Musik mit Miranda Bailey (Chandra Wilson), die wiederum Meredith (Ellen Pompeo) ihre Zuneigung erklärt. Maggie (Kelly McCreary) lässt unterdessen eine Leber verschwinden, Alex (Justin Chambers) knuddelt eine Chipstüte, Arizona (Jessica Capshaw) verwechselt Carina (Stefania Spampinato) mit ihrer Ex Callie, Andrew (Giacomo Gianniotti) betrachtet intensiv die Kunst der Krankenhausflure und Assistenzarzt Roy (Rushi Kota) endet mit einem Skalpell in seinem Arm.

Die Schattenseite dieser Lachmuskelstrapazen in Grey's Anatomy präsentiert sich indes als Enthüllung des letzte Woche schon drohenden Krankenhaus-Ruins: Catherine Avery verrät ihrem entsetzten Sohn Jackson, dass sein Großvater Harper Avery in mehrere Fälle sexueller Belästigung verwickelt war: 13 Frauen (inklusive Marie Cerone (Rachel Ticotin)) hatte er in der Vergangenheit Vereinbahrungen unterschreiben lassen, in denen sie sich gegen Geld bereiterklärten, über die Vorfälle Stillschweigen zu bewahren, was umgekehrt aber ihre medizinischen Karrieren ausbremste. Catherine Avery wusste davon und half bei der Vertuschung.

Und obwohl Catherine eine glühende Verteidigungsrede darüber hält, dass vor 30 Jahren für Frauen andere Zeiten herrschten, war Grey's Anatomy nie so aktuell wie in diesem Moment, wo die Figur des Harper Avery kaum verschleiert an den Harvey Weinstein-Skandal denken lässt. Der (fiktive) renommierte Harper-Avery-Preis, den Meredith gerade erst in Episode 300 gewonnen hat, wird hiernach wohl nie wieder der selbe sein ... genauso wenig (so impliziert es Grey's Anatomy in Merediths Voice-over am Ende) wie die Welt (der TV- und Filmbranche), die sich in diesen kontroversen Zeiten im Wandel befindet, wenn Frauen ihre Stimmen erheben.

Nun mag der eine oder andere sich fragen, warum in Grey's Anatomy die Extreme von Witz und Ernst in einer einzigen Folge zusammengeführt wurden. Doch bei genauer Betrachtung helfen die unterschiedlichen Emotionen sich gegenseitig: Die Drogen-Lacher erleichtern die Einführung und Verdauung des schweren thematischen Brokens, ohne ihm dabei jedoch die Tragweite zu nehmen.

Grey's Anatomys Serienschöpferin Shonda Rhimes hat eine Stimme in der Time's Up-Bewegung

Shonda Rhimes, ihres Zeichens Serienschöpferin von Grey's Anatomy, ist selbst eine Aktivistin der Time's Up-Bewegung, was sie auch deutlich auf ihrer Shondaland-Website, zeigt. Sie will die Positionen von Frauen in der Unterhaltungsindustrie (und auch in Berufen jenseits davon) verändern. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass sie die Thematik sexueller Belästigung in eine ihrer populärsten Serien mit einfließen ließ.

Time's up on silence. Time's up on waiting. Time's up on tolerating discrimination, harassment and abuse. #TimesUp Sign the solidarity letter & donate to the @TIMESUPNW Legal Defense Fund: https://t.co/eTwKtOboIl pic.twitter.com/q8aok1HTGg
— shonda rhimes (@shondarhimes) 1. Januar 2018

Die Zeit für Stille ist abgelaufen. Die Zeit des Wartens ist abgelaufen. Die Zeit, in der Diskriminierung, Belästigung und Missbrauch toleriert wurden, ist abgelaufen. Unterzeichne den Solidaritätsbrief und spende für den Gerichts-Fonds.

Dem Time's Up-Solidaritätsbrief schlossen sich Anfang 2018 insgesamt 300 mächtige Frauen der Film-, TV- und Theaterwelt an, darunter bekannte Namen wie Meryl Streep, Reese Witherspoon und Emma Stone. Dass Grey's Anatomy sich als Unterhaltungsformat in seiner Episode Dankes-Kekse der Thematik nun eingehend widmete, ist dabei nur der nächste Schritt, um sie auch in den Köpfen der TV-Zuschauer ankommen zu lassen, die vielleicht nicht lange Dossiers zu dem angestrebten Umdenken gelesen haben.

Mehr: Grey's Anatomy - Alles, was ihr zu Staffel 14 wissen solltet

Habt ihr heute Abend auch so viel gelacht und ward zugleich schockiert?

Grey's Anatomy: So lustig war die Serie selten - und auch nie zuvor so ernst

Kommentare zu Grey's Anatomy: So lustig war die Serie selten - und auch nie zuvor so ernst

Kommentare werden geladen...